VwGH 2005/09/0148

VwGH2005/09/014829.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Dr. R S in I, vertreten durch Dr. Cornelia Sprung, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Templstraße 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 4. Mai 2005, Zl. 18.200/31-IV/3/2004, betreffend Teilunterschutzstellung nach den §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Landeshauptmann von Tirol, 2. Stadt Innsbruck, 3. Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52 Abs1;
AVG §52;
AVG §53;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
AVG §53;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Unterschutzstellung des Stiegenhauses des Objekts "Villa X" in I, Oweg, Ger. Bez. I, Gst. Nr. ..., EZ ..., GB ..., M betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 4. Mai 2005 gerichtet, mit welchem in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 3. August 2004 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923 i.d.F. BGBl. I Nr. 170/1999, festgestellt wurde, dass die Erhaltung der Außenerscheinung und des Stiegenhauses der Villa X in I, Oweg, Ger. Bez. I, Gst. Nr. ..., EZ. ..., GB ... M, im Sinne einer Teilunterschutzstellung gemäß § 1 Abs. 8 leg. cit. im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Zur Begründung des angefochtenen Bescheides verwies die belangte Behörde auf den Bescheid erster Instanz, der auszugsweise folgende Begründung enthält:

"M liegt im nordöstlichen Teil von I auf einem in Geländestufen auslaufenden Abhang der Nordkette. Das bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu A gehörende Dorf wurde 1938 eingemeindet. Entsprechend der allgemeinen Entwicklung setzte in M Ende des 19. Jahrhunderts eine vorwiegend im Landhauscharakter gehaltene Villenverbauung ein. Die romantische Villa X, Oweg, wurde 1902/03 von Baumeister Josef Retter für Josef Arquin errichtet.

Das markante historistische Gebäude am steilen Oweg zeigt einen monumental wirkenden Wohnbau im Stil einer romantischen Schlossarchitektur. Der zweigeschossige Baukörper erhebt sich über im Wesentlichen rechteckigem Grundriss. Die Villa ist durch zwei Risalite mit Treppengiebeln (Süd- bzw. Ostseite), Veranden und Balkone reich gegliedert. Das abschüssige Terrain bedingt eine unterschiedlich hohe Sockelzone. Das Parterre der Süd-, Ost- und Westfassade ist über einem sichtbaren Souterraingeschoss, wo sich ehemals die Küche und die Räumlichkeiten des Personals befanden, als Hochparterre angelegt. Die Dachlandschaft aus Walm- und Satteldach mit dekorativen Kaminen beleben zwei Dachgaupen an der südlichen bzw. je eine Dachgaupe an der westlichen, östlichen und nördlichen Dachfläche. Die Treppengiebel schmücken Gusseisendekore und Stucksterne und bekrönen Rundbogenaufsätze mit Muscheldekor und eisernen Kugeln. Unterschiedliche Fensterformen (Rechteckfenster, Bogenfenster, Biforienfenster) und -größen strukturieren zusätzlich die Mauerfläche. Außer der fein genuteten Rustizierung im Kellergeschoss sind auch die Gliederungselemente der gesamten Fassaden, wie die Eckquaderketten an allen Hauskanten, die zarten Profilgesimse zwischen den Geschossen, die Arkatur der Veranda im Erdgeschoss (Südwest-Ecke) und die Fenstereinfassungen derzeit weiß verputzt auf gelbem Fond.

Die vierachsige Hauptfassade im Süden akzentuiert der einachsige Mittelrisalit mit getrepptem Giebel und Dachgeschoss. Die zwei linken Achsen im Erdgeschoss umfasst ein arkadenartig gestalteter Verandabau, der im Obergeschoss als Holzveranda mit drei Fensterelementen ausgebildet ist. Die Verandenfenster sind wie die Laubenöffnungen des voll ansichtigen Kellergeschosses in Bogenform ausgeführt, durch Setz- und Querhölzer unterschiedlich geteilt. Beide Veranden erstrecken sich über Eck auch auf die Westseite. Die übrigen Fenster der Erdgeschosszone (Mittelrisalit, rechte Außenachse) sind durch Flachbogen mit zentralem Schlussstein abgeschlossen, die Fenster des Obergeschosses sind hochrechteckig mit gerader Fensterverdachung und Zahnschnittfries. Die Fensterstöcke ruhen auf dem Gesims, das von kannelierten Konsolen unterstützt wird. Beim reich gestalteten Biforienfenster des Dachgeschosses tragen kleinere Konsolen das Sohlbankgesims. Das Feld zwischen Obergeschoss und Dachgeschoss des Mittelrisalits schmückt die braune Inschrift 'Villa X' in pseudo-gotischem Schriftzug.

Die dreiachsige Ostseite zum Oweg kennzeichnet der zweiachsige bergseitige Risalit mit Treppengiebel und zwei übereinander liegende Balkone gegen Süden. Der Risalit entspricht jenem der Nordfassade, jedoch ohne Schriftzug und mit einer zusätzlichen Achse. Die Holzkonstruktionen der Balkone sind korbbogenförmig ausgeführt, die Bretterbrüstungen ornamental gestaltet. Die Gestaltung der Balkonaustritte sind den Fenstern des Risalits angeglichen: Die Erdgeschosstüre überfängt ein Flachbogen mit zentralem Schlussstein, das Obergeschoss besitzt einen ebenfalls mit Steindekor geschmückten geraden Türsturz. Das durch die Hanglage sichtbare Kellergeschoss ist durch drei vermauerte Bogenöffnungen unterhalb der Balkonachse und zwei weitere rechteckige Fensteröffnungen strukturiert.

Die westseitige Gartenfassade ist dreiachsig. Über die rechte Achse des Erd- und Obergeschosses erstreckt sich der Verandabau der Südfassade - die Fenster sind entsprechend in Bogenform ausgeführt. Die Rahmung und Form der Fenster entspricht der übrigen Fassadengestaltung, das sichtbare Kellergeschoss weist drei Fenster und eine Rechtecktür in der dritten Achse von rechts auf.

Der Eingang der Villa liegt in einem kleinen Vorbau im eigens übergiebelten Risalit (zweite Achse von rechts) der Nordfassade, die unregelmäßig sechsachsig angelegt ist. Die dekorative Ausgestaltung und die Mauerbehandlung ist den übrigen Fassaden angeglichen, bedingt durch die Hanglage liegt das Kellergeschoss unterhalb der Bodenlinie. Die schmäleren Fensterachsen links und rechts des einachsigen Risalits sind mit geradem Fenstersturz ausgeführt, die zu den Geschossebenen versetzten Risalitfenster zur Beleuchtung des Stiegenhauses mit gerader Fensterverdachung und Zahnschnittfries.

Die Innenerschließung der Villa erfolgt über ein zentrales Stiegenhaus. Die zweiläufige Treppe mit Richtungswechsel führt in die einzelnen Geschosse. Die Stiege mit Granitstufen ist durch ein schmiedeeisernes Brüstungsgeländer mit hölzernem Handlauf gesichert. In den Hauptgeschossen liegt je eine Wohneinheit, erschlossen über hölzerne zweiflügelige Wohnungstüren mit Oberlichte.

Die Villa ist ein charakteristisches Werk des Baumeisters Josef Retter (1872 - 1954), der das Stadtbild von I entscheidend mitgestaltet hat. Mit der Cottage-Bewegung in W vertraut, entspricht Retter in der Vielfalt der in seinen Entwürfen verwendeten historischen Baustile der gründerzeitlichen Bauauffassung. Seine Tätigkeit umfasst öffentliche Bauten und

Kirchen; große Teile des S... Villenviertels, Häuser in D, W und M

werden von seiner Baufirma ausgeführt. Neben allgemeinen Stilvorbildern greift Retter bei seinen Bauten auch konkret auf regionale Typen zurück.

...

Die 1902/03 nach Plänen von Josef Retter in dominierender Lage in M errichtete Villa X, Oweg, ist ein ausgeprägtes Beispiel eines Villenbaus des späten Historismus. Die architektonische Qualität der weitgehend unverändert erhaltenen Villa zeigt sich in der ausgewogenen Gesamtproportion ebenso wie in der aufwändigen und abwechslungsreichen Detailgestaltung der Fassaden (Treppengiebel an Süd- und Ostfassade, Veranden, Balkone) aber auch in der gediegenen Ausführung des Inneren (Stiegenhaus). Besonders das repräsentative Stiegenhaus mit Steintreppe, Schmiedeeisengeländer und originalen Wohnungseingängen ist als Zeugnis großbürgerlicher Wohnkultur um 1900 ein wesentliches Element der Villa X (und wird daher in die Unterschutzstellung einbezogen). Als charakteristischer Vertreter dieser im Historismus entwickelten Stadtvilla dokumentiert sie in zeittypischer Weise die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten der Bau- und Wohnkultur des gehobenen Bürgertums der Spätgründerzeit. Städtebaulich ist die Villa aufgrund ihrer monumentalen Erscheinung am steilen Oweg markant für diesen Bereich von M."

Die belangte Behörde führte am 19. Oktober 2004 selbst einen Ortsaugenschein durch, dessen Ergebnisse wie folgt zusammengefasst wurden:

"Das berufungsgegenständliche Gebäude wurde von Außen und in Teilen seines Inneren besichtigt. Bei der Begehung wiederholten die beigezogenen Amtssachverständigen, nämlich HR Dr. F C und MMag. G N (beide Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Y) die wesentlichen Feststellungen des Amtssachverständigengutachtens des erstinstanzlichen Verfahrens. Sie stellten insbesondere dar, dass im Zuge der Stadterweiterung des späten 19. und frühen

20. Jahrhunderts auch in I Villengebiete in stadtnaher Lage errichtet wurden. Diese Villengebiete stünden in engem Zusammenhang mit der von England ausgehenden Cottage-Bewegung und seien eine für gehobene Wohnansprüche des 19. und frühen

20. Jahrhunderts wesentliche Siedlungsform. In I sei eine derartige Bebauung neben dem damals außerhalb des Gemeindegebietes gelegenen M, vor allem im Villen-S verwirklicht worden. Die Unterschutzstellungen im Villen-S sei in den vergangenen Jahren durchgeführt worden, im relativ kleineren und durch die Lage am Abhang der Nordkette anders strukturierten Stadtteil M sei die Unterschutzstellung von etwa vier oder fünf besonders gut erhaltener Villen beabsichtigt. Die Amtssachverständigen führten hierzu aus, dass diese Villen dem späthistoristischen Typus zuzuordnen seien. Es sei daher vor allem der Variantenreichtum in der Gestaltung der äußeren Erscheinung (Fassaden, Zierelemente, Holzteile, Dachformen, Verwendung von Erkern und Veranden etc.) charakteristisch.

Gerade diese zahlreichen Baudetails, die oftmals durch unsachgemäße Restaurierungen oder 'Modernisierungen' verloren gegangen seien, seien bei dem gegenständlichen Objekt besonders gut erhalten. Dieser Erhaltungszustand werde vorliegend auch nicht durch nachträglich eingebaute Kunststofffenster oder einen unsachgemäßen Dachausbau, wie dies bei anderen Objekten der Fall ist, gestört. ...

...

Zur äußeren Erscheinung und zum Stiegenhaus wurde festgestellt, dass diese der Beschreibung im Amtssachverständigengutachten entsprechen. Zum Stiegenhaus ergänzten die Amtssachverständigen, dass dieses mit seinen Granitstufen und dem schmiedeisernen Geländer dem Zeittyp derartiger Villenbauten entspreche. Die übrigen Teile des Inneren sind mit den für die Jahrhundertwende üblichen, jedoch keineswegs seltenen oder sonst besonders bedeutenden Ausstattungselementen versehen (Holztüren, Parkettböden). Auch sei aus anderen Gründen dem Inneren keine wesentliche geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung beizumessen."

Nach Darlegung der Rechtslage stellte die belangte Behörde fest, dass im Zuge der Stadterweiterung des späten 19. und frühen

20. Jahrhunderts in Nachfolge der von England ausgehenden Cottage-Bewegung auch in I Villen für das gehobene Bürgertum in stadtnaher Lage, insbesondere auch im damals noch außerhalb des Gemeindegebietes gelegenen M, errichtet worden seien. Die romantische, monumental wirkende Villa X sei 1902/03 von Baumeister Josef Retter errichtet worden. Sie sei dem späthistoristischen Typus zuzuordnen, für den der Variantenreichtum in der Gestaltung der äußeren Erscheinung (Fassaden, Zierelemente, Holzteile, Dachformen, Erker, arkadenartig gestaltete Veranden, Balkone, etc) charakteristisch sei. Gerade die erwähnten, für die Region I typischen Baudetails seien bei der Villa X - nicht zuletzt durch die vorbildliche Eigeninitiative des Berufungswerbers - besonders gut erhalten.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der getroffenen Feststellungen nahm die belangte Behörde Bezug auf die Berufungsbehauptung, der ehemalige Landeskonservator für Y habe dem Beschwerdeführer gegenüber zugesagt, eine Unterschutzstellung des Gebäudes sei nicht beabsichtigt, welche Aussage als mündlicher und für die Behörde bindender Bescheid anzusehen gewesen wäre. Die belangte Behörde hielt dem entgegen eine derartige Aussage lasse keinerlei normativen Inhalt erkennen, umso weniger, als es zum Zeitpunkt dieser Äußerung keine anhängige "Verwaltungssache" gegeben habe und eine Unterschutzstellung in fernerer Zukunft durch den ehemaligen Landeskonservator nicht habe ausgeschlossen werden wollen. Der Behauptung des Beschwerdeführers, es hätte zur Unterschutzstellung einer Ersichtlichmachung im Grundbuch bedurft, entgegnete die belangte Behörde mit dem Hinweis auf § 3 Abs. 3 DMSG, wonach eine grundbücherliche Ersichtlichmachung erst nach erfolgter Unterschutzstellung erfolge, vor diesem Zeitpunkt aber keine gesetzliche Bestimmung eine derartige Ersichtlichmachung vorsehe, ebenso wenig wie die grundbücherliche Anmerkung einer Abstandnahme von einer Unterschutzstellung.

Dem Einwand des mangelnden rechtlichen Gehörs entgegnete die Behörde mit dem Hinweis auf die Aufforderung zur Stellungnahme vom 26. April 2004, der der Beschwerdeführer in mehreren Eingaben nachgekommen sei.

Auch der Behauptung, das vom Bundesdenkmalamt zugrunde gelegte Amtssachverständigengutachten sei "unbrauchbar", sei im Hinblick auf die klare und schlüssige Begründung desselben, welche auch mit dem Ergebnis des von der belangten Behörde vorgenommenen Ortsaugenscheins übereinstimme, zu widersprechen. Da das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen und sonstigen kulturellen Bedeutung zu beurteilen sei, hätte keine weitere Interessenabwägung stattzufinden. Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals liege auch nicht im Ermessen der Behörde. Aus der Tatsache, dass gleichartige oder besser gelungene Bauten nicht unter Denkmalschutz gestellt worden seien, könnten keine Rechte auf Nichtunterschutzstellung abgeleitet werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, welche zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtet, von diesem jedoch nach ihrer Ablehnung mit Beschluss vom 10. Oktober 2005, B 675/05-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Prüfung abgetreten worden war und zu der die belangte Behörde nach Aktenvorlage über Aufforderung eine Gegenschrift erstattete, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923, in der Fassung BGBl. I Nr. 170/1999, lauten:

§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.

(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

...

(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.

...

§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid)."

Der Beschwerdeführer macht in seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde geltend, die Behörde habe ohne auf seine Argumente einzugehen auch die Unterschutzstellung des Stiegenhauses der Villa bestätigt, ohne dafür auch nur annähernd eine Begründung zu geben, was umso gravierender sei, als es sich dabei um ein "normales" Treppenhaus handle, das weder eine geschichtliche, noch künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung aufweise.

Ein öffentliches Interesse an dem Haus liege nicht vor, da das Gebäude nach dessen Renovierung nicht mehr als typisches "Retter"-Haus anzusehen sei. Es gäbe regional, nämlich sowohl in M als auch im angrenzenden Stadtteil S, viele typische "Retter"- Villen, das gegenständliche Haus sei daher kein "seltenes" Beispiel seiner Art. Die allenfalls vorhanden gewesene künstlerische Bedeutung sei durch die Renovierung verloren gegangen; eine sonstige kulturelle Bedeutung sei nicht belegt.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, der ehemalige Landeskonservator sei zu Unrecht nicht zu seiner vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Äußerung einvernommen worden. Eine Befragung hätte nicht nur das Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtunterschutzstellung des Hauses, sondern auch das Fehlen eines öffentlichen Interesses an dessen Erhaltung ergeben. Vielmehr habe die Behörde lediglich aus einem zwischen dem Landeskonservator und seinem Vorgänger geführten Telefonat zitiert, womit sie zu erkennen gegeben habe, dass die Befragung des Letzteren von Wichtigkeit gewesen wäre. Dadurch habe die belangte Behörde die Grundsätze der materiellen Wahrheitsfindung und der Unmittelbarkeit verletzt.

Im Übrigen sei die Hinzuziehung des Landeskonservators im Berufungsverfahren unzulässig gewesen, weil diesem als Organ der Behörde erster Instanz die erforderliche Objektivität mangle.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 DMSG erkennt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 2004, Zl. 2002/09/0134, und zu der insoweit vergleichbaren Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 170/1999 vom 22. April 1993, 92/09/0356), geht die Zielsetzung des Denkmalschutzes sowohl historisch als auch rechtssystematisch weit über das landläufige Verständnis des Denkmalschutzes hinaus und hat die Erhaltung überkommenen Kulturgutes schlechthin zum Inhalt. Zum Kulturgut zählen eben nicht nur künstlerische und/oder ästhetisch ansprechende Objekte, sondern auch die Zeugnisse der Architektur aus dem Bereich der Nutzbauten, die grundsätzlich als nicht weniger bedeutsam anzusehen sind wie Monumentalbauten. Wichtig für ein öffentliches Interesse an der Erhaltung ist daher eine kulturelle, auch kultur-historische Dimension des in Rede stehenden Objektes. Das DMSG enthält in seinem § 1 Abs. 2 eine Umschreibung jener Kriterien, bei deren Vorliegen die Erhaltung als im öffentlichen Interesse gelegen festgestellt werden kann. Dazu gehören - entgegen der Argumentation in der Beschwerde - nicht nur die Einmaligkeit oder Seltenheit des unter Schutz gestellten Objekts, sondern auch der Umstand, dass ein Denkmal über ähnliche Objekte seiner Bedeutung deutlich hinausragt oder ein besonderes oder gut erhaltenes Beispiel einer Art darstellt (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage zur DMSG-Novelle 1999, 1769 BlgNR 20. GP, 35, und das hg. Erkenntnis vom 6. April 2002, Zl. 2002/09/0160 sowie das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0019). Gerade das hat aber die belangte Behörde im gegenständlichen Fall angenommen. Der Umstand, dass es in I und auch im näheren Umfeld des gegenständlichen Objektes in M noch andere "Retter"-Villen vergleichbarer Bedeutung gibt, hindert daher die Unterschutzstellung nicht.

Die Beschwerdebehauptung, die historische Bedeutung des Objektes sei durch die vom Beschwerdeführer daran vorgenommenen Veränderungen verlorengegangen, wird - abgesehen davon, dass diese Behauptung erstmals in der Beschwerde vorgetragen wird und dieses Vorbringen - so wie die belangte Behörde zu Recht in ihrer Gegenschrift ausführt - aus diesem Grunde eine vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr aufzugreifende Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG) darstellt - durch die Befundaufnahme und das Gutachten der Amtssachverständigen eindeutig widerlegt, erfolgte die Renovierung des Gebäudes doch offenbar im Zusammenwirken mit dem zuständigen Landeskonservator. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Veränderungen am Denkmal für sich allein die Denkmaleigenschaft nicht beseitigen und dass es für die Eigenschaft eines Denkmals nicht entscheidend ist, ob es in allen Details im Originalzustand erhalten ist (z.B. VwGH 20. November 2000, 2001/09/0072). Der Beschwerdeführer verkennt dabei aber auch, dass sich seine Behauptung nicht auf eine Rechtsfrage, sondern auf eine Fachfrage bezieht, die, da sie die Beurteilung der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung eines Gegenstandes - bzw. ob eine solche wie der Beschwerdeführer hier meint durch Restaurierung verloren gegangen ist - zum Gegenstand hat, ausschließlich durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu beantworten ist (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0029). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt darauf hingewiesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0121, und die dort referierte Vorjudikatur), dass dabei dem Gutachten des Amtssachverständigen bezüglich der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung einer Sache außer bei Unschlüssigkeit oder ersichtlicher Tatsachenwidrigkeit so lange zu folgen ist, als seine Richtigkeit nicht im Verwaltungsverfahren durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von vergleichbarem Aussagewert widerlegt ist. Zur Widerlegung derartiger Amtsgutachten bedarf es der Beibringung zumindest gleichwertiger Privatgutachten. Der Beschwerdeführer hatte dem Gutachten der Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene allerdings nichts Konkretes entgegenzusetzen. Im vorliegenden Fall hat das Sachverständigengutachten eindeutig die bestehende geschichtliche, künstlerische sowie kulturelle Bedeutung des gegenständlichen Objektes festgestellt, wobei sowohl das Sachverständigengutachten als auch die Feststellungen der belangten Behörde die Bedeutung der gegenständlichen Villa betreffend die Außenerscheinung darin sahen, dass diese ein gut erhaltenes Beispiel der späthistoristischen Villenarchitektur im I Stadtteil M darstellt und nicht nur im Bezug auf die Bauten des Josef Retter, sondern auch als Repräsentant einer kulturell bedeutsamen Bautätigkeit in diesem Raum von öffentlichem Interesse ist.

Insoweit sich der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes darauf beruft, der ehemalige Landeskonservator von Y, DI M. sei zu Unrecht nicht persönlich vor der belangten Behörde dazu befragt worden, dass eine Unterschutzstellung der in Rede stehenden Villa nicht beabsichtigt gewesen sei und mit dieser Zusage, "eine konstitutive Entscheidung über die Unwürdigkeit der Unterschutzstellung" der gegenständlichen Villa vorliege, ist ihm entgegen zu halten, dass eine Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht zu erkennen ist. Denn selbst in dem Falle, dass tatsächlich eine wie vom Beschwerdeführer dargestellte Äußerung von Seiten des damaligen Landeskonservators (angeblich im Jahre 1981 im Zuge des Erwerbs dieser Villa) gefallen wäre, ist eine solche Aussage als bloße Meinungs-, oder allenfalls Wissensäußerung außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens von keiner rechtlichen Relevanz, geschweige denn - schon in Ermangelung eines erledigungsbedürftigen Antrages und des hoheitlichen Charakters einer derartigen Äußerung - als "mündlicher Bescheid" zu qualifizieren.

Rügt der Beschwerdeführer die Beiziehung des (amtierenden) Landeskonservators von Y als Amtssachverständigen auch zum Ortsaugenschein im Berufungsverfahren mit dem Argument, diesem mangle es als Vertreter der erstinstanzlichen Behörde an der erforderlichen Objektivität im Verfahren gegen einen Bescheid seiner Behörde, macht der Beschwerdeführer in Wahrheit die Befangenheit des Amtssachverständigen im Sinn des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG geltend. Nach dieser Bestimmung haben sich Verwaltungsorgane im Berufungsverfahren der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben. Die Befangenheit eines behördlichen Organs im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG bezieht sich jedoch nur auf die zur Entscheidung berufenen Organwalter; nur die unmittelbare Mitwirkung dieser Organwalter an der Bescheiderlassung in unterer Instanz begründet diesen Ausschließungsgrund (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2003, Zl. 2002/11/0205, unter Berufung auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, und das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0121). Bescheiderlassendes Organ in erster Instanz war der Präsident des Bundesdenkmalamtes (in dessen Vertretung HR Dr. L.), die zwei Amtssachverständigen Mag. N. und HR Dr. C. waren in die Bescheiderlassung nicht unmittelbar involviert. Es liegt auch keine Befangenheit nach Z. 4 (sonstiger Grund) vor. Bereits im hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0121, wurde ausgesprochen, dass die dienstliche Stellung eines Amtssachverständigen als Vertreter des Landeskonservators allein kein wichtiger Grund im Sinne dieser Bestimmung ist (siehe dazu auch die das allgemeine Verwaltungsverfahren betreffenden Hinweise bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2 I, Wien 1998, S. 845). Insoweit, also betreffend die Teilunterschutzstellung der Außenerscheinung des gegenständlichen Objekts, erweist sich die Beschwerde aus den dargelegten Gründen als unbegründet, weshalb sie in diesem Umfange gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Beschwerdeführer macht aber ferner geltend, der angefochtene Bescheid enthalte nicht einmal ansatzweise eine Begründung für eine Unterschutzstellung auch des Stiegenhauses.

Die belangte Behörde ließ nicht eindeutig und nachvollziehbar erkennen, worin sich die unter Schutz gestellten Teile des Inneren des Gebäudes (Stiegenhaus), welches "dem Zeittyp derartiger Villenbauten" entspricht, von den anderen, von der Unterschutzstellung ausgenommenen Teilen des Gebäudeinneren, die ebenfalls "üblich", (wenn auch von "keiner wesentlichen geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung") seien, unterscheiden. Es hätte einer Klarstellung bedurft, aus welchen Gründen - im Gegensatz zu den restlichen Innenräumen des Gebäudes - gerade das "typische" Stiegenhaus von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG sei. Damit hat die belangte Behörde ihren Bescheid in diesem Teilaspekt (§ 1 Abs. 8 DMSG) mangelhaft begründet, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. November 2007

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