Normen
AVG §56;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
NatSchG NÖ 2000 §38 Abs6;
NatSchG NÖ 2000 §9 Abs3;
VwRallg;
AVG §56;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs1;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs2;
NatSchG NÖ 2000 §10 Abs3;
NatSchG NÖ 2000 §38 Abs6;
NatSchG NÖ 2000 §9 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Das Verfahren über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird eingestellt.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 26. August 2004 wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung gemäß den §§ 10 Abs. 2 und 38 Abs. 6 NÖ NSchG 2000 als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführenden Parteien hätten im straßenbaubehördlichen Bewilligungsverfahren betreffend die "Umfahrung Klosterneuburg" (B 14 von Stkm 5.215,28 bis Stkm. 8.825,94) beantragt, eine Naturverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Der Straßenbaubewilligungsbescheid sei zwar unter Vorschreibung von insgesamt 13 - vom beigezogenen Amtssachverständigen für Naturschutz vorgeschlagenen - Auflagen ergangen, die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung seien jedoch unter Spruchteil 3. als unzulässig zurückgewiesen worden. In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid hätten die beschwerdeführenden Parteien vorgebracht, durch das Projekt werde ein "Natura 2000- Gebiet" unmittelbar berührt, es hätte daher eine Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Nach den Bestimmungen des NÖ NSchG 2000 seien die beschwerdeführenden Parteien allerdings nicht legitimiert, einen Antrag auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung zu stellen. Die entsprechenden Anträge seien daher zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ebenso wie die mitbeteiligte Partei die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2005 zog die erstbeschwerdeführende Partei die von ihr erhobene Beschwerde zurück. Insoweit war das Beschwerdeverfahren daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat einzustellen.
Über die Beschwerde der zweit- und drittbeschwerdeführenden Partei hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000) bedürfen Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen und hiefür nicht notwendig sind und die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, einer Bewilligung der Behörde.
Im Rahmen eines solchen Bewilligungsverfahrens hat die Behörde gemäß § 10 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 eine Prüfung des Projektes auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen (Naturverträglichkeitsprüfung). Ergibt diese Prüfung, dass das Gebiet als solches nicht erheblich beeinträchtigt wird, ist die Bewilligung gemäß § 10 Abs. 4 NÖ NSchG 2000 zu erteilen. Hat die Behörde auf Grund der Ergebnisse der Naturverträglichkeitsprüfung jedoch festgestellt, dass das Gebiet als solches erheblich beeinträchtigt wird, so hat sie gemäß § 10 Abs. 5 NÖ NSchG 2000 Alternativlösungen zu prüfen. Ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, ist eine Bewilligung nur nach Maßgabe des § 10 Abs. 6 NÖ NSchG zulässig.
Auf Antrag eines Projektwerbers oder der NÖ Umweltanwaltschaft hat die Behörde gemäß § 10 Abs. 2 NÖ NSchG 2000 mit Bescheid festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen.
Diesen Bestimmungen zufolge ist die Ausführung eines Vorhabens, das einerseits mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes nicht unmittelbar in Verbindung steht und hiefür auch nicht notwendig ist und andererseits dieses Gebiet aber für sich oder im Zusammenwirkung mit anderen Vorhaben erheblich beeinträchtigen könnte, nur mit naturschutzbehördlicher Bewilligung im Sinne des § 10 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 zulässig. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung dieser Bewilligung kommt ausschließlich dem Projektwerber zu. Nur dieser ist daher legitimiert, einen Bewilligungsantrag zu stellen.
Wenn das zur Bewilligung beantragte Vorhaben mit den für das Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen vereinbar ist und das Schutzgebiet daher durch das Vorhaben nicht erheblich beeinträchtigt wird - die Ermittlung des insoweit maßgeblichen Sachverhalts bezeichnet das Gesetz als "Naturverträglichkeitsprüfung" -, ist die Bewilligung zu erteilen; wird das Schutzgebiet erheblich beeinträchtigt, ist eine Bewilligung nur auf Grund einer Interessenabwägung i.S.d. § 10 Abs. 6 NÖ NSchG zulässig.
Erachtet ein Projektwerber sein Vorhaben als nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 NÖ NSchG bewilligungspflichtig, so kann er die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhalts begehren, das Vorhaben sei nicht i.S.d. § 10 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 bewilligungspflichtig.
Eine entsprechende Antragstellung ist auch der NÖ Umweltanwaltschaft eingeräumt. § 38 Abs. 6 NÖ NSchG 2000 sieht überdies vor, dass die NÖ Umweltanwaltschaft in Ansehung eines der Kommission der Europäischen Gemeinschaft gemeldeten, aber noch nicht durch Verordnung der NÖ Landesregierung gemäß § 9 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 zum Europaschutzgebiet erklärten Gebietes von der Behörde die Vornahme einer Prüfung der Naturverträglichkeit eines Projektes im Sinne des § 10 Abs. 3 NÖ NSchG 2000 verlangen kann (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. April 2004, Zlen. 2001/10/0156, 2002/10/0212, 2001/10/0081, Pkt. 13).
Die Naturverträglichkeitsprüfung ist im Übrigen jedoch "im Rahmen des Bewilligungsverfahrens" durchzuführen (vgl. § 10 Abs. 3 NÖ NSchG 2000); sie stellt einen Verfahrensschritt im Zuge des naturschutzbehördlichen Ermittlungsverfahrens dar. Erst die das Verfahren erledigende Entscheidung der Naturschutzbehörde spricht über die Zulässigkeit der Verwirklichung des Vorhabens unter Gesichtspunkten des Naturschutzes ab.
Auch im Falle des § 38 Abs. 6 NÖ NSchG 2000 stellt ein (selbst "negatives") Ergebnis der Naturverträglichkeitsprüfung keine behördliche Entscheidung über die naturschutzrechtliche Zulässigkeit der Verwirklichung des Vorhabens dar. Vielmehr kommt das Ergebnis dieser Prüfung lediglich als Sachverhaltsgrundlage für eine nach dem NÖ NSchG 2000 zu treffende behördliche Entscheidung in Betracht.
Einen Rechtsanspruch auf Vornahme der Verfahrenshandlung "Naturverträglichkeitsprüfung" außerhalb eines naturschutzbehördlichen Verfahrens räumt das Gesetz dem Projektwerber nicht ein. Auch kann dem Gesetz ein solcher Anspruch sonstiger Personen nicht entnommen werden. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Parteien wurden sie durch die Zurückweisung des Antrages auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung daher in keinem Recht verletzt.
Bei ihrem weiteren Vorbringen, es sei ihre Berufung zu Unrecht zurück- und nicht abgewiesen worden, übersehen die beschwerdeführenden Parteien, dass die belangte Behörde nicht ihre Berufung zurückgewiesen, sondern auf Grund der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache entschieden und den Antrag auf Naturverträglichkeitsprüfung zurückgewiesen hat.
Die beschwerdeführenden Parteien zeigen schließlich auch mit dem Vorbringen, der angefochtene Bescheid habe lediglich über einen Teil der Angelegenheit abgesprochen, die den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides gebildet habe und mit Berufung bekämpft worden sei, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides waren nämlich drei Spruchteile (I. die Erteilung der straßenbaubehördlichen Bewilligung, II. die Ab- bzw. die Zurückweisung von Anträgen u.a. betreffend die neuerliche Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und III. die Zurückweisung von Anträgen u.a. der beschwerdeführenden Parteien auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung), wobei die Berufung der beschwerdeführenden Parteien in Ansehung der Spruchteile I. und II. mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 8. November 2004 abgewiesen wurde. Die gegen den letztgenannten Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2004/05/0317, als unbegründet abgewiesen; die Trennbarkeit der Spruchteile I. und II. vom Spruchteil III., über den die Berufungsentscheidung absprach, die den Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildet, wurde bejaht. Davon ausgehend begründet der Umstand, dass sich die Erledigung des angefochtenen Bescheides auf die Zurückweisung des Antrages der beschwerdeführenden Parteien auf Durchführung einer Naturverträglichkeitsprüfung beschränkte, keine Rechtswidrigkeit i. S.d. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenbegehren der nicht von einem Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei war in sinngemäßer Anwendung des § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG abzuweisen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2005, Zl. 2003/15/0104).
Wien, am 23. Jänner 2006
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