VwGH 2003/12/0155

VwGH2003/12/015523.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des K in K, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Juli 2003, Zl. Bi-010329/1-2003-Zei/Hol, betreffend Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG i.A.

besoldungsrechtliche Einstufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §68 Abs1;
DVG 1984 §10;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §68 Abs1;
DVG 1984 §10;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich. Er ist Leiter der Volksschule in B.

Das an den Beschwerdeführer gerichtete Ernennungsdekret des Landesschulrates für Oberösterreich vom 2. Juli 2001 lautet:

"Sehr geehrter Herr Hauptschuloberlehrer!

Der Landesschulrat für Oberösterreich verleiht Ihnen mit Wirkung vom 1.9.2001 die schulfeste Leiterstelle an der VS B.

Sie werden daher ab 1.9.2001 zunächst auf einen Zeitraum von vier Jahren auf die Planstelle eines Leiters der Verwendungsgruppe L2a2 an der VS B ernannt.

Rechtsgrundlagen:

1. § 6 Abs. 1 des Oö. Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes, LGBl. 1986/18, in der geltenden Fassung.

2. §§ 8, 26 und 26 a des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. 1984/302 und §§ 1 und 10 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes, BGBl. 1984/29, jeweils in der geltenden Fassung.

Es gebühren Ihnen die Bezüge eines Direktors der Verwendungsgruppe L2a2 in der 15. Gehaltsstufe.

Die Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe erfolgt am 1.1.2003.

Aufgrund dieser Ernennung führen Sie gemäß § 55 Abs 4 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes den Amtstitel

"Volksschuldirektor".

Wir gratulieren Ihnen zu dieser Ernennung und wünschen Ihnen

viel Erfolg in Ihrer neuen Funktion.

Mit freundlichen Grüßen

...."

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2002 brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, nachdem er am 1. September 2001 die Leitung der Volksschule B. mit der angeschlossenen Sondererziehungsklasse übernommen hätte, sei er "in der Verwendungsgruppe L2A2 (richtig: L2a2) von der 16. Gehaltsstufe zurück in die 15. Gehaltsstufe versetzt" worden. Da es keine rechtliche Grundlage für eine Rückstufung von einer höheren in eine niedrigere Gehaltsstufe gebe, stelle er den Antrag, ihn rückwirkend mit 1. September 2001 wieder in die 16. Gehaltsstufe einzustufen.

Nachdem ihm der Landesschulrat für Oberösterreich mit Schreiben vom 16. Dezember 2002 mitgeteilt hatte, dass mit der Ernennung zum Volksschuldirektor rechtmäßig ein zweijähriger Überstellungsverlust für die besoldungsrechtliche Stellung berücksichtigt worden sei und die im Bescheid vom 2. Juli 2001 angesprochene besoldungsrechtliche Einstufung in die Verwendungsgruppe L2a2 in der 15. Gehaltsstufe "mittlerweile in Rechtskraft erwachsen" sei, ersuchte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Februar 2003, ihm "für die Einstufung in die Verwendungsgruppe L2a2 einen formalrechtlichen Bescheid auszustellen".

Diesen Antrag wies der Landesschulrat für Oberösterreich mit Bescheid vom 28. Mai 2003 wegen entschiedener Sache zurück.

Die dagegen erhobene Berufung wurde von der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 15. Juli 2003 abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt. Als Rechtsgrundlagen waren §§ 66 Abs. 4 und 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit "§§ 1 und 13" DVG angegeben. In der Begründung führte die Oberösterreichische Landesregierung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes falle die Ernennung zum Beamten einer anderen Besoldungs- oder Verwendungsgruppe in den Anwendungsbereich des § 10 DVG. Damit sei weder die Bezeichnung als Bescheid, noch eine Begründung, noch eine Rechtsmittelbelehrung und kein Hinweis gemäß § 61a AVG erforderlich. Dies treffe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht auf den Abspruch über die besoldungsrechtliche Stellung zu. Die Ermittlung des dem überstellten Beamten in der neuen Besoldungs- oder Verwendungsgruppe gebührenden Gehaltes nach den hiefür maßgebenden Bestimmungen zähle nämlich nicht zu den Wesensbestandteilen der Überstellung. Der Abspruch über die besoldungsrechtliche Stellung bedürfe daher einer Begründung. Zugleich führe der Verwaltungsgerichtshof jedoch auch aus, dass dieser Mangel nichts am Bescheidcharakter dieses Abspruches ändere. Keinesfalls könne nämlich diesem Ausspruch nur der Charakter einer "Serviceleistung" beigemessen werden, weil die in einem Ernennungsdekret ausgesprochene Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung als solche bindende Wirkung habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. September 1992, Zl. 91/12/0149). Aufgrund dieser Judikatur stehe fest, "dass der im Ernennungsdekret vom 2. Juli 2001 angeführten besoldungsrechtlichen Stellung" des Beschwerdeführers Bescheidcharakter zukomme. Da der Beschwerdeführer gegen die im Ernennungsdekret verfügte besoldungsrechtliche Einstufung jedoch keine Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht habe, sei diese Entscheidung in Rechtskraft erwachsen. Die Zurückweisung seines Antrages auf neuerliche bescheidmäßige Erledigung seitens des Landesschulrates für Oberösterreich gemäß § 68 Abs. 1 AVG sei demnach zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. § 58 AVG lautet (auszugsweise):

"Inhalt und Form der Bescheide

§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

..."

1.2. § 10 DVG lautet:

"Zu den §§ 58 und 61a AVG

§ 10. Ernennungen, Verleihungen von Amtstiteln, Verständigungen oder solche Ernennungen und Verleihungen, sowie die mit den Ernennungen und Verleihungen von Amtstiteln zusammenhängenden und gleichzeitig getroffenen Feststellungen und Verfügungen bedürfen weder der Bezeichnung als Bescheid, noch einer Begründung, noch einer Rechtsmittelbelehrung. In diesen Fällen ist auch ein Hinweis gemäß § 61a AVG nicht erforderlich."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache setzte voraus, dass der im Ernennungsdekret vom 2. Juli 2001 enthaltene vierte Absatz ("Es gebühren Ihnen die Bezüge eines Direktors der Verwendungsgruppe L2a2 in der 15. Gehaltsstufe") ein selbständiger Spruchpunkt der die Ernennung enthaltenden Erledigung ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich, worauf die belangte Behörde grundsätzlich zutreffend hinweist, in seiner Judikatur bereits mehrmals mit der Frage auseinander zu setzen, ob in Ernennungsdekreten, die üblicherweise einer Bezeichnung als "Bescheid" entbehren, enthaltene, vom eigentlichen Ernennungsausspruch auch optisch abgehobene Sätze (Absätze) als bescheidliche Absprüche zu qualifizieren sind.

Nach seiner mittlerweile ständigen Judikatur ist die Aufzählung des § 10 DVG eine taxative (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1989, Zl. 87/12/0168, vom 18. September 1992, Zl. 91/12/0149, und vom 23. Februar 2000, Zl. 99/12/0291). Mit einer Ernennung hängen nur solche Feststellungen und Verfügungen zusammen, die ihrem Wesen nach zu dieser Ernennung gehören (vgl. z.B. die erwähnten hg. Erkenntnisse Zl. 87/12/0168 und Zl. 99/12/0291). Die Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung, die auf Grund einer Ernennung erlangt wird, zählt nicht zu den Wesensbestandteilen dieser Ernennung (vgl. die erwähnten hg. Erkenntnisse Zl. 91/12/0149 und Zl. 99/12/0291).

Anders als die Ernennung selbst, für die gemäß § 10 DVG die Bezeichnung als Bescheid, die Begründung sowie die Rechtsmittelbelehrung nicht geboten ist, bedarf eine - wie gezeigt nicht unter § 10 DVG fallende - Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung eines Ernannten gemäß § 58 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 1 DVG einer Bezeichnung als Bescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2005, Zl. 2002/12/0183), einer Begründung (vgl. die erwähnten hg. Erkenntnisse Zl. 87/12/0168 und Zl. 91/12/0149) sowie einer Rechtsmittelbelehrung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1989, Zl. 87/12/0020).

Da es sich bei der in Rede stehenden Erledigung vom 2. Juli 2001 im ersten Absatz zweifelsfrei um eine Ernennung handelte, war insofern weder die Bezeichnung als Bescheid noch eine Begründung noch eine Rechtsmittelbelehrung geboten. Soweit nun in Frage steht, ob der vierte Absatz der Erledigung eine Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung in Bescheidform darstellt, ist nach den bisherigen Darlegungen zunächst festzuhalten, dass eine solche u.a. einer Bezeichnung als Bescheid bedurft hätte.

Die in Rede stehende Erledigung vom 2. Juli 2001 ist weder zur Gänze noch in Teilen als Bescheid bezeichnet. Daraus darf aber, wie die belangte Behörde ebenfalls grundsätzlich zutreffend erkannt hat, noch nicht der Schluss gezogen werden, der die besoldungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers betreffende vierte Absatz stelle keinen bescheidlichen Abspruch dar.

Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und (soweit noch vorgesehen) die Unterschrift oder Beglaubigung, dann ist das Fehlen der im § 58 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 1 DVG vorgesehenen ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung regelmäßig unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem "Spruch" der Erledigung eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus ihrer Form, ergeben. Die bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen oder Rechtsbelehrungen kann demnach nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG, gewertet werden. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter dieser Erledigung essenziell. Nur dann, wenn dieser Inhalt, also der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, wäre die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für das Vorliegen eines solchen nicht wesentlich (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 2002/12/0183 mit Hinweis auf den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73 = Slg. Nr. 9.458/A, mwN).

Keineswegs ist der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof die Auffassung zu entnehmen, in (nicht als Bescheid bezeichneten) Ernennungsdekreten oder in Begleitschreiben hiezu enthaltene, von der eigentlichen Ernennung losgelöste Formulierungen, wonach den Ernannten bestimmte Bezüge oder Zulagen gebühren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 95/12/0078, und das erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 2002/12/0183), komme ungeachtet der fehlenden Bezeichnung als Bescheid jedenfalls Bescheidcharakter zu, wie das die belangte Behörde unter Hinweis auf das erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 91/12/0149 vermeint.

Es ist vielmehr in jedem einzelnen Fall nach den aufgezeigten Kriterien zu überprüfen, ob eine solche in einer nicht als "Bescheid" bezeichneten Erledigung enthaltene Formulierung Bescheidcharakter hat.

Für den Beschwerdefall ergibt sich daraus Folgendes:

Der in Rede stehenden Formulierung, wonach dem Beschwerdeführer die Bezüge eines Direktors der Verwendungsgruppe L2a2 der 15. Gehaltsstufe "gebühren", könnte der Charakter eines bescheidmäßigen Abspruchs nur insofern zukommen, als darin nicht etwa ein rechtsgestaltender Ausspruch, sondern allenfalls eine amtswegig getroffene Feststellung eines rechtserheblichen Umstandes verstanden werden könnte, der sich, ohne dass es einer Rechtsgestaltung bedürfte, bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

Abgesehen davon, dass gegen eine Deutung als feststellenden Abspruch bereits die Wortwahl der Erstbehörde sprechen könnte - es heißt nicht etwa "Es wird festgestellt, dass Ihnen .... gebühren.", sondern eben "Es gebühren Ihnen ...." - , sticht der formale Aufbau der Erledigung ins Auge. Der vierte Absatz der Erledigung folgt, worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, auf einen umfangreichen Absatz, der mit "Rechtsgrundlagen" überschrieben ist und die die Ernennung betreffenden Paragraphen des Oberösterreichischen Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes und des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes sowie des DVG nennt. Hinsichtlich der laut dem vierten Absatz gebührenden Bezüge sind keine Rechtsgrundlagen angegeben. Bei einem derartigen Aufbau einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung, die zwar weder Begründung noch Rechtsmittelbelehrung, sehr wohl aber die Angabe von Rechtsgrundlagen für eine Ernennung enthält, für die bestimmte Formerfordernisse nicht geboten sind, kann nicht bejaht werden, dass für den Adressaten zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, dass ein auf die ausführliche Wiedergabe von Rechtsgrundlagen der Ernennung folgender Absatz nicht bloß eine Belehrung bzw. Information, sondern einen - selbständigen - feststellenden Abspruch über die Gebührlichkeit von Bezügen in bestimmter Höhe darstellt.

Die in Rede stehende Erledigung stellt demnach entgegen der Auffassung der belangten Behörde keinen Bescheid dar.

2.3. Damit fehlt es aber an einer notwendigen Voraussetzung für die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Oktober 2006

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