Normen
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Oktober 2005 (der sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten befindet) wurde die Zwangsvollstreckung einer "rechtskräftigen Strafe, GZ MA 67-RV 80596/5/2, vom 12. September 2005", verfügt.
In der dagegen gerichteten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er die zu Grunde liegende Strafverfügung vom 12. September 2005 rechtzeitig beeinsprucht habe. Er legte einen telefax-Sendebericht bei, auf dem ua. der kopierte Einspruch, Name und Tel. Nr. des Absenders, die fax-Nr. des Empfängers, die Sendezeit 28. September 2005, 07.00 Uhr und das Ergebnis "OK" enthalten sind.
Der Magistrat der Stadt Wien ließ daraufhin einen Ausdruck des "Faxprotokolles/Sendeberichtes" vom 28. September 2005 anfertigen. Aus diesem lasse sich - so ein diesbezüglicher Bericht an die belangte Behörde - kein bei der "MA 67-RV" fristgerecht eingebrachter Einspruch ersehen.
Ohne Gewährung von Parteiengehör erließ die belangte Behörde daraufhin den angefochtenen Bescheid. Mit diesem Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2005 keine Folge gegeben.
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid nach Zitierung des § 3 Abs. 1, 2. Satz und § 10 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) folgendermaßen:
"Der angefochtenen Vollstreckungsverfügung liegt der rechtskräftige Bescheid der Magistratsabteilung 67 zur Zahl ... vom 12. September 2005 zugrunde, womit über den Berufungswerber" (Anm.: das ist der Beschwerdeführer) "gemäß § 23 Abs. 6 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 56,-- verhängt wurde. Dieser Bescheid wurde am 20. September 2005 persönlich übernommen und gilt somit mit diesem Tage als zugestellt. Mangels Einbringung eines Rechtsmittels ist der Bescheid am 4. November 2005 in Rechtskraft erwachsen und bildet somit die Grundlage für die angefochtene Vollstreckungsverfügung.
Voraussetzung für eine Vollstreckung gemäß § 1 Abs. 1 VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der gesetzlichen Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (VwGH 25.5.1963, 1485, 1486/02, 28.4.1992, 92/07/0027).
Da sich an Hand der Aktenlage kein Zustellmangel ergeben hat, war der Berufung keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, als die belangte Behörde mit keinem Wort darlegt, aus welchen Gründen sie entgegen dem (durch ein Beweismittel belegten) Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung davon ausgeht, dass dieser keinen gültigen Einspruch erhoben habe. Dieser Mangel lässt eine Beurteilung, ob die belangte Behörde zu Recht von der Rechtskraft des Bescheides vom 12. September 2005 ausging, nicht zu. Soweit die Gegenschrift der belangten Behörde diesbezüglich Ausführungen enthält, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Begründung des Bescheides durch die Gegenschrift im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht nachgeholt werden kann (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl. 2004/03/0224).
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Es erübrigt sich im gegenständlichen Verfahrensstadium zu prüfen, ob die Unterlassung der Gewährung von Parteiengehör zu den oben genannten Ermittlungsergebnissen einen weiteren relevanten Verfahrensmangel bewirkte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2007
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