VwGH 2005/03/0246

VwGH2005/03/024628.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des NH in S, vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 3. November 2005, Zl Wa-21/05, betreffend Entziehung der Waffenbesitzkarte und des Waffenpasses,

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs5;

 

Spruch:

1. beschlossen:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Einschränkung des Europäischen Feuerwaffenpasses richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen - soweit sie sich gegen die Entziehung der Waffenbesitzkarte und des Waffenpasses richtet - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing, mit dem dem Beschwerdeführer sein Waffenpass, seine Waffenbesitzkarte und der Europäische Feuerwaffenpass entzogen worden war, insoweit stattgegeben, als der Spruchteil des erstinstanzlichen Bescheides, mit welchem der Europäische Feuerwaffenpass entzogen wurde, behoben wurde; im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 31. Oktober 2004 gegen 16.05 Uhr mit seinem Pkw an einer näher bezeichneten Stelle von der Fahrbahn abgekommen und habe sich mit seinem Pkw überschlagen. Bei einem Alkomattest sei ein Atemluftalkoholgehalt von 0,6 mg/l festgestellt worden. Zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls habe der Beschwerdeführer eine näher bezeichnete Faustfeuerwaffe in geladenem Zustand im Pkw mit sich geführt. In einer Stellungnahme habe der Beschwerdeführer zum Sachverhalt angegeben, dass der festgestellte Umstand, dass er in einen Verkehrsunfall in alkoholisiertem Zustand verwickelt gewesen sei, keinesfalls die Verlässlichkeit in Frage stellen könne. In einer weiteren Stellungnahme habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er die Schusswaffe zwar geladen im Fahrzeug mitgeführt habe, allerdings sei diese gesichert und unterladen, dh nicht feuerbereit, gewesen. Weiters hätte er die Waffe sofort nach Eintreffen der Exekutivbeamten diesen übergeben.

Mit Bescheid vom 27. April 2005 habe die Erstbehörde die waffenrechtlichen Dokumente des Beschwerdeführers (seinen Waffenpass, seine Waffenbesitzkarte und seinen Europäischen Feuerwaffenpass) gemäß § 25 Abs 3 des Waffengesetzes 1996 entzogen. Die erstinstanzliche Behörde habe dabei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Mitführen von Schusswaffen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Regel ausreiche, um die Verlässlichkeit zu verneinen, erkannt, dass sich auch bei einem einmaligen Mitführen von Schusswaffen im Zustand der Trunkenheit ein Bild einer Gesamtpersönlichkeit ergeben könne, deren waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen sei. Das Führen von Schusswaffen bilde an sich schon eine Gefahrenquelle, das darin liegende Gefahrenrisiko werde aber "schlichthin unkalkulierbar", wenn sich eine Waffe in der Hand eines Alkoholisierten befände. Ein zum Führen von Schusswaffen Berechtigter handle daher im höchsten Maße verantwortungslos, wenn er sich in einen solchen Zustand versetze, obwohl er eine Schusswaffe mit sich führe. Das Führen einer Faustfeuerwaffe in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stelle aber insofern auch eine nicht sorgfältige Verwahrung der Faustfeuerwaffe dar, als sie vor dem Zugriff unbefugter Personen oder dem sonstigen Abhandenkommen nicht mehr im erforderlichen Maß geschützt sei. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer nach einer Nachsuche bei einer Jagd mit seinem Kraftfahrzeug trotz des Umstandes, dass er zu viel Uhudlersturm getrunken habe, zurück ins Revier gefahren und habe dabei seine Faustfeuerwaffe mit sich geführt. Dadurch habe er nicht nur bewusst in Kauf genommen, dass er im Zustand der Trunkenheit eine Waffe mit sich führe, sondern diese auch dem Zugriff unbefugter Personen oder dem sonstigen Abhandenkommen ausgesetzt. In der Berufung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der zwingende Schluss, dass bei Führen einer Schusswaffe in alkoholisiertem Zustand ein notwendiger Entzug die Folge sei, nicht zu entnehmen sei. Alkoholisierungen im Sinne der Straßenverkehrsordnung würden nach Ansicht des Beschwerdeführers keine Erhöhung des Gefahrenrisikos bewirken, da der Gesetzgeber aus gutem Grunde für das Führen von Schusswaffen keine Alkoholgrenzen gesetzt habe. Auch im Zustand der geringen Alkoholisierung könne eine Waffe kontrolliert und ungefährlich geführt werden.

Die belangte Behörde führte nach Darlegung der Rechtsgrundlagen sodann aus, dass mit Schreiben vom 27. Juli 2005 von der Polizeiinspektion Stegersbach mitgeteilt worden sei, dass sich die Waffe beim verunfallten Kraftfahrzeug frei zugänglich im Fußraum auf der Beifahrerseite befunden habe. Der Beschwerdeführer habe die Waffe nicht bei sich getragen, da er bereits selbst von der Feuerwehr geborgen worden sei und außerhalb des Fahrzeuges in einer Aludecke gelegen sei. Aus dem festgestellten Sachverhalt bei diesem Verkehrsunfall sei erkennbar, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Verkehrsunfalls nicht in der Lage gewesen sei, eine geladene Waffe ausreichend zu sichern und vor dem Zugriff Unbeteiligter zu schützen. Vielmehr habe er sich durch den der StVO zuwiderlaufenden Alkoholgenuss in eine Situation gebracht, in der er nach der Intention des Gesetzgebers der StVO nicht in der Lage gewesen sei, ein Fahrzeug zu lenken. Er sei wegen des Verkehrsdelikts gemäß § 5 Abs 1 iVm § 99 Abs 1a StVO rechtskräftig bestraft worden. Das Mitführen einer geladenen Waffe im Fahrzeug, in einem Zustand, in welchem der Gesetzgeber die volle Kontrolle über das Kraftfahrzeug verneine, stelle ein Verhalten dar, welches die waffenrechtliche Verlässlichkeit berechtigt in Zweifel ziehe. Hinzu komme, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an sich schon das Mitführen einer Schusswaffe in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Regel ausreiche, um die Verlässlichkeit der Person zu verneinen.

Im Europäischen Feuerwaffenpass des Beschwerdeführers seien nicht nur Schusswaffen der Kategorie B, sondern auch sonstige Schusswaffen und Schusswaffen der Kategorie C eingetragen. Auf Grund dieses Umstandes sei der Europäische Feuerwaffenpass nicht zur Gänze zu entziehen gewesen, sondern wäre vielmehr insofern einzuschränken gewesen, als die Schusswaffen der Kategorie B ausgenommen wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer erklärt, den Bescheid insofern anzufechten, "als er mir meinen Waffenpaß und meine Waffenbesitzkarte entzieht und meinen europäischen Feuerwaffenpass einschränkt."

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Zur Einschränkung des Feuerwaffenpasses ist festzuhalten, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nach dem klaren Wortlaut seines Spruchs der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid insoweit Folge gegeben hat, als der Spruchteil des erstinstanzlichen Bescheides, mit welchem der Europäische Feuerwaffenpass des Beschwerdeführers entzogen wurde, behoben wurde. Zwar führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass der Europäische Feuerwaffenpass nicht zur Gänze zu entziehen, sondern insofern einzuschränken gewesen wäre, als die Schusswaffen der Kategorie B ausgenommen werden; eine bescheidmäßige Einschränkung des Europäischen Feuerwaffenpasses erfolgte jedoch nicht. Der Beschwerdeführer konnte daher durch diesen Spruchteil, mit dem seiner Berufung stattgegeben wurde, auch nicht in seinen Rechten verletzt sein. Da mit dem angefochtenen Bescheid die vom Beschwerdeführer bekämpfte Einschränkung seines Europäischen Feuerwaffenpasses nicht verfügt wurde, war die Beschwerde insofern gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG mangels Vorliegen eines tauglichen Beschwerdegegenstandes in einem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Über die Beschwerde gegen die Entziehung der Waffenbesitzkarte und des Waffenpasses hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 25 Abs 3 Waffengesetz 1996 (WaffG) hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

Gemäß § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

  1. 1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
  2. 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

    3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

    Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde keine ausdrückliche Subsumtion durchgeführt habe, sodass alle Rechtsgrundlagen, die eine Entziehung rechtfertigen könnten, geprüft werden müssten. Er übersieht damit, dass die erstinstanzliche Behörde die Entziehung ausdrücklich auf die Generalklausel des § 8 Abs 1 WaffG - nicht aber auf die Bestimmung des § 8 Abs 5 WaffG - gestützt hat und dies von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid durch die Abweisung der Berufung bestätigt wurde. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass der Verlässlichkeitsauschlussgrund des § 8 Abs 5 WaffG in seinem Fall nicht vorliege, gehen daher ins Leere, da die belangte Behörde diesen Ausschlussgrund ihrer Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat.

    Der Beschwerdeführer vermeint jedoch auch, dass aus § 8 Abs 5 WaffG, abgeleitet werden könne, dass das bloße Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe im Zustand der Trunkenheit - selbst wenn erstmalig ein Kraftfahrzeug in diesem Zustand gelenkt werde - für sich allein noch nicht den Verlust der Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG in jedem Falle nach sich ziehe. Es müssten noch weitere Umstände hinzutreten, die jene Geisteshaltung, die zum Wegfall der Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG führe, erkennen lassen.

    Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zuzugestehen, dass die Begehung einer Verwaltungsübertretung unter Alkoholeinfluss alleine nicht ausreicht, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit zu verneinen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch nicht auf die Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 1 iVm § 99 Abs 1a StVO alleine abgestellt, sondern darauf, dass im Zuge dieser Verwaltungsübertretung des alkoholisierten Lenkens eines Kraftfahrzeuges eine geladene Waffe geführt wurde. In dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl 98/20/0139, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass in dem dort zu entscheidenden Fall die Behörde nicht festgestellt hatte, dass bei der Verkehrskontrolle, in deren Zug eine Alkoholisierung festgestellt worden war, eine in waffenrechtlicher Hinsicht relevante Aggressivität zu Tage getreten sei oder der über einen Waffenpass verfügende Beschwerdeführer etwa die Waffe im Fahrzeug mit sich geführt habe. Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis darauf hingewiesen, dass, falls der Beschwerdeführer etwa die Waffe im Fahrzeug mit sich geführt hätte, die waffenrechtliche Verlässlichkeit in Frage zu stellen gewesen wäre und dass ein Führen der Waffe in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Regel ausreicht, um die Verlässlichkeit zu verneinen.

    Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, welcher nach der unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung des § 5 Abs 1 StVO das sichere Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht zulässt, eine geladene Schusswaffe mit sich geführt. Er musste damit rechnen, dass er in seinem durch Alkohol beeinträchtigten Gesamtzustand nicht nur sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährden würde, sondern dass er darüber hinaus auf Grund dieser qualifiziert erhöhten Gefahr auch in die Lage kommen könnte, bei einem allfälligen Verkehrsunfall die geladen mitgeführte Waffe nicht entsprechend sichern zu können. Der Beschwerdeführer hat damit eine genehmigungspflichtige Schusswaffe nicht sachgemäß, sondern beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, geführt, was die Annahme der Verlässlichkeit ausschließt.

    Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht darauf ankommen, ob im konkreten Fall der Beschwerdeführer noch in der Lage war, die Waffe nach dem Unfall entsprechend zu sichern. Wenn der Beschwerdeführer daher angibt, er habe den eintreffenden Exekutivbeamten gegenüber sofort angegeben, dass sich eine Faustfeuerwaffe im Fahrzeug befinde und er habe die Beamten ersucht, die Waffe sicherzustellen, vermag dies die Annahme der mangelnden Verlässlichkeit nicht zu widerlegen, da bereits das Führen einer Waffe beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand - wie oben ausgeführt - nicht den Anforderungen entspricht, die an die Verlässlichkeit eines Menschen im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG zu stellen sind.

    Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang als Verfahrensmangel, dass die belangte Behörde ihm zu dem im angefochtenen Bescheid zitierten "Erhebungsbericht" der Polizeiinspektion Stegersbach kein Parteiengehör gewährt hat. Dem ist entgegenzuhalten, dass es - wie bereits dargestellt - nicht darauf ankommt, ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - er trotz Verletzung erhebliche Anstrengungen unternommen habe, dass Unbefugte nicht zur Waffe gelangen konnten, da bereits das Führen der Waffe in einem in alkoholisiertem Zustand gelenkten Kraftfahrzeug leichtfertig ist, sodass dem behaupteten Verfahrensmangel keine Relevanz zukommt.

    Die gegen die Entziehung der Waffenbesitzkarte und des Waffenpasses gerichtete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

    Wien, am 28. März 2006

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