VwGH 2005/06/0286

VwGH2005/06/028625.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Ing. B H und 2. der M U, beide in R, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 25. August 2005, Zl. I-Präs-00230e/2005, betreffend die Abweisung eines Baugesuches, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 2001 §2 Abs7 idF 2005/035;
BauO Tir 2001 §2 Abs8 idF 2005/035;
BauRallg;
ROG Tir 2001 §42 Abs3 idF 2005/060;
VwRallg;
BauO Tir 2001 §2 Abs7 idF 2005/035;
BauO Tir 2001 §2 Abs8 idF 2005/035;
BauRallg;
ROG Tir 2001 §42 Abs3 idF 2005/060;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 25. August 2004 eingebrachten Baugesuch vom 8. September 2004 kamen die Beschwerdeführer um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines "Zubaues" auf einem Grundstück in X ein, das als Freiland gewidmet ist. Auf diesem Grundstück befinden sich bereits ein Wohngebäude sowie ein freistehendes Nebengebäude. Das Nebengebäude soll abgebrochen werden; geplant ist die Errichtung eines (freistehenden) Wohnhauses, das mit dem bestehenden Haus durch einen unterirdischen Gang verbunden ist.

Nach verschiedenen Verfahrensschritten wurde das Baugesuch mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. Februar 2005 abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass rein begrifflich das Vorliegen eines Zubaues die Vergrößerung des Gebäudes selbst durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume voraussetze. Hier würden aber die zwei Wohnhäuser lediglich durch einen unterirdischen Verbindungsgang mit einer Länge von rund 9,00 m verbunden. Im Beschwerdefall könnte allenfalls der unterirdische Verbindungsgang als Zubau betrachtet werden, das geplante Wohnhaus hingegen stelle zweifelsfrei einen Neubau dar und sei demnach nach § 42 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001) unzulässig.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst führte die belangte Behörde begründend aus, geplant sei die Errichtung eines Wohnhauses, welches mit dem bestehenden Haus lediglich durch einen unterirdischen Gang verbunden werden solle. Hier handle es sich weder um einen Anbau zum bestehenden Wohnhaus noch um eine Vergrößerung des Hauptgebäudes noch entstehe dadurch optisch der Eindruck eines Gesamtbauwerkes. Der geplante unterirdische Verbindungsgang reiche nicht aus, um das Vorhaben als Zubau zu qualifizieren. Auch die Berufungsbehörde komme zum Ergebnis, dass das Vorhaben einen Neubau darstelle und nicht als Zubau angesehen werden könne. Das Vorhaben stelle mit dem Bestandsobjekt keine "bauliche Integration" dar bzw. bilde keine Einheit. Es werde keine bestehende bauliche Anlage vergrößert, sondern ein neues Gebäude errichtet. Die geplante Errichtung dieses Wohnhauses stelle ein vom Bestand unabhängiges, eigenständiges Gebäude dar (wurde näher dargelegt).

Außerdem werde das gemäß § 42 Abs. 3 TROG 2001 zulässige Ausmaß der Vergrößerung der Baumasse von (hier) höchstens 300 m3 überschritten. Die Neubaumasse betrage 407,34 m3; selbst bei Abzug der Baumassen des Erkers und der Gaupen verblieben 379,47 m3, was also eine Überschreitung des zulässigen Volumens um 79,47 m3 ergebe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001; das Gesetz in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 35/2005) enthält Definitionen. Die Absätze 7 - 9 dieses Paragraphen lauten:

"(7) Neubau ist die Errichtung eines neuen Gebäudes, auch wenn nach dem Abbruch oder der Zerstörung eines Gebäudes Teile davon, wie Fundamente oder Mauern, weiterverwendet werden.

(8) Zubau ist die Vergrößerung eines Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume.

(9) Umbau ist die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, die Brandsicherheit oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren."

Im Beschwerdefall ist weiters das Tiroler Raumordnungsgesetz 2001, LGBl. Nr. 93 (TROG 2001), in der Fassung LGBl. Nr. 60/2005 anzuwenden.

§ 42 Abs. 3 TROG 2001 lautet:

"(3) Im Freiland sind Umbauten anderer als land- und forstwirtschaftlicher Gebäude sowie Zubauten zu solchen Gebäuden zulässig, mit denen die Baumasse (§ 61 Abs. 2) gegenüber dem ursprünglichen Gebäude um insgesamt nicht mehr als 25 v. H. vergrößert wird, wobei eine Vergrößerung der Baumasse um höchstens 300 m3 jedenfalls zulässig ist. Die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen ist mit Ausnahme von wesentlichen Erweiterungen zulässig."

§ 61 Abs. 2 TROG 2001 lautet auszugsweise:

"(2) ... Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum oberhalb der Erdoberfläche, der durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird. Wurde das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert, so ist vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen. Bei der Berechnung der Baumasse bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht."

Im Beschwerdefall ist strittig, ob es sich hier um einen Zubau im Sinne des § 42 Abs. 3 TROG 2001 handelt, und ob die in dieser Bestimmung genannte Kubatur von 300 m3 eingehalten wird oder nicht.

Den Beschwerdeausführungen zufolge wird dieses Maß von 300 m3 nicht überschritten (die maßgebliche Baumasse des "Zubaus" belaufe sich vielmehr auf 299,81 m3), weil (ua) Baumasse des abzubrechenden Nebengebäudes als mindernd anzurechnen ist (in einer Stellungnahme im Verwaltungsverfahren wird dazu die Auffassung vertreten, im Erdgeschoß des "Zubaus" seien der Trockenraum, der Hauswirtschaftsraum und der Geräteraum nicht anzurechnen, "nachdem diese die schon vorhandenen, genehmigten und im Zuge des geplanten Bauvorhabens abzubrechenden Räumlichkeiten substituieren"). Diese Auffassung trifft nicht zu. Unabhängig von der Frage, ob das geplante Wohngebäude samt Gang als Zubau zum bestehenden Wohnhaus zu qualifzieren ist oder nicht, handelt es sich dabei in Bezug auf das abzubrechende Nebengebäude um einen Neubau. Nach § 42 Abs. 3 TROG 2001 sind aber (nur) Umbauten und Zubauten zulässig, nicht aber Neubauten. Das bedeutet im Beschwerdefall, dass Baumasse des abzubrechenden Nebengebäudes bei der Ermittlung der Baumasse des geplanten neuen Wohnhauses nicht als mindernd anzurechnen ist.

Es ist aber auch die Rechtsauffassung der belangten Behörde zutreffend, dass das geplante Wohnhaus samt unterirdischem Verbindungsgang rechtlich nicht als "Zubau" zum bestehenden Wohnhaus anzusehen ist. Dem Begriff des Zubaus - Vergrößerung eines Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume - liegt erkennbar die Vorstellung eines einheitlichen, eben durch den Zubau vergrößerten Gebäudes zu Grunde. Freilich sind in der Lebenswirklichkeit verschiedenste Varianten denkbar, sowie auch unterirdische Zubauten. Im Beschwerdefall ist es aber so, dass oberirdisch zwei gesonderte Wohnhäuser in Erscheinung treten. Der Umstand, dass sie (lediglich) durch einen unterirdischen Gang verbunden sind, reicht nicht aus, um das neue Wohnhaus als Zubau (im Sinne des § 42 Abs. 3 TROG 2001) zum bestehenden Wohnhaus zu qualifizieren.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. April 2006

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