VwGH 2006/17/0092

VwGH2006/17/009230.6.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der K GmbH in S, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 14. April 2006, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0418- I/7/2006, betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für März bis Juli 2005, zu Recht erkannt:

Normen

11997E025 EG Art25 Art25;
11997E028 EG Art28;
11997E095 EG Art95 Art95;
11997E234 EG Art234;
61992CJ0072 Scharbatke VORAB;
62004CJ0266 Nazairdis VORAB;
AMA-Gesetz 1992 §21a;
AMA-Gesetz 1992 §21g Abs3;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
VwRallg;
11997E025 EG Art25 Art25;
11997E028 EG Art28;
11997E095 EG Art95 Art95;
11997E234 EG Art234;
61992CJ0072 Scharbatke VORAB;
62004CJ0266 Nazairdis VORAB;
AMA-Gesetz 1992 §21a;
AMA-Gesetz 1992 §21g Abs3;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria vom 2. September 2005 wurden der beschwerdeführenden Partei Agrarmarketingbeiträge für die Schlachtung von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern und Schafen in den Beitragszeiträumen März bis Juli 2005 in der Höhe von EUR 3.307,10 zuzüglich eines Erhöhungsbeitrages von 40 % vorgeschrieben. Auf Grund der Berufung der beschwerdeführenden Partei erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem unter Spruchpunkt 1. die Berufung gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria vom 2. September 2005 abgewiesen wird und unter Spruchpunkt 2. die Berufung gegen die Abweisung des Antrags auf Aussetzung der Einhebung der mit dem oben genannten Bescheid festgesetzten Agrarmarketingbeiträge gemäß § 289 BAO in Verbindung mit § 212a BAO ebenfalls abgewiesen wird.

Begründend führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides - nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens und der wesentlichen Bestimmungen des AMA-Gesetzes 1992 betreffend die Einhebung von Agrarmarketingbeiträgen für die Schlachtung von Rindern, Kälbern, Schweinen, Lämmern, Schafen und Schlachtgeflügel - aus, dass die beschwerdeführende Partei die Erhebung des Agrarmarketingbeitrages bekämpfe, weil das Beitragsaufkommen für gemeinschaftsrechtlich unzulässige Maßnahmen verwendet werde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in den verbundenen Rechtssachen C-266/04 , C-270/04 , C-276/04 , C-321/04 bis C-325/04 , Nazairdis SAS u. a., ausgesprochen habe, liege ein Zusammenhang zwischen Beitragserhebung und Verwendung des Beitragsaufkommens im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht schon dann vor, wenn nachweisbar sei, dass eine Maßnahme, die eine staatliche Beihilfe im Sinn des Art. 87 EG darstelle, ausschließlich oder überwiegend aus dem Aufkommen einer bestimmten Abgabe finanziert werde. Wesentlich sei, ob sich die gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung unmittelbar auf die nationale Vorschrift, welche die Abgabe regle, zurückführen lasse oder nicht. Wenn sich die allfällige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im Hinblick auf das Beihilfenrecht nicht auf die gesetzliche Regelung zurückführen lasse, liege kein derartiger Verwendungszusammenhang vor. Auch zum (behaupteten) Verstoß gegen Art. 28 EG werde in dem genannten Erkenntnis festgehalten, dass unter Heranziehung der Rechtsprechung des EuGH das Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit aufzeige. Werbekampagnen, in denen die Qualität der inländischen Produkte beworben werde, seien nicht schon deshalb als unzulässig anzusehen. Zum vorgeschriebenen Erhöhungsbeitrag wird auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2006, B 913/05 u.a., verwiesen, mit dem die Behandlung der Beschwerde abgelehnt worden sei, da das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes angesichts der durch § 21g Abs. 3 AMA-Gesetz eingeräumten Möglichkeit, die Festsetzung einer Beitragserhöhung von der Zumutbarkeit des Erkennens der Beitragsschuld und deren konkreter Höhe abhängig zu machen, als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Gegen diesen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zlen. 2005/17/0070 bis 0073, wird ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei die Begründungserwägungen in diesem Erkenntnis nicht teilen könne und die Beschwerdeargumente teilweise neu gefasst und vertieft würden. Es sei sowohl eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Beweisaufnahme als auch die Stellung eines Antrags auf Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG unerlässlich.

Zu dem ebenfalls die Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume nach der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffenden hg. Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, auf welches sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wesentlich stützte, wird darauf hingewiesen, dass die beschwerdeführende Partei die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Fehlens eines Verwendungszusammenhanges nicht teile.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf vorrangige Anwendung des Gemeinschaftsrechts verletzt. Sie werde zur Finanzierung einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Werbekampagne herangezogen, deren Nutzen bestimmten Mitbewerbern und einzelnen Handelsbetrieben zu Gute komme, die mit den Abnehmern der beschwerdeführenden Partei in direktem Konkurrenzverhältnis stünden. Sie müsse als Lieferant "Werbebeiträge" zahlen, die nur ihren eigenen Mitbewerbern und den Mitbewerbern ihrer Kunden Vorteile brächten. Damit lägen mehrfach Verstöße gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht vor. Außerdem widersprächen die Werbekampagnen dem Verbot des Art. 28 EG und der Entscheidungspraxis von Kommission und EuGH. Die beschwerdeführende Partei sei in ihrem Recht auf Schutz durch nationale Behörden und Gerichte gegen Verletzungen des Durchführungsverbots für staatliche Beihilfen verletzt. Die belangte Behörde hätte feststellen müssen, ob die von der AMA durchgeführten Maßnahmen durch die Genehmigungsentscheidung der Kommission gedeckt seien und ob die zuständigen österreichischen Behörden eine Beihilfenanmeldung vorgenommen hätten. Ohne Beihilfenanmeldung könne nämlich die Reichweite der Kommissionsentscheidung nicht beurteilt werden.

Dadurch, dass die belangte Behörde nicht als Tribunal im Sinne der Judikatur des EuGH ausgestaltet sei, habe die Gültigkeit der Kommissionsentscheidung nicht geprüft werden können. Eine solche Überprüfung durch den EuGH führe zur Ungültigerklärung. Die beschwerdeführende Partei sei daher auch in ihrem Recht auf Gewährung eines lückenlosen Rechtsschutzes, im vorliegenden Fall durch Anwendung von Art. 234 EG, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen für Zeiträume nach dem Juni 2004 bereits in seinen Erkenntnissen vom 1. Juli 2005, Zlen. 2005/17/0070 bis 0073, und vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, Stellung genommen. In dem zuletzt genannten Erkenntnis vom 20. März 2006 hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), nämlich im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 27. Oktober 2005, verbundene Rechtssachen C-266/04 bis 270/04, C- 276/04 und C-321/04 bis C-325/04 , Nazairdis SAS u.a., festgestellt, dass der nach der Rechtsprechung des EuGH als Voraussetzung für das Eingreifen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenrechts und insbesondere für die Verpflichtung zur Beachtung des Durchführungsverbotes gemäß Art. 88 Abs. 3 EG notwendige Verwendungszusammenhang zwischen der Erhebung einer Abgabe und ihrer allfälligen gemeinschaftsrechtswidrigen Verwendung bei der Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen nach dem AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, nicht gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. den Schluss gezogen, dass bei der Vorschreibung von Agrarmarketingbeiträgen gemäß § 21a ff AMA-Gesetz 1992 die Frage, ob auf Grund der Verwendung der Agrarmarketingbeiträge gegebenenfalls eine staatliche Beihilfe vorliege, nicht von Bedeutung sei. Da der EuGH in Fällen wie dem vorliegenden, in welchem sich die Verwendung nicht bereits zwingend aus der gesetzlichen Grundlage für den Beitrag ergebe, nicht vom Eingreifen des Durchführungsverbotes ausgehe, erübrigten sich die von der beschwerdeführenden Partei im Hinblick auf die Verwendung der Agrarmarketingbeiträge gestellten Beweisanträge.

In der vorliegenden Beschwerde wendet sich die beschwerdeführende Partei gegen diese Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes. Die beschwerdeführende Partei bestreitet zunächst, dass dem Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u. a. die Auffassung des EuGH zu entnehmen sei, dass sich die gemeinschaftsrechtswidrige Verwendung unmittelbar auf die nationale Vorschrift, welche die Abgabe regle, zurückführen lassen müsse. Hiezu ist darauf zu verweisen, dass der EuGH im Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. zunächst feststellt, dass die behaupteten Beihilfemaßnahmen, die im Rahmen der bei den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren beanstandet worden seien, einerseits in der Befreiung von der dort in Rede stehenden Abgabe zu Gunsten bestimmter Geschäfte bestanden hätten und "zum anderen die verschiedenen aus dem Aufkommen der TACA finanzierten Maßnahmen" (Rdnr. 37). Diese verschiedenen Maßnahmen seien getrennt zu prüfen.

Zu den verschiedenen aus dem Aufkommen finanzierten Maßnahmen führte der EuGH aus, dass die Klägerinnen der Auffassung seien, dass sie sämtlich staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG seien. Nach Auffassung der Klägerinnen bestehe zwischen der Abgabe und diesen Maßnahmen der in der Rechtsprechung des EuGH (für das allfällige Eingreifen des Durchführungsverbots) geforderte Verwendungszusammenhang.

Der EuGH stellt sodann für eine der Maßnahmen fest, dass ihre Finanzierung nach den streitigen nationalen Rechtsvorschriften durch die in Rede stehende Abgabe (die "TACA") erfolge. Entgegen dem, "was die Klägerinnen der Ausgangsverfahren behaupten, lässt der nationale Regelungsrahmen jedoch keinen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der TACA und der Abgangsentschädigung erkennen" (Rdnr. 48). Der EuGH stellt somit auf den "nationalen Regelungsrahmen" ab, der einen zwingenden Verwendungszusammenhang herstellen müsse.

In diesem Zusammenhang hat der EuGH sodann die in der nunmehrigen Beschwerde hervorgehobene (und mit den Worten "Dabei ist festzustellen" eingeleitete) Aussage getroffen, dass die Höhe der tatsächlich gezahlten Entschädigung nicht vom Aufkommen aus der Abgabe abhänge, sondern gemäß Art. 6 des Dekrets Nr. 82-307 durch den örtlichen Ausschuss in den durch eine Ministerialverordnung festgelegten Grenzen nach den Merkmalen, die die Lage des jeweiligen Antragstellers kennzeichneten und insbesondere nach dem Stand seiner Mittel und seiner Belastungen festgesetzt werde. Diese Begründung ist somit eine ergänzende Begründung für das Fehlen einer Rechtslage, wie sie den EuGH in dem Urteil vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69, Frankreich/Kommission, zur Annahme eines Verwendungszusammenhanges geführt hatte. Am Erfordernis des zwingenden Verwendungszusammenhanges auf Grund der nationalen Rechtslage ändert dies nichts.

Mit den entsprechenden Hinweisen in der Beschwerde wird somit nicht dargetan, dass die grundsätzliche Aussage im hg. Erkenntnis vom 20. März 2006 nicht die Rechtsauffassung des EuGH wiedergebe.

Wenn in weiterer Folge darauf verwiesen wird, die Kommission sei bei der Beurteilung der Maßnahmen zum Ergebnis gekommen, dass eine staatliche Beihilfe vorliege und das AMA-Gesetz die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Zahlung der Agrarmarketingbeiträge darstelle, die der Finanzierung der Beihilfemaßnahme dienten, so widerspricht dies nicht den Schlussfolgerungen, die der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis aus dem Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u. a. gezogen hat. Wie eben dargestellt, ist der Ausgangspunkt für den EuGH in diesem Erkenntnis die eindeutige Feststellung, dass die behaupteten Beihilfemaßnahmen aus der in Rede stehenden TACA finanziert würden. Der EuGH hatte ebenfalls einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem eine generelle Rechtsnorm die Einhebung einer Abgabe, wie im Beschwerdefall die Agrarmarketingbeiträge, vorsah. Der Sachverhalt, der dem Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. zu Grunde lag, entspricht somit völlig dem in der Beschwerdesache vorliegenden: ebenso wie in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. die "TACA" wird im vorliegenden Zusammenhang der Agrarmarketingbeitrag nach gesetzlichen Vorschriften eingehoben. Nicht gesetzlich vorgesehen ist jedoch eine allfällige einseitige und damit gegebenenfalls beihilfenrechtswidrige Verwendung des Abgaben- bzw. Beitragsaufkommens. Die Sach- und Rechtslage entspricht somit jener wie sie dem Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u. a. zu Grunde lag.

Die vorliegende Beschwerde ist daher nicht geeignet, ein Abgehen von den im Erkenntnis vom 20. März 2006 aus dem Urteil in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. gezogenen Schlussfolgerungen nahe zu legen.

Soweit in der vorliegenden Beschwerde neuerlich eingehend darzulegen versucht wird, dass die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037 fin, ungültig sei, ist hiezu ebenfalls auf die bereits im hg. Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, enthaltenen Ausführungen zu verweisen. Auf der Grundlage der im Vorstehenden bestätigten Auffassung, die sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a.

ergibt, ist im Zusammenhang mit der Erhebung der Agrarmarketingbeiträge die Frage, ob die Entscheidung der Kommission im beihilfenrechtlichen Verfahren ungültig ist, nicht von entscheidender Bedeutung.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher auch auf der Grundlage der nunmehrigen Beschwerdeausführungen der Anregung, einen Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH gemäß Art. 234 EG zu stellen, nicht zu folgen.

Es erübrigt sich damit jedoch auch ein näheres Eingehen auf die Beschwerdeausführungen betreffend die behauptete Verletzung des Durchführungsverbotes nach Art. 88 Abs. 3 dritter Satz EG.

Mit den Ausführungen zur allfälligen Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes auf Stellung eines Vorabentscheidungsantrages gemäß Art. 234 EG verkennt die beschwerdeführende Partei einerseits die Rechtslage im Zusammenhang mit dem Prüfungsmaßstab des Verfassungsgerichtshofes und beschäftigt sich andererseits mit einer Frage, die für das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht von Relevanz ist. Der Umstand, ob der Verfassungsgerichtshof in einem anderen Verfahren einen Antrag gemäß Art. 234 EG zu stellen gehabt hätte oder ob sich die von der beschwerdeführenden Partei vermeinte gemeinschaftsrechtliche Frage im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wegen dessen anderen Prüfungsmaßstabes nicht stellte, hat keinerlei Bedeutung für die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen der Verwaltungsgerichtshof einen Vorabentscheidungsantrag zu stellen hat.

Soweit im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs und im Zusammenhang mit der beihilfenrechtlichen Problematik und hiebei insbesondere der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, auch auf Art. 28 EG eingegangen wird und die Frage der Vergabe des Gütesiegels an ausländische Produkte behandelt wird, ist ebenfalls auf das von der belangten Behörde in ihrer Begründung genannte hg. Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2005/17/0230, zu verweisen. Die beschwerdeführende Partei übersieht mit ihren Hinweisen auf die Beschränkung der Erhebung des Agrarmarketingbeitrags ausschließlich von inländischen Erzeugnissen, dass hiefür gemeinschaftsrechtliche Gründe maßgeblich sind. Der behauptete Widerspruch zwischen § 21a AMA-Gesetz 1992 und Art. 28 EG besteht somit nicht. § 21a AMA-Gesetz 1992 zieht vielmehr die notwendige Konsequenz aus der Rechtsprechung des EuGH, um eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit im Hinblick auf Art. 25 EG (Verbot der Abgaben gleicher Wirkung) oder Art. 95 EG (diskriminierende Abgabe) zu vermeiden (vgl. das Urteil des EuGH vom 27. Oktober 1993, Rs C-72/92 , Scharbatke). Es lassen sich aus dem Umstand der Beschränkung der Beitragserhebung und der Aufgaben der AMA keine Schlussfolgerungen für die Vergabe des Gütesiegels an ausländische Erzeugnisse ziehen. Soweit in der Beschwerde davon die Rede ist, dass die Öffnungsklausel in der Gütesiegelrichtlinie ein "Feigenblatt" darstelle, "um das Warenverkehrshindernis (Art. 28 EG) zu bedecken", genügt die Feststellung, dass in einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen Beschränkung der Erhebung des Agrarmarketingbeitrags kein Verstoß gegen Art. 28 EG erblickt werden kann. Das Beschwerdevorbringen, welches in der Folge im Gegensatz zu dem eben zitierten Hinweis auf die "Feigenblatt"-Eigenschaft der Öffnungsklausel weiterhin die Behauptung aufrecht erhält, die Öffnung für ausländische Erzeugnisse sei nicht möglich, ist nicht geeignet, neue Gesichtspunkte aufzuzeigen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung nahe legen würden.

Es erübrigen sich auch angesichts des nunmehrigen Beschwerdevorbringens Überlegungen dahin gehend, ob und inwieweit das gemeinschaftsrechtliche Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinsichtlich der aus dem Gemeinschaftsrecht abzuleitenden Rechte dazu führen könnte, dass sich inländische Unternehmen wie die beschwerdeführende Partei auf allfällige objektiv-rechtliche Rechtswidrigkeiten im Hinblick auf Art. 28 EG berufen könnten. (Ob und inwieweit der Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht im Falle eines Konflikts zwischen innerstaatlicher Norm und primärem Gemeinschaftsrecht in jedem Fall zur Nichtanwendung der innerstaatlichen Bestimmung führen muss (wie dies nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für den Fall der Anwendung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage ungeachtet des Umstandes, ob sich die Verfassungswidrigkeit im Anlassfall konkretisiert, gegeben ist und wie man aus der nunmehr aber schon relativ alten Entscheidung des EuGH vom 13. Dezember 1983, Rs 222/82, Apple and Pear Development Council, schließen könnte), oder ob die innerstaatliche Regelung eine Beeinträchtigung der dem Bescheidadressaten aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte bewirken muss, kann somit dahin stehen.)

Soweit in der Beschwerde die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Unterlassung der Einräumung einer neuerlichen Möglichkeit zur Stellungnahme vor der Abweisung der Berufung unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 2006 geltend gemacht wird, ist darauf zu verweisen, dass die Rechtsauffassung, die eine Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen gedenkt, nicht Gegenstand des rechtlichen Gehörs sein muss (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 45 AVG, unter E 285 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Zu dem Vorbringen betreffend den fehlenden Tribunalcharakter der belangten Behörde, der dazu geführt habe, dass "die Gültigkeit der Kommissionsentscheidung nicht geprüft werden" habe können, ist auszuführen, dass das Fehlen der Legitimation der Verwaltungsbehörden zur Stellung von Ersuchen um Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG für sich allein noch nicht zur Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten führt. Das Gemeinschaftsrecht und insbesondere das gemeinschaftsrechtliche Gebot zur Gewährung effektiven (verwaltungsgerichtlichen) Rechtsschutzes bedeuten nicht, dass keine verwaltungsbehördlichen Entscheidungen ergehen könnten und verlangen somit nicht das Einschreiten von gerichtlichen Organen schon in erster Instanz und an Stelle von Verwaltungsbehörden.

Soweit in der Beschwerde auch kurz darauf hingewiesen wird, dass die "Behörden I. und II. Instanz" als Rechtsgrundlage lediglich die §§ 21 ff AMA-Gesetz 1992 angeführt hätten, der gegenständliche Agrarmarketingbeitrag jedoch durch Verordnung festzusetzen sei, wird mangels näherer Angabe, inwiefern der angefochtene Bescheid bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, nicht die Relevanz des in der Nichtanführung auch der Verordnungsgrundlage der Abgabenvorschreibung gelegenen Verfahrensmangels dargetan.

Soweit in der Beschwerde schließlich die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung des Erhöhungsbeitrages einerseits neuerlich unter Hinweis auf das Fehlen von Feststellungen zur Beihilfenanmeldung und andererseits im Hinblick auf die Überraschung der beschwerdeführenden Partei durch die Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Nazairdis SAS u.a. behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. März 2006, Zlen. 2005/17/0066 bis 0069, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, festgestellt hat - nach der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004, C(2004)2037fin, betreffend die angemeldeten Maßnahmen im Bereich des Gütesiegels und Biozeichens (NN 34A/2000), Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beitragspflichtigen und der Behörde über Fragen, von denen allenfalls die Abgabenpflicht abhängen könnte, der Zulässigkeit der Vorschreibung des Erhöhungsbeitrages nicht entgegenstanden, und andererseits der Umstand, dass sich aus einem nach Bescheiderlassung ergangenen Urteil des EuGH neue Aspekte für die rechtliche Beurteilung ergeben, ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung des Erhöhungsbeitrages hat, weil es dabei auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Nichtentrichtung der Abgabe ankommt. Ob die beschwerdeführende Partei nach Einbringung ihrer Berufung durch die Berufungsentscheidung unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, in dem dieser im Anschluss an den EuGH die Rechtslage in der Frage der Beitragspflicht klarstellt, "überrascht" wurde oder nicht ändert nichts an der Beurteilung der Zulässigkeit der Vorschreibung des Erhöhungsbeitrages wegen Nichtentrichtung der Beiträge.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Dem steht auch Art. 6 EMRK nicht entgegen. Die durch das Beschwerdevorbringen aufgeworfenen Rechtsfragen sind hinreichend geklärt. Die in der Beschwerde angesprochenen Sachverhaltsergänzungen erübrigen sich im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage. Dies gilt insbesondere für Beweisaufnahmen zum Thema, ob eine Anmeldung der von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführten Beihilfenmaßnahmen erfolgt sei. Die Ladung der zum Zwecke der diesbezüglichen Beweisaufnahme beantragten Zeugen war daher weder auf Verwaltungsebene, noch im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Überprüfung des angefochtenen Bescheides erforderlich. Dies gilt auch für die zum Thema der Verwendung der Mittel beantragten Zeugen.

Wien, am 30. Juni 2006

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