VwGH 2006/09/0100

VwGH2006/09/010013.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des NR in B, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den am 14. März 2006 verkündeten und am 12. April 2006 schriftlich ausgefertigten Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung, Zl. DOK-16-20, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Normen

LDG 1984 §70 Abs1 Z3;
LDG 1984 §72 Abs1a idF 1998/046;
LDG 1984 §72 Abs2 Z1 idF 1998/046;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
LDG 1984 §70 Abs1 Z3;
LDG 1984 §72 Abs1a idF 1998/046;
LDG 1984 §72 Abs2 Z1 idF 1998/046;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in Spruchpunkt I, soweit sich dieser auf die Spruchpunkte I A 1., 3. und 4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bezieht und insofern, als sich die Bestätigung des erstinstanzlichen Spruchpunktes

I A 5. auf das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber dem Schüler Daniel P. bezieht, sowie in Spruchpunkt III wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im verbleibenden Umfang der Anfechtung (Bestätigung des erstinstanzlichen Spruchpunktes I A 5. hinsichtlich der übrigen sechs Schüler) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2005, Zl. 2002/09/0007, zu verweisen.

Über den Beschwerdeführer, der als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol steht, wurde - kurz zusammengefasst - mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 31. Mai 2001 (Datum der schriftlichen Ausfertigung) wegen insgesamt elf Dienstpflichtverletzungen (Spruchpunkte I A 1. bis 11. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses) eine Geldstrafe in der Höhe von vier Monatsbezügen verhängt (Spruchpunkt II). Von weiteren 16 Vorwürfen (Spruchpunkte I B 12. bis 27.) wurde er freigesprochen.

Die ersten fünf Spruchpunkte des Schuldspruches (Spruchpunkte I A 1. bis 5.) betrafen die Vorwürfe, der Beschwerdeführer habe

1. "am 9. Dezember 1998 sowie am 15. Dezember 1998 jeweils" während des Unterrichtes zur Schülerin Bianca G. (Klasse 4b der Hauptschule, an der der Beschwerdeführer damals unterrichtete) gesagt, "sie stamme von schlechten Eltern ab";

2. am 17. November 1998 der Schülerin Susanne G. (Klasse 4b) "ihren Pullover zwecks Schwindelzettelkontrolle ungefähr bis zum Bauchnabel hinaufgeschoben";

3. am 22. Februar 1999 die Schülerin Sandra K. (Klasse 1a) "unter dem Vorwand an der Hüfte aufgehoben ..., dass sie so die Tafel besser löschen könne, obwohl die Schülerin protestierte, dass sie das nicht wolle";

4. am 15. Januar ?999 die Schülerin Bianca F. (Klasse 1a) "auf seinem Schoß Platz nehmen lassen und sie dabei mit seinem eingegipsten Arm umfasst und mit der anderen Hand ihr Gesäß getätschelt", und

5. am 18. Dezember 1998 sieben namentlich genannte Schüler (Klasse 1b) nach der Turnstunde "in der Garderobe eingesperrt und sie trotz ihres lautstarken Protests erst ungefähr eine Viertelstunde später wieder herausgelassen"

und dadurch in jeweils näher beschriebener Hinsicht gegen seine Dienstpflichten verstoßen.

Gegen die Spruchpunkte I A 1. bis 11. (Schuldspruch) und II (Strafausspruch) erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 bestätigte die belangte Behörde - ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung -

den Schuldspruch in den Spruchpunkten I A 1., 2., 3. und 5., wohingegen sie der Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte I A 6. bis 11. stattgab und den Beschwerdeführer von diesen Vorwürfen freisprach.

Hinsichtlich des Spruchpunktes I A 4. gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge, indem sie den Beschwerdeführer von dem Vorwurf, er habe das Gesäß der Schülerin Bianca F. getätschelt, während sie auf seinem Schoß gesessen sei, freisprach und den Schuldspruch in diesem Punkt darauf einschränkte, der Beschwerdeführer habe dadurch, dass er diese Schülerin auf seinem Schoß habe Platz nehmen lassen, eine Dienstpflichtverletzung begangen.

Wegen der von ihr noch angenommenen Dienstpflichtverletzungen verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von zwei Monatsbezügen.

Diesen vom Beschwerdeführer im Schuldspruch und im Strafausspruch bekämpften Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof - im Umfang der Anfechtung - mit dem Vorerkenntnis vom 22. Juni 2005 vor allem deshalb, weil die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung unterblieben war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

Im fortgesetzten Verfahren führte die belangte Behörde am 14. März 2006 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in der der Beschwerdeführer und eine Reihe von Zeugen vernommen wurden.

Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Berufung - soweit auf Grund des aufhebenden Vorerkenntnisses neuerlich darüber zu entscheiden war - insofern (weiter) Folge, als sie den Beschwerdeführer vom Vorwurf zu Spruchpunkt I A 2. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses (Hinaufschieben eines Pullovers zwecks "Schwindelzettelkontrolle") freisprach. Mit Spruchpunkt I wies sie die Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte I A 1., 3., 4. (gemeint: soweit ihr nicht mit dem unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch vom 3. Dezember 2001 in diesem Punkt Folge gegeben worden war) und 5. als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt III verhängte sie über den Beschwerdeführer - wie schon im Bescheid vom 3. Dezember 2001 - eine Geldstrafe in der Höhe von zwei Monatsbezügen.

Gegen die Spruchpunkte I und III dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe "übersehen, dass mittlerweile Verjährung gemäß § 72 Abs. 1a LDG 1984 eingetreten ist, da mittlerweile drei Jahre seit der an den beschuldigten Landeslehrer erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, vergangen sind."

§ 72 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 - LDG 1984, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 46/1998, lautet in den diesbezüglich relevanten Teilen:

"Verjährung

§ 72. (...)

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Landeslehrer erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof,

2. (...)"

Die in § 72 Abs. 2 Z 1 LDG 1984 normierte Fristenhemmung - auf die in der Beschwerde nicht eingegangen wird - hat wegen der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über die Beschwerde gegen den mit dem Vorerkenntnis im Umfang der Anfechtung aufgehobenen Bescheid zur Folge, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Frist bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht abgelaufen war. Ob dies auch bei Beginn des Verfahrens über die vorliegende Beschwerde noch zutraf, spielt für die hier zu treffende Entscheidung keine Rolle (vgl. zum Ablauf einer solchen Frist während der Frist für die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aber etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2004/09/0216).

2. Die dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides noch zur Last gelegten vier Dienstpflichtverletzungen betreffen die zweimalige Äußerung gegenüber einer Schülerin der damaligen Klasse 4b, sie stamme "von schlechten Eltern ab" (Spruchpunkt I A 1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses), weiters das auf einen "Vorwand" gestützte Hochheben einer die Tafel reinigenden Schülerin der Klasse 1a gegen den Protest der Schülerin (erstinstanzlicher Spruchpunkt I A 3.), das Platznehmenlassen einer anderen Schülerin der Klasse 1a auf dem Schoß des Beschwerdeführers (erstinstanzlicher Spruchpunkt I A 4. in der Fassung des Bescheides der belangten Behörde vom 3. Dezember 2001) und das Einsperren von Schülern der Klasse 1b in der Garderobe (erstinstanzlicher Spruchpunkt I A 5.).

Der angefochtene Bescheid weist in Bezug auf jedes dieser Fakten verfahrensrechtliche Mängel auf.

Zu Spruchpunkt I A 1. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses:

Dem von der belangten Behörde in diesem Punkt bestätigten Schuldspruch zufolge hätte der Beschwerdeführer bei zwei Gelegenheiten, nämlich am 9. Dezember 1998 und am 15. Dezember 1998 jeweils während des Unterrichts, die von ihm stets bestrittene Äußerung über die Abstammung der Schülerin "von schlechten Eltern" getätigt. In dieser Form - zweimalige Äußerung an den genannten beiden Tagen - war der Vorfall (samt Angabe des Inhalts der Äußerung) auch in den Ladungen der Zeuginnen und Zeugen für die Berufungsverhandlung beschrieben.

Mit Recht macht die Beschwerde in diesem Zusammenhang das Fehlen von Ermittlungsergebnissen - jedenfalls von solchen, die in der Verhandlung vor der belangten Behörde vorgekommen wären - geltend, aus denen sich ableiten ließe, dass die umstrittene Äußerung zweimal gefallen sei. Die Gestaltung des von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkts scheint sich in dieser Hinsicht - soweit aus den Akten erschließbar - an Gesprächsprotokollen aus dem März 1999 zu orientieren, die in der Berufungsverhandlung am 14. März 2006 aber nicht verlesen wurden. Bei den Einvernahmen in der Berufungsverhandlung selbst war durchwegs - ohne datumsmäßige Zuordnung - nur von einer Äußerung des festgestellten Inhalts die Rede. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist nicht entnehmbar, welche Aussagen dabei auf welchen der zwei vom Schuldspruch umfassten Vorfälle zu beziehen seien und weshalb überhaupt angenommen werde, die strittige Äußerung sei zweimal gefallen.

Hinzu kommt, dass auch die Einstufung der Verantwortung des Beschwerdeführers als "widersprüchlich und unschlüssig" und der ihn in Bezug auf diesen Spruchpunkt belastenden Zeugenaussagen als "klar und eindeutig" im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend nachvollziehbar begründet ist. Die belangte Behörde hat es u. a. verabsäumt, sich differenzierend damit auseinander zu setzen, dass der Zeuge Bernd W. bei früherer Gelegenheit angegeben hatte, er könne sich "an eine solche Äußerung nicht erinnern", und dass die beiden zu diesem Spruchpunkt vernommenen Zeuginnen den Beschwerdeführer in Bezug auf andere Vorwürfe im erstinstanzlichen Verfahren mit Aussagen, denen schließlich nicht gefolgt werden konnte, schwer belastet hatten. Auch die in der Beschwerde thematisierte Diskrepanz zwischen der relativ genauen Erinnerung dieser Zeuginnen an den in den Ladungen wiedergegebenen Wortlaut der behaupteten Äußerung selbst und dem Fehlen einer vergleichbar genauen Erinnerung an ihren Kontext hätte einer Erörterung in der Begründung des angefochtenen Bescheides bedurft.

In Bezug auf diesen Schuldvorwurf war der angefochtene Bescheid schon aus diesen Gründen aufzuheben.

Zu Spruchpunkt I A 3. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses:

Dieses Faktum betrifft - wie die weiteren - den Umgang des Beschwerdeführers mit erheblich jüngeren Schülerinnen und Schülern, die damals die erste Klasse der Hauptschule besuchten. Der Beschwerdeführer hat während des gesamten Verfahrens zugestanden, er habe die zehnjährige, ihrer eigenen Darstellung nach "etwas kleinere" Schülerin Sandra K. beim Reinigen der Tafel hochgehoben, weil sie das obere Ende der Tafel nicht habe erreichen können. Er hat dies zuletzt als Fehler bezeichnet und - zutreffend - gemeint, es wäre besser gewesen, er hätte den Schwamm genommen und den oberen Rand der Tafel selbst abgewischt. Der Beschwerdeführer hat weiters zugestanden, die Schülerin nicht gefragt zu haben, bevor er sie hochhob, und auch dies als Fehler bezeichnet. Er hat jedoch bestritten, dass sie ein derartiges Angebot von ihm abgelehnt gehabt habe und von ihm trotzdem hochgehoben worden sei, oder dass sie auf andere Weise "protestiert" habe. Das Ganze sei eine Angelegenheit von zwei bis drei Sekunden gewesen und damals kaum wahrgenommen worden. Erst später sei dies Teil der gegen ihn erhobenen Vorwürfe geworden.

Dem gegenüber wird dem Beschwerdeführer in dem von der belangten Behörde bestätigten Schuldspruch angelastet, er habe die Schülerin "unter dem Vorwand", dass sie so die Tafel besser löschen könne, "an der Hüfte aufgehoben ..., obwohl die Schülerin protestierte, dass sie das nicht wolle".

Es kann dahinstehen, inwieweit sich der zuletzt genannte - in der Begründung des angefochtenen Bescheides mehrfach hervorgehobene - Gesichtspunkt des "Protests" der Schülerin im angefochtenen Bescheid auf ausreichend begründete Sachverhaltsfeststellungen stützt. In Bezug auf den in den Schuldspruch aufgenommenen Vorwurf, der Beschwerdeführer habe sich eines "Vorwands" bedient, um die Schülerin hochzuheben, ist dies jedenfalls nicht der Fall. Den Ausführungen der belangten Behörde ist nirgends entnehmbar, welches andere als das von ihm beschriebene Motiv den Beschwerdeführer zu seinem Verhalten veranlasst haben sollte. Die betroffene Schülerin selbst, die den Beschwerdeführer in anderem Zusammenhang massiv belastete, gab in der Berufungsverhandlung an, das Hochheben habe stattgefunden, "um zwei bis drei Wörter am oberen Ende der Tafel wegzulöschen. Dann war die Tafel schon fertig". Der für die Beurteilung der disziplinären Relevanz des Verhaltens nicht unmaßgebliche Vorwurf, der Beschwerdeführer habe sich - wie ihm im Schuldspruch angelastet wird - eines "Vorwandes" bedient, um die Schülerin anzufassen, beruht daher nicht auf nachvollziehbar begründeten Feststellungen, sodass der Schuldspruch auch in diesem Punkt nicht Bestand haben kann.

Zu Spruchpunkt I A 4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses:

Im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis war der Beschwerdeführer schuldig gesprochen worden, er habe Bianca F. "auf seinem Schoß Platz nehmen lassen und sie dabei mit seinem eingegipsten Arm umfasst und mit der anderen Hand ihr Gesäß getätschelt". Dies stützte sich auf die Aussagen der Zeuginnen Bianca F. und Sandra K. in der erstinstanzlichen Verhandlung am 22. Mai 2001. Vom Vorwurf, das Gesäß von Bianca F. "getätschelt" zu haben, wurde der Beschwerdeführer mit dem (nicht auf den Ergebnissen einer Berufungsverhandlung beruhenden) Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 2001 vor allem deshalb freigesprochen, weil die erstinstanzliche Aussage der Zeugin Sandra K. "angreifbar" gewesen sei.

Auf der Grundlage der Vernehmung der beiden Zeuginnen in der Berufungsverhandlung vom 14. März 2006 erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer aber (wie schon in ihrem Bescheid vom 3. Dezember 2001) für schuldig, er habe Bianca F. "am 15.1.1999 während der GW-Stunde ... auf seinem Schoß Platz nehmen ... lassen" und dadurch eine Dienstpflichtverletzung begangen. Die belangte Behörde folgte dabei vor allem der - detaillierten - Darstellung des zu diesem Zeitpunkt schon lange zurückliegenden Vorfalls durch die Zeugin Sandra K. in der Berufungsverhandlung, ohne der Zeugin bei dieser Einvernahme ihre früheren, zum Teil abweichenden Angaben über die Einzelheiten des von ihr beobachteten Geschehens vorgehalten zu haben.

Der damals am Lehrerpult sitzende Beschwerdeführer, der am rechten Unterarm einen Gipsverband trug, hatte es Schülern und Schülerinnen der Klasse 1a erlaubt, etwas auf den Gipsverband zu schreiben. Er selbst gab dazu an, er habe für die Schüler einen Stuhl hingestellt und könne sich nicht erinnern, dass Bianca F. sich stattdessen auf seinen Schoß gesetzt habe.

Der belangten Behörde mag dessen ungeachtet zu folgen sein, wenn sie auf Grund der Ergebnisse der Berufungsverhandlung davon ausging, Bianca F. habe auf dem Beschwerdeführer - und nicht auf einem von diesem bereit gestellten Stuhl - Platz genommen, um etwas auf seinen Gipsverband zu schreiben. Dass es sich, wie dem Beschwerdeführer im Schuldspruch angelastet, um seinen "Schoß" gehandelt habe, hätte im Hinblick darauf, dass die Zeugin Sandra K. auch vom "linken Fuß" (gemeint wohl: Bein), im Gegensatz zu "beiden Füßen", des Beschwerdeführers sprach, jedoch einer näheren Begründung bedurft, worauf in der Beschwerde mit Recht hingewiesen wird.

Davon abgesehen hätte eine ausreichende Beurteilung der disziplinären Relevanz dieses Vorfalls auch im Einzelnen begründete Feststellungen darüber erfordert, wie es dazu kam, dass Bianca F. nicht auf dem Stuhl Platz nahm, den der Beschwerdeführer nach seinen eigenen - in früheren Aussagen auch von beiden Zeuginnen bestätigten, zuletzt von der Zeugin Sandra K. aber ausdrücklich bestrittenen - Angaben für die Schüler bereitgestellt hatte. Dabei hätte die belangte Behörde auch auf die Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen - unter Bedachtnahme auf den großen Zeitabstand und das jeweilige Verhältnis zu den früheren Angaben - in differenzierterer Weise, als dies im angefochtenen Bescheid geschehen ist, eingehen müssen.

Auch in Bezug auf Spruchpunkt I A 4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses (in der durch den Teilfreispruch vom 3. Dezember 2001 modifizierten Form) war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben.

Zu Spruchpunkt I A 5. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses:

Der Beschwerdeführer beantragte zu diesem Faktum am Schluss der Berufungsverhandlung die Einvernahme des Zeugen Christoph K., der zur Verhandlung geladen und von seiner Mutter wegen Schulbesuchs in Wien entschuldigt worden war. Die Abweisung dieses Antrages wird in der Beschwerde nicht gerügt. Im Besonderen wird nicht dargetan, dass die belangte Behörde bei Einvernahme dieses Zeugen zu dem Ergebnis gekommen wäre, der Beschwerdeführer habe sich, wie von ihm behauptet, bei den von ihm eingeschlossenen Schülern aufgehalten, oder dass die gegenteilige Annahme der belangten Behörde - und ihre Feststellung, die Schüler seien etwa eine Viertelstunde lang eingesperrt gewesen - auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung beruhe, was nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht der Fall ist.

In der Beschwerde wird jedoch geltend gemacht, der von der belangten Behörde bestätigte Schuldspruch führe sieben namentlich genannte Schüler an, die der Beschwerdeführer damals eingesperrt haben solle, während die Zeugen in der Berufungsverhandlung von vier bis fünf oder fünf bis sechs Schülern gesprochen hätten und die belangte Behörde selbst es als erwiesen bezeichne, dass der Beschwerdeführer sechs Schüler eingesperrt habe.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des auf sieben Schüler bezogenen Schuldspruchs - wie in der Beschwerde behauptet -

festgestellt, es sei "erwiesen, dass der Berufungswerber sechs Schüler ... eingesperrt hat". Diese Feststellung lässt sich aber mit ausreichender Sicherheit den sechs Schülern zuordnen, die zu diesem Faktum im Laufe des Disziplinarverfahrens vernommen wurden und jeweils angaben, zu der Gruppe der vom Beschwerdeführer eingesperrten Schüler gehört zu haben. Der Schuldspruch war hinsichtlich dieses Faktums daher nur in Bezug auf den verbleibenden siebenten Schüler (der in Gesprächsprotokollen vom März 1999 genannt worden war) mangels nachvollziehbarer Begründung aufzuheben.

Als erschwerend hat die belangte Behörde angenommen, der vom Beschwerdeführer u.a. eingesperrte Schüler Michael S. habe nach den übereinstimmenden Aussagen der drei zu diesem Vorfall in der Berufungsverhandlung vernommenen Zeugen mit Platzangst und Panik reagiert. Hiezu wird in der Beschwerde geltend gemacht, die belangte Behörde hätte diesen Schüler - gemeint offenbar: von Amts wegen - einvernehmen müssen, um auszuschließen, dass er aus anderen Gründen geweint habe. Es sei "völlig ungeklärt", was der Grund für das Weinen dieses Schülers gewesen sei. So könne er - nach dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt - geweint haben, weil er einen Streit mit einem seiner Mitschüler gehabt habe oder von Mitschülern gehänselt worden sei. Auch sei es - der Beschwerde zufolge - möglich, dass er sich seines schlechten Benehmens während der vorangegangenen Turnstunde bewusst gewesen sei und vor einer Benachrichtigung seiner Eltern durch den Beschwerdeführer Angst gehabt habe. Die Zeugenaussagen seiner Mitschüler, die sich über sein Verhalten "wahrscheinlich ... noch lustig gemacht" hätten, seien in dieser Hinsicht "nicht ausreichend".

Diese Ausführungen sind spekulativ und nicht geeignet, die in diesem Punkt schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erschüttern, zumal nicht darauf eingegangen wird, dass der betroffene Schüler selbst sich zu Beginn des Verfahrens in dem von den Zeugen in der Berufungsverhandlung beschriebenen Sinn geäußert hatte (Gesprächsprotokoll vom 23. März 1999). Gründe dafür, warum die belangte Behörde den Aussagen dieser Zeugen zu misstrauen gehabt hätte, zeigt die Beschwerde damit nicht auf.

In Bezug auf die - ansonsten nicht inhaltlich bekämpften - Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde zu diesem Vorwurf kommt auch der behauptetermaßen falschen Protokollierung der Art der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und seinem früheren Vertreter nach dem Abschluss der Beweisaufnahmen in der Berufungsverhandlung von vornherein keine Relevanz zu.

3. Der angefochtene Bescheid war daher in Spruchpunkt I, soweit sich dieser auf die Spruchpunkte I A 1., 3. und 4. des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bezieht und insofern, als sich die Bestätigung des erstinstanzlichen Spruchpunktes

I A 5. auf das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber dem Schüler Daniel P. bezieht, sowie - als Folge der teilweisen Aufhebung des Schuldspruches - in Spruchpunkt III gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 13. Dezember 2007

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