Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer schloss am 14. September 1995 mit Reinhold L. eine Vereinbarung über eine Vermietungsgemeinschaft (Errichtung einer stillen Gesellschaft) über die Vermietung und Verpachtung und die sich daraus ergebende Verwaltungstätigkeit an den Objekten W und K. Die Gesellschaft wurde auf unbestimmte Zeit errichtet; Geschäftsherr war Reinhold L. Der Beschwerdeführer bringt nach dem Vertrag sein besonderes know-how auf dem Gebiet des Vertragsgegenstandes im Rahmen der Verwaltungstätigkeit in die Gesellschaft ein. Er ist am Überschuss und Verlust des Geschäftsherrn mit 50 % jährlich beteiligt. Dieses Aufteilungsverhältnis gilt auch bei Kündigung oder Auflösung der Vereinbarung, sowie hinsichtlich der entstandenen stillen Reserven.
Die atypisch stille Gesellschaft erklärte für die Jahre 1995 bis 1997 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (V+V). Diese wurden - soweit sie das Objekt K betrafen - vom Finanzamt Judenburg erklärungsgemäß festgesetzt.
Als Ergebnis einer im Jahr 1999 durchgeführten Betriebsprüfung nahm das Finanzamt Judenburg das Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 188 BAO für 1997 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf, hob den dieses Jahr betreffenden Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 1998 auf und stellte fest, dass eine "gesonderte Feststellung von Einkünften aus V+V betreffend das Mietobjekt K, E-Straße 11", nicht zu erfolgen hat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der vormals an der atypisch stillen Gesellschaft Beteiligten (Reinhold L. und Beschwerdeführer) gegen diesen Bescheid als unbegründet ab. In der Begründung ging sie - ergänzend zum eingangs dargestellten Sachverhalt - davon aus, dass Reinhold L. mit Vertrag vom 29. März 1994 eine Liegenschaft in K von der "E Grundbesitz GmbH" (Leasinggeber) geleast habe. Die Leasinggeberin gehöre zu 100 % der "E GmbH". Mit Vertrag vom 8. März 1995 habe Reinhold L. auch eine Liegenschaft in W geleast. Die Errichtung der Leasingobjekte auf diesen Liegenschaften sei im Einvernehmen zwischen der Leasinggeberin und Reinhold L. erfolgt. Die Betriebskosten seien zur Gänze von Reinhold L. zu tragen gewesen. Laut Leasingvertrag sei Reinhold L. zur gänzlichen oder teilweisen Untervermietung der Leasingobjekte gegen vorherige schriftliche Anzeige an die Leasinggeberin berechtigt gewesen. Es seien in der Folge Untermietverträge mit diversen Supermärkten und anderen Gewerbetreibenden abgeschlossen worden. Diese Verträge seien von der Leasinggeberin mitunterfertigt worden und sei vertraglich fixiert gewesen, dass Rechte und Pflichten aus den Verträgen in vollem Umfang auf etwaige Rechtsnachfolger übergehen. Zum 30. April 1997 sei der Leasingvertrag trotz eines auf 15 Jahre vereinbarten Kündigungsverzichtes einvernehmlich aufgelöst worden. Die Objekte seien zu diesem Zeitpunkt nahezu zu 100 % vermietet gewesen. Mit Schreiben vom 9. April 1997 habe die "E GmbH" Reinhold L. mitgeteilt, dass für die Übertragung der aus den Immobilien-Leasingverträgen zustehenden Rechte mit Stichtag 1. Mai 1997 ein Betrag von S 13,9 Mio. überwiesen werde (davon entfielen auf das Objekt K S 8,5 Mio.). Mit Rechnung vom 22. April 1997 habe Reinhold L. diesen Betrag unter dem Titel "Aufgabe der Mietrechte" in Rechnung gestellt. Die Höhe dieser Ablösezahlung sei vom Beschwerdeführer und Reinhold L. gegenüber der Abgabenbehörde nicht offen gelegt worden, weil sie die Ansicht vertreten haben, der Zufluss der erhaltenen Beträge sei nicht einkommensteuerpflichtig. Die atypisch stille Gesellschaft sei im Zeitpunkt der Auflösung der ihr zu Grunde liegenden Leasingverträge ebenfalls aufgelöst worden.
Der Prüfer habe die Ansicht vertreten, die atypisch stille Gesellschaft habe nicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, die zur Gänze, einschließlich der erhaltenen Ablösezahlungen, am Sitz der Gesellschaft, sohin beim Finanzamt Klagenfurt, zu erfassen seien. Bei der Ablösezahlung habe es sich nicht um die Abgeltung "außerbetrieblicher Mietrechte", sondern um eine Vergütung für die umfangreiche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Realisierung des Mietobjektes sowie der Beschaffung (Vermittlung) der Mieter gehandelt. Die Initiative für die Realisierung des Projektes K sei von Reinhold L. ausgegangen, der als Konsulent für die " E GmbH" tätig gewesen sei. Die Tätigkeit eines Immobilienmaklers umfasse gemäß § 255 Abs. 2 GewO u.a. die Vermittlung von Bestandverträgen über Wohnungen, Geschäftsräume und Unternehmen sowie die dazugehörige Beratung und Betreuung solcher Geschäfte. Auf Grund seiner Maklertätigkeit und der daraus resultierenden Kontakte zu diversen Firmen sei es Reinhold L. möglich gewesen, Informationen über den Bedarf an Einkaufszentren und Fachmärkten einzuholen und die Verwirklichung dieser Projekte zu erwirken. Der Beschwerdeführer sei als Angestellter und Prokurist der "E GmbH" mit den Projekten K und W befasst gewesen und habe für diese Projekte auch die Finanzierungskonzeption und Investitionsberatung ausgearbeitet. Durch die Branchenerfahrung des Reinhold L. als Immobilienmakler und des Beschwerdeführers als Experte auf dem Gebiet des Immobilien-Leasinggeschäftes sei es möglich gewesen, innerhalb von zwei Jahren die Objekte fast zu 100 % zu vermieten. Ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Abwicklung möglichst langfristiger und lukrativer Mietverträge (Führung von Anbahnungsgesprächen und Abschlussverhandlungen, Zusammenstellung einer Mieterstruktur mit möglichst geringem Risiko, Kalkulation der Mieten, Vorbereitung und Organisation der rechtlichen Abwicklung, usw.) habe den Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung bei Weitem überstiegen. Die Ablösezahlung sei daher als Vergütung für die genannte Tätigkeit zu sehen, zumal diese nicht auf andere Weise abgegolten worden sei. Auch die Beteiligung des Beschwerdeführers als ein auf dem Gebiet des Immobilien-Leasinggeschäftes erfahrener Experte spräche für einen über die bloße Vermögensverwaltung hinausgehenden Tätigkeitsbereich. Der für ein eher langfristig konzipiertes Immobilien-Leasinggeschäft ungewöhnlich frühe Kündigungszeitpunkt sowie die vertragliche Gestaltung der Mietverträge (die Leasingverträge seien von der Leasinggeberin mitunterfertigt und sei darin vereinbart worden, dass Rechte und Pflichten aus den Verträgen in vollem Umfang auf etwaige Rechtsnachfolger übergehen) sprächen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dafür, dass die Aufgabe der stillen Gesellschaft vor allem darin bestanden habe, einen von Anfang an geplanten Eintritt der Leasinggeberin in die Untermietverhältnisse vorzubereiten. Eine langfristig angelegte, rein vermögensverwaltende Tätigkeit sei nie ernsthaft beabsichtigt gewesen. Die von der atypisch stillen Gesellschaft im Zusammenhang mit den Projekten erzielten Mieteinnahmen und Ablösezahlungen seien daher zur Gänze als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen.
Sowohl die mit der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrages im Zusammenhang stehende hohe Ablösezahlung als auch das wahre Ausmaß des sich aus dem Vermietungsgemeinschaftsvertrag ableitenden Tätigkeitsbereiches seien erst im Prüfungsverfahren hervorgekommen.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, entgegen den Berufungsausführungen seien dem Finanzamt Judenburg zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides für das Jahr 1997 zwar die Vereinbarung über die Errichtung einer stillen Gesellschaft sowie die Einnahmen/Ausgaben-Rechnung für dieses Jahr, jedoch keine weiteren, das Leasingobjekt K betreffende Unterlagen (Leasingvertrag, Untermietverträge, Vereinbarung über eine Ablösezahlung, usw.) vorgelegen. Das Finanzamt Judenburg habe auch kein diesbezügliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der Hinweis der Berufung, die Abgabenbehörde habe bereits Anfang des Jahres 1998 die Frage der Qualifikation des Vermietungsgemeinschaftsvertrages sowie der daraus gezogenen Einkünfte geprüft bzw. beurteilt, beziehe sich offensichtlich auf das Verfahren betreffend Veranlagung der Einkommensteuer des Reinhold L. beim Finanzamt Klagenfurt. Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln sei jedoch ausschließlich aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Das Finanzamt Judenburg hatte daher zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides für das Jahr 1997 keinen Grund an der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu zweifeln und habe daher die Einkünfte zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Erst durch die abgabenbehördliche Prüfung habe das Finanzamt Kenntnis über den für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalt erhalten. Die für die Wiederaufnahme des Verfahrens relevanten Feststellungen betreffen u.a.
- die Art und den Umfang der Vermietungsobjekte,
- die konkrete rechtliche Ausgestaltung der Leasing- und Untermietverhältnisse,
- den tatsächlichen Umfang der Tätigkeit bezogen auf die Leasingobjekte,
- sowie die konkreten Vereinbarungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Auflösung der Leasingverträge und der Ermittlung des Ablösebetrages.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens sei daher vom Finanzamt keineswegs auf eine geänderte rechtliche Beurteilung eines bereits bekannten Sachverhaltes gestützt worden. Da die Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen jedenfalls zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte, sei die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO zu Recht erfolgt.
Zur Nichtfeststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führte die belangte Behörde aus, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 2000/14/0127, die Frage, ob an eine vermögensverwaltende KG, die eine Mehrzahl von in ihrem Eigentum stehenden Gebäuden vermietet und daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele, pro Veranlagungsjahr ein Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO zu erlassen sei, der ihre gesamte Vermietungstätigkeit erfasse, oder ob ein Feststellungsbescheid pro Vermietungsobjekt, insgesamt also eine Mehrheit von Feststellungsbescheiden, zu ergehen habe, beantwortet. Der Verwaltungsgerichtshof sei zum Ergebnis gelangt, dass an Personenhandelsgesellschaften und Erwerbsgesellschaften, deren Gesellschaftern gemeinschaftliche Einkünfte zufließen, nur ein Bescheid pro (Einkünfte-)Ermittlungszeitraum über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ergehen dürfe. Dieses Ergebnis müsse auch dann gelten, wenn eine atypisch stille Gesellschaft mehrere Objekte vermiete, weil nicht erkennbar sei, warum der Zweck der einheitlichen und gesonderten Feststellung, nämlich die Abführung von Parallelverfahren zu vermeiden, in diesem Fall ein anderer sein sollte. Diesem Ergebnis stünden auch die Bestimmungen der BAO über die örtliche Zuständigkeit zur Erlassung von Feststellungsbescheiden nicht entgegen. Nach § 54 Abs. 2 BAO sei für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens das Lagefinanzamt im Sinne des § 53 Abs. 1 lit. a BAO zuständig. Diese Bestimmung enthalte zwar keine Regelung für den Fall, dass mehrere wirtschaftliche Einheiten in Bereichen verschiedener Finanzämter gelegen seien. Damit komme aber die Subsidiaritätsregel des § 70 Z. 2 BAO (einer sonstigen dauernden Tätigkeit) zur Anwendung. Da der Ort, von dem aus die Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft ausgeübt werde, Klagenfurt sei, sei das Finanzamt Judenburg für die Feststellung dieser Einkünfte nicht zuständig. Schon aus diesem Grund sei der Spruch des angefochtenen Bescheides, soweit darin ausgesprochen werde, dass eine gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Mietobjekt K nicht zu erfolgen habe, zutreffend. Die Beurteilung, ob die atypisch stille Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, sei in dem Verfahren vorzunehmen, in dem die Einkünfte dieser Gesellschaft festgestellt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde im Spruch die Berufungen als unbegründet abgewiesen und hinzugefügt, die angefochtenen Bescheide blieben unverändert. Dieser Spruch ist daher so zu werten, als ob die belangte Behörde einen im Spruch mit dem bekämpften Bescheid des Finanzamtes übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (vgl. Ritz, BAO3, § 289, Tz 47 mit Hinweisen auf die hg. Judikatur). Demnach wurde das Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 188 BAO für 1997 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wiederaufgenommen, der dieses Jahr betreffende Feststellungsbescheid vom 30. Dezember 1998 aufgehoben und festgestellt, dass eine "gesonderte Feststellung von Einkünften aus V+V betreffend das Mietobjekt K" nicht zu erfolgen hat. In der Begründung hat die belangte Behörde die Ausführungen aus dem Bescheid des Finanzamtes wiedergegeben und offenkundig als Begründung ihres Bescheides übernommen. Im Erwägungsteil hat sie ausgeführt, dass die für die Wiederaufnahme des Verfahrens relevanten Feststellungen des Prüfers
- die Art und den Umfang der Vermietungsobjekte,
- die konkrete rechtliche Ausgestaltung der Leasing- und Untermietverhältnisse,
- den tatsächlichen Umfang der Tätigkeit bezogen auf die Leasingobjekte,
- sowie die konkreten Vereinbarungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Auflösung der Leasingverträge und der Ermittlung des Ablösebetrages
betroffen haben.
Während das Finanzamt davon ausgegangen ist, dass auf Grund seiner Feststellungen die im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Mietobjekt K erzielten Mieteinnahmen sowie die auf dieses Objekt entfallende anteilige Ablösezahlung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen seien, begnügt sich die belangte Behörde mit dem Ausspruch, dass die Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen jedenfalls zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte. Allein, um welche neu hervorgekommenen Tatsachen es sich handelt, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Weiters führte die belangte Behörde aus, laut dem Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft habe der Vertragsgegenstand in der Vermietung und Verpachtung der Objekte in W und in K bestanden; der Sitz des Geschäftsherrn sei nach diesem Vertrag Klagenfurt. Das Finanzamt Judenburg sei daher für die Feststellung dieser Einkünfte nicht zuständig. Schon aus diesem Grunde sei der bekämpfte Bescheid, insoweit ausgesprochen werde, dass eine gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Objekt K nicht zu erfolgen habe, zutreffend.
Mit diesen Ausführungen übersieht die belangte Behörde, dass der angesprochene Vertrag dem Finanzamt bei der Veranlagung vorgelegen ist und dies vom Prüfer auch nicht als Wiederaufnahmegrund herangezogen worden ist. Sie hat damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 2. März 2006
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