VwGH 2005/18/0609

VwGH2005/18/060915.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des H, geboren 1980, vertreten durch Kocher & Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 10. August 2005, Zl. III 3/8-2005, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf;
PaßG 1992 §15 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 10. August 2005 wurde gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839 idF BGBl. Nr. 507/1995 (PassG), dem Beschwerdeführer der von der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg am 29. März 1993 mit einer Gültigkeitsdauer bis 29. März 2003 ausgestellte Reisepass Nr. W0873808 entzogen.

Der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 14. Jänner 2004 wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und 3 Suchtmittelgesetz - SMG und der Vergehen nach § 27 Abs. 1 leg. cit. für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Bei dieser Strafbemessung seien als mildernd die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, und als erschwerend der lange Deliktszeitraum, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit mehreren Vergehen und die teils gemeinschaftliche Tatbegehung gewertet worden.

So habe der Beschwerdeführer folgende Straftaten begangen:

"A) in G, B und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

I. in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) teils in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, teils in Verkehr gesetzt, teils in Verkehr zu setzen versucht, und zwar:

1. indem er

a) im Zeitraum 1997 bis Mitte Mai 2003 insgesamt zumindest 1.000 Gramm Marihuana in zahlreichen Angriffen an G gewinnbringend verkaufte,

b) im Zeitraum Anfang des Jahres 2001 bis Juni 2001 insgesamt 10 Gramm Speed, 20 Gramm Marihuana und 200 LSD-Trips in zahlreichen Angriffen an C gewinnbringend verkaufte,

c) im Zeitraum Anfang bis Mitte 2002 fünf Gramm Speed an C gewinnbringend verkaufte und dem Genannten weitere unbekannte Mengen Speed in mehreren Angriffen anlässlich gemeinsamer Konsumation unentgeltlich überließ,

2. der Berufungswerber und R im bewussten und gewollten Zusammenwirken, indem sie

a) im Zeitraum 1998 bis April 2003 insgesamt ca. 10 Gramm Speed in mehreren Angriffen G anlässlich gemeinsamer Konsumationen unentgeltlich überließen,

b) im Zeitraum 2001 bis 2002 insgesamt 25 Gramm Speed an R gewinnbringend verkauften und dem Genannten zumindest weitere 4 Gramm Speed anlässlich gemeinsamer Konsumationen unentgeltlich überließen,

c) im Zeitraum Winter 2001 bis Oktober 2002 insgesamt zumindest 500 Gramm Speed und 500 Gramm Marihuana in zahlreichen Angriffen an M gewinnbringend verkauften,

d) im Zeitraum Ende Sommer 2002 bis 08.04.2003 insgesamt zumindest 120 Gramm Speed M im Tauschweg überließen und

e) Anfang Oktober 2002 zumindest 10 Gramm Speed M im Tauschweg überließen;

II. mit Ausnahme der zu I. angeführten Mengen erworben, besessen und erzeugt, und zwar:

der Berufungswerber, indem er

a) im Zeitraum Anfang des Jahres 2001 bis Juni 2001 insgesamt 60 Gramm Speed in mehreren Angriffen von C kaufte und in der Folge konsumierte.

b) im Zeitraum Ende 2001 bis 19.05.2003 unbekannte Mengen Marihuana und Haschisch in zahlreichen Angriffen von bislang unbekannten Personen teils kaufte, teils unentgeltlich erhielt und in der Folge konsumierte.

c) im Zeitraum Anfang 2002 bis Anfang Mai 2003 unbekannte Mengen Speed in zahlreichen Angriffen von M und weiteren, bislang unbekannten Personen teils kaufte, teils unentgeltlich erhielt und in der Folge konsumierte.

d) im Zeitraum Sommer 2002 bis Anfang April 2003 unbekannte Mengen Marihuana in zahlreichen Angriffen gemeinsam mit

M konsumierte, wobei ihm das Suchtgift jeweils zur Verfügung gestellt wurde,

e) im Zeitraum Herbst 2002 bis 08.04.2003 insgesamt 250 Gramm Marihuana in zahlreichen Angriffen von M teils im Tauschweg erhielt, teils kaufte und in der Folge konsumierte und

f) im Jahr 2002 ca. 100 Gramm Marihuana durch Anbau, Aufzucht, Ernte und Trocknung gewann und in der Folge konsumierte;

3. R und der Berufungswerber im bewussten und gewollten Zusammenwirken Anfang Oktober 2002, indem sie 100 Stück amphetaminhältige Ecstasy-Tabletten von M im Tauschweg erhielten und in der Folge konsumierten;

wobei R und der Berufungswerber die unter A), I., 1. und 2. und B) angeführten Verbrechenstatbestände jeweils deshalb begingen, weil sie selbst an Suchtmittel gewöhnt sind und um sich durch die Begehung dieser Straftaten Suchtmittel oder die Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen."

Es sei daher eine Tatsache vorgelegen, die die Annahme gerechtfertigt habe, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass in Hinkunft benützten wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift einzuführen oder in Verkehr zu setzen. Durch das Inverkehrsetzen des Suchtgiftes habe er beigetragen, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhalts der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates Graz vom 4. April 2005 erhobenen Berufung und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen weiter aus, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die von ihm verübten Straftaten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Auf Grund dieses Sachverhalts und in Anbetracht des Erfahrungswissens, dass gerade bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß sei, könne wegen der hohen Rückfallsgefahr eine positive Verhaltensprognose für den Beschwerdeführer nicht gestellt werden und seien die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG erfüllt. Dabei sei es nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob er seinen Reisepass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftaten nach dem SMG verwendet habe, sei es doch eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft sei. Im Übrigen würde die Verwendung eines Reisepasses dem Beschwerdeführer einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG ist die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass (Z. 3) der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder (Z. 4) durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

2. Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer im Zeitraum von 1997 bis Mitte Mai 2003, wie oben (I.1.) dargestellt, in zahlreichen Angriffen Suchtgift in einer großen Menge an andere Gewinn bringend verkauft, wobei er in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, somit gewerbsmäßig, handelte, und weiters anderen Suchtgift auch unentgeltlich überlassen. Durch diese Handlungen verwirklichte er den Verbrechenstatbestand nach § 28 Abs. 2 und 3 SMG.

In Anbetracht des langen Deliktszeitraumes, der gewerbsmäßigen Vorgangsweise und der großen Suchtgiftmenge - somit einer Menge an Suchtgift, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 2 iVm Abs. 6 SMG) - begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass für den Beschwerdeführer keine positive Verhaltensprognose erstellt werden könne, keinen Bedenken.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass es nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung ist, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass bei der Begehung der ihm angelasteten Straftaten nach dem SMG verwendet hat. So ist es, worauf im angefochtenen Bescheid bereits hingewiesen wurde, eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist, und würde ein Reisepass einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern. Da strafrechtliche Vorschriften den Beschwerdeführer nicht davon abhalten konnten, über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen, besteht keine Gewähr dafür, dass er im Bedarfsfall nicht auch seinen Reisepass zur Begehung solcher Straftaten verwenden würde.

Auch bietet die von der Beschwerde behauptete Drogentherapie, der sich der Beschwerdeführer laut seinen Behauptungen seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft unterziehe und die einen ausgezeichneten Erfolg aufweise, sodass er nicht mehr an Suchtmittel gewöhnt sei, keine Gewähr dafür, dass er nicht erneut mit Suchtgiften in einer großen Menge gewerbsmäßig handeln werde und seinen Reisepass nicht zu den im § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG genannten Handlungen missbrauchen werde, zumal der seit den besagten Straftaten verstrichene Zeitraum zu kurz ist, um die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

3. Schließlich ist auch das weitere Beschwerdevorbringen, dass sämtliche Erwägungen zu einer Ermessensübung fehlten, nicht zielführend, verkennt die Beschwerde doch mit diesem Vorbringen, dass der belangten Behörde bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Passversagungsgrundes kein Ermessen eingeräumt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2002/18/0036, mwN).

4. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde zu Recht den Tatbestand des § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG als verwirklicht erachtet hat, erübrigt es sich, noch auf den weiteren von ihr herangezogenen Passversagungsgrund des § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. einzugehen.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. November 2005

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