VwGH 2006/06/0213

VwGH2006/06/021321.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde der Marktgemeinde L, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH, Hartenaugasse 6, 8010 Graz, gegen den Spruchpunkt II. des Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juni 2006, GZ. FA13B-

12.10 L9 - 06/398, betreffend Antrag auf Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: 1. RS und 2. FS, beide in L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Stmk 1967 §94 Abs5 idF 1976/014;
AVG §37;
AVG §39 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Stmk 1967 §94 Abs5 idF 1976/014;

 

Spruch:

Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und des von der Beschwerdeführerin bereits vorgelegten Verwaltungsaktes (insbesondere des letzten Berufungsbescheides des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 5. Juli 2005) ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Bürgermeister der Marktgemeinde Lieboch erteilte dem Sport- und Turnverein S.L. mit Bescheid vom 21. Mai 1999 die Baubewilligung für die Errichtung einer Lärmschutzwand samt zwei Lautsprechern, einer Ausschank (als Zubau zur Asphaltbahnanlage nordseitig), eines Abstellraumes (als Zubau zur Asphaltbahnanlage südseitig), einer Um- und Einhausung der Asphaltbahn, einer Ballfangnetzanlage sowie eines Gastanks mit Schutzmauer.

In diesem Bauverfahren erging letztlich der die Vorstellung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten abweisende Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 2000 gegen den seinerseits abweisenden Berufungsbescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 21. Dezember 1999. Auch die dagegen erhobene Beschwerde der Erst- und des Zweitmitbeteiligten wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Oktober 2002, Zl. 2000/06/0142, als unbegründet ab.

Der Bürgermeister der Beschwerdeführerin erteilte in der Folge mit Bescheid vom 24. August 2000 für die mit dem Baubewilligungsbescheid vom 21. Mai 1999 bewilligten baulichen Anlagen (mit Ausnahme der Lärmschutzwand) eine Teilbenützungsbewilligung und schrieb einige Erfüllungsaufträge vor.

Mit Eingaben vom 27., 28. und 29. Jänner 2003 beantragten die Erst- und der Zweitmitbeteiligte gemäß § 41 Abs. 3 und 4 Stmk. BauG u.a. die Erlassung von Beseitigungsaufträgen hinsichtlich ihrer Ansicht nach konsenslos errichteter baulicher Anlagen, nämlich der Ausschank als Anbau an die Asphaltbahnanlage nordseitig, des Abstellraumes südlich an die Asphaltbahnanlage sowie der Umhausung der Asphaltbahnanlage auf dem Grundstück Nr. 1387/2, KG L. Diese Anträge wurden im Wesentlichen damit begründet, dass hinsichtlich der Ausschank nördlich der Asphaltbahnanlage bauliche Erweiterungen durchgeführt worden seien, der Abstellraum für den ESV-Eiskristall über die Einrichtung eines Gastbetriebes verfüge, als solcher genutzt werde und zusätzlich auch noch eine sogenannte Durchreiche zur Stockschießanlage eingebaut worden sei und außerdem die Umhausung der Asphaltbahn nicht dem genehmigten Projekt entspreche. Durch diese konsenslosen baulichen Erweiterungen sowie den zu geringen Abständen zum Wohnhaus der Erst- und des Zweitmitbeteiligten komme es zu unzumutbaren Lärmbelästigungen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 6. Februar 2003 wurden diese Anträge mit der Begründung abgewiesen, dass für die gegenständlichen baulichen Anlagen Baubewilligungen vorlägen, für diese Anlagen Benützungsbewilligungen erteilt worden seien, aus deren Anlass geringfügige Abweichungen vom genehmigten Projekt genehmigt worden seien und schließlich selbst bei baurechtlich relevanten Änderungen des Verwendungszweckes keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt würden, da das verfahrensgegenständliche Grundstück als Freiland mit der Sondernutzung Sportstätte ausgewiesen sei.

Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin wies die dagegen erhobene Berufung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 18. September 2003 als unbegründet ab.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten wurde der Bescheid des Gemeinderates vom 18. September 2003 mit der Begründung, dass der maßgebliche Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden sei, behoben. Es sei daher keine abschließende Beurteilung möglich, ob bewilligungspflichtige Maßnahmen vorgenommen worden seien. Weiters sei die Antragslegitimation der Erst- und des Zweitmitbeteiligten zu Unrecht unter Hinweis auf die Widmung als Freiland mit Sondernutzung Sportstätte verneint worden.

In der von der Berufungsbehörde in der Folge eingeholten bautechnischen Stellungnahme vom 9. Juni 2004 wurde betreffend den Abstellraum und die Umhausung festgestellt, dass die Asphaltbahnanlage mit der Umhausung als konsentiert anzusehen sei und der mit Bescheid vom 21. Mai 1999 genehmigte Abstellraum nicht entsprechend der Baubewilligung ausgeführt worden sei (Verschiebung um rund 3 m nach Osten). Dieser Abstellraum sei jedoch als bewilligungsfreies Bauvorhaben im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g Stmk. BauG anzusehen. Er werde nur zum Abstellen von Getränkekisten, Pokalen und diversen Staumöbeln verwendet.

Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin wies in der Folge die Berufung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 5. Juli 2005 neuerlich als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde führte - soweit beschwerderelevant - im Wesentlichen aus, dass der Abstellraum zwar nicht entsprechend der baubehördlichen Bewilligung errichtet worden sei, es sich aber dabei um ein bewilligungsfreies Vorhaben gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG in der Stammfassung handle. Es würden die Bau- und Raumordnungsvorschriften, wie festgelegte Bauflucht-, Baugrenz- und Straßenfluchtlinien sowie die Vorschriften über Abstände, nicht verletzt. Es liege daher kein vorschriftswidriges, bewilligungsfreies Vorhaben vor.

Hinsichtlich der Umhausung der Asphaltanlage liege eine rechtskräftige Baubewilligung und eine Teilbenützungsbewilligung vor. Die Umhausung sei verkleinert ausgeführt worden, diesbezüglich sei keine Verletzung von Nachbarrechten feststellbar.

Die belangte Behörde behob auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt II (nur dieser ist in Beschwerde gezogen) den Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 5. Juli 2005 insoweit, als dieser die Berufung gegen die Abweisung der Anträge auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich des Abstellraumes und der Umhausung der Asphaltbahnanlage auf dem angeführten Grundstück betroffen hat, und verwies die Angelegenheit diesbezüglich zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Im Übrigen wurde die Vorstellung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten mit Spruchpunkt I. hinsichtlich aller anderen abgewiesenen Anträge als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass im aufsichtsbehördlichen Verfahren eine bautechnische Amtssachverständige zur Beurteilung der Frage beigezogen worden sei, ob die verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen konsensgemäß errichtet worden seien. Zusammenfassend komme die Amtssachverständige u.a. zum Ergebnis, dass der Abstellraum in Abweichung zur genehmigten Situierung errichtet worden sei und die für einen Abstellraum ungewöhnlichen technischen Ausstattungen, insbesondere die Küchengeräte und die Beheizung, auch eine Nutzung als Ausschank und Aufenthaltsraum durchaus nahe liegend erscheinen ließen. Schließlich weiche die Umhausung der Asphaltbahnanlage vom baubehördlichen Konsens ab, da eine schallschutztechnische Gleichwertigkeit des Ersatzwandabschlusses mit den Anforderungen, die der Baubewilligung ursprünglich zu Grunde gelegen sei (nunmehr Hartfaserplatten statt Streulatten auf Rieselschutz, Mineralwolle und Vollschalung bzw. jetzt Kunststoffplatten statt Glasfensterelementen RW mindestens 25 dB) - unvorgreiflich einer fachtechnischen Begutachtung aus Sicht des Lärmschutzes - aus bautechnischer Sicht jedenfalls ausgeschlossen werden könne. Der Bestand der Umhausung der Asphaltbahn sei auf Grund seiner mangelhaften technischen Ausführung und der dadurch deutlich reduzierten Schutzfunktion im Hinblick auf die westseitige Nachbarschaft im Verhältnis zum genehmigten Konsens erheblich verändert.

Zum Antrag auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich des Abstellraumes auf dem angeführten Grundstück führte die belangte Behörde aus:

Zwar sei ein Abstellraum zum Abstellen bzw. Lagern verschiedenster Gegenstände wohl als Gerätehütte im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g Stmk. BauG zu werten, jedoch seien diese gemäß dieser Bestimmung in der anzuwendenden Stammfassung nur im Bauland bewilligungsfrei. Gerätehütten im Freiland, wie im vorliegenden Fall, könnten nicht über die Auffangbestimmung des § 21 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG als bewilligungsfrei angesehen werden, da ansonsten die Einschränkung im § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g Stmk. BauG auf Bauland unnötig wäre. Darüber hinaus habe im aufsichtsbehördlichen Verfahren festgestellt werden können, dass es sich bei diesem Abstellraum im Hinblick auf seine Ausgestaltung und Ausstattung um einen Raum handle, der durchaus zum Aufenthalt geeignet sei und in dem auch Speisen und Getränke zubereitet werden könnten. Demnach sei diese bauliche Anlage nicht als bewilligungsfreies Vorhaben zu werten. Ob durch die Nutzung dieses Abstellraumes konkret subjektiv-öffentliche Rechte des Erst- und des Zweitmitbeteiligten berührt würden, werde im fortzusetzenden Verfahren festzustellen sein.

Zum Antrag auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich der Umhausung der Asphaltbahnanlage auf dem Grundstück Nr. 1387/2 wurde ausgeführt, die in der Baubeschreibung sowie im Einreichplan dargelegte Form der Einhausung (2,5 cm Vollschalung, Rieselschutz, 5 cm Mineralwolle, Rieselschutz, 3/5 Streulattung) sei nicht eingehalten worden. Tatsächlich sei eine Wandverkleidung aus Hartfaserplatten bis zur Verschneidung mit der Dachflächenkonstruktion ausgeführt worden. Teilweise sei dieser Wandabschluss auch durch mehrere bandförmige Belichtungsflächen aus durchsichtigem Kunststoff von insgesamt ca. 15 m Länge und einem vertikalen Rahmenausmaß von ca. 0,68 m unmittelbar über der Parapetverkleidung unterbrochen. Ebenso sei das an der Nordseite ursprünglich projektierte 4 m breite, mit einer durchgehenden Dichtungsebene zu versehende Tor in dieser Form nicht errichtet worden. Stattdessen befände sich dort bis zur Giebelverschalung in der gegenüber dem Plan länger ausgeführten Wandöffnung ebenfalls eine Wandverkleidung aus Hartfaserplatten, die an der Außenseite mit einer Kunststoffplane verhängt sei.

Wie die beigezogene Amtssachverständige festgestellt habe, könne eine schallschutztechnische Gleichwertigkeit des beschriebenen Ersatzwandabschlusses mit der in der Bauwilligung vorgesehenen Ausgestaltung der Umhausung der Asphaltbahnanlage aus bautechnischer Sicht, unvorgreiflich einer fachtechnischen Begutachtung aus der Sicht des Lärmschutzes, jedenfalls ausgeschlossen werden.

Es stehe außer Streit, dass die Umhausung nicht entsprechend der Bewilligung ausgeführt worden sei, jedoch stelle sich die Frage, ob durch die Abweichungen subjektiv-öffentliche Rechte der Erst- und des Zweitmitbeteiligten verletzt werden könnten. Der Berufungsbehörde könne beigepflichtet werden, dass durch die Verkleinerung bzw. die nicht ausgeführte Hallenvergrößerung keine Rechte der Erst- und des Zweitmitbeteiligten verletzt werden.

Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass die Kunststoffplatten in ihrer Ausführungsqualität der Baubewilligung entsprächen. Die Ansicht der Amtssachverständigen, dass eine schallschutztechnische Gleichwertigkeit aus bautechnischer Sicht ausgeschlossen werden könne, sei schlüssig. Selbst die Berufungsbehörde habe angeregt (Stellungnahme vom 24. April 2006), die Frage einer möglichen Lärmbeeinträchtigung einer abschließenden lärmtechnischen Beurteilung zu überlassen, sodass die Ansicht der Berufungsbehörde, wonach von einer Gleichwertigkeit auszugehen sei, nicht nachvollziehbar sei.

Eine allfällige Lärmbeeinträchtigung durch die nicht konsensgemäße Ausführung der Umhausung der Asphaltbahn sei daher nicht schlüssig geklärt. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dadurch Rechte der Erst- und des Zweitmitbeteiligten verletzt worden seien.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 94 Abs. 5 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 - (GemO), LGBl. Nr. 115 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1976, hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Die Gemeinde ist gemäß Abs. 6 dieser Bestimmung bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

§ 41 Abs. 1, 3 und 6 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 in der anzuwendenden Stammfassung, lauten wie folgt:

"(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn

  1. 1. bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung,
  2. 2. anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder 3. baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden.

(2) ...

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

(4) ...

(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."

Die Beschwerdeführerin rügt den angefochtenen Bescheid allein im Hinblick auf die Frage des Prüfungsumfanges der belangten Behörde als Vorstellungsbehörde. Die belangte Behörde sei dadurch, dass sie bereits in ein Kognitionsverfahren eingetreten sei, im Sinne des § 94 Abs. 5 GemO dazu verpflichtet, die Frage des Vorliegens einer Verletzung der Vorstellungswerber "endgültig" zu klären. Sie könne daher nicht nach einem auf Grund eines Gutachtens eines Amtssachverständigen erreichten Zwischenergebnisses der Ermittlungen die weitere Kognition abbrechen, denn damit würde man der belangten Behörde die Befugnis zugestehen, den Gemeindebescheid "bloß" auf "Verdacht" auf eine Rechtsverletzung der Vorstellungswerber beheben zu können.

Dazu ist ihr entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 94 Abs. 5 GemO und gleichartigen aufsichtsrechtlichen Regelungen anderer Länder (vgl. die auch von der Beschwerdeführerin angeführten hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1998, Zl. 98/05/0034; vom 3. November 1999, Zl. 98/06/0231, und vom 20. März 2003, Zl. 99/06/0010) die Vorstellungsbehörde bei der Prüfung des gemeindebehördlichen Bescheides nicht an den von der Gemeindebehörde angenommenen Sachverhalt gebunden ist. Vielmehr kann sie durch eigene Ermittlungen die Voraussetzungen für die endgültige Lösung der Frage, ob eine Verletzung des Vorstellungswerbers in materiellen Rechten eingetreten ist, prüfen. Die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch die Vorstellungsbehörde hat somit den Zweck, sich selbst darüber Gewissheit zu verschaffen, ob ein Vorstellungswerber infolge einer falschen oder unzureichenden Sachverhaltsermittlung durch den Bescheid des obersten Gemeindeorganes in einem Recht verletzt wurde. Die Gemeindeaufsichtsbehörde ist im Vorstellungsverfahren aber nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, selbst den maßgebenden Sachverhalt zu klären; es gibt keine Verpflichtung der Aufsichtsbehörde, die Mangelhaftigkeit eines vorangegangenen Ermittlungsverfahrens selbst zu sanieren.

Im Lichte dieser Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zur Prüfungsbefugnis der Vorstellungsbehörde bestand keine Verpflichtung der belangten Behörde, die Frage, ob Beseitigungsaufträge in Bezug auf den Abstellraum bzw. die Umhausung auf Grund der Anträge der Erst- und des Zweitmitbeteiligten gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG tatsächlich zu erlassen oder die Anträge abzuweisen gewesen wären, abschließend zu klären. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG liegen dann vor, wenn sich der Antrag gegen eine vorschriftswidrige Anlage richtet und der Antragsteller durch sie in einem Nachbarrecht gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG verletzt wird.

Schon indem die belangte Behörde die für die Abweisung des Antrages maßgebliche Rechtsansicht der Berufungsbehörde, es liege bei dem in Frage stehenden Abstellraum eine bewilligungsfreie und nicht vorschriftswidrige bauliche Anlage vor, als unzutreffend erkannte und sie auf Grund des von ihr eingeholten Gutachtens einer bautechnischen Amtsachverständigen den tatsächlich errichteten Abstellraum auf Grund ihrer eigenen Feststellungen als zum Aufenthalt von Menschen geeignet ansah, in dem auch Speisen und Getränke zubereitet werden und von dem Lärmbelästigungen ausgehen könnten, lag eine Rechtsverletzung der Erst- und des Zweitmitbeteiligten vor, die einen Anspruch darauf haben, dass ein Antrag auf Beseitigung einer vorschriftswidrigen Anlage nur bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 41 Abs. 6 Stmk. BauG abgewiesen wird. Nach Ansicht der belangten Behörde lag bei dem in Frage stehenden Abstellraum - entgegen der Ansicht der Berufungsbehörde - eine vorschriftswidrige Anlage vor, die auch Lärmimmissionen verursachen konnte. Es bestand für die belangte Behörde nach der dargestellten Judikatur keine Verpflichtung, auch entsprechende weitere Ermittlungen über die konkret zu erwartende Lärmbelästigung dieses so ausgestalteten Abstellraumes vorzunehmen. Die Berufungsbehörde hatte sich auf Grund ihrer falschen Rechtsansicht mit dieser Frage der Verletzung der geltend gemachten Nachbarrechte der Antragsteller zu Unrecht nicht auseinander gesetzt.

Bei der Frage der abweichend von der Baubewilligung errichteten Umhausung verneinte die Berufungsbehörde nach Ansicht der belangten Behörde zu Unrecht eine Lärmbelästigung, weil sie nur verkleinert errichtet worden sei. Die belangte Behörde wies dem gegenüber auf den für sie maßgeblichen Umstand hin, dass die Art und Weise der Errichtung der Umhausung ganz anders als bewilligt erfolgt sei (insbesondere statt einer 2,5 cm Vollverschalung aus Holz mit Rieselschutz und 5 cm Mineralwolle und 3/5 Streulattung nur eine Wandverkleidung mit Hartfaserplatten), weshalb ihrer Ansicht von einer schallschutztechnischen Gleichwertigkeit der errichteten Umhausung schon aus bautechnischer Sicht nicht ausgegangen werden könne. Das im Bauverfahren erstattete Lärmschutzgutachten konnte daher für diese andersartige Wandverkleidung nach zutreffender Ansicht der belangten Behörde nicht herangezogen werden. Das Ermittlungsverfahren der Berufungsbehörde war also im Hinblick auf die Beurteilung der errichteten Umhausung in lärmmäßiger Hinsicht unvollständig geblieben. Die Erst- und der Zweitmitbeteiligte wurden auch dadurch in ihren Rechten verletzt, da sie ein Recht darauf haben, dass eine Verletzung in Rechten gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG (hier: § 13 Abs. 12 bzw. § 43 Abs. Z. 5 leg. cit.) gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG durch eine vorschriftswidrige Anlage nur dann verneint wird, wenn entsprechende ausreichende Ermittlungen dazu vorliegen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Februar 2007

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