VwGH 2004/12/0201

VwGH2004/12/020120.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der B in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 18. Oktober 2004, Zl. 11 1301/14-II/5/04, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §15;
BDG 1979 §15a;
BDG 1979 §236b Abs2 idF 2001/I/086;
BDG 1979 §236b Abs6 idF 2001/I/086;
BDG 1979 §236b idF 2001/I/086;
BDG 1979 §75 Abs2;
BDG 1979 §75 Abs3 idF 1990/447;
PG 1965 §3a;
PG 1965 §6 Abs1;
PG 1965 §6 Abs2 idF 1997/I/061;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §15;
BDG 1979 §15a;
BDG 1979 §236b Abs2 idF 2001/I/086;
BDG 1979 §236b Abs6 idF 2001/I/086;
BDG 1979 §236b idF 2001/I/086;
BDG 1979 §75 Abs2;
BDG 1979 §75 Abs3 idF 1990/447;
PG 1965 §3a;
PG 1965 §6 Abs1;
PG 1965 §6 Abs2 idF 1997/I/061;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am 7. Mai 1947 geborene Beschwerdeführerin steht seit dem 1. Dezember 2003 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 21. November 1989 wurde der Beschwerdeführerin in Entsprechung ihres Antrages vom 29. September 1989 für die persönliche Unterstützung ihres durch einen Unfall in soziale Bedrängnis geratenen Bruders mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) in der damals geltenden Fassung ein Karenzurlaub für die Zeit vom 2. Jänner 1990 bis einschließlich 31. Dezember 1990 gewährt. In den der Rechtsmittelbelehrung angefügten sonstigen Bemerkungen wurde u.a. festgehalten, dass gemäß § 10 Abs. 4 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG 1956) die Zeit des für die Vorrückung nicht berücksichtigten Karenzurlaubes mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam, jedoch für weitere Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht berücksichtigt würde.

In der Folge wurde über Antrag der Beschwerdeführerin vom 31. Juli 1990 die vorzeitige Beendigung ihres Karenzurlaubes mit Ablauf des 9. September 1990 mit Erledigung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 3. September 1990 "genehmigt". Für diese Zeit des Karenzurlaubes entrichtete die Beschwerdeführerin den Pensionsbeitrag.

Bei der auf Grund eines Antrages der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 2003 erfolgten Feststellung der "beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von 28 Jahren, 6 Monaten und 14 Tagen" (zum 31. Juli 2003) gemäß § 236b Abs. 2 und 6 BDG 1979 mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 18. Juli 2003 wurde der Begründung dieses Bescheides zufolge die Zeit des Karenzurlaubes vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 zur Gänze berücksichtigt.

Anlässlich einer Berichtigung dieses Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG durch den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 29. September 2003 blieb die vollständige Berücksichtigung dieses Zeitraumes unverändert aufrecht.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. Oktober 2003 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 22g Abs. 1 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes (BB-SozPG) auf Grund ihres Antrages vom 8. Oktober 2003 mit Ablauf des 30. November 2003 in den Ruhestand versetzt. Auch in der im zweiten Satz des Spruches dieses Bescheides festgestellten beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit (zum 30. November 2003) findet der Zeitraum vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 nach der Begründung zur Gänze Berücksichtigung.

Anlässlich einer Berichtigung des Bescheides vom 29. September 2003 durch den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 29. Dezember 2003 gemäß § 62 Abs. 4 AVG wurde u.a. die Zeit vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 - unter Hinweis auf die gemäß § 75 Abs. 2 BDG 1979 in der damals geltenden Fassung nicht gegebene Anrechenbarkeit des Karenzurlaubes für zeitabhängige Rechte - nicht mehr bei der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit berücksichtigt.

In der Folge wandte sich die Beschwerdeführerin mit einer Eingabe vom 27. Jänner 2004 an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Sie nahm darin auf den Bescheid vom 29. Dezember 2003 über die "Aberkennung der Pensionszeiten" vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 Bezug. Unter Anschluss von Einzahlungskopien hinsichtlich der Entrichtung des Pensionsbeitrages für den Bezug habenden Zeitraum äußerte die Beschwerdeführerin die Annahme des Vorliegens eines Irrtums.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2004 berichtigte die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur ihren Bescheid vom 29. Dezember 2003 gemäß § 62 Abs. 4 AVG. Bei dieser Berichtigung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit wurde auf die versehentliche Nichtberücksichtigung des Karenzurlaubes vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 im berichtigten Bescheid - obwohl die Beschwerdeführerin weiterhin Pensionsbeiträge einzuzahlen gehabt hätte - hingewiesen.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 5. Februar 2004 wurde der Bescheid vom 30. Oktober 2003 betreffend § 22g Abs. 1 BB-SozPG unter Verweis auf den Bescheid vom 4. Februar 2004 gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahin gehend "berichtigt" (richtig wohl "abgeändert"), dass die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 30. November 2003 eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 28 Jahren, 10 Monaten und 14 Tagen aufweise. Die durch diese Berichtigung erfolgte Erhöhung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit um ein Jahr im Verhältnis zum Bescheid vom 30. Oktober 2003 gemäß § 22g Abs. 1 BB-SozPG finde ihren Grund in der durch Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 18. Dezember 2003 nachträglich durch Bescheidabänderung verfügten Berücksichtigung der Zeit eines anderen - in der Zeit vom 1. November 1993 bis 31. Oktober 1994 - gewährten einjährigen Karenzurlaubes.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2004 stellte das Bundespensionsamt fest, dass der Beschwerdeführerin gemäß §§ 3 bis 7, 25a, 88, 91 bis 94 und 96 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) vom 1. Dezember 2003 an ein Ruhegenuss von monatlich brutto EUR 1.300,10 sowie weiters ein Kinderzurechnungsbetrag von monatlich brutto EUR 89,-- gebühre.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie ausführte, dass sie der Angelegenheit bezüglich "des Zeitraumes vom 1.1990 bis 10.09.1990" nachgegangen sei. Sie habe jedoch laut Mitteilung ihrer Personalstelle von der angeblich veranlassten Korrektur für "diese Zeit" noch nichts in Händen.

In der Folge erstattete die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen. Der in Berufung gezogene Bescheid sei insoweit rechtswidrig, als bei der Bemessung des Ruhegenusses die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 nicht berücksichtigt worden sei. Bei Berücksichtigung dieses Zeitraumes käme man auf eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit im Ausmaß von 28 Jahren, 10 Monaten und 26 Tagen. Der Ruhegenuss würde somit 87,67 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage - das seien monatlich EUR 1.320,30 - betragen. Da für den Zeitraum vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 Pensionsbeiträge vorgeschrieben und auch einbezahlt worden seien, erweise sich die Nichtberücksichtigung dieses Zeitraumes als rechtswidrig. Auch sei mit den Bescheiden vom 4. Februar 2004 und vom 5. Februar 2004 bestätigt worden, dass der Zeitraum vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 als beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit zu werten sei und somit auch eine ruhegenussfähige Bundesdienstzeit darstelle. Die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit würde ein Ausmaß von 28 Jahren, 10 Monaten und 26 Tagen aufweisen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 2004 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundespensionsamtes vom 14. Jänner 2004 von der belangten Behörde "nicht stattgegeben".

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass für die Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit die Aktivdienstbehörde zuständig sei. Die Entscheidung der Aktivdienstbehörde gemäß deren Zuständigkeit habe indessen nur insoweit "rechtliche Bedeutung", als es im Sinne des § 236b Abs. 1 BDG 1979 die Frage jenes Zeitausmaßes betreffe, das für die Möglichkeit einer Ruhestandsversetzung im Sinne der §§ 15 und 15a BDG 1979 bestimmend sei.

Die seitens der Aktivdienstbehörde vorgenommene Zuordnung von Zeiten als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit ändere jedoch nichts an der ausschließlichen Kompetenz der Pensionsbehörden zur Entscheidung über die Ruhegenussermittlungsgrundlagen, wozu die Frage des Ausmaßes der zu berücksichtigenden ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit und deren Bestandteile zähle. Daher sei auch die Aufnahme bestimmter Zeiten als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit in die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit durch die Aktivdienstbehörde für die Bemessung des Ruhegenusses durch die Pensionsbehörde ohne rechtliche Bindungswirkung. Die Zeit des verfahrensgegenständlichen Karenzurlaubes sei für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen würden, nicht zu berücksichtigen. Auf diese mit der Gewährung eines Karenzurlaubes gemäß § 75 Abs. 2 BDG 1979 in der damals geltenden Fassung verbundene Rechtsfolge sei in den sonstigen Bemerkungen des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides vom 21. November 1989 ausdrücklich hingewiesen worden. Die vorzeitige Beendigung des Karenzurlaubes hätte auf diese Folge keine Auswirkungen gehabt. Die Zeit des genannten Karenzurlaubes (insgesamt 8 Monate und 8 Tage) könne daher bei der Ermittlung des Ruhegenusses nicht herangezogen werden. Das Bundespensionsamt habe daher zu Recht bei der Bemessung des der Beschwerdeführerin gebührenden Ruhegenusses den in Rede stehenden Zeitraum nicht berücksichtigt. Diese Maßnahme werde auch durch die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Z 2 PG 1965 zusätzlich gedeckt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes diene die Verpflichtung zur Leistung von Pensionsbeiträgen nach § 22 Gehaltsgesetz 1956 (GehG) lediglich einer besonderen Vorsorge für die Bedeckung des Pensionsaufwandes. Dieser vermittle dem Beitragspflichtigen für sich allein weder einen Anspruch auf Ruhegenuss dem Grunde nach noch in bestimmter Höhe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht darin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sie sich in ihrem Recht "auf Ruhegenuss in gesetzlicher Höhe gemäß den Bestimmungen des PG 1965 (insbesondere § 6) iVm BDG 1979 (insbesondere §§ 75, 236b) durch unrichtige Anwendung dieser Normen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, 37, 39, 60 AVG)" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage:

I.1. BDG 1979

a) § 241a Abs. 1 BDG 1979 idF der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997 (Absatzbezeichnung eingefügt durch die Novelle BGBl. I Nr. 87/2001) lautet:

"(1) Auf Karenzurlaube, die gemäß § 75 in der bis zum Ablauf des 30. Juni 1997 geltenden Fassung gewährt worden sind, ist § 75 in dieser Fassung weiterhin anzuwenden."

b) § 75 Abs. 1 bis 3 BDG 1979 samt Überschrift (Abs. 1 und 2 samt Überschrift in der Stammfassung BGBl. Nr. 333, Abs. 3 idF der Novelle BGBl. Nr. 447/1990) lautet:

"Karenzurlaub

§ 75. (1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(2) Die Zeit des Karenzurlaubes ist für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

(3) Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen verfügen, dass die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht im vollen Umfang eintreten."

c) § 236b Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 BDG 1979 samt Überschrift, eingefügt durch die Novelle BGBl. I Nr. 86/2001, lautet:

"Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. 86/2001 Versetzung in den Ruhestand

§ 236b. (1) Die §§ 15 und 15a sind auf vor dem 1. Oktober 1945 geborene Beamte mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung oder von Amts wegen frühestens mit Ablauf des Monats erfolgen kann, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahr vollendet, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 40 Jahren aufweist.

(2) Zur beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit im Sinne des Abs. 1 zählen

1. die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit, wobei Teilbeschäftigungszeiten immer voll zu zählen sind,

2. bedingt oder unbedingt angerechnete Ruhegenussvordienstzeiten, für die ein Überweisungsbetrag nach § 308 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, nach § 172 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, oder nach § 164 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG), BGBl. Nr. 559/1978, in Höhe von 7 % der Berechnungsgrundlage nach § 308 Abs. 6 ASVG, § 172 Abs. 6 GSVG oder § 164 Abs. 6 BSVG zu leisten war oder ist oder für die der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag geleistet oder noch zu leisten hat,

3. Zeiten des Präsenz- oder Zivildienstes bis zum Höchstausmaß von zwölf Monaten,

4. Zeiten der Kindererziehung im Sinne der §§ 227a und 228a ASVG, soweit sich diese Zeiten nicht mit Zeiten nach Z 1 bis 3 decken, bis zum Höchstausmaß von 60 Monaten; dieses Höchstausmaß verkürzt sich um beitragsfrei zur ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit zählende Zeiten eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15d und 15i MSchG oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 EKUG oder nach den entsprechenden Bestimmungen in früheren Fassungen dieser Bundesgesetze, sowie

5. nach den Abs. 3 bis 5 nachgekaufte Zeiten.

...

(6) Beamte des Dienststandes können eine bescheidmäßige Feststellung ihrer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert."

I.2. PG 1965:

§ 6 Abs. 1, 2, 2a und 2b PG 1965 (Abs. 1 in der Stammfassung BGBl. Nr. 340/1965; Abs. 2 und Abs. 2a idF der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997; Abs. 2b idF der Novelle BGBl. I Nr. 87/2002) lautet:

"§ 6. (1) Die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit setzt sich zusammen aus

  1. a) der ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit,
  2. b) den angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten,
  3. c) den angerechneten Ruhestandszeiten,
  4. d) den zugerechneten Zeiträumen,
  5. e) den durch besondere gesetzliche Bestimmungen oder auf Grund solcher Bestimmungen als ruhegenussfähig erklärten Zeiten.

(2) Als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit gilt die Zeit, die der Beamte im bestehenden öffentlich-rechtlichen Bundesdienstverhältnis vom Tag des Dienstantrittes bis zum Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand zurückgelegt hat, mit Ausnahme der Zeit

1. eigenmächtigen und unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst in der Dauer von mehr als drei Tagen und

2. eines Karenzurlaubes, sofern bundesgesetzlich nicht anderes bestimmt ist.

(2a) Die Zeit, die der Beamte als Militärperson auf Zeit zurückgelegt hat, gilt als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit, die als zeitverpflichteter Soldat zurückgelegte Zeit als Ruhegenussvordienstzeit.

(2b) Im bestehenden Dienstverhältnis nach dem Mutterschutzgesetz - MSchG 1979, BGBl. Nr. 221, dem Eltern-Karenzurlaubsgesetz (EKUG), BGBl. Nr. 651/1989, und dem Väter-Karenzgesetz - VKG, BGBl. Nr. 651/1989, zurückgelegte Karenzurlaube oder Karenzen gelten als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit."

II. Erwägungen:

II.1. Mit Bescheid der Aktivdienstbehörde vom 18. Juli 2003 wurde die verfahrensgegenständliche Karenzurlaubszeit vom 2. Jänner 1990 bis 9. September 1990 als Teil der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gemäß § 236b Abs. 6 BDG 1979 festgestellt. Mit Berichtigungsbescheid der Aktivdienstbehörde vom 4. Februar 2004 nach § 62 Abs. 4 AVG wurde die verfahrensgegenständliche Karenzurlaubszeit wiederum als Teil der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit angesehen. Auch im Bescheid vom 30. Oktober 2003 zur Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin gemäß § 22g Abs. 1 BB-SozPG wurde die verfahrensgegenständliche Karenzurlaubszeit als Teil der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit gewertet. Dies wurde in dem nach § 68 Abs. 2 AVG ergangenen Bescheid vom 5. Februar 2004 nicht geändert.

Es liegt somit eine rechtskräftige Entscheidung der Aktivdienstbehörde über die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit vor, bei deren Berechnung die verfahrensgegenständliche Karenzurlaubszeit zur Gänze berücksichtigt wurde.

II.2. Die belangte Behörde erachtet sich (wie auch schon das Bundespensionsamt) daran bei der Ruhegenussbemessung als nicht gebunden. Dies aus zwei Gründen:

Zum einen habe die Entscheidung der Aktivdienstbehörde gemäß deren Zuständigkeit nur insoweit "rechtliche Bedeutung" als es im Sinn des § 236b Abs. 1 BDG 1979 die Frage jenes Zeitausmaßes betreffe, das für die Möglichkeit einer Ruhestandsversetzung im Sinne der §§ 15 und 15a BDG 1979 bestimmend sei. Zum anderen würde die gegenteilige Ansicht § 6 Abs. 2 Z 2 PG 1965 widersprechen, wonach zur ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit nicht die Dauer eines Karenzurlaubes zählen würde, sofern bundesgesetzlich nicht anderes bestimmt sei.

II.3. Gegenstand des von der Aktivdienstbehörde auf Grund eines Antrages des Beamten zu erlassenden Bescheides nach § 236b Abs. 6 BDG 1979 ist ausschließlich die Feststellung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit. Sie ist durch Berücksichtigung der in § 236b Abs. 2 BDG 1979 genannten Zeiten zu ermitteln. Die in Abs. 2 dieser Bestimmung genannten Zeiten sind Komponenten für die Ermittlung der beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit und nicht selbst Gegenstand einer (gesonderten) bescheidmäßigen Feststellung. Sie sind lediglich in der Begründung eines solchen Bescheides näher darzustellen. Als bloßer Teil der Begründung erwachsen sie nicht in Rechtskraft und entfalten daher gegenüber Dritten keine Bindungswirkung.

Die Bedeutung eines Bescheides nach § 236b BDG 1979 erschöpft sich ausschließlich in der Möglichkeit vor dem Regelpensionsalter die Ruhestandsversetzung durch Erklärung bewirken oder von Amts wegen in den Ruhestand versetzt werden zu können (vgl. dazu näher §§ 15 und 15a BDG 1979 iVm § 236b leg. cit.).

II. 4. Die Pensionsbehörden sind für die Ruhegenussbemessung zuständig. Eine von mehreren für die Ermittlung des Ruhegenusses maßgebenden Komponenten (siehe dazu § 3a PG 1965) ist die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit, die in § 6 Abs. 1 PG 1965 näher definiert wird. Eine Teilkomponente der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ist die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit, die in § 6 Abs. 2 leg. cit. näher umschrieben wird. Auch hier wächst nur der im Spruch zu nennende Betrag als des gebührend festgestellten Ruhegenusses in Rechtskraft. Die zu seiner Bemessung beitragenden Komponenten sind in der Begründung näher darzustellen. Sie sind jedoch nicht Gegenstand selbständiger bescheidmäßiger Absprüche.

II. 5. Aus dieser vom Gesetzgeber gewählten Systematik ergibt sich, dass die beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit nach § 236b Abs. 2 BDG 1979 und die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit nach § 6 Abs. 1 PG 1965 zwei unterschiedliche Begriffe sind, die nicht zur Gänze dieselben Zeiten erfassen und die in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen stehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es "Teilüberschneidungen" bei einzelnen Komponenten wie hier bei der "ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit" gibt. Diese Komponenten sind jeweils im Rahmen des Verfahrens nach § 236b BDG 1979 bzw. nach den §§ 3 ff PG 1965 von der zuständigen Behörde selbständig zu prüfen. Dies trifft auch auf die Frage, in welchem Umfang eine ruhegenussfähige Bundesdienstzeit vorliegt, zu. Wechselseitige Bindungswirkungen in Bezug auf die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit bestehen bei den diese Verfahren jeweils abschließenden Bescheiden jedenfalls dann nicht, wenn sie - dem Gesetz entsprechend - jeweils ein Teil der Begründung der Bezug habenden Bescheide sind. Dies trifft auf den von der Aktivdienstbehörde erlassenen Bescheid über die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit zu.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu der Feststellung veranlasst, dass gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 in der im Beschwerdefall anwendbaren Fassung die nach Abs. 2 leg. cit. mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen (Nichtberücksichtigung der Zeit des Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen; das betrifft auch die Auswirkungen auf die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit) unter den in Abs. 3 näher genannten Voraussetzungen entfallen können. Ein solcher zuständigkeitshalber von der Aktivdienstbehörde zu erlassender Bescheid, der die Nichtberücksichtigung des gegenständlichen Karenzurlaubes als ruhegenussfähige Bundesdienstzeit zur Gänze oder zum Teil beseitigte, würde die Pensionsbehörden binden.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. Dezember 2006

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