VwGH 2007/18/0193

VwGH2007/18/019324.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des A B (geboren 1966), in W, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alserstraße 34/40, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 2007, Zl. SD 2347/05, bereffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Februar 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage am 5. Februar 2001 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der erstinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden sei. Er sei jedoch nicht ausgereist, sondern habe seinen Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig fortgesetzt. Bis heute sei der Beschwerdeführer nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels für das Bundesgebiet gelangt. Solcherart könne kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 FPG - im Grund des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Der Beschwerdeführer habe am 24. Oktober 2001 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Diese sei am 19. Jänner 2003 und am 10. März 2003 niederschriftlich einvernommen worden und habe beide Male übereinstimmend angegeben, dass es sich bei der Ehe mit dem Beschwerdeführer um eine Scheinehe handeln würde. Diese wäre über einen Bekannten und in weiterer Folge von einem Türken vermittelt worden; der österreichischen Staatsbürgerin wären S 80.000,-- für die Ehe versprochen worden. Den Beschwerdeführer hätte sie zum ersten Mal bei der türkischen Botschaft getroffen, nach der Eheschließung hätte sie S 40.000,-- bzw. S 45.000,-- erhalten. Sie hätte nie mit dem Beschwerdeführer zusammen gelebt, sie hätte sich jedoch an seiner Wohnanschrift vorübergehend angemeldet, obwohl sie dort nie gewohnt hätte. Sie würde vielmehr mit einem Lebensgefährten zusammen leben. Der Beschwerdeführer habe in seiner niederschriftlichen Einvernahme bestritten, eine Scheinehe eingegangen zu sein. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt sei die Ehe erstinstanzlich für nichtig erklärt worden, das Verfahren sei im Berufungsstadium anhängig.

Ungeachtet der Frage, ob die Ehe des Beschwerdeführers tatsächlich als Scheinehe zu qualifizieren sei, sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer und seine "Gattin" lediglich einen Monat lang, nämlich vom 9. Jänner 2003 bis zum 7. Februar 2003, gemeinsam gemeldet gewesen seien. Auch wenn auf Grund aller Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen sei, so sei dieser Eingriff jedenfalls zulässig, weil er sich zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten erweise. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der mittlerweile fünfeinhalbjährige unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet jedoch gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei er auch rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ferner hätte der Beschwerdeführer jedenfalls ab dem Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, mit 1. Jänner 2006 (vgl. § 82 Abs. 1 leg. cit.) als Ehegatte einer Österreicherin eines Aufenthaltstitels bedurft (vgl. §§ 47 f leg. cit.), ist doch vorliegend kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers von ihrem gemeinschaftsrechtlichen Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Aus den insofern unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer über einen solchen Aufenthaltstitel nicht verfügt. Vor diesem Hintergrund begegnet die behördliche Beurteilung, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des § 66 Abs. 1 FPG. Der Beschwerdeführer habe gegen das im angefochtenen Bescheid genannte Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 11. Dezember 2006 (vgl. oben I. 1.) Berufung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien erhoben, über dieses Rechtsmittel liege noch keine Entscheidung vor. Daher sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor aufrecht mit einer Österreicherin verheiratet sei. Die Ehe mit einer Österreicherin sei einer der stärksten Anknüpfungspunkte, den ein Ausländer in Österreich aufweisen könne. Diese Ehe bestehe bis zu ihrer allfälligen Nichtigerklärung. Der Beschwerdeführer vertrete nach wie vor den Standpunkt, dass er selbst zu jeder Zeit beabsichtigt gehabt hätte, mit seiner österreichischen Ehefrau eine Familiengemeinschaft einzugehen und aufrecht zu erhalten. Er hätte daher die Meinung vertreten, dass an die Ehefrau übermittelte Geldbeträge nicht für die Eheschließung, sondern wegen der Eheschließung (auf Grund seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau käme es ihm zu, dieser gegenüber finanzielle Leistungen zu erbringen bzw. zum gemeinsamen Haushalt beizutragen) bezahlt worden wären. Da der Beschwerdeführer dies subjektiv so verstanden hätte, habe er zumindest subjektiv keine Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung begangen. Überdies würde das dem Beschwerdeführer früher vorgeworfene Verhalten die öffentliche Ordnung in Österreich nur in sehr geringem Ausmaß stören. Das konkrete Verhalten des Beschwerdeführers bestehe aus dem Versuch, mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine eheliche Verbindung einzugehen, von der er selbst subjektiv angenommen habe, es würde sich daraus eine Familiengemeinschaft mit allen Möglichkeiten ergeben.

2.2. Der Beschwerdeführer hat durch seinen jedenfalls seit dem 1. Jänner 2006 unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von etwa einem Jahr und eineinhalb Monaten gravierend gegen das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften verstoßen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich werden dadurch relativiert, dass auf dem Boden der insoweit unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie des Vorbringens in der Beschwerde keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Beschwerdeführer aus einer Berufstätigkeit ableitbare persönliche Interessen am Verbleib in Österreich zukommen. Weiters wird das Gewicht der vom Beschwerdeführer aus seiner (noch bestehenden) Ehe abgeleiteten familiären Interessen am Verbleib in Österreich entscheidend dadurch gemindert, dass er nach den insoweit unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde mit seiner Ehefrau an einer Wohnanschrift bloß vorübergehend (für die Dauer von etwa einem Monat) gemeldet war und in der Beschwerde auch nicht konkret vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau - entgegen deren im bekämpften Bescheid wiedergegebenen Angaben - zusammengelebt hätte. Von daher kann - ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine Scheinehe handle - die Auffassung der belangten Behörde, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme nach § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten sei, nicht als rechtsirrig angesehen werden.

3. Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde von dem ihr nach § 53 Abs. 1 FPG zukommenden Ermessen zu seinen Gunsten Gebrauch zu machen gehabt hätte, ist ihm zu entgegnen, dass weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich sind, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. April 2007

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