VwGH 2005/18/0479

VwGH2005/18/047913.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des O B, geboren 1971, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 15. Februar 2005, Zl. 140.232/3- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12 Abs3;
AuslBG §12 Abs5;
AuslBG §12 Abs7;
AuslBG §12;
AuslBG §2 Abs5;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §89 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AuslBG §12 Abs3;
AuslBG §12 Abs5;
AuslBG §12 Abs7;
AuslBG §12;
AuslBG §2 Abs5;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §89 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 15. Februar 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom 19. September 2003 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß §§ 13 Abs. 2, 12 Abs. 3 und 18 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 2 Abs. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, abgewiesen.

Seit der am 1. Jänner 2003 in Kraft getretenen Novellierung des FrG und des AuslBG mit BGBl. I Nr. 126/2002 komme der vom Beschwerdeführer angestrebte Wechsel von seiner bisherigen quotenfreien Niederlassungsbewilligung auf eine quotenpflichtige Niederlassungsbewilligung nur mehr dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer die Anforderungen einer Schlüsselkraft erfülle.

Gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG sei für diese Stellung u. a. erforderlich, dass der Fremde eine monatliche Bruttoentlohnung von mindestens 60 % der Höchstbemessungsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beziehe. Für das Jahr 2003 sei daher eine monatliche Bruttoentlohnung von etwa EUR 2.100,-- erforderlich. Der Beschwerdeführer sei seit Juli 2003 bei einem Versicherungsunternehmen als Kundenberater tätig. Mit den vorgelegten Unterlagen habe der Beschwerdeführer nicht bewiesen, aus dieser Tätigkeit ein EUR 2.100,-- brutto monatlich übersteigendes Einkommen zu beziehen. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

FrG:

"§ 89. ...

(1a) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen für Schlüsselkräfte (§ 18 Abs. 1 Z 1, § 18 Abs. 1a) trifft der Landeshauptmann gemäß den Vorschriften der §§ 12 und 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle (§ 12 Abs. 4 AuslBG) oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle (§ 24 AuslBG) des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag gemäß § 10 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 abzuweisen oder gemäß § 22 Abs. 2 zurückzuweisen ist. Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 Abs. 5 AuslBG) in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft formlos einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (§ 24 AuslBG) negativ, so hat der Landeshauptmann den Antrag ohne weiteres abzuweisen. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörde mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.

..."

AuslBG:

"§ 2. ...

(5) Als Schlüsselkräfte gelten Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 vH der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

...

§ 12. (1) Ausländer, die über keine Niederlassungsbewilligung verfügen, werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn

1. die Voraussetzungen der §§ 2 Abs. 5, 4 Abs. 1 und 3 (mit Ausnahme der Z 7) und 4b vorliegen,

2. keine fremdenrechtlichen Bedenken gegen die Niederlassung bestehen und

3. das in der Niederlassungsverordnung vorgesehene Länderkontingent für Schlüsselkräfte noch nicht ausgeschöpft ist.

(2) Die Zulassung als Schlüsselkraft ist vom Ausländer zu beantragen. Der Antrag hat auch die begründete Zustimmung des Arbeitgebers zu enthalten (Abs. 1 Z 1). Der Antrag ist vom Arbeitgeber für den Ausländer bei dem nach dem beabsichtigten Wohnsitz des Ausländers zuständigen Landeshauptmann einzubringen.

(3) Der Landeshauptmann hat den Antrag, sofern dieser nicht gemäß § 10 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 FrG abzuweisen oder gemäß § 22 Abs. 2 FrG zurückzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der in Abs. 1 Z 1 genannten Voraussetzungen zu übermitteln.

(4) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat den Regionalbeirat anzuhören und dem Landeshauptmann binnen drei Wochen das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 1 schriftlich mitzuteilen. Der Landeshauptmann hat, sofern alle Voraussetzungen für die Niederlassung erfüllt sind, die Zulassung zu erteilen (§ 89 Abs. 1a FrG), dem Arbeitgeber eine diesbezügliche Mitteilung zuzustellen und die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die erfolgte Zulassung zu verständigen. Der Landeshauptmann hat im Reisedokument des Ausländers ersichtlich zu machen, dass dieser zur Niederlassung und Beschäftigung als Schlüsselkraft berechtigt ist. Der Landeshauptmann ist verpflichtet, die Zulassung im Unternehmen an die Fremdenpolizeibehörde im Rahmen der zentralen Informationssammlung (§ 99 FrG) zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung der Schlüsselkraft zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht die Anmeldung zur Sozialversicherung nicht den im Antrag angegebenen Lohn- und Arbeitsbedingungen, ist die zuständige Fremdenpolizeibehörde zu verständigen (§§ 88, 89 in Verbindung mit § 34 FrG).

(5) Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z 1 hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich dem Landeshauptmann zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln. § 89 Abs. 1a vorletzter Satz FrG gilt.

(6) Die Zulassung als Schlüsselkraft ist einem Ausländer längstens für die Dauer eines Jahres zu erteilen. Sie gilt für einen bestimmten Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Bei Wechsel des Arbeitgebers während des ersten Jahres sind die Abs. 1 bis 5 sinngemäß anzuwenden. Nach dem ersten Jahr der Zulassung gelten die sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

(7) Über die Berufung gegen die Ablehnung der Zulassung durch den Landeshauptmann entscheidet der Bundesminister für Inneres. Über die Berufung gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice entscheidet die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nach Anhörung des Landesdirektoriums. Eine weitere Berufung ist nicht zulässig.

(8) Die Zulassung von selbständigen Schlüsselkräften erfolgt gemäß den Vorschriften des § 89 Abs. 1a FrG und des § 24."

2. Zunächst sei ausgeführt, dass § 12 AuslBG nicht nur für Fremde gilt, die über keine Niederlassungsbewilligung verfügen, sondern auch für Fremde mit einer nicht der Quotenpflicht unterliegenden Niederlassungsbewilligung, die, wie der Beschwerdeführer, (erstmals) eine Niederlassungsbewilligung im Rahmen der Quote für unselbständige Schlüsselkräfte anstreben. Dies ergibt sich daraus, dass ansonsten zwar bei Fremden ohne Niederlassungsbewilligung für die Neuzulassung als Schlüsselkraft die Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften des § 12 AuslBG einzuhalten wären, während bei Fremden mit Niederlassungsbewilligung, die ebenso neu als Schlüsselkräfte zugelassen werden sollen, - ohne ersichtlichen Grund - keine entsprechenden Vorschriften bestünden. Auch die Überschrift des lediglich aus § 12 bestehenden Abschnittes IIa des AuslBG "Sonderbestimmungen für die Neuzulassung von Schlüsselkräften" spricht für diese Auslegung.

3. Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, dass der Beschwerdeführer das in § 2 Abs. 5 AuslBG normierte Mindesteinkommen für die Stellung als unselbständige Schlüsselkraft (EUR 2.100,-- brutto monatlich im Jahr 2003) nicht erreiche.

Der Beschwerdeführer bekämpft die Ansicht, dass ihm die beantragte Bewilligung nur bei Erfüllung der Voraussetzungen als unselbständige Schlüsselkraft zu erteilen sei, nicht, bringt jedoch vor, im Verwaltungsverfahren ohnehin ein hiezu ausreichendes Einkommen nachgewiesen zu haben.

4. Zur Überprüfung der Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG sind Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für unselbständige Schlüsselkräfte vom Landeshauptmann als Niederlassungsbehörde gemäß § 12 Abs. 3 AuslBG an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat diese Geschäftsstelle gemäß § 12 Abs. 5 AuslBG die Zulassung mit - gemäß § 12 Abs. 7 leg. cit. bei der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anfechtbarem - Bescheid zu versagen. Das Verfahren bei der Niederlassungsbehörde ist diesfalls gemäß § 89 Abs. 1a dritter Satz FrG formlos einzustellen.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich eindeutig, dass die Frage, ob die in § 2 Abs. 5 AuslBG geregelten Voraussetzungen für die Stellung einer unselbständigen Schlüsselkraft vorliegen, ausschließlich vom Arbeitsmarktservice zu beurteilen ist.

In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde das Vorliegen dieser Voraussetzungen selbst beurteilt und den Antrag auf Grund des Ergebnisses dieser Beurteilung abgewiesen.

5. Hinzugefügt sei, dass der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren einen Lohnzettel für den Zeitraum von 1. August bis 31. Dezember 2003 vorgelegt hat, aus dem sich ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen von EUR 2.365,-- ergibt.

6. Auf Grund der dargestellten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

7. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 13. September 2006

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