Normen
AsylG 1997 §25 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §11;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
AsylG 1997 §25 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §11;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste am 29. November 2003 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Am 19. Dezember 2003 wurde er - auf Grund seiner Minderjährigkeit im Beisein eines Vertreters des Jugendwohlfahrtsträgers - vor dem Bundesasylamt einvernommen. Die Ladung des in einem Gasthaus in Gols untergebrachten Beschwerdeführers zu dieser Einvernahme war an das Referat für Jugendwohlfahrt und Sozialarbeit bei der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See zugestellt worden.
Am 29. Dezember 2003 teilte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See dem Bundesasylamt mit, der Beschwerdeführer habe am 23. Dezember 2003 die Unterkunft verlassen.
Das Bundesasylamt nahm am 19. Jänner 2004 eine Meldeanfrage vor, die ergebnislos blieb, und stellte dem Beschwerdeführer den Bescheid vom selben Tag, mit dem es den Asylantrag gemäß § 7 AsylG abwies und gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan für zulässig erklärte, am 19. Jänner 2004 unter Berufung auf § 8 Abs. 2 ZustG durch Hinterlegung im Akt zu. In der Beurkundung der Hinterlegung wurde festgehalten, der "im Betreff Genannte" sei "an der angegebenen Zustelladresse nicht mehr aufhältig. Eine neuerliche Abgabestelle konnte nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden." Der Kopf des Bescheides nennt als Adressaten den Beschwerdeführer "geboren am 09.04.1986, Wohnadresse unbekannt, vertreten durch: den örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträger".
Im März 2004 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen eines Verfahrens nach der Dublin II-VO aus der Bundesrepublik Deutschland zurückübernommen. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2004 beantragte er - inzwischen volljährig geworden - neuerlich Asyl. Zu diesem Antrag wurde er am 15. und am 19. Juli 2004 im Erstaufnahmezentrum Ost einvernommen.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2004 wies das Bundesasylamt den Zweitantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. In der Begründung wurde über die Erledigung des ersten Antrags festgestellt, dieser sei "mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2004" abgewiesen worden (Seite 2 des Bescheides vom 20. Juli 2004) und - damit nicht ohne Weiteres vereinbar - das "erste Asylverfahren" des Beschwerdeführers sei "am 03.02.2004 rechtskräftig abgeschlossen" worden (Seite 6).
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Juli 2004 gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der erste Asylantrag sei vom Bundesasylamt mit "Bescheid vom 03.02.2003" (gemeint wohl: 2004) erledigt worden:
"Dieser wirksam zugestellte Bescheid wurde - mangels Erhebung eines Rechtsmittels - rechtkräftig."
Der Zweitantrag sei daher zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach ihrer Ablehnung und Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Juni 2005, B 1518/04-12, erwogen hat:
Ein Bescheid vom 3. Februar 2004, wie auf Seite 2 des erstinstanzlichen Bescheides vom 20. Juli 2004 sowie (unter Angabe einer falschen Jahreszahl) im angefochtenen Bescheid erwähnt, ist nicht aktenkundig. Gemeint ist in beiden Fällen der mit 19. Jänner 2004 datierte Bescheid des Bundesasylamtes, von dem das Bundesasylamt und die belangte Behörde offenbar annehmen, er sei dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung beim Bundesasylamt am selben Tag zugestellt und am 3. Februar 2004 rechtskräftig geworden.
Auf Grund welcher Überlegungen diese Zustellung - wie von der belangten Behörde ausdrücklich, aber ohne nähere Ausführungen, hervorgehoben - "wirksam" gewesen sein soll, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Schon in der Wiedergabe des Verfahrensganges wird nicht erwähnt, dass die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch erfolgte, was Ausführungen über das Vorliegen der Voraussetzungen dafür erfordert hätte, und dass damit im vorliegenden Fall - statt an einen Jugendwohlfahrtsträger oder allenfalls einen gemäß § 11 erster Fall AVG (vgl. dazu Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3 (2004) 94) zu bestellenden Vertreter - an den Beschwerdeführer selbst zugestellt werden sollte.
Letzteres konnte angesichts der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund des § 25 Abs. 2 AsylG (auch in der hier maßgeblichen Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) nicht wirksam sein.
Im Verfahren über den Erstantrag lag somit bei Einbringung des Zweitantrages noch keine Entscheidung vor. Die Zurückweisung des Zweitantrages wegen entschiedener Sache entsprach unter diesen Umständen nicht dem Gesetz (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2005/01/0215).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 16. Februar 2006
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