VwGH 2007/21/0361

VwGH2007/21/036124.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des E, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 1. August 2007, Zl. 2F 363-2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §64;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §64;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. August 2007 wies die belangte Behörde - in Bestätigung des Bescheides der Erstbehörde vom 11. Juni 2007 - den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf den erstinstanzlichen Bescheid und führte zum Teil wiederholend, zum Teil ergänzend aus, der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge am 15. April 2003 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Der in der Folge gestellte Asylantrag sei mit Berufungsbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 7. August 2006 abgewiesen und es sei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria für zulässig erklärt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 29. März 2007, Zl. 2006/20/0447, abgelehnt. Damit habe die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz geendet. Seither halte sich der Beschwerdeführer illegal im Bundesgebiet auf, weil er über keinen Aufenthaltstitel verfüge.

Es sei für die belangte Behörde - auch im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens - nicht möglich, von der Ausweisung abzusehen, weil der Beschwerdeführer offensichtlich keine Anstrengungen unternommen habe, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, um auf diese Art und Weise den Status der Illegalität zu beseitigen. Es seien vom Beschwerdeführer nämlich "keinerlei Initiativen" gesetzt worden, um in den Besitz eines Reisepasses zu gelangen. Es sei daher aufgrund dieser "Ignoranz" fremdenrechtlicher Bestimmungen die Ausweisung zum Schutz der in Art. 8 EMRK genannten öffentlichen Interessen (an einem geordneten Fremdenwesen) dringend geboten, zumal der Beschwerdeführer keine gesetzliche Möglichkeit habe, seinen illegalen Aufenthalt ohne erfolgte Ausreise und Antragstellung vom Ausland aus zu legalisieren. An dieser Einschätzung könne der Hinweis in der Berufung auf das Studium und den in Österreich bestehenden Freundeskreis nichts ändern, weil der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften ein sehr hoher Stellenwert zukomme. Der Beschwerdeführer habe das Studium an der technischen Universität begonnen, obwohl er nicht habe wissen können, wie über seine Anträge entschieden werde und ob er in Österreich werde bleiben dürfen. Der Beschwerdeführer könne daher "sozusagen" sein Studium "nicht auf Dauer angelegt haben". Den Kontakt zu seinen Freunden könne der Beschwerdeführer - bis zu einer "legalisierten" Wiedereinreise - auch vom Ausland aus zumindest in einem eingeschränkten Umfang aufrecht erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde gesteht zu, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist. Ihr sind auch keine Behauptungen zu entnehmen, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - beim Beschwerdeführer vorlägen. Dafür bestehen nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte, sodass keine Bedenken gegen die behördliche Annahme bestehen, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

In dieser Hinsicht kritisiert die Beschwerde - eingebettet in umfangreiche allgemeine Ausführungen zur behördlichen Ermittlungs- und Begründungspflicht (v.a.) bei Ermessensentscheidungen - fallbezogen, die belangte Behörde habe sich mit dem Einfügen vorgefertigter Textpassagen begnügt, keine ausreichenden Feststellungen getroffen und sich nicht mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt, wonach der Beschwerdeführer "in Österreich über das normale Ausmaß eines Fremden integriert" sei. Der Beschwerdeführer sei bereits seit "5 Jahren" im österreichischen Bundesgebiet aufhältig, beherrsche die deutsche Sprache und habe ein universitäres Studium aufgenommen.

Dieser Vorwurf einer unzureichenden Bescheidbegründung ist nicht berechtigt, weil sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Integration, das sich im Verwaltungsverfahren neben der Aufenthaltsdauer vor allem auf das begonnene Studium (laut Niederschrift vom 15. September 2006 ein zweijähriger Studienlehrgang "Softwareentwicklung") und das Bestehen eines großen Freundeskreises gestützt hatte, ausreichend befasste. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde aus den genannten Umständen aber auch nicht ableiten müssen, die Ausweisung stelle einen unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unzulässigen Eingriff in sein Privatleben dar oder die Ermessensübung wäre zu Gunsten des Beschwerdeführers vorzunehmen gewesen.

Auszugehen ist davon, dass der etwa vierjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich durch eine illegale Einreise erlangt wurde und - soweit er rechtmäßig war - auf einem unbegründeten Asylantrag beruhte. Weiters ist maßgebend, dass es für den Beschwerdeführer nach § 21 Abs. 1 NAG für die Erlangung eines Aufenthaltstitels erforderlich wäre, einen Erstantrag vom Ausland aus zu stellen und dessen Erledigung dort abzuwarten. Angesichts dessen hat die belangte Behörde zu Recht darauf verwiesen, dass eine Legalisierung des unrechtmäßigen Aufenthalts von Österreich aus grundsätzlich nicht möglich sei. Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aber zutreffend zum Vorwurf gemacht, keine Maßnahmen ergriffen zu haben, die ihm eine Ausreise und die Einhaltung des vorgezeichneten Weges zur Erlangung eines Einreise- und Aufenthaltstitels (etwa für Studierende nach § 64 NAG) ermöglichten. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie in dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Es trifft aber auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0311).

Dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich, insbesondere zur Weiterführung des Studiums, hielt die belangte Behörde aber ebenfalls zu Recht relativierend entgegen, dass der Beschwerdeführer keine genügende Veranlassung gehabt habe, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen. Die - in der Beschwerde auch relevierten - Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers vermögen keine maßgebliche Verstärkung seiner Interessen zu bewirken. Diese, nur das Privat- und nicht auch das Familienleben des Beschwerdeführers betreffenden Umstände reichen in Verbindung mit einer Aufenthaltsdauer von (erst) vier Jahren nicht aus, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK oder des Ermessens von einer Ausweisung Abstand genommen werden und akzeptiert werden müsste, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten (illegale Einreise und unrechtmäßiger Verbleib nach negativer Beendigung des Asylverfahrens) versucht, vollendete Tatsachen ("fait accompli") zu schaffen (vgl. in diesem Sinn auch die auf frühere Rechtsprechung bezugnehmenden allgemeinen Ausführungen des EGMR in Rz. 43 des Urteiles vom 31. Jänner 2006 im Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 50435/99). Demnach kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die gegenständliche Ausweisung als im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten wertete. Es werden in der Beschwerde aber auch keine Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich - im Rahmen des ziffernmäßigen Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 24. Oktober 2007

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