VwGH 2007/18/0292

VwGH2007/18/029214.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des I O in W, geboren 1977, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. April 2007, Zl. 315.731/2-III/4/06, betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art7 Abs1;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973 Art1 Abs1;
FremdenG 1997;
EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;
B-VG Art7 Abs1;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973 Art1 Abs1;
FremdenG 1997;
EMRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §74;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 12. April 2007 wurde der vom Beschwerdeführer am 30. September 2004 bei der Bundespolizeidirektion Wien gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG 1997" gemäß § 21 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Die genannte Behörde habe - im zweiten Rechtsgang - nach Inkrafttreten des NAG diesen Antrag zuständigkeitshalber an den Landeshauptmann von Wien (die Erstbehörde) weitergeleitet, der den Antrag mit Bescheid vom 19. April 2006 abgewiesen habe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass er von einer österreichischen Staatsbürgerin adoptiert worden wäre.

Der Beschwerdeführer sei mit einem vom 1. April 2004 bis 30. Mai 2004 gültigen Visum nach Österreich eingereist und habe am 1. Juni 2004 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, welcher am 21. Juli 2005 mit der Feststellung gemäß § 8 Asylgesetz 1997 - AsylG, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seine Heimat (Serbien) zulässig wäre, rechtskräftig negativ entschieden worden sei.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 22. September 2004 sei der Beschwerdeführer von der österreichischen Staatsbürgerin M. an Kindesstatt angenommen worden. Er sei im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG gewesen. Sein Aufenthalt in Österreich als Asylwerber stelle keinen humanitären Grund dar. Zudem könne er seit der Stellung des Asylantrages nicht als niedergelassen angesehen werden.

Da der Beschwerdeführer noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für das Bundesgebiet verfügt habe, sei sein Antrag vom 30. September 2004 als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten, weshalb § 21 Abs. 1 und 2 NAG zu beachten sei.

Der Beschwerdeführer, der durch seinen Rechtsvertreter am 30. September 2004 den gegenständlichen Antrag eingebracht habe, sei zu diesem Zeitpunkt im Inland aufhältig gewesen und seit 7. Mai 2004 in Österreich polizeilich aufrecht gemeldet. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG hätte er diesen Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung im Ausland abwarten müssen.

Eine Überprüfung im Sinn des § 72 NAG sei von Amts wegen durchgeführt worden, und es sei festgestellt worden, dass weder sein Antrag noch seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid eine Behauptung humanitärer Gründe enthalte. Zwar habe er ein berechtigtes Interesse an einer Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation durch die Auswanderung nach Österreich, aber es bestünden keine humanitären Gründe für die Erteilung eines diesbezüglichen Aufenthaltstitels. Darüber hinaus sei auf Grund der abweisenden asylrechtlichen Entscheidung ersichtlich, dass er keiner Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründen ausgesetzt sei. Es sei daher kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben. Bei der vorliegenden Entscheidung nach § 21 Abs. 1 NAG sei ein weiteres Eingehen auf seine persönlichen Verhältnisse, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt habe, begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass es sich beim gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels um einen Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handle, keinen Bedenken.

Nach dieser Gesetzesbestimmung sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und ist die Entscheidung im Ausland abzuwarten.

2. Dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 NAG, in denen es zulässig ist, einen Erstantrag vom Inland aus zu stellen, vorliege, wird in der Beschwerde nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. für eine Inlandsantragstellung bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer, der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits 29 Jahre alt war, kein Familienangehöriger einer Österreicherin im Sinn dieser Gesetzesbestimmung ist (vgl. § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG).

3. Das Recht, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten, käme daher fallbezogen nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Nach dieser Gesetzesbestimmung kann die Behörde bei Vorliegen humanitärer Gründe die Inlandsantragstellung von Amts wegen zulassen. Ein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung wird dem Fremden damit jedoch nicht eingeräumt (vgl. aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0015, mwN).

Da eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung unstrittig nicht erfolgte, steht der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels der Grundsatz der Auslandsantragstellung nach § 21 Abs. 1 leg. cit. entgegen. Der Beschwerdeführer hätte daher ab Inkrafttreten des NAG (mit 1. Jänner 2006) die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Ausland abwarten müssen. Ob nach dem FrG die Stellung des Antrages im Inland zulässig gewesen sei, ist hiebei ohne Belang (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0282, und das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2007/18/0015).

Hiebei war eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0368, mwN).

4. Im Hinblick darauf zeigt die Beschwerde mit ihrem Vorbringen, dass im Jahr 2004, als der Beschwerdeführer von einer österreichischen Staatsbürgerin an Kindesstatt angenommen worden sei, nach der damaligen Rechtslage (gemeint: das Fremdengesetz 1997 - FrG) eine Inlandsantragstellung noch rechtens gewesen sei, die Bundespolizeidirektion Wien damals einen rechtswidrigen Bescheid erlassen habe, der mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. November 2005 aufgehoben worden sei, er sich seit langer Zeit in Österreich befinde und die belangte Behörde das ihr zustehende Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt habe, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

5. Zu der in der Beschwerde gestellten Anregung, einen Antrag auf Gesetzesprüfung in Bezug auf § 21 Abs. 1 und 2 NAG zu stellen, wird bemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers nicht teilt. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das obzitierte Erkenntnis, Zl. 2007/18/0015, verwiesen, in dem sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen hat, der den Grundsatz der Auslandsantragstellung sowohl unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als auch jenem des Art. I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, wie auch weiterer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (so auch des Vorwurfes, dass eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Antragstellung und die Entziehung des Rechtes zur Inlandsantragstellung sachlich nicht gerechtfertigt seien) als unbedenklich erachtet hat.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 14. Juni 2007

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