VwGH 2004/21/0140

VwGH2004/21/014031.8.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde 1. der B, und 2. des A, beide in Weissenbach an der Triesting und vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Am Fischertor 5/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Jänner 2004, Zl. Fr 7075/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin - beide sind Staatsangehörige des ehemaligen Jugoslawiens - kam Ende August 1995 nach Österreich und stellte einen Asylantrag, der Mitte Juni 2000 im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen wurde. Während des Asylverfahrens verfügte er über vorläufige Aufenthaltsberechtigungen und danach über eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis. Dann wurden ihm (zuletzt bis 2. Juli 2004 befristete) Niederlassungsbewilligungen erteilt. Er ist seit Mai 2000 legal beschäftigt.

Die Erstbeschwerdeführerin reiste am 5. Oktober 2001 mit einem von der österreichischen Botschaft in Tirana ausgestellten und bis 4. Jänner 2002 gültigen Reisevisum nach Österreich ein. Sie stellte am 23. März 2002 einen Asylantrag, der im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 29. August 2002 rechtskräftig abgewiesen wurde. Am 21. Juni 2003 wurde der gemeinsame Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, in Österreich geboren.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 15. Dezember 2003 wurden die Erstbeschwerdeführerin und ihr Sohn gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

In der dagegen erhobenen, selbst verfassten Berufung vom 13. Jänner 2004 ersuchte die Erstbeschwerdeführerin, den Aufenthalt für sie und ihr Kind "bis 15. März zu verlängern". Wegen ökonomischer Probleme - im Winter herrschten im Kosovo keine guten Lebensbedingungen - und mangels Reisepapiere für den Sohn sei es schwer zurückzukehren.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 2004 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) der Berufung keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde - ergänzend zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - im Wesentlichen aus, die Erstbeschwerdeführerin sei bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens am 3. September 2002 gemäß § 19 Asylgesetz 1997 zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Dem Zweitbeschwerdeführer sei kein Aufenthaltsrecht zugekommen. Der Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin und ihres Sohnes sei demnach "rechtswidrig" und die Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG daher zulässig.

Unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung und des § 37 Abs. 1 FrG führte die belangte Behörde aus, das "beharrliche" illegale Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens stelle eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar. Außerdem habe die belangte Behörde den Eindruck gewonnen, dass die Erstbeschwerdeführerin den Asylantrag nur eingebracht habe, um entgegen den Bestimmungen des FrG zu ihrem Ehemann nach Österreich zu kommen, zumal sich aus den Angaben im Asylverfahren - die Erstbeschwerdeführerin hatte nur wirtschaftliche Gründe und den Wunsch, zu ihrem Ehemann zu ziehen, geltend gemacht - keine "wirklichen" Asylgründe entnehmen ließen. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin sei zwar in Österreich rechtmäßig niedergelassen, die beiden Beschwerdeführer könnten jedoch ihren Aufenthalt "vom Inland her" nicht legalisieren. Aufgrund dieser Umstände ergebe sich, dass die Ausweisung trotz der familiären Anknüpfungspunkte gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Sicherung eines geordneten Fremdenwesens, insbesondere eines geordneten "Zuzugs", dringend geboten sei. Es seien auch keine Umstände ersichtlich, die für eine Ermessensübung zugunsten der Beschwerdeführer sprechen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Erstbeschwerdeführerin seit dem Abschluss ihres Asylverfahrens und der Zweitbeschwerdeführer seit seiner Geburt in Österreich unrechtmäßig aufhalten und der Tatbestand der zitierten Gesetzesbestimmung verwirklicht sei, nicht entgegen. Ausgehend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt hegt der Verwaltungsgerichtshof - in Bezug auf den Zweitbeschwerdeführer auch vor dem Hintergrund des § 28 Abs. 2 FrG - gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Das Schwergewicht der Beschwerde liegt in dem erkennbaren Vorwurf, die belangte Behörde habe die Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG unrichtig vorgenommen und mangelhaft begründet. Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Beschwerdeführer - eine Mutter und ihr (damals) elf Monate altes Baby - eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen sollten. Die soziale, wirtschaftliche und familiäre Integration der Beschwerdeführer in Österreich würde vielmehr ausschließen, dass deren weiterer Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellen könne.

Nach § 37 Abs. 1 FrG ist (u.a.) eine Ausweisung, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass mit einer durch die Ausweisung der Beschwerdeführer bewirkten Trennung vom Ehemann bzw. Vater ein Eingriff in das Familienleben verbunden wäre; sie hat diesen jedoch im öffentlichen Interesse für gerechtfertigt erachtet.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass im Verwaltungsverfahren kein Vorbringen erstattet wurde, wonach für den Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer - auch wenn er (bezogen auf den Bescheiderlassungszeitpunkt) fast neun Jahre in Österreich aufhältig, seit mehreren Jahren rechtmäßig niedergelassen und beruflich integriert ist - eine Rückkehr in sein Heimatland unzumutbar wäre. Von daher spricht somit nichts gegen die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Herkunftsstaat. Gegenteilige Umstände werden auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Will die Ankerperson aber trotzdem in Österreich bleiben, so ist die (vorübergehende) Trennung im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen. Zu Recht ist die belangte Behörde nämlich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, welche die Einreise und den Aufenthalt regeln, unter dem Gesichtspunkt eines geordneten Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt. Sie hat in diesem Zusammenhang im Ergebnis auch zutreffend erkannt, dass die Abstandnahme von der Ausweisung der Beschwerdeführer zur Tolerierung der (durch den Weiterverbleib nach Ablauf des Reisevisums und die unbegründete Asylantragstellung bzw. durch die während unrechtmäßigen Aufenthalts der Mutter erfolgte Geburt bewirkten) Umgehung der Bestimmungen für den Familiennachzug führen würde. Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine davon unabhängige Inlandsantragstellung (§ 14 Abs. 2 letzter Satz FrG) und Niederlassungsbewilligung (§ 19 Abs. 2 Z 6 FrG) (aus humanitären Gründen) - "besonders berücksichtigungswürdige Fälle" im Sinne des § 10 Abs. 4 FrG - jedenfalls nicht gegeben sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0195 bis 0197), ist es den Beschwerdeführern zuzumuten, zur Ermöglichung des "Familiennachzugs" einen der Quotenpflicht unterliegenden Antrag vom Heimatland aus zu stellen und dessen Erledigung dort abzuwarten.

Es kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, dass sie in Ansehung der noch nicht lange in Österreich befindlichen Beschwerdeführer, die außer der familiären Bindung sonst keine besonderen integrationsbegründenden Umstände konkret geltend gemacht haben, die Voraussetzungen nach § 37 Abs. 1 FrG für erfüllt erachtete und keinen Anlass für eine Ermessensübung zugunsten der Beschwerdeführer finden konnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 31. August 2006

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