VwGH 2006/04/0236

VwGH2006/04/023615.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des DS in L, vertreten durch Mag. Stefan Aberer, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 37, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 16. Oktober 2006, Zl. VIb-201.00/0027, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Berufung als verspätet in Angelegenheit einer Gewerbeanmeldung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich übereinstimmend, dass die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mit Bescheid vom 17. Jänner 2006 gemäß § 340 Abs. 3 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 einerseits festgestellt hat, der Beschwerdeführer erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gastgewerbes nicht und ihm deshalb andererseits die weitere Ausübung dieses Gewerbes untersagt hat. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19. Jänner 2006 durch Hinterlegung und danach nochmals am 10. März 2006 zugestellt.

Mit Schreiben vom 24. März 2006 erhob der Beschwerdeführer gegen den genannten Bescheid Berufung und stellte für den Fall, dass sich die Zustellung vom 19. Jänner 2006 als rechtmäßig erweisen sollte, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Er brachte dazu vor, er habe von der Zustellung am 19. Jänner 2006 keine Kenntnis erlangt und die Berufungsfrist daher unverschuldet versäumt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 10. April 2006 wurde der genannte Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen, wogegen der Beschwerdeführer ebenfalls Berufung erhob und ergänzend ausführte, dass er seinen Briefkasten täglich entleere. Sollte der Briefträger die entsprechenden Schriftstücke (Hinterlegungsanzeige) tatsächlich im Briefkasten des Beschwerdeführers oder an dessen Eingangstüre zurückgelassen habe, so seien diese entweder mit der unzähligen Werbepost vom Beschwerdeführer oder von dessen Mitbewohnern versehentlich oder durch dritte Personen entfernt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 10. April 2006 ab und die Berufung gegen den Bescheid vom 17. Jänner 2006 als verspätet zurück. Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte die belangte Behörde begründend aus, sie gehe auf Grund der Angaben des Zustellorgans im Berufungsverfahren davon aus, dass eine Hinterlegungsanzeige im Briefkasten des Beschwerdeführers ordnungsgemäß hinterlassen worden sei und dass die Zustellung (Hinterlegung) am 19. Jänner 2006 rechtswirksam erfolgt sei. Was den Wiedereinsetzungsantrag betreffe, so habe der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen keinen bloß minderen Grad des Versehens für die Versäumung der Berufungsfrist dargetan. Der Briefkasten müsse nämlich nicht nur regelmäßig entleert werden, sondern die darin befindlichen Sendungen müssten auch mit der erforderlichen Sorgfalt durchgesehen werden. Da somit die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist nicht gegeben seien, erweise sich die Berufung des Beschwerdeführers vom 24. März 2006 gegen den am 19. Jänner 2006 zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 17. Jänner 2006 als verspätet.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die vorliegende Beschwerde lässt die Feststellungen im angefochtenen Bescheid unbestritten. Der Beschwerdeführer meint auch in der Beschwerde, es könne grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass trotz aufgewendeter Sorgfalt eine Hinterlegungsanzeige bzw. Verständigung in die Werbepost gelange, welche dann übersehen oder mit der Werbepost versehentlich entsorgt werde. Diese Sorgfaltswidrigkeit könne gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen. Zum Beweisthema, dass die Hinterlegungsanzeige auch im gegenständlichen Fall auf diese Art verloren gegangen sei, habe er die Vernehmung von Zeugen beantragt, die die belangte Behörde zu Unrecht unterlassen habe. Der Beschwerdeführer vertritt zusammengefasst die Auffassung, dass ihm bei der Versäumung der Berufungsfrist kein grobes Verschulden zur Last falle und dass seinem Wiedereinsetzungsantrag daher stattgegeben hätte werden müssen.

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid im Wiedereinsetzungsantrag vom 24. März 2006 als Wiedereinsetzungsgrund nur vorgebracht hat, er habe die Berufungsfrist mangels Kenntnis von der Zustellung vom 19. Jänner 2006 unverschuldet versäumt. Damit hätte der Beschwerdeführer seiner Obliegenheit, schon im Antrag das unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, nicht erfüllt, zumal es nach der hg. Judikatur nicht zulässig ist, den innerhalb der Frist des § 71 Abs. 2 AVG vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund später zu verändern (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 10 und E 298).

Selbst wenn der Beschwerdeführer aber nicht erst in der Berufung sondern schon im Wiedereinsetzungsantrag das unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis im Sinne seines nunmehrigen Beschwerdevorbringens konkretisiert hätte, dass die Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides vom 17. Jänner 2006 "entweder mit der unzähligen Werbepost versehentlich ... oder durch dritte Personen entfernt" worden sei, so wäre für ihn nichts gewonnen:

Dass die Hinterlegungsanzeige nämlich durch dritte Personen (vorsätzlich) entfernt worden sei, hat der Beschwerdeführer nicht konkret behauptet, sondern bloß als eine in Betracht kommende Möglichkeit bezeichnet.

Die vom Beschwerdeführer genannte zweite Möglichkeit, die Hinterlegungsanzeige könnte mit der Werbepost (von ihm oder seinen Mitbewohnern) entsorgt worden sein, legte die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid ohnehin zu Grunde, sodass es keinen Verfahrensmangel darstellt, wenn sie die beantragten Zeugenvernehmungen zu diesem Thema unterließ. Der belangten Behörde ist aber auch zuzustimmen, wenn sie in der rechtlichen Beurteilung meinte, es könne nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG gesprochen werden, wenn die Kenntnisnahme des Beschwerdeführers von der Hinterlegungsanzeige deshalb unterblieb, weil diese von ihm oder seinen Mitbewohnern versehentlich mit der Werbepost entsorgt worden sei (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2000, Zl. 2000/05/0054, und vom 28. März 2006, Zl. 2005/06/0308). Die belangte Behörde hat daher den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen.

Ausgehend von der Maßgeblichkeit der (ersten) Zustellung des Bescheides vom 17. Jänner 2006 durch Hinterlegung am 19. Jänner 2006 (§ 6 Zustellgesetz) kann auch die Zurückweisung der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 24. März 2006 nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher nach dem Gesagten gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2006

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