VwGH 2007/18/0324

VwGH2007/18/03243.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des M R, (geboren am 4. Juni 1981), in Wien, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 17. April 2007, Zl. E1/110158/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 17. April 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, der nach seiner Einreise mit einem Visum nach Ablauf desselben zunächst unrechtmäßig in Österreich verblieben sei, habe auf Grund seiner Ehe mit einer Österreicherin erstmals eine vom 6. September 2004 bis zum 6. September 2005 gültige Niederlassungsbewilligung erhalten. Bereits am 12. September 2006 sei er vom Landesgericht Linz wegen teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Dienstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 3, 130 erster und vierter Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, davon 21 Monate bedingt, rechtskräftig verurteilt worden. Dem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit unbekannten Mittätern zwischen 8. Juli und 9. Juli 2005 in Hinterbrühl das Hinterrad eines PKW habe stehlen wollen und bei einem anderen PKW vier Reifen mit Alufelgen demontiert und gestohlen habe. Zwischen 22. März und

14. (wohl: 24.) März 2006 habe er in Neulengbach weiters in drei Kellerabteile eingebrochen, und dort die Vorhängeschlösser und aus einem Keller Auto HiFi-Komponenten, Autozubehör, Schi, Schischuhe und vier PKW-Reifen samt Felgen gestohlen. Zwischen 15. April und 17. April 2006 habe er in einem PKW in Linz eingebrochen, indem er eine Seitenscheibe mit einem Feuerlöscher eingeschlagen und die Heckanlage mit integriertem Lautsprechern gestohlen habe. Zwischen 14. April und 20. April 2006 habe der Beschwerdeführer in eine Tiefgarage eingebrochen und einem Geschädigten Schi, Schisack, einen Rasenmäher, einen Hochdruckreiniger und Gartenzubehör gestohlen. Einer weiteren Geschädigten habe er ein paar Schi samt Bindung gestohlen. In der Nacht vom 16. auf 17. April 2007 habe er in Linz in eine Garage eingebrochen und drei Geschädigten jeweils ein Mountainbike gestohlen. In derselben Nacht habe er in Linz zwei Kennzeichentafel eines PKW gestohlen.

Das genannte Urteil erfülle zweifelsfrei den in § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG normierten Sachverhalt, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 leg. cit. FPG - im Grund des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien.

Der Beschwerdeführer sei verwitwet, Sorgepflichten oder sonstige familiäre Bindungen zum Bundesgebiet (abgesehen von den Familienangehhörigen seiner verstorbenen Gattin) seien nicht aktenkundig. Solcherart sei zwar von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen gewesen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität, - dringend geboten sei. Wer, wie der Beschwerdeführer, in der verhältnismäßig kurzen Zeit seines legalen Aufenthaltes im dargestellten Ausmaß straffällig werde und sich durch die fortgesetzte Begehung solcher Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen suche, lasse erkennen, dass er maßgebliche in Österreich gültige Rechtsvorschriften offenbar gering schätzte. Solcherart sei eine zugunsten des Beschwerdeführers ausfallende Verhaltensprognose nicht möglich. Die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wiege derart schwer, dass kein Zweifel daran bestehen könne, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbaren Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Diese wiege jedoch keinesfalls schwer, sei doch auch zu berücksichtigen gewesen, dass die einer jeglichen Integration zu Grunde liegende soziale Komponente durch das sich über einen längeren Zeitraum erstreckende und wiederholte strafbare Verhalten des Beschwerdeführers entsprechend an Gewicht gemindert werde. Auch angesichts des Mangels jeglicher unmittelbarer familiärer Bindungen sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich gering. Dabei berücksichtige die belangte Behörde auch die geltend gemachten Bindungen zu den Familienangehörigen der verstorbenen Ehefrau des Beschwerdeführers, diese seien jedoch nicht geeignet, dessen persönlichen Interessen entscheidend zu verstärken. Angesichts der keinesfalls langjährigen Aufenthaltsdauer und der Vielzahl der meist nur wenige Wochen dauernden Arbeitsverhältnisse könne auch die Integration des Beschwerdeführers am heimischen Arbeitsmarkt nicht als nachhaltig angenommen werden. Diesen insgesamt somit keinesfalls ausgeprägten persönlichen Interessen stehe das große öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zur Auffassung gekommen, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten begründete große öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fern bleibe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbots erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig.

Ein Sachverhalt gemäß § 61 FPG sei nicht gegeben. Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellt die von der belangten Behörde festgestellte gerichtliche Verurteilung nicht in Abrede. Auf dem Boden dieser Verurteilung ist (was die Beschwerde unbekämpft lässt) der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG (zweiter Fall) erfüllt.

1.2. Der Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 12. September 2006 liegt unstrittig das gesagte gravierende Delikt des teils versuchen, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch zu Grunde, wodurch der Beschwerdeführer das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität in einem erheblichen Ausmaß verletzt hat. Das in den Jahren 2005 und 2006 gesetzte Fehlverhalten des Beschwerdeführers liegt (entgegen seiner Meinung) auch noch nicht so lange zurück, dass ein Wegfall oder eine maßgebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr anzunehmen wäre; schon deshalb ist für den Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf sein (behauptetes) seitheriges Wohlverhaltens, das verspürte (kurzfristige) Haftübel und die ins Treffen geführte bedingte Verurteilung sowie mit dem Vorbringen, sein Fehlverhalten stelle einen einmaligen Abschnitt in seinem Leben dar, nichts zu gewinnen. Damit ist im Beschwerdefall auch die Prognose nicht zu beanstanden, dass das den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllende Fehlverhalten des Beschwerdeführers die in § 60 Abs. 1 leg. cit umschriebene Annahme rechtfertige.

2.1. Gegen die Beurteilung nach § 66 FPG führt die Beschwerde ins Treffen, dass sich aus der langen, rund vierjährigen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers seine Integration ableiten lasse, welche in der für sie wesentlichen sozialen Komponente lediglich eine einmalige Beeinträchtigung erfahren habe. Aus der Vielzahl der Arbeitsverhältnisse des Beschwerdeführers lasse sich jedenfalls eine soziale und berufliche Integration ableiten. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer nach dem Tod seiner Frau zu deren Verwandten, insbesondere zu deren Bruder und deren Eltern, intensive Beziehungen, die seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich verstärkten. Überdies sei er kranken- und unfallversichert, er komme den Meldevorschriften nach und verfüge über einen Mietvertrag als Hauptmieter, was seine weitgehende Integration zeige, die zweifellos zu einer Aufenthaltsverfestigung geführt habe. Dazu komme, dass er zu seiner früheren Heimat keinerlei Bezugspunkte habe. Ferner sei im Sinn des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 99/18/0354 zu prüfen, inwieweit sich der Beschwerdeführer auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen könne.

2.2. Die belangte Behörde hat angesichts der Dauer seines Aufenthalts und seiner im angefochtenen Bescheid genannten persönlichen Interessen zutreffend eine mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend ist sie aber (entgegen der Beschwerde) zu dem Ergebnis gelangt, dass das Aufenthaltsverbot im Licht des § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, liegt doch dem Beschwerdeführer das besagte gravierende Fehlverhalten zu Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer dringend geboten erscheinen lässt. Unter Zugrundelegung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Angesichts seines (entgegen seiner Ansicht) nicht als (besonders) lang zu qualifizierenden Aufenthalts in Österreich fallen die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich (auch unter Berücksichtigung des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer zu seiner früheren Heimat keine Bezugspunkte mehr habe) nicht derart ins Gewicht, dass sie das öffentliche Interesse an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme überwiegen würden. Dies vor dem Hintergrund, dass die Beziehungen zum Bruder und zu den Eltern seiner verstorbenen Ehefrau seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht maßgeblich zu verstärken vermögen. Mit seinem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/18/0354, ist für ihn schließlich nichts zu gewinnen, weil sich der diesem Erkenntnis zugrunde liegende Fall von seinem Fall maßgeblich dadurch unterscheidet, dass der Beschwerdeführer weder Vater eines Kindes noch verheiratet ist und sich ferner noch nicht durch einen Zeitraum von etwa neun Jahren rechtmäßig in Österreich aufhält.

3. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet, als sie nicht zielführend.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Juli 2007

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