VwGH 2006/10/0061

VwGH2006/10/006127.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der AA GmbH & Co OHG (vormals: A & B GmbH Nfg OHG) in S, vertreten durch Dr. Wilfried Aichinger, Dr. Joachim Bucher, Dr. Bernhard Hundegger und Mag. Christian Siller, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Italienerstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Dezember 2005, Zl. KUVS-1208/6/2005, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 lita;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 litb;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs2 litb;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z3;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 lita;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs1 litb;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs2 litb;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2005 beantragte die beschwerdeführende Partei die naturschutzbehördliche Bewilligung eines in beigelegten Projektunterlagen näher beschriebenen Kiesabbaues in der Gemeinde Lendorf.

Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau (BH) holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz ein. Diesem (als Stellungsnahme bezeichneten) Gutachten zufolge weist die für den Abbau vorgesehene Fläche ein Ausmaß von 14.860 m2 auf. Sie sei Teil eines bewaldeten Hügelzuges, der sich, von Freßnitz beginnend nach Osten bis zur Lieserschlucht ins Stadtgebiet von Spittal an der Drau erstrecke. Das Projektgebiet liege im Westteil dieses Bereiches nördlich der B 100 Drautal Bundesstraße im Bereich Windschnurn. Nach Beendigung des auf 10 Jahre geschätzten Abbaues sei eine Wiederaufforstung der Grube geplant. Wie anlässlich eines Ortsaugenscheines ersichtlich geworden sei, handle es sich um einen geschlossenen Waldkomplex. Das Aufreißen dieses Komplexes würde sicher eine nachhaltig nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes nach sich ziehen. Durch das Aufreißen dieses Waldkomplexes und durch die mit dem Abbau einhergehende Geländeveränderung komme es sicherlich zu einer Beeinträchtigung der geologischen Verhältnisse und somit zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur. Dieser Waldkomplex sei ein maßgeblich charakterisierender Bestandteil der Landschaft in diesem Bereich. Es komme somit zu einer wesentlichen Änderung derselben. Damit sei auch eine nachhaltige Beeinträchtigung "im Sinne des Charakters der Landschaft" gegeben, weil "dieser durch den Abbau eine wesentliche Störung der bis dato gegebenen Naturbelassenheit des Landschaftsraumes nach sich ziehe". Aus der Sicht des fachlichen Naturschutzes sei das Vorhaben abzulehnen, wobei darauf hingewiesen werde, dass in diesem Bereich bereits einmal Schotter abgebaut hätte werden sollen, dass dafür jedoch keine Bewilligung erteilt worden sei.

Die beschwerdeführende Partei hielt dagegen, die Argumentation des Amtssachverständigen für Naturschutz sei nicht nachvollziehbar. Den Schlussfolgerungen müsse widersprochen werden. Der Projektstandort sei durch einen "standortfernen Fichten- und Föhrenforst" geprägt. Eine Wiederaufforstung nach Beendigung des Abbaues mit standgerechten Gehölzen würde sowohl das Landschaftsbild wieder herstellen als auch die ökologische Wertigkeit des Areals verbessern. Der Abbau finde auf einem vergleichsweise kleinen Areal statt; die Situierung lasse keine große Fernwirksamkeit erwarten. Die abgebauten Böschungen würden sofort nach Fertigstellung begrünt, sodass eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auf ein Minimum reduziert werde. Ein Kahlschlag in demselben Flächenausmaß, der jederzeit beantragt werden könne, hätte gravierendere Auswirkungen auf das Landschaftsbild zur Folge. Weiters sei anzumerken, dass der geplante Abbau für den Betrieb der S in Lendorf, wo eine Asphaltmischanlage, eine Betonmischanlage und eine Kiesaufbereitung betrieben werde, im Sinne der Rohstoffsicherung eine lebenswichtige Versorgung darstelle und maßgeblich zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Gemeinde Lendorf und in der Stadtgemeinde Spittal an der Drau beitrage.

Mit Bescheid der BH vom 7. Juli 2005 wurde der beschwerdeführenden Partei die beantragte Bewilligung versagt. Begründend wurde nach Darstellung der angewendeten Rechtsvorschriften und nach Wiedergabe des Gutachtens des Amtssachverständigen für Naturschutz ausgeführt, das Vorhaben würde eine nachhaltig nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes und eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters der Landschaft mit sich bringen. Eine Abwägung mit öffentlichen Interessen im Sinne des § 9 Abs. 7 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K NatSchG) sei nicht vorgenommen worden, weil die beschwerdeführende Partei in ihrem Antrag kein öffentliches Interesse geltend gemacht habe. Der Kiesabbau sei von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme zum Gutachten des Naturschutzsachverständigen zwar als "Rohstoffsicherung" bezeichnet worden, die Naturschutzbehörde gehe aber davon aus, dass der Kiesabbau rein wirtschaftliche Interessen der beschwerdeführenden Partei betreffe.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung, in der sie im Wesentlichen ihr bereits in der Stellungnahme zum Gutachten des Naturschutzsachverständigen erstattetes Vorbringen wiederholte.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. Dezember 2005 wurde die Berufung abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei sei nicht nur naturschutzgesetzlich, sondern auch nach dem Mineralrohstoffgesetz und nach dem Forstgesetz bewilligungspflichtig; die Verfahren nach dem Mineralrohstoffgesetz und nach dem Forstgesetz seien aber noch nicht abgeschlossen. Von der Berufungsbehörde sei eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt worden, in deren Rahmen der naturschutzfachliche Amtssachverständige sein Gutachten dahin ergänzt habe, dass er bei seiner Beurteilung von den Bestimmungen betreffend das Landschaftsbild ausgegangen sei. Der betroffene Höhenzug stelle für das Landschaftsbild einen charakterisierenden Faktor dar. Es müsse auch auf die ökologische Wertigkeit insbesondere mit Rücksicht auf die vorhandene Fauna hingewiesen werden. Der Höhenzug stelle ein Rückzugsgebiet hauptsächlich für Wild dar. Mit dem Vorhandensein von Nistplätzen sei zu rechnen. Mit Rücksicht darauf, dass das Projekt antragsgemäß mit zehn Jahren befristet sein solle, sei es nicht akzeptabel. Es handle sich um einen schwer wiegenden Eingriff, der auch durch Auflagen nicht kaschiert werden könne. Die geländeverändernden Auswirkungen seien sehr groß, das ursprüngliche Gelände könne mit Rücksicht auf die Abbaumenge nicht wiederhergestellt werden. Die fraglichen Grundflächen hätten einen landschaftsprägenden Charakter. Im Falle einer Bewilligung würde eine nachhaltige Beeinträchtigung derselben stattfinden. Eine Schlägerung im Sinne des Forstgesetzes sei mit einer Schotterentnahme nicht zu vergleichen, weil bei der Schlägerung keine geländeverändernden Maßnahmen gesetzt würden. Hingegen komme es bei der Kiesentnahme sehr wohl zu Geländeveränderungen, die auf den Landschaftscharakter eine nachteilige Auswirkung hätten.

Die Berufungsbehörde habe keine Zweifel gegen die Richtigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens des Amtssachverständigen. Dieses sei daher vollinhaltlich zu übernehmen und der Entscheidung zu Grunde zu legen gewesen. Die beschwerdeführende Partei habe weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht Gründe dargelegt, die für ein unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewertendes öffentliches Interesse am Kiesabbau sprächen. Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes sei gemäß § 9 Abs. 3 lit. c KNatSchG jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben der Eindruck der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes wesentlich gestört werde. Im vorliegenden Fall handle es sich beim betroffenen Landschaftsraum um einen geschlossenen Waldkomplex, dessen Aufreißen eine nachhaltig nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes nach sich ziehen würde. Darüber hinaus sei durch die mit dem Abbau einhergehende Geländeveränderung eine Beeinträchtigung der ökologischen Verhältnisse und somit eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur nicht ausgeschlossen. Der Waldkomplex sei ein maßgeblich charakterisierender Bestandteil der Landschaft in diesem Bereich. Daher handle es sich bei diesem Waldkomplex um jenes Landschaftselement, das der Landschaft im fraglichen Bereich das Gepräge gebe. Es liege auf der Hand, dass es durch die geplanten Abbaumaßnahmen zu irreversiblen Geländeveränderungen komme und dass der Vergleich der beschwerdeführenden Partei mit einer Schlägerung nach dem Forstgesetz ins Leere gehe. Zusammenfassend könne der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in dem geplanten Vorhaben lediglich wirtschaftliche Interessen der beschwerdeführenden Partei erkannt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. b Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K NatSchG) bedürfen Abgrabungen und Anschüttungen auf einer Fläche von mehr als 2.000 m2, wenn das Niveau überwiegend mehr als einen Meter verändert wird und ähnlich weit reichende Geländeveränderungen in der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, einer Bewilligung.

Bewilligungen im Sinne des § 5 Abs. 1 dürfen gemäß § 9 Abs. 1 K NatSchG nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme

  1. a) das Landschaftsbild nachhaltig nachteilig beeinflusst würde,
  2. b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig verändert würde oder

    c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde.

    Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur liegt gemäß § 9 Abs. 2 K NatSchG vor, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben

    a) ein wesentlicher Bestand seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten vernichtet würde,

    b) der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet würde, oder

    c) der Bestand einer seltenen, gefährdeten oder geschützten Biotoptype wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet würde.

    Eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes ist gemäß § 9 Abs. 3 K NatSchG jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben

  1. a) eine Zersiedelung eingeleitet oder fortgesetzt würde,
  2. b) eine Verarmung eines durch eine Vielfalt an Elementen gekennzeichneten Landschaftsraumes eintreten würde,

    c) der Eindruck der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes wesentlich gestört würde,

    d) natürliche Oberflächenformen wie Karstgebilde, Flussterrassen, Flussablagerungen, Gletscherbildungen, Bergstürze, naturnahe Fluss- oder Bachläufe wesentlich geändert würden, oder

    e) freie Seeflächen durch Einbauten, Anschüttungen u.ä. wesentliche beeinträchtigt würden oder die Ufervegetation von Gewässern wesentlich aufgesplittert würde.

    Eine Versagung einer Bewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 darf gemäß § 9 Abs. 7 K NatSchG nicht erfolgen, wenn das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der von der beschwerdeführenden Partei beantragte Kiesabbau würde eine nachhaltig nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes nach sich ziehen, weil ein geschlossener Waldkomplex, der einen "maßgeblich charakterisierenden" Bestandteil der Landschaft bilde, "aufgerissen" würde. Die mit dem Kiesabbau bewirkte Geländeveränderung lasse weiters eine Beeinträchtigung der ökologischen Verhältnisse und somit eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur nicht ausgeschlossen erscheinen und es werde auch der Landschaftscharakter dadurch nachhaltig beeinträchtigt. Schließlich bestünden am Vorhaben der beschwerdeführenden Partei lediglich private (wirtschaftliche) Interessen.

    Die beschwerdeführende Partei hält dagegen, es sei eine fundierte Beurteilung der konkreten örtlichen Verhältnisse unterblieben. Weder sei Geologie, noch Fauna oder Flora des betroffenen Landschaftsraumes untersucht worden, noch sei der Umstand beachtet worden, dass das Gebiet in der Vergangenheit - wie näher dargelegt - durch zahlreiche massive Eingriffe (Kahlschläge, Verkehrswege, Siedlungszonen) in seiner Ursprünglichkeit beeinträchtigt worden sei. Angesichts des Umfanges und der örtlichen Lage der zum Abbau vorgesehenen Fläche könne von der Erfüllung von Versagungstatbeständen des § 9 Abs. 1 K NatSchG keine Rede sein. Betreffend das Gefüge des Haushaltes der Natur würde die - nach dem Ende des Abbaues vorzunehmende - Wiederaufforstung mit standortgerechten Pflanzen im Gegenteil zu einer Verbesserung der bestehenden Situation führen. Die Darlegungen des beigezogenen Amtssachverständigen seien sachlich nicht überprüfbar. Man könne sie nur als gegeben annehmen oder eben nicht. Schließlich habe die belangte Behörde auch eine Prüfung des am Vorhaben der beschwerdeführenden Partei bestehenden öffentlichen Interesses unterlassen. Die Nutzung des Rohstoffvorkommens am beantragten Standort ermögliche nämlich - wie bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht - eine effiziente und gleichzeitig umweltschonende Versorgung der Großbaustelle auf der A 10 (Tauernautobahn), weil nur ganz geringe Wegstrecken zurückgelegt werden müssten. Letztlich bringe die Schottergewinnung auch für den Arbeitsmarkt positive Effekte, die im öffentlichen Interesse gelegen seien.

    Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in landschaftsbildlicher Hinsicht die Auffassung, dass erst eine auf hinreichenden Ermittlungsergebnissen - auf sachverständiger Basis - beruhende, großräumige und umfassende Beschreibung der verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaft es erlaube, aus der Vielzahl jene Elemente herauszufinden, die der Landschaft ihr Gepräge geben und daher von einer Beeinträchtigung bewahrt werden müssen. Für die Lösung der Frage, ob das solcherart ermittelte Bild der Landschaft durch das beantragte Vorhaben nachteilig beeinflusst wird, ist dann entscheidend, wie sich dieses Vorhaben in das vorgefundene Bild einfügt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, Zl. 2001/10/0252, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Betreffend die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Lebensraumes seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- und Pflanzenarten ist auf die hg. Judikatur hinzuweisen, wonach ein auf einem solchen Versagungsgrund beruhender Bescheid nur dann ordnungsgemäß begründet ist, wenn er Feststellungen darüber enthält, welche seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- und Pflanzenarten in dem vom Vorhaben betroffenen Lebensraum vorkommen, wobei eine nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen Bezug nehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falles, insbesondere der Auswirkungen des Vorhabens, Bedacht nehmende Begründung erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2005, Zl. 2004/10/0223, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Auf der Grundlage entsprechender Feststellungen ist dann, wenn öffentliche Interessen an der beantragten Maßnahme im Spiel sind, im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 9 Abs. 7 K NatSchG zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Landschaftsschutzes zukommt. Dem ist das Gewicht der durch das Vorhaben allenfalls verwirklichten anderen öffentlichen Interessen gegenüberzustellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein auf Grund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid daher nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen des Naturschutzes abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 13. Oktober 2004 und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Zur Frage der Mitwirkungspflicht der Partei bei der Darlegung der Interessen an der Erteilung einer Bewilligung vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung schließlich die Auffassung, dass die Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers weder überspannt noch so aufgefasst werden darf, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre. Hat die Partei nicht nur ganz allgemeine, sondern konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt, die nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgeblich oder unschlüssig sind, so ist sie von der Behörde vorerst zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung ihres Vorbringens und zu entsprechenden Beweisanboten aufzufordern, die es der Behörde nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens ermöglichen, zu beurteilen, ob die von der Partei aufgestellten Behauptungen zutreffen. Die Formulierung des Interesses und des Vorbringens der dafür erforderlichen Behauptungen muss als Sache der Partei angesehen werden; Sache der Behörde hingegen ist es, von sich aus von der Partei Informationen zum Beweis der von dieser behaupteten Tatsachen zu verlangen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2000/10/0171, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Der angefochtene Bescheid genügt den an eine gesetzmäßige Begründung - wie dargelegt - zu stellenden Anforderungen schon in Ansehung der Feststellung, es liege ein Sachverhalt vor, der einen Versagungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 K NatSchG erfülle, nicht. Die belangte Behörde beruft sich in diesem Punkt zwar auf das Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz, diesem Gutachten lässt sich zunächst mangels großräumiger und umfassender Beschreibung der Landschaft und ihrer Erscheinungsformen aber nicht nachvollziehbar entnehmen, dass vom beantragten Kiesabbau ein das Bild der Landschaft prägendes Element betroffen wäre. Ebenso wenig lässt sich diesem Gutachten mangels konkreter Darlegung jener Auswirkungen des beantragten Vorhabens, in denen eine Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes zu erblicken ist, nachvollziehbar entnehmen, ob und inwiefern der Kiesabbau einen nachteiligen Einfluss auf das Landschaftsbild nehmen würde. Die Feststellung, das beantragte Vorhaben würde ein "Aufreißen" eines "geschlossenen Waldkomplexes" bedeuten, ist ohne nähere Begründung nicht geeignet, eine nachhaltig nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes nachvollziehbar darzulegen.

    Gleiches gilt für die Annahme, die durch den Abbau einhergehende Geländeveränderung lasse eine Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur als "nicht ausgeschlossen" erscheinen. Abgesehen davon, dass die Annahme, eine solche Beeinträchtigung sei "nicht ausgeschlossen", noch nicht besagt, dass ein dem Versagungstatbestand gemäß § 9 Abs. 1 lit. b K NatSchG entsprechender Sachverhalt vorliege - dieser Versagungstatbestand setzt vielmehr konkrete Feststellungen voraus, das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum werde durch das Vorhaben oder die Maßnahme nachhaltig beeinträchtigt -, mangelt es bereits im Sinne des § 9 Abs. 2 K NatSchG an Darlegungen, welche seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten in dem vom Vorhaben betroffenen Lebensraum überhaupt vorkommen. Erst eine nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen Bezug nehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falls Bedacht nehmende Untersuchung kann jedoch der Annahme, es liege der Versagungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 lit. b K NatSchG vor, eine taugliche Grundlage geben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2005, Zl. 2004/10/0223, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Schließlich führt der angefochtene Bescheid auch keinerlei Umstände ins Treffen, auf die die Annahme einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftscharakters gestützt werden könnte. Mit dem Hinweis, eine nachhaltige Beeinträchtigung des Charakters des betroffenen Landschaftsraumes sei gemäß § 9 Abs. 3 lit. c K NatSchG jedenfalls gegeben, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben der Eindruck der Naturbelassenheit eines Landschaftsraumes wesentlich gestört würde, wird weder konkret festgestellt, dass der vom beantragten Kiesabbau betroffene Landschaftsraum den Eindruck von Naturbelassenheit vermittle, noch, dass dieser Eindruck durch das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei im Sinne des § 9 Abs. 3 lit. c K NatSchG wesentlich gestört würde.

    Die Auffassung der belangten Behörde, einer Bewilligung des von der beschwerdeführenden Partei beantragten Kiesabbaues stünden die Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 K NatSchG entgegen, beruht somit nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Die aufgezeigten Mängel sind auch relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, weil nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei deren Vermeidung zum Ergebnis gelangt wäre, die Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 K NatSchG seien sachverhaltsmäßig nicht erfüllt. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Auf das übrige Beschwerdevorbringen musste bei diesem Ergebnis nicht mehr eingegangen werden.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 27. Juli 2007

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