VwGH 2005/17/0165

VwGH2005/17/016530.1.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des HH in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 66, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. Mai 2004, Zl. RU1-BR-53/001-2003, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, Rathausplatz 1, 2400 Klosterneuburg), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §38 Abs1 idF 8200-3;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;
BauO NÖ 1996 §38 Abs1 idF 8200-3;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf den Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. August 2003 bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Zum Sachverhalt wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/05/0157, verwiesen.

Mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. August 2003 wurde das näher bezeichnete Grundstück des Beschwerdeführers zum Bauplatz erklärt. Mit Spruchpunkt II. wurde aus dem Anlass der Bauplatzerklärung dem Beschwerdeführer Aufschließungsabgabe in Höhe von EUR 14.739,83 vorgeschrieben.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. Dezember 2003 wurde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich unter anderem in seinem Recht verletzt, "dass bei einem Grundstück im Bauland, welches am 1. Jänner 1989 bereits als Bauland gewidmet und mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude oder Gebäudeteil bebaut war, eine Aufschließungsabgabe nicht" vorzuschreiben sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet, aber Aufwandersatz für die Vorlage ihrer Akten an die belangte Behörde angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/05/0157, den angefochtenen Bescheid, soweit er sich auf den Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. August 2003 bezieht (das ist die Bauplatzerklärung), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und das Land Niederösterreich zum Kostenersatz verpflichtet.

Mit Bescheid vom 6. Dezember 2005 hat die Niederösterreichische Landesregierung den Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. Dezember 2003 - soweit er sich auf die Bauplatzerklärung bezieht - aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996, LGBl. 8200-0, lautet:

"§ 38

Aufschließungsabgabe

(1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der

Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit

rechtskräftigem Bescheid

1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz

(§ 11) erklärt oder

2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung

eines Gebäudes ... auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z 2 und 3, für den kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird.

..."

Durch die Novelle 8200-3 wurde in § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996 nach dem Wort "wenn" die Wortfolge "mit rechtskräftigem Bescheid" eingefügt. Der Landesgesetzgeber wollte damit eine Klarstellung dahingehend erreichen, dass die Aufschließungsabgabe erst dann vorgeschrieben werden darf, wenn ein rechtskräftiger Bescheid (Bauplatzerklärung oder Baubewilligung) vorliegt. Dies soll eine exakte Ermittlung des Zeitpunktes, in dem der Abgabenanspruch entsteht, ermöglichen (siehe den Motivenbericht zur 1. Novelle der NÖ BauO 1996 vom 27. April 1999, Zl. RU1-A-200/225).

Durch den nachfolgenden Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 2005 wurde jedoch der Berufungsbescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 3. Dezember 2003, soweit er sich auf die Bauplatzerklärung bezieht, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde verwiesen.

Mangels einer ausdrücklichen Regelung der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973 über die Wirkung der Aufhebung eines gemeindebehördlichen Bescheides durch die Vorstellungsbehörde ist zur Klärung dieser Wirkung im Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Entscheidungsbefugnisse der Vorstellungsbehörde und des Verwaltungsgerichtshofes § 42 Abs. 3 VwGG als vergleichbare Regelung heranzuziehen. § 42 Abs. 3 VwGG normiert eine ex-tunc-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes. Dies bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Allen Rechtsakten, die während der Geltung des dann vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, wurde damit im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 93/04/0124, mwN). Dies bedeutet aber nicht, dass diese Rechtsakte gleichsam automatisch in Wegfall gerieten, sondern dass sie gegebenenfalls aufzuheben seien (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 91/06/0174, mit weiteren Hinweisen auf Lehre und Judikatur).

Angewendet auf den Beschwerdefall bedeutet dies, dass auf Grund der die Bauplatzerklärung betreffenden (rückwirkenden) Aufhebung der Berufungsentscheidung durch die Niederösterreichische Landesregierung als Vorstellungsbehörde nunmehr davon auszugehen ist, dass kein rechtskräftiger Bescheid, mit dem das verfahrensgegenständliche Grundstück zum Bauplatz erklärt wurde, vorlag. Dieser Umstand war aus Anlass der Behandlung der vorliegenden Beschwerde im Zusammenhang mit der Aufschießungsabgabe wahrzunehmen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Im Hinblick auf die bereits im hg. Erkenntnis Zl. 2004/05/0157 getroffene Kostenentscheidung hatte ein Kostenzuspruch zu entfallen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. Jänner 2006

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