VwGH 2002/14/0076

VwGH2002/14/007626.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des G Z in K, vertreten durch Ullmann Geiler und Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 18. April 2002, Zl AO 720/21- T7/02 , betreffend Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO (Einkommensteuer 1999), zu Recht erkannt:

Normen

11992E073B EGV Art73b;
11992E073D EGV Art73d Abs1;
11992E073D EGV Art73d Abs3;
11997E056 EG Art56;
11997E058 EG Art58 Abs1;
11997E058 EG Art58 Abs3;
62002CJ0315 Lenz VORAB;
EStG 1988 §37 Abs1;
11992E073B EGV Art73b;
11992E073D EGV Art73d Abs1;
11992E073D EGV Art73d Abs3;
11997E056 EG Art56;
11997E058 EG Art58 Abs1;
11997E058 EG Art58 Abs3;
62002CJ0315 Lenz VORAB;
EStG 1988 §37 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 hatte der Beschwerdeführer unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen resultierend aus einer Gewinnausschüttung einer deutschen GmbH erklärt und hiefür den begünstigten Steuersatz im Sinne des § 37 Abs. 1 EStG 1988 geltend gemacht.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 gemäß § 299 Abs. 2 BAO mit der Begründung auf, dass die Begünstigung des § 37 Abs. 1 EStG 1988 nur inländische Kapitalerträge umfasse. Eine Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr (Art. 56 ff EG) liege nach Ansicht der belangten Behörde nicht vor, da die Begünstigung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 für inländische Dividenden mit der Belastung des Gewinnes inländischer Kapitalgesellschaften in einem unmittelbaren, wirtschaftlichen Zusammenhang stehe, und es der Wahrung dieses Zusammenhanges bedürfe, um den Zusammenhalt (die Kohärenz) des Steuersystems - die Milderung bzw Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung von Dividenden mit zwei inländischen Ertragsteuern - zu gewährleisten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde rügt der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen die Kapitalsverkehrsfreiheit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes hat der EuGH mit Urteil vom 15. Juli 2004, Rechtssache C-315/02 , Lenz, ausgeführt, dass die Art. 73b und 73d Abs. 1 und 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 56 EG und Art. 58 Abs. 1 und 3 EG) einer Regelung entgegenstehen, die es nur den Beziehern österreichischer Kapitalerträge erlaubt, zwischen einer Endbesteuerung mit einem Steuersatz von 25% und der normalen Einkommensteuer unter Anwendung eines Hälftesteuersatzes zu wählen, während sie vorsieht, dass Kapitalerträge aus einem anderen Mitgliedstaat zwingend der normalen Einkommensteuer ohne Ermäßigung des Steuersatzes unterliegen. Die Weigerung, den Beziehern von Kapitalerträgen aus einem anderen Mitgliedstaat dieselben Steuervorteile wie den Beziehern österreichischer Kapitalerträge zu gewähren, lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass die Einkünfte der in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaften dort einem niedrigen Besteuerungsniveau unterliegen.

Nach dieser Entscheidung ist die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, dass durch Verweigerung des ermäßigten Steuersatzes für Kapitalerträge aus anderen Mitgliedstaaten eine Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr nicht erfolgt sei, unrichtig. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken erweisen sich damit als begründet. Eine Aufhebung des Bescheides, in welchem der ermäßigte Steuersatz des § 37 Abs. 1 EStG 1988 für Kapitalerträge aus einer dividendenauszahlenden Gesellschaft, die ihren Sitz in Deutschland hatte, anerkannt worden war, erfolgte daher zu Unrecht.

Da die belangte Behörde aus den angeführten Gründen die Rechtslage verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. April 2007

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