VwGH 2007/05/0164

VwGH2007/05/016431.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Dipl. Dkfm. Elfriede Sames in Klagenfurt, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 30. Mai 2007, Zl. 7-B-BRM- 989/2/2007, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Julijana Utner, 9565 Ebene Reichenau, Turracherhöhe 57), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1996 §23 Abs3 liti;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs3;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3 liti;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender übereinstimmender Sachverhalt:

Die mitbeteiligte Partei, die eine Fremdenpension betreibt, beantragte mit Eingabe vom 10. Mai 2006 die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wellness-Anlage auf dem Grundstück Nr. 280/91 der KG Winkl Reichenau.

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des benachbarten Grundstückes Nr. 280/117, sie sprach sich während des gesamten Bauverfahrens gegen das beantragte Vorhaben aus. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass das geplante Gebäude auf Grund seiner Ausstattung einem gastronomischen Betrieb dienen solle, die Wellnessfläche betrage weniger als 10 % der Gesamtfläche. Die Errichtung des geplanten Vorhabens stünde im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, der in diesem Gebiet die Widmung "Bauland-Kurgebiet-Sonderwidmung Wochenendhaus" ausweise. Weiters bewirke die Errichtung des Vorhabens Lärm-, Geruchs- und sonstige Belästigungen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Reichenau vom 17. November 2006 wurde der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wellness-Anlage auf dem Grundstück Nr. 280/91 unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt.

Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die Beschwerdeführerin Berufung, welche mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Reichenau vom 15. März 2007 als unbegründet abgewiesen wurde. Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung an die belangte Behörde und brachte auch hier im Wesentlichen den Widerspruch des Bauvorhabens zum rechtswirksamen Flächenwidmungsplan vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Mai 2007 behob die belangte Behörde u.a. auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 95 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung - K-AGO, LGBl. Nr. 66/1998, den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Reichenau vom 15. März 2007, und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Reichenau zurück.

Begründet wurde diese Entscheidung unter näherer Bezugnahme auf die entsprechenden rechtlichen Grundlagen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 damit, dass das gegenständliche Vorhaben mit der gegebenen Flächenwidmungskategorie "Bauland-Kurgebiet-Sonderwidmung sonstiger Freizeitwohnsitz" (diese Kategorisierung sei die Folge der Übergangsbestimmung des Art. III Abs. 9 der Anlage II der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 23/1995, wonach Grundflächen, für die in bestehenden Flächenwidmungsplänen die Sonderwidmung "Wochenendhaus" festgelegt worden sei, als "sonstige Freizeitwohnsitze" im Sinne dieses Gesetzes gelten) vereinbar sei. Die Lösung dieser Frage sei durch die Baubehörden erster und zweiter Instanz ohne Rechtsirrtum erfolgt, weil gemäß dem geltenden Flächenwidmungsplan sowohl die Errichtung von Gebäuden und baulichen Anlagen im Sinn des § 3 Abs. 6 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 als auch im Sinne des § 8 Abs. 2 leg. cit. zulässig sei.

In Bezug auf die auch von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen im Sinne des § 23 Abs. 3 lit. i der Kärntner Bauordnung 1996 betreffend unzumutbare Lärm-, Geruchs- und Abgasbelästigungen führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass die Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf Immissionsschutz in der Widmung "Kurgebiet" habe. Die Berufungsbehörde habe zu dieser Frage ausgeführt, dass ein Gutachten einer Ziviltechnikergesellschaft vom 20. Juni 2000 und vom 25. Oktober 2000 eingeholt worden seien, und nach der im gewerberechtlichen Verfahren eingeholten Stellungnahme für Schall- und Lärmschutz bei Einhaltung einer Reihe von Auflagen eine Beeinflussung des Istmaßes nicht eintreten würde. Dazu sei auszuführen, dass zwar die Gutachten eines anderen Verwaltungsverfahrens im baurechtlichen Verfahren herangezogen werden könnten, wenn aus diesen in Bezug auf die unterschiedliche Aufgabenstellung der Baubehörde relevante Aussagen abgeleitet werden könnten. Das im baurechtlichen Verfahren herangezogene Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen habe schon deshalb im Bauverfahren keine zulässige Grundlage sein können, weil die Auswirkungen von Emissionen eines Betriebes baurechtlich bereits an der Grundgrenze des jeweiligen Nachbargrundstückes maßgeblich seien. Im Gegensatz zum Gewerberecht dürften im Baubewilligungsverfahren schon an der Grundgrenze keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigungen der Nachbarn durch die bestimmungsgemäße Benützung des Bauvorhabens eintreten. Im vorliegenden Zusammenhang hätte die Baubehörde somit zu prüfen, ob an der Grundgrenze des Nachbargrundstückes unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter als Kurgebiet örtlich unzumutbare Umweltbelastungen im Sinn des § 3 Abs. 3 dritter Satz des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 zu erwarten seien. In diesem Zusammenhang hätte der technische Sachverständige das Ausmaß und die Art der zu erwartenden Immissionen anzugeben und der medizinische Sachverständige die Wirkungen auf den menschlichen Organismus darzutun gehabt. In dieser Hinsicht erweise sich das auf Gemeindeebene durchgeführte Verfahren somit als ergänzungsbedürftig, sodass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinn des § 23 Abs. 3 lit. i K-BO 1996 verletzt worden sei. Soweit die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem privaten Zufahrtsweg eine Verletzung ihrer Rechte erkenne, sei ihr zu entgegnen, dass die Vorschrift betreffend das Erfordernis der Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründe.

Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde gegen diesen Bescheid, insoweit über ihre Vorstellung abgesprochen wurde, und machte geltend, in ihrem Recht darauf verletzt worden zu sein, dass die Gemeindebehörden nicht an eine unrichtige Rechtsansicht gebunden werde. Diese unrichtige Rechtsansicht liege darin, dass in der Flächenwidmungskategorie "Bauland-Kurgebiet-Sonderwidmung sonstiger Freizeitwohnsitz" sowohl die Errichtung von Gebäuden und baulichen Anlagen im Sinn des § 3 Abs. 6 als auch im Sinn des § 8 Abs. 2 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 zulässig sei. Weiters sei sie in ihrem Recht verletzt, dass bei der Bebauung des Grundstückes der mitbeteiligten Partei bzw. bei der Erteilung der notwendigen baubehördlichen Bewilligungen die im diesbezüglichen geltenden Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungskategorie eingehalten und dass demgemäß der mitbeteiligten Partei für ihr gegenständliches Bauvorhaben, weil es sich dabei um kein Gebäude bzw. um keine bauliche Anlage im Sinn des § 8 Abs. 1 bis 3 leg. cit. handle, eine Baubewilligung nicht erteilt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit er die Vorstellung der Beschwerdeführerin erledigt - der Vorstellung stattgegeben, der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 15. März 2007 aufgehoben und die Angelegenheit insoweit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Das die Aufhebung und Zurückverweisung tragende Begründungselement des angefochtenen Bescheides liegt darin, dass das im baurechtlichen Verfahren hinsichtlich der Emissionsbelastung herangezogene Gutachten des im gewerberechtlichen Verfahren aufgetretenen Amtssachverständigen keine im Bauverfahren zulässige Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen von Emissionen des vorliegenden Betriebes sein konnte, weil diesbezüglich ein unterschiedlicher Maßstab besteht. Allein aus diesem Grund erwies sich das auf Gemeindeebene durchgeführte Verfahren als ergänzungsbedürftig.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter getroffenen sonstigen Ausführungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit des vorliegenden Bauvorhabens mit der Flächenwidmungskategorie "Bauland-Kurgebiet-Sonderwidmung sonstiger Freizeitwohnsitz" stellen hingegen keine die Aufhebung tragenden Gründe dieses Bescheides dar.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bindungswirkung einer aufhebenden Vorstellungsentscheidung an die ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente geknüpft. Jener Teil der Begründung eines aufhebenden Vorstellungsbescheides hingegen, der darlegt, in welchen Punkten nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, der also aufzeigt, welche der in der Vorstellung geltend gemachten oder sonst in Betracht kommenden Rechtsverletzungsmöglichkeiten mangels tatsächlicher Rechtsverletzung keine Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides nach sich zu ziehen hätte, löst deshalb keine bindende Wirkung aus, weil er den aufhebenden Spruch nicht trägt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2006, 2005/04/0265, mwN). Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. die hg. Beschlüsse vom 22. November 1996, 96/17/0421, und vom 28. Jänner 2002, 2001/17/0189). Im fortgesetzten Verfahren haben sowohl die Gemeindebehörden als auch - allenfalls - die belangte Behörde neuerlich, und ohne an die Begründung des angefochtenen Bescheides gebunden zu sein, die Frage der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung zu prüfen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich nun in der vorliegenden Beschwerde allein gegen den Teil der Bescheidbegründung, hinsichtlich dessen die Vorstellungsbehörde der Rechtsansicht der Gemeindebehörden beigetreten ist, und die nach dem Vorgesagtem keine Bindungswirkung entfaltet. Jener Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher Bindungswirkung entfaltet, wird von der Beschwerdeführerin hingegen nicht bekämpft.

Der angefochtene Bescheid verletzte die Beschwerdeführerin daher in keinen Rechten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2007

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