VwGH 2005/08/0084

VwGH2005/08/008425.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der K GesmbH & Co KG in I, vertreten durch Mag. Michael Tinzl, Mag. Albert Frank und Mag. Norbert Tanzer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Museumstraße 21, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 14. April 2005, Zl. BMSG-229266/0001-II/A/3/2005, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. S in I, vertreten durch Forcher-Mayr & Kantner, Rechtsanwälte Partnerschaft in 6010 Innsbruck, Colingasse 8/I; 2. Tiroler Gebietskrankenkasse, 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2;

3. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte als Beraterin (nach der Aktenlage: in Partnerschaftsvermittlungsangelegenheiten) bei der beschwerdeführenden Gesellschaft als Dienstgeberin in der Zeit vom 18. November 1992 bis 24. Mai 2000 gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. In der Bescheidbegründung legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, zwischen der Beschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten sei am 18. November 1992 ein unbefristeter "Beratervertrag" abgeschlossen worden. Gegenstand dieses Vertrages sei eine selbständige Provisionsvertretung ohne Gebietsbegrenzung und Gebietsschutz gewesen. Auf Grund dieser Vereinbarung sei die Erstmitbeteiligte zum Abschluss von Geschäften für die Beschwerdeführerin in deren Namen berechtigt gewesen. Die Erstmitbeteiligte sei an die Weisungen der Beschwerdeführerin streng gebunden gewesen. Zur Erklärung von Preisnachlässen und zum Inkasso sei sie nach dem Beratervertrag nicht berechtigt gewesen. Dem Beratervertrag sei zu entnehmen, dass die Erstmitbeteiligte Anspruch auf eine prozentuelle Provision (ca. 12 bis 13 %) gemäß den jeweils gültigen Provisionssätzen gehabt habe. Die Überweisung des Provisionsanspruches sei nach Vorliegen der Monatsrechnung bis spätestens 15. des Folgemonats erfolgt. Die Erstmitbeteiligte sei verpflichtet gewesen, die Interessenten bzw. Mitglieder über Aufforderung der Beschwerdeführerin auch nach Abschluss des Vertrages zu besuchen, wenn sich die Notwendigkeit einer ergänzenden Information des Kunden ergeben habe oder wenn vom Kunden eine ergänzende Information gewünscht worden sei. Das Tätigkeitsgebiet der Erstmitbeteiligten habe Werbung für die Beschwerdeführerin, Kundenberatung und Kundenbetreuung, Aufnahme von Kundendaten und Vertragsabschlüsse umfasst. Die Erstmitbeteiligte habe eine fixe Arbeitszeit einhalten müssen, und zwar von Montag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr. Zusätzlich habe sie wochentags von 18.00 bis 22.00 Uhr und am Samstag und Sonntag von 10.00 bis 22.00 Uhr telefonisch erreichbar sein müssen. Dafür sei das Telefon auf das Mobiltelefon umgeleitet worden. Ein Fixum sei der Erstmitbeteiligten nicht bezahlt worden, ebenso nicht Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Erstmitbeteiligte habe eine Provision zwischen EUR 1.090,09 und EUR 2.543,55 monatlich erhalten. Büro- und Mobiltelefon seien von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden. Hinsichtlich des Mobiltelefons seien die Grundkosten und Telefongebühren zumindest anteilig von der Beschwerdeführerin getragen worden. Die Erstmitbeteiligte habe die Tätigkeit selbst verrichten müssen. Während der Tätigkeit und ein Jahr nach Ausscheiden aus dem Unternehmen sei es der Erstmitbeteiligten laut Vertrag nicht gestattet gewesen, für Institute gleicher oder ähnlicher Art tätig zu sein, beratend daran beteiligt oder Gründerin eines solchen zu sein. Das Vertragsverhältnis habe am 24. Mai 2000 geendet. Das Landesgericht Innsbruck habe mit Urteil vom 8. September 2003 festgestellt, dass Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Dienstzeit und Urlaubszeit seitens der Beschwerdeführerin vorgegeben worden seien. Das Oberlandesgericht Innsbruck habe mit Urteil vom 15. Jänner 2004 ausgesprochen, dass von einer arbeitnehmerähnlichen Stellung der Erstmitbeteiligten auszugehen sei und dass die Erstmitbeteiligte weder als selbständige noch als "freie" Handelsvertreterin tätig gewesen sei. Arbeitsort der Erstmitbeteiligten sei grundsätzlich das Büro in der M-Straße 57 gewesen. Es sei der Erstmitbeteiligten auch gestattet gewesen, Kunden an anderen Orten zu betreuen und zu beraten. Von Urlaubs- bzw. Abwesenheitszeiten habe sie Herrn S. (den persönlich haftenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin) informieren müssen. Die Provision sei der Erstmitbeteiligten erst zuteil geworden, wenn der Kunde die gesamte Schuld bezahlt habe. Die Provisionsabrechnung sei einmal monatlich über die Zentrale in Wien erfolgt. Zum Vorliegen des Gewerbescheins der Erstmitbeteiligten sei festzuhalten, dass dies kein Indiz dafür sei, dass auch tatsächlich eine selbständige Arbeit verrichtet worden sei. Es komme nicht auf den Gewerbeschein an, sondern auf das tatsächliche Geschehen. Es sei möglich, trotz Gewerbescheins eine Tätigkeit als Dienstnehmer zu verrichten. Das Zivilverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen worden, und die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, die nunmehr bestrittenen Feststellungen zu bekämpfen. Der von den Gerichten festgestellte Sachverhalt decke sich mit den im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen. Es stehe daher der belangten Behörde frei, die von den Gerichten getroffenen Feststellungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu werten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, begehrte Ersatz für den Vorlageaufwand und nahm, ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt, von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand. Die Erstmitbeteiligte und die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstatteten jeweils eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, die Erstmitbeteiligte habe am 14. September 2001 eine Klage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Innsbruck eingebracht, mit der sie die Zahlung eines Betrages von S 165.110,95 von der Beschwerdeführerin begehrt habe. Die Beschwerdeführerin habe eine Gegenforderung eingewendet mit der Begründung, dass die Erstmitbeteiligte mehrfach und vorsätzlich gegen sie treffende Vertragsverpflichtungen verstoßen habe, insbesondere habe sie Kundenbeträge "in die eigene Tasche" kassiert, anstatt sie der Beschwerdeführerin weiterzuleiten. Wegen dieser Vorfälle sei auch ein Strafverfahren gegen die Erstmitbeteiligte geführt worden, das auf Grund der Stellungnahme der Erstmitbeteiligten eingestellt worden sei. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. September 2003 sei dem Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin vollinhaltlich stattgegeben worden, somit das Klagebegehren auf Grund der zu Recht bestehenden Gegenforderung abgewiesen worden. Der Berufung der Erstmitbeteiligten dagegen sei keine Folge gegeben worden. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse seien die Erstmitbeteiligte und S., der persönlich haftende Gesellschafter der Beschwerdeführerin, einvernommen worden, deren Angaben in wesentlichen Punkten in unvereinbaren Widersprüchen gestanden seien. Auf Grund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin vor dem Landesgericht Innsbruck vollkommen obsiegt habe, habe mangels Beschwer der Beschwerdeführerin für diese keinerlei Möglichkeit bestanden, in einem Rechtsmittel Feststellungen zu bekämpfen, zumal diese für den Ausgang des Verfahrens ohne jegliche Relevanz gewesen wären. Trotz mehrfachen Antrages seien im Verwaltungsverfahren der Akt des Zivilgerichtes und der Akt des Strafgerichtes nicht eingeholt und eingesehen worden. Wäre diesem Beweisantrag gefolgt worden, hätte sich ergeben, dass die Äußerung der Erstmitbeteiligten in dem gegen sie geführten Strafverfahren mit ihren Angaben im gegenständlichen Verwaltungsverfahren in unvereinbarem Widerspruch stehe. Der Verteidiger der Erstmitbeteiligten habe in einer Stellungnahme vom 8. Juni 2001 ausgeführt, dass die Erstmitbeteiligte über eine Gewerbeberechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Herstellung gesellschaftlichsozialer Kontakte zwischen Personen verschiedenen Geschlechtes verfüge. Sie habe daher zu jedem Zeitpunkt selbständig im Geschäftszweig der Beschwerdeführerin tätig sein können. In der Zeit vom 18. November 1992 bis 24. Mai 2000 habe sie auch für die Beschwerdeführerin Dienstleistungen erbracht. Weiters habe der Verteidiger ausgeführt, wiewohl in den Verträgen festgehalten sei, dass die Erstmitbeteiligte keine Inkassobefugnis gehabt habe, habe sie tatsächlich über die ganze Dauer des Vertragsverhältnisses eine Inkassoberechtigung gehabt. Bei allen Verträgen, die sie für die Beschwerdeführerin abgeschlossen habe, habe sie Honorare kassiert, sie habe eine Handkasse geführt. Auf Grund dieser im Strafverfahren getätigten Stellungnahme sei das Strafverfahren eingestellt worden, da die Staatsanwaltschaft zum Schluss gekommen sei, dass die Erstmitbeteiligte tatsächlich selbständige Unternehmerin und damit berechtigt gewesen sei, Eigengeschäfte zu tätigen. Aus diesen Angaben ergebe sich aber, dass die tatsächliche Tätigkeit der Erstmitbeteiligten von der im Beratervertrag beschriebenen in wesentlichen Punkten abgewichen sei. So habe die Erstmitbeteiligte behauptet, dass sie nicht berechtigt gewesen sei, ihre Tätigkeit durch andere ausüben zu lassen. S. habe aber angegeben, dass die Erstmitbeteiligte berechtigt gewesen sei, ihre Tätigkeit durch andere ausführen zu lassen, dies jedoch nicht in Anspruch genommen habe. Dazu seien auch weitere Urkunden vorgelegt worden. Zudem habe die Erstmitbeteiligte tatsächlich ihre Tätigkeiten in Vorarlberg durch Dritte ausüben lassen und daraus Subprovisionen bezogen. All dies hätte bei Befolgung der Beweisanträge festgestellt werden können. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis fehle jegliche nachvollziehbare Beweiswürdigung. Die Erstmitbeteiligte habe niemals entsprechende Angaben vor den Gerichten getätigt, das Landesgericht Innsbruck habe diese für den dortigen Verfahrensausgang irrelevanten Feststellungen getroffen, ohne dass dazu Prozessbehauptungen durch die Klägerin erstattet worden seien, und zudem ausschließlich auf Grund des Inhaltes des Beratervertrages. Weder S. noch die Erstmitbeteiligte seien dazu jemals einvernommen worden. Dies wäre aus den Akten der Gerichte hervorgegangen. Da der Vertreter der Erstmitbeteiligten dem Strafgericht mitgeteilt hat, dass die tatsächliche Tätigkeit dem Inhalt des Beratervertrages widerspreche, könne allein der Beratervertrag keine Grundlage mehr für die Feststellungen zum übrigen Tätigkeitsbereich, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Urlaub, Vertretungsmöglichkeit, Inkasso u.a. bilden. Wäre die belangte Behörde den Beweisanträgen gefolgt und hätte die landesgerichtlichen Akten eingeholt, hätte sich ergeben, dass die Erstmitbeteiligte zum Inkasso berechtigt gewesen sei, niemals habe Bürozeiten einhalten müssen, ihre Tätigkeit durch Dritte habe ausüben lassen können und dies auch gemacht habe.

Gemäß § 4 Abs. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes u.a. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, 2002/08/0242, mwN) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist.

Ausgangspunkt der Betrachtung ist die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien des Beschäftigungsverhältnisses in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung relevant sein können; die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit (im Sinne einer Übereinstimmung mit der Lebenswirklichkeit) für sich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0057). Dabei kommt es auf die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1984, VwSlg. Nr. 11.361/A).

Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, sind allerdings auch die "wahren Verhältnisse" maßgeblich, d.h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Dabei kann zunächst davon ausgegangen werden, dass der Vertrag seinem Wortlaut entsprechend durchgeführt wird. Soweit der Inhalt eines Vertrages von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht, ist der Vertrag als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung (anhand der in der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien) in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/08/0131). Weichen die "wahren Verhältnisse" jedoch vom Vertrag ab, dann ist dies ein Indiz dafür, dass nur ein Scheinvertrag vorliegt. Eine Scheinvereinbarung ist von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 99/08/0174). Insoweit kommt es daher auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Erstmitbeteiligte im hier gegenständlichen Zeitraum von der Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde festgestellten Provisionen erhalten hat. Festzuhalten dazu ist, dass die Gewährung eines leistungsbezogenen Entgeltes einer Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG grundsätzlich nicht entgegen steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, Zl. 2005/08/0176, mwN).

Der Umstand, dass die Erstmitbeteiligte neben der Tätigkeit für die Beschwerdeführerin allenfalls auch selbständig tätig gewesen ist, spielt keine Rolle. Angesichts der unstrittigen Provisionszahlungen der Beschwerdeführerin an die Erstmitbeteiligte ist lediglich ausschlaggebend, ob die Erstmitbeteiligte bei ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin persönlich und wirtschaftlich von dieser abhängig im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gewesen ist.

Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die für die abhängigen Arbeitsverhältnisse typische Unterordnung, die durch Weisungen, Überwachungen, Regelung der Arbeitszeit und Arbeitsfolge und die Bestimmung des Arbeitsverfahrens seitens des Dienstgebers zum Ausdruck kommt, bei der Tätigkeit von Vertretern - um eine einer solchen Tätigkeit im Wesentlichen vergleichbare Tätigkeit handelt es sich letztlich auch bei der von der Erstmitbeteiligten ausgeübten - nicht so sinnfällig zu Tage tritt, sodass bei der Beurteilung der Frage, ob bei einer solchen Tätigkeit ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorgelegen ist, anderen Merkmalen eine ganz besondere Bedeutung zugemessen werden muss. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang die Weisungsgebundenheit (in einer bestimmten Art), das Konkurrenzverbot, der Bezug eines Fixums oder einer Spesenvergütung, die Berichterstattungspflicht sowie die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel als für die Beurteilung der Versicherungspflicht von Vertretern maßgebliche Merkmale zu bezeichnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2005, Zl. 2001/08/0053), wobei wieder im Sinne der oben zitierten hg. Judikatur gilt, dass es auf das Gesamtbild der Tätigkeit ankommt.

Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall zunächst von besonderer Bedeutung, dass ein Konkurrenzverbot bestanden hat. Dieses wird auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Nicht ausschlaggebend ist es hingegen, ob sich die Erstmitbeteiligte an dieses Konkurrenzverbot gehalten hat und ob sie Eigengeschäfte getätigt hat. Dem Beschwerdevorbringen ist nämlich nicht zu entnehmen, dass eine Übereinkunft zwischen der Beschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten bestanden hat, Eigengeschäfte tätigen zu dürfen bzw. das Konkurrenzverbot sonstwie zu umgehen. Im Gegenteil hat die Beschwerdeführerin die Verletzung des Konkurrenzverbotes vor den Gerichten geltend gemacht. Wie aus dem im Akt liegenden Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15. Jänner 2004, Zl. 2 R 235/03f, hervorgeht, hat die Beschwerdeführerin ein Detektivunternehmen eingeschaltet, wodurch das unzulässige Einbehalten von Kundenbeträgen durch die Erstmitbeteiligte erhärtet worden ist. Es liegt daher insoweit weder eine Vertragsänderung noch ein vom Vertrag abweichendes, zwischen der Erstmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin einvernehmlich tatsächlich gelebtes Beschäftigungsverhältnis vor.

Nicht in Abrede gestellt wird von der Beschwerdeführerin des Weiteren, dass das Büro und das Mobiltelefon von ihr zur Verfügung gestellt worden sind.

Die Beschwerdeführerin macht allerdings geltend, dass ein Vertretungsrecht der Erstmitbeteiligten bestanden habe.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, schließt die Berechtigung, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte verrichten zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen, die persönliche Abhängigkeit wegen der dadurch fehlenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Verpflichteten aus (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2003/08/0153). Damit keine für die Annahme persönlicher Abhängigkeit wesentliche persönliche Arbeitspflicht vorliegt, bedarf es dabei einer generellen, d.h. nicht auf bestimmte Arbeiten oder Ereignisse (wie z.B. Krankheit oder Urlaub) beschränkten Vertretungsbefugnis (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, Zl. 2005/08/0176).

Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch schon wiederholt ausgesprochen, dass es zur persönlichen Arbeitspflicht keiner ausdrücklichen Vereinbarung bedarf, wenn dieselbe nach den Umständen der Beschäftigung zu vermuten ist und weder eine generelle Vertretungsbefugnis vereinbart noch nach dem tatsächlichen Beschäftigungsbild praktiziert wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/08/158).

Wie in der Beschwerde dargelegt wird, hat S., der Vertreter der Beschwerdeführerin, selbst ausgeführt, dass die Erstmitbeteiligte eine Vertretung durch andere Personen nicht in Anspruch genommen hat.

Weiters ist festzuhalten, dass in dem im Akt liegenden "Beratervertrag" nichts Ausdrückliches über ein Vertretungsrecht enthalten ist. Es ist aber darin u.a. festgelegt, dass sich die Erstmitbeteiligte verpflichtet, sämtliches überlassenes Adressenmaterial kurzfristig, spätestens jedoch innerhalb einer Woche zu bearbeiten und alle Unterlagen nach erfolgter Bearbeitung unaufgefordert und unverzüglich der Beschwerdeführerin zurückzugeben. Im Fall einer Erkrankung oder einer sonstigen Unmöglichkeit der Bearbeitung ist dies der Beschwerdeführerin unverzüglich zu melden und sind dieser sämtliche unbearbeiteten Unterlagen zurückzusenden. Sämtliche Aufgaben, die der Erstmitbeteiligten übertragen werden, haben vertraulichen Charakter. Die Erstmitbeteiligte nehme zur Kenntnis, dass durch Verletzung der Schweigepflicht der Beschwerdeführerin erhebliche Schäden entstehen könnten, und verpflichte sich, über alle Vorgänge, die ihr direkt oder indirekt während und auch zeitlich unbegrenzt nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bekannt werden, strengstes Stillschweigen zu bewahren. Das dem Berater übergebene Adressenmaterial dürfe nur von diesem und nur zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgewertet werden, die Erstmitbeteiligte dürfe keine Adressen Dritten überlassen oder bekannt geben.

Bereits aus diesen Vertragsbestimmungen ergibt sich, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine persönliche Arbeitspflicht der Erstmitbeteiligten bestanden hat. Aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Korrespondenz geht hervor, dass die "Vertretung" offensichtlich stets der Genehmigung durch die Beschwerdeführerin bedurfte. Eine Vertretungsmöglichkeit, die die persönliche Unabhängigkeit ausgeschlossen hätte, wird damit nicht dargetan.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war abzuweisen, da diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

Wien, am 25. April 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte