VwGH 2005/05/0186

VwGH2005/05/018628.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der AUSSENWERBUNG Dr. Heinrich Schuster GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. April 2005, BOB - 79/05, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §62a Abs1 Z21;
BauO Wr §62a Abs1 Z27 idF 2001/090;
BauO Wr §62a Abs3;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
BauO Wr §86 Abs2;
BauO Wr §86;
BauRallg;
VwRallg;
BauO Wr §62a Abs1 Z21;
BauO Wr §62a Abs1 Z27 idF 2001/090;
BauO Wr §62a Abs3;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
BauO Wr §86 Abs2;
BauO Wr §86;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 25. August 2004 beantragte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien die Erteilung einer Baubewilligung für die auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 22 errichtete Werbeanlage mit insgesamt zehn Werbetafeln, die nach dem im Verwaltungsakt aufliegenden Einreichplan folgende Ausmaße aufweisen (Breite x Höhe): 5,20 m x 4,37 m (zwei Tafeln), 10,30 m x 4,37 m (eine Tafel), 10,30 m x 3,85 m (eine Tafel), 5,20 m x 3,85 m (zwei Tafeln), 8,60 x 4,17 m (eine Tafel), 5,20 m x 4,17 m (zwei Tafeln) und 17,10 m x 4,17 m (eine Tafel). Die Zwischenräume sind durchgehend mit Trapezblech gefüllt, sodass die gesamte Anlage ein Ausmaß von 22,15 m x 4,37 m entlang der S-Straße, von 29,94 m x 3,85 m und von 23,78 m x 4,17 m entlang des R-Weges sowie von 18,25 m x 4,17 m im Süden der gegenständlichen Liegenschaft (an der Grenze zur Nachbarliegenschaft) erreicht.

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2004 versagte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, gemäß §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien (BO) die beantragte Bewilligung mit der wesentlichen Begründung, dass die Trapezblecheinfriedung auf Grund ihrer Höhe im Widerspruch zu § 86 Abs. 2 BO stehe, die Anlage keiner zulässigen Nutzung im Grünland diene und die Ausnahmebestimmung des § 62a Abs. 1 Z 27 BO auf Grund der Höhe der Werbeanlage und des gegebenen Nahbereichs zur Grundgrenze nicht anzuwenden sei. Eine Bewilligung nach § 71 BO komme nicht in Betracht, weil dafür keine ausreichenden Gründe vorlägen.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Werbetafeln fänden als Einfriedung Verwendung, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 62a Abs. 1 Z 27 BO nicht anzuwenden sei. Aus den eingereichten Plänen ergebe sich, dass die Trapezblecheinfriedungen durchgehend verliefen. Durch diese Einfriedungen werde die gegenständliche Liegenschaft gegenüber der öffentlichen Verkehrsfläche jeweils lückenlos abgeschlossen. Die Trapezblecheinfriedungen seien 3,85 m, 4,17 m bzw. 4,37 m hoch, wodurch sie eindeutig im Widerspruch zu § 86 Abs. 2 BO stünden. Nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft die Widmung "Grünland - Ländliches Gebiet" festgesetzt. Die Errichtung von Plakatwänden in diesem Widmungsgebiet sei nicht zulässig, da diese weder land- und forstwirtschaftlichen noch berufsgärtnerischen Zwecken dienten. Eine Bewilligung nach § 71 BO würde dazu führen, dass die aus Stadtbildinteresse normierte Maximalhöhe von Einfriedungen im Ausmaß von 2,50 m auf diese Weise außer Kraft gesetzt würde. Dies könne nicht Sinn und Zweck einer Bewilligung nach § 71 BO sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass Werbeanlagen in keiner Widmungsart ausdrücklich genannt seien. Der Gesetzgeber habe durch § 62a Z 27 BO (gemeint wohl: § 62a Abs. 1 Z 27 BO) zu erkennen gegeben, dass er Werbeanlagen grundsätzlich duldet und sie durch die Aufnahme in diese Bestimmung sogar einem vereinfachten Regelungsregime unterstellt. Es sei daher davon auszugehen, dass Werbeanlagen grundsätzlich auch im Grünland zulässig seien.

Die hier maßgebenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien

(BO) lauten auszugsweise:

"Zulässige Nutzungen

§ 6.

(1) Ländliche Gebiete sind bestimmt für land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung. In ländlichen Gebieten dürfen nur Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dienen und das betriebsbedingt notwendige Ausmaß nicht überschreiten. Hiezu gehören auch die erforderlichen Wohngebäude. Zulässig ist ferner die Errichtung von Bauten, die öffentlichen Zwecken dienen.

...

(15) Die für die widmungsgemäße Nutzung unbedingt erforderlichen baulichen Anlagen sind in allen Widmungsgebieten zulässig, ...

...

Bewilligungsfreie Bauvorhaben

§ 62a.

(1) Bei Bauführungen, die folgende Anlagen betreffen, ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:

...

21. Einfriedungen bis zu einer Höhe von 2,50 m, soweit sie nicht gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe oder Grundflächen für öffentliche Zwecke gerichtet sind;

...

27. Werbeanlagen, wie Plakatwände und dergleichen bis zu einer Höhe von 3,50 m, soweit sie nicht an oder im Nahebereich von Grundgrenzen errichtet werden, sowie Litfaßsäulen, beides außerhalb von Schutzzonen; Ankündigungsanlagen für längstens zwei Monate;

...

(3a) In sachlich begründeten Ausnahmefällen kann die Behörde über Antrag für Anlagen nach Abs. 1, die den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften nicht voll entsprechen, eine Bewilligung nach § 71 erteilen.

...

Bewilligung für Bauten vorübergehenden Bestandes

§ 71. Bauten, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen die Baulichkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen und es darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werden, es sei denn, dass der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder keine Parteistellung (§ 134 Abs. 3) erlangt hat.

Einfriedungen

§ 86. ...

(2) Einfriedungen müssen so ausgestaltet werden, daß sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigen. Sie dürfen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, den Boden der höher gelegenen, anschließenden Grundfläche um nicht mehr als 2,50 m überragen.

..."

Nach dem im Verwaltungsakt befindlichen Einreichplan weisen die gegenständlichen Werbetafeln eine Höhe von 3,85 m, 4,17 m und 4,37 m auf. Dies wird auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Daraus folgt aber, dass für die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen zur Ausnahmebestimmung des § 62a Abs. 1 Z 27 BO schon deshalb nichts zu gewinnen ist, weil die danach zulässige Höhe von 3,50 überschritten wird und diese Bestimmung im vorliegenden Fall somit nicht zur Anwendung gelangt. Abgesehen davon wären auch bei einer nach dieser Bestimmung (s. Abs. 3) bewilligungsfreien Werbeanlage die Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften, damit insbesondere auch der Flächenwidmungsplan, einzuhalten. Dass die gegenständliche Werbeanlage den nach § 6 Abs. 1 und Abs. 15 BO für ländliche Gebiete geforderten land- und forstwirtschaftlichen, berufsgärtnerischen oder öffentlichen Zwecken dient oder für die widmungsgemäße Nutzung unbedingt erforderlich wäre, wird von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Juli 2005, Zl. 2005/05/0185, mwN).

Im Übrigen stellt die Beschwerdeführerin nicht in Abrede, dass die verfahrensgegenständliche Anlage als Einfriedung verwendet wird. Um der Funktion einer Einfriedung gerecht zu werden, ist es entscheidend, dass bei einer Anlege wie der hier gegebenen die Zwischenräume zwischen den Werbetafeln durch andere Arten einer Einfriedung (Zäune, Hecken etc.) ausgefüllt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2002, Zl. 2001/05/0028; daran hat die Novellierung des § 62a Abs. 1 Z 27 BO, LGBl. Nr. 90/2001, nichts geändert). Dies ist hier durch die Füllung der Zwischenräume mit Trapezblech der Fall. Einfriedungen fallen gegebenenfalls unter die Ausnahmebestimmung des § 62a Abs. 1 Z 21 BO. Darin ist aber eine Höhenbeschränkung von 2,50 m vorgesehen, die - wie bereits dargestellt - durch die gegenständliche Anlage nicht eingehalten wird, weshalb auch diese Ausnahmebestimmung hier nicht zum Tragen kommen kann. Außerdem widerspricht die gegenständliche Anlage auf Grund ihrer Höhe der Bestimmung des § 86 Abs. 2 BO. Eine Baubewilligung gemäß § 70 BO wurde daher zu Recht nicht erteilt.

Widerspricht ein Bauvorhaben gesetzlichen Bestimmungen, hat die Behörde davon auszugehen, dass der Antrag auch eine Bewilligung nach § 71 BO umfasst. Die belangte Behörde hat daher zu Recht über das Bauansuchen auch unter Heranziehung des § 71 BO abgesprochen. Eine Bewilligung nach § 71 BO ist nur dann zulässig, wenn ein Ausnahmegrund vorliegt. Bei der Beurteilung eines Ansuchens um eine solche Bewilligung hat die Behörde zu prüfen, ob für die Erteilung derselben vom Antragsteller angeführte oder doch aus seinem Vorbringen im Zusammenhang mit der jeweils gegebenen Situation erkennbare besondere Gründe vorliegen. Die Beschwerdeführerin hat aber nicht dargetan, dass im konkreten Fall besondere Umstände vorliegen, die die gegenständliche Werbeanlage notwendig machen. Es kann der belangten Behörde daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auch die Erteilung einer Baubewilligung nach § 71 BO versagte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2003/05/0138).

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. April 2006

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