VwGH 2004/21/0178

VwGH2004/21/017822.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde 1. der A, und 2. der H in Bludenz, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 25. Mai 2004, Zl. Fr-4250b-17/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art7;
FrG 1993 §33 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;
ARB1/80 Art7;
FrG 1993 §33 Abs1;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Beschwerdeführerinnen, beide Staatsangehörige der Türkei, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides seien die Beschwerdeführerinnen mit einem vom 22. Juni 2003 bis 15. September 2003 gültigen Visum "C" (Reisevisum) nach Österreich eingereist und, nachdem dessen Gültigkeitsdauer abgelaufen sei, der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Die Beschwerdeführerinnen hielten sich seither in Bludenz beim Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. dem Vater der Zweitbeschwerdeführerin, der seit fast 15 Jahren in Österreich unselbständig beschäftigt sei, auf. Ihr im August 2003 eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 2004 abgewiesen worden. Selbst wenn der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführerinnen assoziationsintegrierter türkischer Staatsangehöriger wäre, so die belangte Behörde weiter, ließe sich daraus mangels Genehmigung im Sinn des Art. 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 (ARB), zum Ehemann bzw. Vater zu ziehen, für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerinnen im Bundesgebiet nichts gewinnen. Da diese nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels für das Bundesgebiet seien, hielten sie sich nicht rechtmäßig in Österreich auf, weshalb der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei.

Zur Interessenabwägung nach § 37 FrG stellte die belangte Behörde fest, die Erstbeschwerdeführerin habe bis zu ihrer Einreise in das Bundesgebiet seit fast 15 Jahren von ihrem Ehemann getrennt in der Türkei gelebt, wo die Zweitbeschwerdeführerin ohne ihren Vater aufgewachsen sei. Ihr Aufenthalt in Österreich sei nur für die kurze Zeit der Gültigkeitsdauer des Besuchervisums rechtmäßig gewesen. Wenngleich die Ausweisung mit einem Eingriff in das Familienleben der beiden Beschwerdeführerinnen einhergehe, so relativiere sich die Intensität dieses Eingriffs angesichts der langjährigen Trennung von ihrem Ehemann bzw. Vater. Demgegenüber sei bei der Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG der hohe Stellenwert, der den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Normen zukomme, zu berücksichtigen. Dieses öffentliche Interesse sei durch den unrechtmäßigen Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen im Bundesgebiet erheblich beeinträchtigt worden. Zufolge § 31 Abs. 4 FrG könne auch ihr Aufenthalt während des Verfahrens zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht als rechtmäßig angesehen werden, weil es sich diesbezüglich um Erstanträge gehandelt habe. Die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen erweise sich daher im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten.

Über die von den Beschwerdeführerinnen gemeinsam erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerinnen bringen in der Beschwerde vor, ihr Ehemann bzw. Vater sei seit 1991 durchgehend in Österreich beschäftigt und verfüge über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung und einen gültigen Befreiungsschein. Dieser habe, wie sie nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet erkannt hätten, die Trennung von der Familie nur schlecht verkraftet. Da ihnen nach der Einreise in das Bundesgebiet mit einem gültigen Einreisetitel überdies die "Möglichkeit einer Inlandsantragstellung" bekannt geworden sei, hätten sie sich entschieden, in Österreich die "Verlängerung ihres Aufenthaltstitels" zu beantragen. Sie hätten daher und im Hinblick auf ihren Rechtsanspruch auf Familieneinheit, der die Erteilung einer "Erstniederlassungsbewilligung" aus humanitären Gründen rechtfertige, die Entscheidung über den beantragten Aufenthaltstitel im Inland abwarten dürfen.

Was zunächst die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG anlangt, so ist dem genannten Beschwerdevorbringen entgegen zu halten, dass bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unstrittig durch den rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 2004 abgewiesen waren.

Die Beschwerdeführerinnen haben daher, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, mangels Genehmigung, zur Ankerperson zu ziehen, auch die Voraussetzungen des Art. 7 ARB nicht erfüllt, sodass für die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet aus diesem Abkommen nichts zu gewinnen ist. Von daher gehen die weitwendigen Ausführungen der Beschwerde zu den aus der Richtlinie 64/221/EWG resultierenden Anforderungen an ein Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen ins Leere (schon deshalb entgegen der Beschwerdemeinung kein Anlass besteht, § 94 Abs. 1 FrG beim Verfassungsgerichtshof anzufechten). Der belangten Behörde ist somit zuzustimmen, wenn sie den Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG als verwirklicht ansah.

Dem bereits genannten Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerinnen hätten ihre Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zulässigerweise vom Inland aus stellen können und sie seien bis zur Entscheidung darüber zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen, käme nur Bedeutung zu, wenn ihr Aufenthalt bis zum genannten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 2004 rechtmäßig gewesen wäre und so die Integration der Beschwerdeführerinnen wesentlich verstärkt und damit die gegenständliche Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG entscheidend beeinflusst hätte. Mangels eines rechtmäßigen und längeren Aufenthalts der Beschwerdeführerinnen in Österreich kann seitens des Verwaltungsgerichtshofes die wiedergegebene Beurteilung der belangten Behörde, die Ausweisung der Beschwerdeführerinnen sei im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Wenn diese im gegebenen Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2003, G 119, 120/03, verweisen, so sind im gegenständlichen Fall keine Gründe ersichtlich, die ausnahmsweise eine Familienzusammenführung im Licht des Art. 8 EMRK geboten erscheinen ließen (siehe auch dazu - vergleichbar auch bezüglich der Dauer des Aufenthalts der Ankerperson in Österreich - das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004 und jenes vom selben Tag, Zlen. 2004/21/0187 bis 0190).

Da somit bereits die Beschwerdeausführungen erkennen lassen, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2005

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