VwGH 2005/18/0185

VwGH2005/18/018514.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des H, geboren 1978, vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. April 2005, Zl. SD 1712/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §19;
AuslBG §25;
FrG 1997 §19;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FrG 1997 §7;
EMRK Art8 Abs2;
AsylG 1997 §19;
AuslBG §25;
FrG 1997 §19;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §7 Abs3 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FrG 1997 §7;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. April 2005 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität und Nationalität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei laut seinen unbestätigten Angaben am 4. September 2000 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und habe am darauf folgenden Tag beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, der mit erstinstanzlichem Bescheid vom 18. Dezember 2000 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien zulässig sei, abgewiesen worden sei. Seine dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. März 2003 abgewiesen worden. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof im September 2004 abgelehnt.

Trotz des negativ abgeschlossenen Asylverfahrens sei der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen. Vielmehr habe er am 15. Oktober 2003 beim Landeshauptmann von Wien (MA 20) einen Antrag auf Erteilung einer (quotenpflichtigen) Niederlassungsbewilligung gestellt, der mit Bescheid vom 20. April 2004 und im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 2005 zurückgewiesen worden sei. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde sei derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2005 nicht stattgegeben worden.

Der Beschwerdeführer, der ab dem 5. Dezember 2000 bis zum rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 - AsylG gewesen sei, halte sich - in der Berufung unbestritten - seit September 2004 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal er weder im Besitz eines Einreise- noch eines Aufenthaltstitels sei. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG seien zweifelsfrei gegeben. In einem solchen Fall könne ein Fremder mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. entgegen stehe.

Der Beschwerdeführer habe sich lediglich auf Grund eines Asylantrages, welcher sich in der Folge als unbegründet erwiesen habe, im Bundesgebiet aufgehalten und sei seit über einem halben Jahr nicht mehr im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet habe er nicht geltend gemacht.

Selbst wenn man unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer im Besitz einer bis 16. November 2004 gültigen Arbeitserlaubnis des AMS gewesen sei, überhaupt von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausgehen wollte, wäre dessen ungeachtet die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer in gravierender Weise missachtet worden. Zu seinen Ungunsten falle, abgesehen davon, dass er sich seit mehr als einem halben Jahr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weiters ins Gewicht, dass er seinen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz eines rechtskräftig erledigten Asylverfahrens fortgesetzt habe. Zudem sei er mit (seit 29. Juni 2001 rechtskräftigem) Straferkenntnis der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) wegen einer schwer wiegenden Verwaltungsübertretung im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG, nämlich wegen eines Verstoßes gegen das Meldegesetz, bestraft worden. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten bzw. beruflichen Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Auch könne dem Umstand, dass er über eine Arbeitserlaubnis verfüge, kein entscheidendes Gewicht zukommen, bedürfe er doch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit eines gültigen Aufenthaltstitels. Abgesehen davon habe er bereits zum Zeitpunkt seiner illegalen Einreise nicht mit einem längeren Aufenthalt und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet rechnen dürfen.

Vor diesem Hintergrund könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden; dies umso weniger, als er derzeit vor allem im Hinblick auf § 14 Abs. 2 FrG rechtens nicht in der Lage sei, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der insoweit von der Beschwerde nicht bestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. März 2003 abgewiesen, die Behandlung der von ihm dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde abgelehnt und der von ihm gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 2005 zurückgewiesen worden sei und er auch nicht über einen (sonstigen) Aufenthaltstitel oder Einreisetitel verfüge, begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit die Tatbestandsvoraussetzung des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer bis zum 8. April 2003 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG gewesen sei und am 20. März 2003 den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt habe, der erst mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 2005 zurückgewiesen worden sei. Im Zug dieser Antragstellung sei ihm von der Erstbehörde eine Bestätigung über die erfolgte Antragstellung mit dem Hinweis ausgestellt worden, dass er gemäß § 31 Abs. 4 FrG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Er befinde sich daher, wenn überhaupt, erst seit 17. Februar 2005, somit erst seit einem Vierteljahr, ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich.

Ferner sei er im Besitz einer bis zum 8. Dezember 2006 - und nicht, wie von der belangten Behörde unrichtig angenommen, bis 16. November 2004 - gültigen Arbeitserlaubnis, könne daher in Österreich einer geregelten Beschäftigung nachgehen und sei derzeit als Pflasterer beschäftigt. Hinzu komme, dass ihm bisher kein Straferkenntnis wegen einer Übertretung des Meldegesetzes zugegangen sei.

Die belangte Behörde unterlaufe den Sinn und Zweck des § 37 FrG und habe auch den für die Ermessensentscheidung erforderlichen Sachverhalt nicht hinreichend genau ermittelt.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.1. Im Rahmen der Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde darauf Bedacht genommen, dass der Beschwerdeführer, der unbestritten am 4. September 2000 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist ist, bis zum rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG und über eine bis 16. November 2004 gültige Arbeitserlaubnis verfügt habe, und ihren weiteren Erwägungen die Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen Eingriffes in sein Privatleben zu Grunde gelegt. Die aus der Dauer seines Aufenthaltes ableitbare Integration des Beschwerdeführers in Österreich wird in ihrem Stellenwert allerdings dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt nach Ablehnung der Behandlung der von ihm gegen den negativen Asylbescheid erhobenen Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof seit September 2004 unrechtmäßig war und sein davor gelegener inländischer Aufenthalt auf einen Asylantrag zurückzuführen ist, der sich als nicht berechtigt erwiesen hat. In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdevorbringen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zur rechtskräftigen Zurückweisung seines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 2005 im Hinblick auf § 31 Abs. 4 FrG rechtmäßig gewesen sei, zu erwidern, dass ihm die Stellung des Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung keine Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 31 Abs. 4 leg. cit. verschaffen konnte, handelt es sich doch auf dem Boden der insoweit in der Beschwerde nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bei diesem Antrag nicht um einen solchen auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zl. 2000/18/0167, mwN, wonach es sich bei einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG weder um einen Aufenthaltstitel noch um eine sonstige Berechtigung zur Niederlassung handelt).

Den obgenannten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht das aus seinem unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet resultierende öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis, mwN) kommt dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt seit September 2004, somit bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides in der Dauer von über einem halben Jahr, wesentlich beeinträchtigt. Zu Recht hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 14 Abs. 2 (erster Satz) FrG rechtens nicht in der Lage ist, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Unter diesem Blickwinkel begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig - weil zur Wahrung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten - sei, keinem Einwand.

Hiebei kann es dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer überdies gegen das Meldegesetz (1991) verstoßen hat und ob ihm ein deswegen ergangenes Straferkenntnis der Erstbehörde - was die Beschwerde insoweit in Abrede stellt - zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen ist.

An der genannten Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG vermag auch das Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer über eine bis 8. Dezember 2006 gültige Arbeitserlaubnis verfüge und er derzeit als Pflasterer beschäftigt sei, nichts zu ändern. Gemäß § 25 Ausländerbeschäftigungsgesetz enthebt die Erteilung einer Arbeitserlaubnis den Ausländer nicht der Verpflichtung, den jeweils geltenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern nachzukommen. Nach dem FrG benötigen Drittstaatsangehörige in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit einen Aufenthaltstitel (vgl. § 7 Abs. 3 Z. 2 und Abs. 4 Z. 2 und 4 leg. cit.). Da dem Beschwerdeführer ein für seine Erwerbstätigkeit notwendiger Aufenthaltstitel bisher nicht erteilt wurde, kommt der von der Beschwerde ins Treffen geführten Arbeitserlaubnis und einer von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeit nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung zu.

3.2. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein - materieller - Ermessensfehler unterlaufen sei. Die Beschwerde macht mit dem obzitierten Vorbringen (vgl. II.2.) nichts geltend, was gewichtig gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers spräche, und es treten auch aus dem angefochtenen Bescheid keine Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Juni 2005

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