VwGH 2005/08/0195

VwGH2005/08/019525.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des Mag. D in F, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl, Dr. Robert Kugler, Mag. Florian Mitterbacher, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 4/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 26. Jänner 2005, Zl. 14-SV-3340/2/04, betreffend Beitragspflicht gemäß § 5b AMPFG (mitbeteiligte Partei: Kärntner Gebietskrankenkasse, 9021 Klagenfurt, Kempfstraße 8), zu Recht erkannt:

Normen

AMPFG 1994 §5b idF 2003/I/071;
B-VG Art7;
VwRallg;
AMPFG 1994 §5b idF 2003/I/071;
B-VG Art7;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Aufwandersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides den Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages gemäß § 5b AMPFG in der Höhe von EUR 4.209,99 verpflichtet.

In der Begründung wird nach der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Zitierung des § 5b Abs. 1 AMPFG ausgeführt:

"Unstrittig ist, dass seitens des (Beschwerdeführers) das Dienstverhältnis mit Frau W. mit 10.7.2004 abgemeldet und als Abmeldegrund dabei die Kündigung angegeben worden ist. Ebenfalls unstrittig ist, dass die Dienstnehmerin zu diesem Zeitpunkt bereits das 50. Lebensjahr überschritten hatte und wird auch nicht in Zweifel gezogen, dass sie bereits mehr als 10 Jahre, nämlich vollendete 11 Jahre, bei (dem Beschwerdeführer) beschäftigt gewesen ist. Damit sind die oben zitierten gesetzlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Malusbeitrages objektiv gegeben. Im § 5b Abs. 2 hat der Gesetzgeber taxaktiv die Auflösungsgründe angeführt, die zu einem Entfall der Beitragspflicht führen. Die Kündigung als Auflösungsgrund ist dabei nicht aufgezählt und führt deshalb zwingend zur Vorschreibung eines Malusbeitrages. Die Einspruchsbehörde hat sich bei ihrer Entscheidungsfindung ausschließlich an die zugrundeliegenden Bestimmungen zu halten. Eine Ermessensentscheidung in diesem Zusammenhang sieht der Gesetzgeber nicht vor, weshalb auch die vom Einspruchswerber detailliert angeführten Gründe, warum es zu der Kündigung der Dienstnehmerin gekommen ist, nicht weiter in Betracht zu ziehen sind. Es sei jedoch die Anmerkung gestattet, dass der Dienstgeber das Dienstverhältnis auch anders hätte auflösen können, wenn die Dienstnehmerin ihrer Dienstpflichten grob vernachlässigt hätte. Dann wäre eventuell auch einer der Ausnahmegründe für die Vorschreibung des Malusbeitrages zur Anwendung zu bringen gewesen."

Abschließend begründete die belangte Behörde die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 26. September 2005, B 306/05, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. In der ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht; die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5b AMPFG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 71/2003 lautet auszugsweise:

"(1) Wird das Dienstverhältnis einer Person, die zum Beendigungszeitpunkt das 50. Lebensjahr vollendet oder überschritten hat, aufgelöst, so hat der Dienstgeber einen Beitrag zu entrichten, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre gedauert hat. ...

(2) Die Beitragspflicht besteht nicht, wenn

1. die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer

  1. a) gekündigt hat oder
  2. b) ohne wichtigen Grund vorzeitig ausgetreten ist oder
  3. c) aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig ausgetreten ist oder

    d) im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses einen Anspruch auf eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension hat oder

    e) zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses das frühestmögliche Pensionsanfallsalter erreicht hat oder

    f) im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisse die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Sonderruhegeldes ... erfüllt oder

  1. 2. die Entlassung gerechtfertigt ist oder
  2. 3. innerhalb eines Konzerns oder innerhalb einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (zB ARGE) im unmittelbaren Anschluss an das beendete Dienstverhältnis ein neues Dienstverhältnis begründet wird oder

    4. ein Wiedereinstellungsvertrag oder eine Wiedereinstellungszusage (§ 9 Abs. 7 AlVG) vorliegt oder

  1. 5. der Betrieb stillgelegt wird oder
  2. 6. ein Teilbetrieb stillgelegt wird und keine Beschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Teilbetrieb besteht."

    Im Beschwerdefall ist nur strittig, ob die Beitragspflicht gemäß § 5b Abs. 2 AMPFG jedoch nicht besteht, wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer zwar gekündigt hat, jedoch "personenbezogene Kündigungsgründe vorliegen, die dem Dienstgeber eine Weiterbeschäftigung in erheblichem Ausmaß als nachteilig erscheinen lassen".

    Dies wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde bejaht:

    Solche Gründe lägen im Beschwerdefall vor, weil es einem Dienstgeber unzumutbar sei, eine offensichtlich nicht arbeitswillige Dienstnehmerin, die jegliche Arbeitsbereitschaft missen lasse und wegen wiederholter Krankenstände dem Unternehmen als Arbeitskraft de facto nicht zur Verfügung stehe, "im Personalstand mitzuführen". Den Ausnahmetatbeständen des § 5b Abs. 2 AMPFG könne entnommen werden, dass eine Malusregelung dann nicht zum Tragen komme, wenn die Umstände der Beendigung des Dienstverhältnisses "in der Person des Dienstnehmers gründen".

    Der Beschwerdeführer geht zutreffend davon aus, dass der unstrittige Sachverhalt nicht expressis verbis von einem der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 5b Abs. 2 AMPFG erfasst wird. Streit herrscht, ob eine Gesetzeslücke gegeben ist, und eine Ausnahmebestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt zu erstrecken ist.

    Dies ist aber schon aus folgenden Gründen zu verneinen: Der Gesetzgeber wollte mit der hier anzuwendenden Rechtsvorschrift von ihm als Missstand beurteilten Erscheinungen auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit der über 50jährigen. Der Gesetzgeber will zur Verwirklichung dieses Ziels einerseits jene Arbeitgeber in höherem Maße an der Finanzierung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung beteiligen, die durch Freisetzung älterer Arbeitskräfte in entsprechendem Maße zur Altersarbeitslosigkeit beitragen. Andererseits sollen durch ein Bonus/Malus-System sowohl die Kündigung verteuert, als auch Anreize dafür geschaffen werden, ältere Dienstnehmer in einem geringeren Ausmaß freizusetzen. Es ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes unbedenklich, wenn der auf diese Weise differenziert bemessene Arbeitslosenversicherungsbeitrag als Instrument zur Steuerung des Kündigungsverhaltens der Arbeitgeber und damit des Arbeitsmarktes eingesetzt wird. Vor diesem Hintergrund ist der Katalog der vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmen von dieser zusätzlichen Lastentragung in § 5b Abs. 2 AMPFG aus dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalls aus gleichheitsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht der Umstand, dass der Gesetzgeber zwar die gerechtfertigte Entlassung durch den Dienstgeber, nicht aber die "Arbeitgeberkündigung aus wichtigem Grund" als Ausnahmetatbestand vorgesehen hat (vgl. dazu auch die Begründung des in dieser Sache ergangenen Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2005, B 306/05). Es ist daher auch keine teleologische Lücke in diesem Katalog feststellbar, die durch analoge Anwendung eines der Ausnahmetatbestände auf den hier vorliegenden Fall zu schließen wäre.

    Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer der Beitrag gemäß § 5b Abs. 1 AMPFG vorzuschreiben ist. Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung liegt demnach nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Ersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war abzuweisen, da diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).

    Wien, am 25. Oktober 2006

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte