VwGH 2006/18/0497

VwGH2006/18/049713.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatsapräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des S F in W, (geboren 1970), vertreten durch Dr. Alexander Schöller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraße Hauptstraße 1/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom 28. August 2006, Zl. UVS-FRG/56/752/2006/21, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 1954 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 1954 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom 28. August 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen deutschen Staatsangehörigen, gemäß § 86 iVm § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Dezember 1996 in das Bundesgebiet eingereist. Mit Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 12. Jänner 1998 sei er wegen versuchten Ladendiebstahls zu einer Geldstrafe zu 30 Tagessätzen von 30,-- ATS rechtskräftig verurteilt worden. Mit Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21. Jänner 2002 sei der Beschwerdeführer neuerlich wegen "Übertretung" des § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Wochen, bedingt für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Das Urteil sei am 14. März 2002 in Rechtskraft erwachsen.

Die bedingte Strafnachsicht sei in der Folge widerrufen worden.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom

26. August 2004 sei folgender Sachverhalt festgehalten worden:

Der Beschwerdeführer sei schuldig, er habe in Wien:

I) gewerbsmäßig versucht, fremde bewegliche Sachen

Nachgenannten mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zuneigung unrechtmäßig zu bereichern, indem er in Geschäftslokalen Waren an sich nahm, in seiner Bekleidung verbarg und sich anschickte, ohne Bezahlung des Kaufpreises die Geschäftslokale zu verlassen, und zwar:

1.) am 14.4.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt Waren im Wert von EUR 12,48;

2.) am 23.6.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt Waren im Wert von EUR 29,21;

3.) am 2.7.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 42,59;

4.) am 23.7.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt Waren im Wert von EUR 4,37;

5.) am 18.9.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 5,36;

6.) am 3.12.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt Waren im Wert von EUR 11,06;

7.) am 4.1.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 17,68;

8.) am 22.3.2004 Verfügungsberechtigen der Firma Billa Waren im Wert von EUR 6,49;

9.) am 19.3.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 19,78;

10.) am 6.3.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 12,41;

11.) am 22.5.2004 Verfügungsberechtigen der Firma Interspar Waren im Wert von EUR 46,49;

12.) am 17.5.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Interspar Waren im Wert von EUR 3,49:

13.) am 18.5.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 3,59;

14.) am 19.5.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 6,49;

15.) am 23.3.2004 Verfügungsberechtigten der Firma Billa Waren im Wert von EUR 6,49;

II) am 14.4.2003 versucht, Markus E mit Gewalt dazu zu nötigen, es zu unterlassen, ihn nach der Begehung des zu I/1.) angeführten Diebstahls anzuhalten (§ 86 Abs. 2 StPO), indem er ihm Schläge und Fußtritte versetzte;

III) am 21.7.2003 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, einen Kellner der Firma 'Schauer Gaststätten GmbH' (Pizzeria 'La Strada') durch Täuschung über Tatsachen zur Verabreichung einer Pizza und eines Glas Cola verleitet, was die genannte Gesellschaft um EUR 11,25 am Vermögen schädigte, indem er jene Konsumation bestellte, wobei er vorgab, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein."

Der Beschwerdeführer sei auf Grund dieses Sachverhalts wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls in insgesamt 15 Fällen im Zeitraum April 2003 bis März 2004 nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB sowie in je einem Fall im Zeitraum 2003 wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten rechtskräftig verurteilt worden.

Aus dem gegenständlichen Strafakt des Landesgerichts für Strafsachen Wien gehe weiters hervor, dass laut Auskunft aus dem Zentralregister beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Bonn vom 6. Oktober 2003 der Beschwerdeführer weiters folgende Eintragungen im deutschen Zentralregister zu verantworten gehabt habe:

"Fahrlässige Trunkenheit im Straßenverkehr, rechtskräftig seit 6.5.1992, mit Verurteilung zu 30 Tagessätzen zu je 12 DM Geldstrafe sowie 3 Monate Fahrverbot, weiters Körperverletzung, rechtskräftig seit 18.11.1994, Verurteilung zu 15 Tagessätzen zu je 30 DM Geldstrafe, weiters Gemeinschaftlicher Diebstahl, rechtskräftig seit 25.5.1995, Verurteilung zu 50 Tagessätzen zu je 20 DM Geldstrafe, weiters Urkundenfälschung in 3 Fällen und Betrug (mit Tatzeitpunkten im Jahr 1996), nachträglich rechtskräftig seit 4.6.1997, Verurteilung zu einer, nach nachträglich durch Beschluss gebildeten Gesamtstrafe von 55 Tagessätzen zu je 35 DM Geldstrafe."

Aus dem eingeholten Strafvollzugsakt des Landesgerichtes Krems an der Donau ergebe sich, dass sich der Beschwerdeführer in der Haft gut geführt habe und nach Bestellung einer Bewährungshilfe vorzeitig bedingt aus der Haft am 15. Februar 2005 entlassen worden sei.

In der Sache sei am 31. Juli 2006 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt worden.

Der Beschwerdeführer sei EWR-Bürger und habe vor Verwirklichung des maßgeblichen Sacherhalts (Begehung der ersten Straftat) noch nicht seit zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gehabt. Im Verfahren sei unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer die in den drei genannten Urteilen festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das dort umschriebene Verhalten gesetzt habe.

Im Hinblick auf die Verurteilungen sie der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG verwirklicht. Auf den Beschwerdeführer als EWR-Bürger sei das 10. Hauptstück des FPG anzuwenden. Konkret dürfe ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer nur unter den Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG erlassen werden. Die notwendige Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger sei ein persönliches Verhalten des Fremden, welches eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Der Beschwerdeführer habe zuletzt Verurteilungen wegen Diebstahls bzw. wegen Eingriffen in fremdes Eigentum zu verantworten. Die zeitlich letzte Verurteilung, wonach der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden sei, stelle (wie von der Erstbehörde ausgeführt und vom Beschwerdeführer nicht bekämpft) eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG dar. Dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität komme im Licht von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen ein großes Gewicht zu. Auch dem Aspekt der Alkoholabhängigkeit des Beschwerdeführers komme bei der Beurteilung Bedeutung zu, denn gerade der Bereich der Beschaffungskriminalität sei eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß sei. Vorliegend bestehe daher eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, damit sei auch ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, weil der Schutz des Eigentums und Vermögens sowie die Verhinderung strafbaren Verhaltens dagegen ein derartiges Grundinteresse darstellten.

Zu der zeitlich letzten strafgerichtlichen Verurteilung sei im konkreten Zusammenhang auszuführen, dass einerseits mehrere Angriffe auf fremdes Eigentum über einen längeren zeitlichen Rahmen vorliegen würden, dass jedoch andererseits die Schadenssumme nicht übermäßig hoch gewesen und es in diesen Fällen auch beim Betrug (gemeint offenbar: beim Versuch) geblieben sei. Wie aus den im vorliegenden Strafakt erliegenden Anzeigen ersichtlich sei, habe es sich bei den gestohlenen Sachen größtenteils um Grundnahrungsmittel und Alkoholika gehandelt.

Aus den eingeholten Berichten zu seiner Haftentlassung sowie aus den vom Beschwerdeführer persönlich gemachten Angaben in der durchgeführten Berufungsverhandlung habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer zwar seit der Haftentlassung (Februar 2005) sichtlich bemüht sei, seine Alkoholabhängigkeit zu bekämpfen, er jedoch selbst angegeben habe, immer wieder in diese Abhängigkeit zurückzufallen. Es bestehe daher nach wie vor eine tatsächliche Gefahr für das Allgemeininteresse im Sinn des § 86 FPG im nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt.

Schließlich könne auch insbesondere aus den bisherigen strafrechtlichen Vormerkungen, welche auch aus dem Zeitraum seines Aufenthalts in Deutschland stammten und welche der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1992 bis 1996 zu verantworten hätte, nicht abgeleitet werden, dass die der nunmehr letzten Verurteilung aus dem Jahr 2005 (richtig: 2004) zugrunde liegende Tat eine einmalige kriminelle Handlung gewesen wäre und etwa besondere persönliche Lebensumstände die Tat relativieren könnten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer seit nunmehr etwa 14 Jahren wiederholt nicht rechtstreu verhalten habe, insbesondere nicht gegenüber fremdem Eigentum. Selbst wenn auch die einzelnen Taten nicht schwerwiegend gewesen seien, so könne doch unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit des den vorliegenden Verurteilungen zugrunde liegenden Verhaltens eine Prognosebeurteilung im Entscheidungszeitpunkt nicht für ein künftig zu erwartendes Wohlverhalten des Beschwerdeführers sprechen. Auch das Wohlverhalten seit der letzten Strafhaft, welches unbestritten bestehe, sei zeitlich betrachtet zu kurz, um davon ausgehen zu können, dass im Fall des Beschwerdeführers eine Änderung eingetreten sei und die Gefahr nicht mehr bestehe.

Die Gesamtzahl an Übertretungen, auch wenn die zeitlich früheren wohl bereits getilgt und die zeitlich letzten Delikte im Versuchsstadium geblieben seien, zeige über einen Zeitraum von 14 Jahren ein an den Tag gelegtes strafbares Verhalten, sodass vom Beschwerdeführer eine dem Grundinteresse der Achtung fremden Eigentums entgegenstehende Gefährdung ausgehe.

Zu beurteilen bleibe schließlich noch die Frage der Erheblichkeit der Gefahr im Sinn des § 86 FPG, welche kumulativ, gegenwärtig und tatsächlich sein müsse. Die bisherigen Delikte des Beschwerdeführers würden jeweils für sich betrachtet nicht schwer wiegen. Die Summe an Übertretungen sie jedoch als erheblich zu werten, eine Gesamtbetrachtung des Verhaltens führe zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer eine offensichtlich gleichgültige Einstellung gegenüber fremdem Eigentum an den Tag lege und eine wesentliche Änderung dieser Einstellung nicht ersichtlich sei, sodass in Gesamtbetrachtung von Erheblichkeit auszugehen sei.

Zur Frage der familiären Bindungen sei auszuführen, dass der Beschwerdeführer nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens an einem guten Verhältnis mit seiner Tochter interessiert sei, zumal er in regelmäßigen Abständen auch Alimentationszahlungen an seine Tochter trotz seines äußerst niedrigen Einkommens leiste und auch im persönlichen Eindruck sehr bemüht wirke. Jedoch hätten sowohl er als auch die Kindesmutter und die einvernommene Bezugsperson aus dem Sozialdienst angegeben, dass bisher ein Kontakt zwischen Vater und Kind schwierig herzustellen gewesen sei und dass das Kind selbst nunmehr im Entscheidungszeitpunkt kein Interesse an einem familiären Kontakt zu seinem Vater habe. Es sei daher zwar ein Eingriff ins Privat- und Familienleben infolge der fremdenpolizeilichen Maßnahme gegeben, wobei aber zu beachten sei, dass kein gemeinsamer Haushalt mit der Tochter bestehe und die Tochter auch keinen Kontakt zum Vater haben wolle. Die öffentlichen Interessen überwögen daher, und es würden daher auch keine familiären Erwägungen gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbots sprechen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass derartige Kontakte auch außerhalb des Bundesgebiets, etwa in Deutschland, stattfinden könnten.

Die Integration des Fremden im Bundesgebiet hänge (neben der Dauer des Aufenthalts und seinen sonstigen Beziehungen) auch von seinem Verhalten in Österreich ab. Dazu sei in Bezug auf den Beschwerdeführer auszuführen, dass dieser seit nunmehr zehn Jahren im Bundesgebiet aufhältig sei, dass jedoch zumindest seit 2002 im Hinblick auf die mangelnde berufliche Tätigkeit und mangels aufrechter familiärer Beziehungen keine volle soziale Integration erkannt werden könne. Auch die Tatsache der vorgelegten Bestätigung einer nunmehrigen geringfügigen Beschäftigung ändere bei einer Gesamtbetrachtung nichts an dieser Beurteilung. Trotz seines nunmehr langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet sei es nicht rechtswidrig, wenn die Erstbehörde im Hinblick auf die Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft ein Aufenthaltsverbot aus dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interesse als dringend geboten erachtet habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen über die vom ihm verübten Straftaten und seine deswegen erfolgten Verurteilungen. Er bringt indes vor, dass mit seinen zeitlich letzten Verurteilungen stets Angriffe auf fremdes Vermögen geahndet worden seien und es sich bei den gestohlenen Sachen größtenteils um Grundnahrungsmittel und Alkoholika gehandelt habe, wobei die Schadenssummen nicht übermäßig hoch gewesen seien. Es sei Tatsache, dass der Beschwerdeführer zu dieser Zeit mittel- und obdachlos sowie alkoholabhängig gewesen sei, die rechtswidrigen Handlungen seien Ergebnis dieser sozialen Umgebung, des Suchtverhaltens in gewisser Weise wohl auch des "Überlebenstriebs". Im Fall der Beschaffungskriminalität trete das kriminelle Element in den Hintergrund, Anlass des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers sei vielmehr die Sucht gewesen, dieses resultiere daher nicht aus einer gleichgültigen Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber dem Eigentum. Seit seiner Haftentlassung habe sich die Situation des Beschwerdeführers jedoch grundlegend geändert. Auch wenn im derzeitigen Status noch nicht von einer Heilung der Alkoholabhängigkeit ausgegangen werden könne, habe der Beschwerdeführer sein Alkoholproblem auf Grund der noch immer andauernden Therapien derzeit im Griff. Auch habe sich der Beschwerdeführer (auch der Aussage der Bewährungshelferin bei der mündlichen Verhandlung zufolge) vom Obdachlosenmilieu entfernt und neue soziale Kontakte geknüpft. Eine Stabilisierung seiner Persönlichkeit sei bemerkbar. Die stets eingehaltenen Termine der Bewährungshilfe des Beschwerdeführers zeigten, dass dieser bereit sei, Hilfe anzunehmen, um ein "anständiges" Leben führen zu können. Aus dem persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers könne im Ergebnis keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr iSd § 86 FPG abgeleitet werden.

1.2. Gegen den Beschwerdeführer als freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 86 Abs. 1 erster Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Bei der Frage, ob gegen einen freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, ist zudem § 60 Abs. 2 FPG von Bedeutung, auf dessen Katalog als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0306, mwH).

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nicht auf die Verurteilungen des Beschwerdeführers, sondern auf die diesen Verurteilungen zugrundeliegenden, strafbaren Handlungen gestützt. Der Beschwerdeführer hat demnach unstrittig das Verbrechen des zum Teil versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls in insgesamt 15 Fällen über einen längeren Zeitraum hinweg sowie das Vergehen der versuchten Nötigung und das Vergehen des Betrugs gesetzt. Durch dieses Gesamtfehlverhalten hat der Beschwerdeführer wiederholt und gravierend dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität sowie auch der Gewaltkriminalität zuwider gehandelt. Der Hinweis des Beschwerdeführers, die Begehung seiner Straftaten habe immer im Zusammenhang mit seiner Sucht gestanden, vermag an dieser Beurteilung schon deshalb nichts zu ändern, weil der Beschwerdeführer selbst einräumt, von dieser Sucht noch nicht geheilt zu sein. Angesichts des über einen längeren Zeitraum hinweg gesetzten Fehlverhaltens ist der seit dem letzten Fehlverhalten im März 2004 verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um einen Wegfall oder auch nur eine maßgebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Im Übrigen ist festzuhalten, dass ein allfälliger Gesinnungswandel nicht am Verhalten in der Strafhaft, sondern nur daran geprüft werden kann, wie lang sich der Beschwerdeführer in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2006/18/0174, mwH). Auch das (unstrittige) Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit seiner (ebenfalls unstrittig) im Februar 2005 erfolgten Entlassung aus der Strafhaft in der Dauer von etwa eineinhalb Jahren ist zu kurz, um angesichts seines wiederholten einschlägigen Fehlverhaltens auf einen nachhaltigen Gesinnungswandel schließen zu können. Auf dem Boden des Gesagten ist für den Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er sei seit seiner Haftentlassung nicht mehr strafrückfällig geworden, er habe derzeit kein Verlangen nach Alkohol, er habe sich für einen Wohnort mit Alkoholkontrollen entschieden, er lebe derzeit in stabilen Verhältnissen und versuche mit allen Mitteln, einen Rückfall zu vermeiden, nichts zu gewinnen.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch unter dem Blickwinkel des § 66 FPG. Entgegen dem Bescheid vermöge die familiäre Situation des Beschwerdeführers durchaus seine persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich zu stärken. Es sei zwar richtig, dass die Tochter derzeit einer neuerlichen Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführer eher negativ gegenüberstehe, doch habe sich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass - sobald eine Anbahnung stattgefunden habe - das Kind des Beschwerdeführers "positiv" reagiert habe und bereit gewesen sei, neuerlich eine Vater-Tochter-Beziehung aufzubauen. Unstrittig sei, dass der Beschwerdeführer um seine Tochter bemüht sei. Es müsse daher zunächst Ziel sein, eine neuerliche Vertrauensbasis aufzubauen. Dies setze voraus, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben werde, regelmäßige Treffen zu vereinbaren. Die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene räumliche Distanz würde dies vereiteln. Darüber hinaus könne nicht angenommen werden, das eine Kontaktanbahnung in Deutschland möglich bzw. wahrscheinlich sei, wenn man berücksichtige, dass es bereits in Österreich schwierig gewesen sei, eine solche zu erreichen. Den Aussagen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren könne (im Ergebnis) entnommen werden, dass dieser keinen familiären Bezug zu Deutschland mehr habe. Bedingt durch die noch nicht geheilte Alkoholabhängigkeit sei davon auszugehen, dass er am dortigen Arbeitsmarkt derzeit auch nicht vermittelbar sei. Die lange Abwesenheit habe wohl auch dazu geführt, dass dort ein Anspruch auf Sozialhilfe oder Notstandshilfe und die Übernahme der Kosten einer notwendigen Therapie nicht gewährleistet sei. Berücksichtige man die eher labile Verfassung des Beschwerdeführers, müsse davon ausgegangen werden, dass in Deutschland ohne die entsprechende soziale Hilfe und Unterstützung durch Bewährungshelfer, Therapeuten und Familie ein neuerlicher sozialer Abstieg zu erwarten sei. Die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, der der Gefahr gegenüberstehe, in die Alkoholabhängigkeit zurückzufallen und bedingt dadurch wieder im Obdachlosenmillieu zu enden, wirke jedenfalls schwerer als etwaige nachteilige Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots.

2.2. Bei ihrer Prüfung nach § 66 FPG hat die belangte Behörde zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich angenommen. Angesichts des besagten wiederholten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde aber ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, ist es doch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von (weiteren) strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Vor diesem Hintergrund kann auch das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grund des § 66 Abs. 2 FPG getroffenen Beurteilung, dass die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbots die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich überwiegen würden, auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend die befürchtete Situation und das Fehlen der Möglichkeit eines Familienlebens in seinem Heimatland nicht als rechtswidrig erkannt werden. Seine in seiner Beziehung zu seiner Tochter bestehenden familiären Interessen am Verbleib in Österreich werden in ihrem Gewicht dadurch deutlich gemindert, dass diese Tochter nach den insoweit unstrittigen Feststellungen zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung keinen Kontakt zum Beschwerdeführer herstellen wollte. Von daher kommt auch dem Vorhaben des Beschwerdeführers, neuerlich eine Vertrauensbasis für einen stabilen Kontakt zu seiner Tochter herstellen zu wollen, kein entscheidendes Gewicht zu.

3. Auf dem Boden des Gesagten erweist sich die Verfahrensrüge, den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen liege eine unschlüssige Beweiswürdigung zu Grunde, als nicht zielführend.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. Februar 2007

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