Normen
AVG §56;
BauO Wr §11;
BauO Wr §69 Abs1 idF 2001/090;
BauO Wr §69 Abs2 idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs2 idF 2001/090;
BauO Wr §69 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §56;
BauO Wr §11;
BauO Wr §69 Abs1 idF 2001/090;
BauO Wr §69 Abs2 idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs2 idF 2001/090;
BauO Wr §69 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 15. April 2004 beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung einer Baubewilligung für den Anbau eines WC auf der Liegenschaft L-Gasse 25.
Nach der im Akt befindlichen Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen ist für die Liegenschaft von der L-Gasse bis zu einer Tiefe von 12 m gemischtes Baugebiet mit der Bauklasse III und der geschlossenen Bauweise verordnet. Der dahinter anschließende Teil der Liegenschaft ist als gemischtes Baugebiet mit der Bauklasse I und der geschlossenen Bauweise gewidmet. Für diesen Bereich gilt auch die besondere Bestimmung "BB2" des Bebauungsplanes, wonach das Ausmaß der bebauten Fläche maximal 60 v.H. des jeweiligen Teiles des Bauplatzes betragen darf.
Bei der mündlichen Verhandlung am 9. Juli 2004 wurde seitens der Beschwerdeführer ausdrücklich die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 70 iVm § 69 der Bauordnung für Wien (BO) beantragt, ebenso eine Bewilligung gemäß § 71 BO.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 23. Juli 2004 wurde - soweit hier noch relevant - die Baubewilligung gemäß §§ 70 und 71 BO versagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die mit "BB2" bezeichnete Fläche der gegenständlichen Liegenschaft betrage 322 m2. Daraus ergebe sich eine bebaubare Fläche von 193,20 m2. Der bewilligte Altbestand weise bereits eine bebaute Fläche von 306,85 m2 auf. Der geplante Zubau habe eine bebaute Fläche von ca. 8,46 m2. Es ergäbe sich auf der mit "BB2" bezeichneten Fläche sohin eine bebaute Fläche von 315,31 m2 und daher eine Ausnützung von 97,9 %. Eine Bewilligung gemäß § 69 BO komme nicht in Frage, da die Abweichungen von den Bebauungsvorschriften nicht unwesentlich seien, weil die Bestimmung über die mögliche Verbauung des Grundstückes von 60 % um weitere 37,9 % überschritten würde. Die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 BO sei nicht möglich, da es sich nicht um ein Gebäude vorübergehenden Bestandes handle und die zu genehmigenden Zubauten nicht vom genehmigten Altbestand getrennt werden könnten.
In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, nach dem bis vor kurzer Zeit in Geltung gestandenen Bebauungsplan wäre die nunmehr geplante Verbauung zulässig gewesen. Es liege schon derzeit ein genehmigter Bestand vor, der nach der früher in Kraft gestandenen Verordnung bewilligt und errichtet worden sei, nach der nunmehr geltenden Bestimmung aber nicht mehr in dieser Form hätte bewilligt werden können. Der konsensgemäße Bestand sei bei Beurteilung der Unwesentlichkeit der Abweichung von Bebauungsvorschriften nicht heranzuziehen. Der geplante Zubau beanspruche nur 1,6 % der Gesamtfläche der Liegenschaft. Auch hinsichtlich der gesamt verbaubaren Fläche der Liegenschaft würden vom Zubau nur etwas mehr als 2 % in Anspruch genommen. Ginge man nur von dem genehmigten Baubestand von 193,20 m2 aus, würde sich ein Ausmaß des beantragten Bauvorhabens von 8,70 % davon ergeben. Es wäre daher der Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung als zuständige Behörde hinsichtlich der Bewilligung einer Abweichung von den Bebauungsvorschriften zu befassen gewesen. Aus gewerberechtlichen Gründen seien die Beschwerdeführer gezwungen, den WC-Bau herzustellen. Nach der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über die Einrichtung, Ausstattung und Betriebsführung der Gastgewerbebetriebe und im Hinblick darauf, dass beim Vorhandensein von bis zu 25 Verabreichungsplätzen sowohl eine Sitzzelle für Frauen als auch eine für Männer eingerichtet werden müssten, sei der Bau notwendig. Vor den Sitzzellen müsse auch ein Vorraum gegeben sein, der über ein Handwaschbecken mit Fließwasser, einen Seifenspender oder eine hygienisch gleichwertige Vorkehrung, einen Spiegel, eine hygienisch ausreichende Möglichkeit zum Trocknen der Hände sowie einen Abfallbehälter vefügen müsse. Die derzeitige WC-Anlage erfülle diese Voraussetzung nicht und könne auch nicht in diesem Sinne umgebaut werden, da sie nur in den Seitenbereichen des Stiegenhauses untergebracht sei und vor diesen allgemeine Teile des Hauses mit entsprechenden Türöffnungen und dem Stiegenhaus gelegen seien. Erst durch die Verlegung der WC-Anlagen aus dem allgemein zugänglichen Stiegenhaus in einen separierten Baukörper wäre eine zeitgemäße Ausstattung des Lokals mit Toilettenanlagen möglich und gewährleistet, dass die übrigen Mieter im Haus durch die die Toilettenanlagen benützenden Gäste des Lokals nicht gestört würden. Eine Verlegung der Toiletten in das Innere des Lokals sei, da dieses äußert klein sei, nicht möglich. Außerdem wäre eine Bewilligung nach § 71 BO in Frage gekommen, weil keine gemeinsamen Außenmauern und kein gemeinsames Dach vorliege und der WC-Zubau jederzeit und kurzfristig und ohne besonderen Aufwand wieder entfernt werden könnte. Auch eine befristete Baubewilligung wäre für den Fall zu erteilen gewesen, dass die Ausnahmegenehmigung nicht in Frage komme. Für einen Widerruf einer Baubewilligung gemäß § 71 BO müssten sachliche Gründe vorliegen, die im gegenständlichen Fall auf Grund der ohnehin schon praktisch zur Gänze erfolgten Verbauung der Liegenschaft tatsächlich nicht denkbar seien.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, die erstinstanzliche Behörde habe zutreffend den genehmigten Altbestand in ihre Beurteilung der Wesentlichkeit der gegenständlichen Abweichung von den Bebauungsvorschriften einbezogen. Würde man der Auffassung der Beschwerdeführer folgen, hätte es der Bauwerber in der Hand, durch mehrere nacheinander folgende Bauführungen von jeweils geringem Ausmaß die festgesetzte maximale bebaubare Fläche zu überschreiten und die diesbezüglichen Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu umgehen. Durch die Ausnützung der bebaubaren Fläche im Ausmaß von 97,90 % statt der im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vorgesehenen 60 % werde eindeutig der Zielrichtung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, eine weitere Verdichtung der Bebauung hintanzuhalten, widersprochen. Es liege somit eine wesentliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften vor. Damit sei die Grundvoraussetzung des § 69 Abs. 2 BO nicht erfüllt, weshalb sich die Prüfung der übrigen Voraussetzungen dieser Bestimmung erübrige. Einer Bewilligung gemäß § 71 BO stünden öffentliche Rücksichten entgegen, da die Realisierung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, nämlich die Verhinderung einer weiteren Verdichtung der Bebauung, hintangehalten würde. Für ein auf Dauer ausgerichtetes Bauvorhaben sei eine Bewilligung gemäß § 71 BO unzulässig. Laut Einreichplan solle das geplante Bauvorhaben in Massivbauweise errichtet werden, sodass ein auf Dauer ausgerichtetes Bauvorhaben vorliege. Da auf Grund der Massivbauweise der Bestand der hier zu beurteilenden Anlage nicht nur ein vorübergehender sein solle, komme schon aus diesem Grund die Erteilung einer Baubewilligung auf Widerruf nicht in Betracht, weil bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage ein Widerruf nicht sachgerecht wäre. Die Beschwerdeführer räumten selbst ein, dass eine Bewilligung auf Widerruf wegen des Fehlens sachlicher Gründe für einen Widerruf nicht in Betracht komme. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer um die Erteilung einer befristeten Baubewilligung nicht angesucht. Eine solche sei jedoch aus den zuvor genannten Gründen ausgeschlossen. Demnach erübrige es sich, für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit nach § 71 BO auf die Frage der Trennbarkeit der gegenständlichen Bauführung vom Altbestand näher einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dass nicht der gesamte geplante Zubau im Bereich der nur zu 60 % verbaubaren Grundfläche liege, sondern ein Teil desselben auf jenem Teil der Liegenschaft situiert wäre, dessen Fläche zu 100 % verbaut werden könne. Richtigerweise sei bereits von der ersten Instanz davon ausgegangen worden, dass der geplante Zubau eine bebaute Fläche von ca. 8,46 m2 aufweise. Ziehe man 1,92 m2 ab, die auf dem unbeschränkt verbaubaren Grundstücksteil zu liegen kämen, verbliebe eine Beanspruchung der nur mit 60 % verbaubaren Grundfläche von 6,56 m2. Die Beschwerdeführer legen weiters dar, dass durch den Zubau keine Interessen der Nachbarn nachteilig berührt würden und die Herstellung zeitgemäßer WC-Anlagen einen zeitgemäßen Zubau darstelle und der Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen diene. Die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen werde nicht vermindert, und es seien auch keine zusätzlichen Emissionen zu erwarten. Im Übrigen betrage die Fläche der gesamten Liegenschaft der Beschwerdeführer 522 m2 und sei insgesamt zu 391,52 m2 bebaubar. Die derzeit im hinteren Bereich der Liegenschaft rechtmäßig bewilligte Überbauung sei bei der Beurteilung des nunmehrigen Bauvorhabens nicht zu berücksichtigen. Der geplante Zubau betrage daher nur 1,8 % der verbaubaren Grundfläche. Es sei nur darauf abzustellen, ob das zu bewilligende Bauvorhaben wesentlich oder unwesentlich von den Bebauungsbestimmungen abweiche. Hier liege Unwesentlichkeit vor. Betreffend § 71 BO halten die Beschwerdeführer fest, der vorliegende Zubau könne jederzeit ohne Schädigung des übrigen Gebäudes wieder entfernt werden. Beim Altbestand führe der Zubau zu praktisch überhaupt keiner Veränderung mit der Ausnahme, dass ein bestehendes Fenster in eine Türe verändert werde. Der Zubau könnte daher jederzeit ohne Probleme wieder entfernt werden. Insofern könne von einem vorübergehenden Bestand gesprochen werden. Die Errichtung in Massivbauweise spreche nicht gegen die Erteilung einer befristeten Baubewilligung. Statische Probleme für den Altbestand würden bei einer Entfernung des Zubaues nicht auftreten. Bei der Verhandlung vom 9. Juli 2004 hätten die Beschwerdeführer auch ein Ansuchen um Erteilung einer befristeten Baubewilligung gestellt. Es bestünde im Übrigen, weil die Beschwerdeführer auf Grund einer früher in Kraft gestandenen Flächenwidmung die 60 %ige Verbaubarkeit der inneren Grundfläche bereits erheblich überschritten hätten, überhaupt keine Gelegenheit, die angestrebte Ausnützbarkeit in absehbarer Zeit durchzusetzen. Die Verbauung sei erst im Jahre 1998 erfolgt, und auf Jahrzehnte sei daher mit keiner Änderung zu rechnen. Bei einer befristeten Baubewilligung für den nunmehr geplanten Zubau könnte bei der Beseitigung der sonstigen Bebauung auch dieser Zubau jederzeit durch einen Widerruf der Baubewilligung gegenstandslos gemacht werden. Allenfalls könnte eine andere neue Bewilligung nur unter Anrechnung des Zubaues erteilt werden. Für die Festlegung der gegenständlichen Ausnützbarkeitsbestimmungen im dicht verbauten Gebiet gebe es eigentlich auch keine sachliche Grundlage. Der im hinteren Liegenschaftsteil befindliche Garagenbau sei im Übrigen auf Grund der Auflagen in der Baubewilligung mit einem begrünten Dach versehen und damit auch der Umweltschutzgedanke ausreichend berücksichtigt.
§ 69 BO in der hier maßgebenden Fassung LGBl. Nr. 90/2001 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Unwesentliche Abweichungen von Bebauungsvorschriften
§ 69.
(1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:
...
f) Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes nach § 5 Abs. 4 lit. d, e, i, k, m, n, o, p, q, r, s, u und y für jede Art von Baulichkeiten, ...
...
(2) Durch Abweichungen nach Abs. 1 darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflußt und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, daß die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.
(3) Die Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften ist nur auf Antrag zulässig; das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften.
(4) Über den Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften hat die Behörde schriftlich durch Bescheid unter Bezugnahme auf ein bestimmtes Bauvorhaben nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung unbeschadet des Abs. 8 zu erkennen; die Behörde darf nur Anträge, die sich auf ein bestimmtes Bauansuchen beziehen und mit Bauplänen gemäß § 63 Abs. 1 lit. a belegt sind, nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung in Behandlung nehmen. ...
(5) Der Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften ist nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung unbeschadet des Abs. 8 an die örtlich zuständige Behörde (§ 133) weiterzuleiten.
(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes derart, daß der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes beziehungsweise des Bebauungsplanes überschritten wird, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften stellt, ohne daß sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, beziehungsweise wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, daß die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muß.
..."
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass das gegenständliche Ansuchen um Baubewilligung den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes derart widerspricht, dass der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes überschritten wird. Es kam daher zu einer Abweisung des Bauansuchens im Grunde des § 69 Abs. 6 BO.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine wesentliche Abweichung dann gegeben, wenn der Abweichung eine den Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan unterlaufende Tendenz innewohnt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. 2001/05/0275, mwN). Entscheidend dabei ist, ob und in welchem Umfang durch das zu bewilligende Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0208). Maßgebend für die Beurteilung ist jener Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, der Grundlage der für das gegenständliche Baubewilligungsverfahren relevanten Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2005, Zl. 2004/05/0131).
Vor der Novelle LGBl. Nr. 48/1992 fand sich im § 69 BO die Anordnung, dass auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften Bedacht zu nehmen ist, nicht. Zur Rechtslage vor der genannten Novelle hat der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass dann, wenn der vorhandene konsentierte Altbestand von den geltenden Bebauungsvorschriften bereits wesentlich abweicht, nicht auch noch eine weitere Abweichung durch ein neues Bauvorhaben gemäß § 69 BO in Frage kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120, und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0208). Seit der genannten Novelle findet sich im § 69 Abs. 2 allerdings der oben wiedergegebene Passus betreffend die Bedachtnahme auf den vorhandenen konsentierten Baubestand. Dieser Passus bewirkt nunmehr jedoch auch, dass selbst dann, wenn der konsensgemäß vorhandene Baubestand bereits wesentlich von den nunmehr maßgebenden Bebauungsvorschriften abweicht, nicht ohne weiteres davon gesprochen werden kann, dass das geplante Bauvorhaben, wenn es für sich betrachtet nur eine unwesentliche Abweichung darstellt, die Tendenz des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes unterläuft (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 2000, Zl. 2000/05/0128). Angesichts des vorhandenen Baubestandes kann die hier in Rede stehende Bewilligung die Erfüllung der Tendenzen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes nicht (mehr) ausschlaggebend unterlaufen:
Die mit "BB2" bezeichnete Fläche der gegenständlichen Liegenschaft beträgt 322 m2. Davon bebaubar sind auf Grund der 60 %-Regelung 193,2 m2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Teil des Zubaues auf der mit "BB2" bezeichneten Fläche 6,56 m2 (wie die Beschwerdeführer behaupten) oder 8,46 m2 (so die Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides) an Grundfläche hat. In beiden Fällen kann nämlich auf der Grundlage der obigen Ausführungen nicht davon ausgegangen werden, dass gerade durch diesen Zubau die Tendenz des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen wird und der Zubau daher eine wesentliche Abweichung von dessen Bestimmungen darstellt.
Die Bedenken der belangte Behörde, dass bei diesem Ergebnis durch sukzessive Zubauten die Tendenz des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes unterlaufen werden könnte, können im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis bewirken, weil der vorhandene konsentierte Altbestand nicht unter der Geltung dieses Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes errichtet worden ist. Sollten allerdings im Geltungsbereich ein- und desselben Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wiederholt Bewilligungen für Zubauten nach § 69 BO beantragt werden, könnte mit der Erteilung entsprechender Bewilligungen die Tendenz dieses Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes sehr wohl unterlaufen werden. Dieses Unterlaufen könnte dann gegebenenfalls auch durch eine für sich alleine als geringfügig zu betrachtende Abweichung erfolgen.
Der angefochtene Bescheid war aus den oben genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf die weiteren Beschwerdeausführungen näher einzugehen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 10. Oktober 2006
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