VwGH 2006/06/0071

VwGH2006/06/007125.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der R Privatstiftung in G, vertreten durch Brunner - Kohlbacher Advokatur GmbH in 8010 Graz, Radetzkystraße 9/II, gegen die Bescheide 1. des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Oktober 2005, Zl. 028125/2005/0002, und 2. der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 18. Jänner 2006, Zl. 02815/2005/0004, betreffend jeweils einen Bauauftrag,

Normen

BauG Stmk 1995 §19 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
BauG Stmk 1995 §19 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der (ergänzten) Beschwerde, sowie der vorgelegten, angefochtenen Bescheide geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (in der Beschwerde unzutreffend als "Stadt Graz als Bau- und Anlagenbehörde" bezeichnet) vom 12. Oktober 2005 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin eines Gebäudes in Graz aufgetragen,

1. 4 Fensteröffnungen an der ostseitigen Außenwand im Erdgeschoß mit 2 Fenster im Ausmaß von ca. 3,0 m x 1,6 m und 2 Fenster im Ausmaß von ca. 2,0 m x 1,6 m sowie

2. 4 Fensteröffnungen im Obergeschoß mit 2 Fenster im Ausmaß von ca. 0,8 m x 1,7 m und 2 Fenster im Ausmaß von ca. 1,5 x 1,7 m

binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Begründend heißt es, die Baubehörde habe festgestellt, dass die zuvor näher angeführten baulichen Anlagen ohne baubehördliche Bewilligung errichtet worden seien. Diese Anlagen stellten gemäß § 19 Z 1 Stmk. BauG grundsätzlich ein bewilligungspflichtiges Vorhaben dar und seien auf Grund des Fehlens dieser Bewilligung vorschriftswidrig errichtet worden. Demnach sei gemäß § 41 Abs. 3 leg. cit. ein Beseitigungsauftrag zu erteilen gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit dem zweitangefochtenen Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz (in der Beschwerde ebenfalls unzutreffend als "Stadt Graz als Bau- und Anlagenbehörde" bezeichnet) als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde nach Hinweis auf den erstinstanzlichen Bescheid und Wiedergabe der Berufungsausführungen zusammengefasst aus, im Beschwerdefall sei anlässlich einer Erhebung vor Ort am 10. Oktober 2005 durch ein Organ der Bau- und Anlagenbehörde festgestellt worden, dass im fraglichen Gebäude an der ostseitigen Außenwand (an der Grundgrenze) im Erdgeschoß vier Fensteröffnungen und im Obergeschoß ebenfalls vier Fensteröffnungen konsenslos hergestellt bzw. bereits Fenster eingebaut worden seien. Dies sei auch fotografiert worden. Der Einbau von Fensteröffnungen bei einem Bestandobjekt stelle sicherlich einen bewilligungspflichtigen Umbau (im Sinne des § 19 Z 1 iVm § 4 Z 56 Stmk. BauG) dar, weil sowohl das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes betroffen sei als auch die Interessen des Brandschutzes zu berücksichtigen seien. Im Beschwerdefall seien die Fensteröffnungen auch an der Grundgrenze errichtet worden, sodass jedenfalls auch Nachbarinteressen berührt worden seien.

Offensichtlich werde die Bewilligungspflicht dieses Fenstereinbaus von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, weil sie selber angebe, einen Ergänzungsplan bei der Behörde eingereicht zu haben, in dem auch die Fensteröffnungen eingezeichnet seien. Sie übersehe jedoch, dass die Errichtung von bewilligungspflichtigen Baumaßnahmen vor Erteilung der Baubewilligung die Behörde verpflichte, einen Beseitigungsauftrag zu erlassen, die Frage der Genehmigungsfähigkeit der durchgeführten Baumaßnahmen sei jedoch erst im Baubewilligungsverfahren zu klären. Nach § 29 Stmk. BauG habe die Behörde einem Ansuchen mit schriftlichem Bescheid stattzugeben, wenn die Voraussetzungen für eine Bewilligung gegeben seien. Damit sei klargestellt, dass Bewilligungen im Zuge eines mündlichen Gespräches mit dem Bauwerber nicht erteilt werden könnten. Eventuell mündlich erteilte Auskünfte hinsichtlich der Bewilligung des Projektes ersetzten somit nicht den Bewilligungsbescheid. Damit handle es sich um eine vorschriftswidrige bauliche Anlage, weshalb die Behörde erster Instanz zu Recht einen Beseitigungsauftrag erteilt habe. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass ein Beseitigungsauftrag während eines Verfahrens um nachträgliche Bewilligung des konsenslosen Baues solange nicht vollstreckt werden dürfe, solange über dieses Ansuchen nicht rechtskräftig im Sinne einer Ab- oder Zurückweisung abgesprochen worden sei.

Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die vorliegende, über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der (ergänzten) Beschwerde wird ausdrücklich auch der (erstinstanzliche) Bescheid vom 12. Oktober 2005 bekämpft (in der ursprünglichen, noch unverbesserten Beschwerde noch nicht, sodass die Ergänzung sichtlich der Absicht der Beschwerdeführerin entspricht, wenngleich dazu nichts Näheres ausgeführt wird). Da es sich bei diesem erstinstanzlichen Bescheid aber um keinen letztinstanzlichen Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG handelt, war die Beschwerde insofern ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.

Gemäß § 19 Stmk. BauG sind, soferne sich aus den §§ 20 und 21 leg. cit. nichts anderes ergibt (solche Ausnahmen sind im Beschwerdefall nicht ersichtlich), Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen bewilligungspflichtig.

Der Begriff "Umbau" wird im § 4 Z 56 leg. cit. wie folgt definiert:

"56. Umbau: die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz;"

Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen.

Vorschriftswidrig im gegebenen Zusammenhang sind bauliche Anlagen, die zum Zeitpunkt ihrer Herstellung konsensbedürftig (bewilligungs- oder anzeigepflichtig) waren und weiterhin sind, ein solcher Konsens aber nicht gegeben ist.

Schon im erstinstanzlichen Bescheid wurde festgestellt, um welche bauliche Maßnahmen es geht. Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit, hiezu Stellung zu nehmen; dass dieser Sachverhalt unzutreffend angenommen worden sei, zeigt sie nicht auf. Welcher Art weiter gehende Erhebungsergebnisse sein sollten, sagt sie ebenfalls nicht, sodass sie die Relevanz der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs und angeblicher Erhebungsmängel nicht aufzeigt.

Unbedenklich hat die belangte Behörde dargelegt, dass das Herstellen von acht solcher Fensteröffnungen in der Außenwand des Gebäudes (wobei eine Außenwand noch dazu an der Grundgrenze steht, wodurch Nachbarinteressen berührt werden können) einen bewilligungspflichtigen "Umbau" im Sinne des § 19 Abs. 1 Stmk. BauG darstellt. Warum solche Maßnahmen gar bewilligungsfrei sein sollten, wie die Beschwerdeführerin möglicherweise meint, ist aus ihren Ausführungen nicht ableitbar; keinesfalls können solche Maßnahmen als "geringfügige Änderungen der Fassade" qualifiziert werden (es geht um das Herstellen von Fensteröffnungen und nicht, wie man den Beschwerdeausführungen möglicherweise entnehmen könnte, um den Austausch von Fenstern, sodass nicht weiter zu prüfen ist, inwieweit ein solcher Fensteraustausch baurechtlich relevant wäre). Die Beschwerdeführerin übersieht weiters, dass eine Baubewilligung gemäß § 29 Stmk. BauG mit schriftlichem Bescheid zu erteilen ist, womit sie sich nicht mit Erfolg auf eine angeblich erteilte mündliche Bewilligung berufen kann. Es vermag ihr auch der Umstand nicht zum Erfolg zu verhelfen, dass sie, wie in der Berufung vorgebracht, am 7. Oktober 2005 "in Ergänzung bereits bewilligter Vorhaben" einen Ergänzungsplan in Verbindung mit einem vollständig belegten Bauansuchen eingereicht hat, in dem auch "die nunmehr bescheidgegenständlichen Fensteröffnungen beinhaltet sind", denn sie räumt in der Beschwerde auch ein, dass dieser (erwartete) Bescheid noch nicht ausgefertigt ist. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG der Bauauftrag ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung zu erteilen ist.

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. April 2006

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte