VwGH 2004/16/0161

VwGH2004/16/016130.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der K GmbH in A, vertreten durch Graf von Westphalen Bappert & Modest, Rechtsanwälte in D-20354 Hamburg, Große Bleichen 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Zollsenat 4 (I), vom 23. Juni 2004, Zl. ZRV/0062-Z4I/03, betreffend Ausfuhrerstattung, zu Recht erkannt:

Normen

31998R0615 TransportDV Schutz lebender Rinder;
31999R1254 GMO Rindfleisch;
61997CJ0263 First City Trading VORAB;
31998R0615 TransportDV Schutz lebender Rinder;
31999R1254 GMO Rindfleisch;
61997CJ0263 First City Trading VORAB;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Am 23. Mai 2002 meldete der Beschwerdeführer insgesamt 33 Stück reinrassige Zuchtrinder (Zuchtfärsen) zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft an und beantragte in der Ausfuhranmeldung die Zuerkennung einer Ausfuhrerstattung.

Die Ausfuhr der Tiere aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft erfolgte auf dem Straßenweg von Freistadt über das Zollamt Spielfeld nach Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Die Tiere wurden am Morgen des 23. Mai 2002 auf den LKW verladen. Unbestritten ist, dass der LKW um 8:00 Uhr dieses Tages Freistadt verließ und am Bestimmungsort, in der Nähe von Novo Topola, Bosnien-Herzegowina, am 24. Mai 2002 um 15:00 Uhr eintraf, wo um 15:12 Uhr mit dem Entladen der Tiere begonnen wurde. Dem Kontrollorgan der V GmbH, die vom Zollamt Suben mit der Kontrolle im Bestimmungs-Drittland nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 beauftragt worden war, wurde hiezu der Zutritt verweigert. Die V GmbH erstattete hierüber einen Bericht vom 24. Juni 2002.

Mit Bescheid vom 8. Juli 2002 wies das Zollamt Salzburg/Erstattungen den Antrag auf Gewährung einer Ausfuhrerstattung ab. Begründend führte die Erstbehörde aus, im gegenständlichen Fall sei eine Kontrolle bei der Entladung im Bestimmungsdrittland nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 angeordnet worden. Die Vor-Ort-Kontrolle sei jedoch nicht zugelassen worden. Es habe weder die Zahl der aus dem Transportmittel entladenen lebenden Rinder noch die Zahl der lebenden Rinder, deren Zustand und/oder Gesundheit den Schluss rechtfertige, dass die Gemeinschaftsvorschriften über den Schutz von Tieren beim Transport eingehalten worden wären, überprüft werden können. Infolgedessen sei, wenn die Kontrolle nur deshalb nicht habe vorgenommen werden können, weil der Ausführer oder sein Repräsentant die Durchführung verhindere, obwohl sie rechtzeitig im Voraus benachrichtigt worden seien, der Antrag auf Zahlung von Ausfuhrerstattungen abzuweisen. Gemäß Art. 5 Abs. 3 der genannten Verordnung werde die Ausfuhrerstattung für Tiere, die während des Transports verendet seien, oder bei denen beim Transport die Richtlinie über den Schutz von Tieren nicht eingehalten worden sei, nicht gezahlt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte vor, trotz ihrer Bemühungen habe der in Bosnien zuständige Veterinär dem Kontrollor der V GmbH den Zutritt nicht genehmigt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 23. August 2002 wies das Zollamt Salzburg/Erstattungen die Berufung als unbegründet ab. Unter Wiedergabe der Art. 1, 3 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 und des Berichtes der V GmbH vom 24. Juni 2002 führte diese Behörde zusammenfassend aus, da die angeordnete, rechtzeitig bekannt gegebene Kontrolle im Bestimmungsdrittland nicht habe vorgenommen werden können, weil sie verhindert worden sei, seien die Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung nicht eingehalten worden und es habe die Gewährung der Ausfuhrerstattung auf Grund von Art. 1 verweigert werden müssen. Die Beschwerdeführerin bestreite nicht, dass die Vor-Ort-Kontrolle verhindert worden sei. Allerdings habe nicht der Veterinär in Bosnien, wie vorgebracht, sondern der Besitzer des Geländes der Entladestelle die Kontrolle verhindert. Eine schriftliche Bestätigung über die Ablehnung durch den bosnischen Veterinär liege der Erstbehörde nicht vor. Die Beschwerdeführerin lege mit ihrer Berufung keine Beweismittel vor noch mache sie ihr Vorbringen anderweitig glaubhaft; desgleichen fehlten Angaben darüber, welche Vorkehrungen sie getroffen hätte und was sie unternommen hätte, um dem Kontrollorgan die Durchführung der Kontrolle zu ermöglichen. Sie meine weiters, sie hätte keinen Einfluss auf die Entladung im Bestimmungsdrittland; dem sei entgegenzuhalten, dass die Wahl des Geschäftspartners Sache der Beschwerdeführerin sei und ebenso die Vorkehrungen bei Vertragspartnern für allfällige Kontrollen, an die die Gewährung der Ausfuhrerstattung geknüpft sei. In diesem Zusammenhang müsse darauf hingewiesen werden, dass auch der Transportplan des von der Beschwerdeführerin beauftragten Frachtführers hinsichtlich Zeit und Entladestelle unrichtig gewesen sei. Die Erstbehörde sei nicht überzeugt, dass der Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 der genannten Verordnung aus Gründen, die der Beschwerdeführerin nicht anzulasten seien, unterblieben sei.

In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde vertrat die Beschwerdeführerin den Standpunkt, sie habe die Verweigerung der Kontrolle durch die Veterinäre von V nicht beeinflussen können. Diesbezüglich verweise sie auf vorgelegte Bestätigungen der Amtsveterinäre. Weiters rechtfertige eine Undurchführbarkeit der Kontrollen nicht eine Versagung der Ausfuhrerstattung. In einem näher bezeichneten Informationsschreiben des Bundesministeriums für Finanzen zu Art. 4 der genannten Verordnung heiße es ausdrücklich, sollte trotz aller Bemühungen des Exporteurs eine Kontrolle durch die zuständigen Behörden des Drittlandes versagt werden, werde dies keine Auswirkungen auf die Gewährung der Ausfuhrerstattung haben. Der in der Berufungsvorentscheidung hergestellte Zusammenhang zwischen der Versagung der Ausfuhrerstattung und der verweigerten Kontrolle sei daher nicht gegeben. Weder die Verordnung (EG) Nr. 615/98 noch die Ausfuhrerstattungsverordnung ermächtigten die für die Zahlung der Ausfuhrerstattung zuständigen Behörden, bei Problemen mit der Durchführung dieser ergänzenden Kotrollen die Zahlung der Ausfuhrerstattung zu verweigern. Da der Anspruch auf Ausfuhrerstattung "EG-rechtlich" geregelt sei, bedürfte es für eine solche Verweigerung einer Rechtsgrundlage im "Europäischen Recht". Eine solche sei nicht gegeben. Interne Anweisungen des Bundesministeriums für Finanzen an das Zollamt Salzburg/Erstattungen könnten eine Versagung nicht begründen.

Die belangte Behörde übermittelte den Bericht der V GmbH der Beschwerdeführerin, die hiezu eine umfangreiche Stellungnahme erstattete. In einem weiteren Schriftsatz nahm die Beschwerdeführerin zur Frage der Überschreitung der höchstzulässigen Transportdauer nach Z. 4 lit. d des Kapitels VII des Anhanges der Richtlinie 91/628/EWG Stellung; zur verzögerten Abfertigung des Tiertransports an der kroatisch-bosnischen Grenze vertrat sie die Ansicht, die "letztendliche Ursache hiefür" sei im Verschulden des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Freistadt gelegen, der den Transportplan nicht in blauer, sondern in schwarzer Farbe abgestempelt habe, wodurch bei der Grenzabfertigung der Verdacht erweckt worden sei, dass es sich beim Transportplan nur um eine "unterschriebene Kopie" gehandelt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und auszugsweiser Wiedergabe der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 26. Juni 1999, der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 sowie der Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 führte sie fallbezogen aus, im zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren sei zunächst unklar gewesen, ob mit der Angabe im Transportplan "Uhrzeit des Versands 08:00 Uhr" der Verladebeginn der Tiere oder die Abfahrt des LKW gemeint gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 7. April 2004 den vom Abfertigungszollamt angegebenen Verladebeginn mit "ca. 06:10 Uhr" bestritten und den Standpunkt vertreten, dieser könne "frühestens auf 06:45 Uhr angesetzt werden". Der von der Beschwerdeführerin in den Raum gestellte Verladebeginn um 6:45 Uhr sei vom Abfertigungszollamt bestätigt worden. Nach dem Ermittlungsverfahren stehe für die belangte Behörde somit zweifelsfrei fest, dass es sich bei der Eintragung im Feld 8 des Transportplans (08:00 Uhr) um den Zeitpunkt der Abfahrt des beladenen Tiertransporters von Freistadt handle. Untermauert werde diese Annahme durch den nachvollziehbaren zeitlichen Ablauf des Geschehens am 23. Mai 2002. Laut den Unterlagen sei erwiesen, dass die Abfertigungshandlungen um 6:30 Uhr begonnen hätten. Ein Verladebeginn rund 15 Minuten später, nach einer ersten Sichtung der vorhandenen Unterlagen und einer Überprüfung des leeren Transportmittels, sei plausibel. Bis zum Zeitpunkt der Abfahrt um 8:00 Uhr seien für die anschließende Verladung von 33 Tieren, inklusive der Kontrolle aller Ohrmarkennnummern (laut Beschauprotokoll), der Überprüfung aller Abfertigungsunterlagen und dem Anbringen von vier Raumverschlüssen 75 Minuten zur Verfügung gestanden. Anschließend seien die Tiere über eine Wegstrecke von rund 310 km bis zum Grenzübergang Spielfeld transportiert worden. Der elektronische Routenplaner berechne für diese Strecke mit einem PKW eine Gesamtfahrzeit von 3 Stunden und 23 Minuten. Eine Transportdauer von 4 Stunden und 30 Minuten für dieselbe mit einem LKW zurückgelegte Wegstrecke, die sich im konkreten Fall bei einer Abfahrt um 8:00 Uhr in Freistadt und der im Transportplan vermerkten Ankunft in Spielfeld um 12:30 Uhr ergebe, erscheine nicht zu hoch angesetzt.

Der Frage des Verladebeginns, und damit des Transportbeginns, komme im Zusammenhang mit Kapitel VII des Anhanges zur Richtlinie 91/628/EWG , in dem Zeitabstände für das Tränken und Füttern festgelegt und darüber hinaus Bestimmungen zu den Fahrt- und Ruhezeiten normiert würden, besondere Bedeutung zu. Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 91/628/EWG sei unter "Transport" jegliche Beförderung von Tieren mit einem Transportmittel, einschließlich Ver- und Entladen zu verstehen. Somit sei im gegenständlichen Fall bei der Berechnung der Transportzeiten von einem Transportbeginn am 23. Mai 2002 um 6:45 Uhr auszugehen. Im Transportplan sei am selben Tag in der Zeit von 21:25 Uhr bis 22:30 Uhr - also nach einer Transportdauer von 14 Stunden und 40 Minuten - erstmals eine Versorgung der Tiere am "Parkplatz Zagrep" vermerkt. Bereits in der Zeitüberschreitung von 40 Minuten sei eine Verstoß gegen die "14-1-14 Regel" des Kapitels VII Z. 48 Punkt 4 lit. d leg. cit. zu sehen.

Aber nicht nur die höchstzulässige Transportdauer von 14 Stunden bis zur ersten Fütterung und Tränkung sei im vorliegenden Fall überschritten worden, sondern auch die höchstzulässige Gesamttransportzeit von 29 Stunden. Der im Kontrollbericht der V GmbH festgehaltene Entladebeginn am 24. Mai 2002 um 15:12 Uhr sei von der Beschwerdeführerin unbestritten geblieben. Dadurch ergebe sich - ohne Berücksichtigung der Dauer der Entladung - eine Gesamttransportdauer von 32 Stunden und 27 Minuten, somit eine Überschreitung der höchstzulässigen Gesamttransportdauer um 3 Stunden und 27 Minuten. Anders als die Beschwerdeführerin sehe die belangte Behörde den Grund dafür nicht nur in der vom österreichischen Amtstierarzt verwendeten Stempelfarbe. Dies möge zwar zu einer zusätzlichen Verzögerung (bei der Grenzabfertigung) beigetragen haben. Der Hauptgrund für die Verzögerung liege aber nach Ansicht der belangten Behörde in der offensichtlich unrealistischen Planung des Transportverlaufes durch den Frächter, dessen Verhalten der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. In Feld 4 des Transportplans sei eine voraussichtliche Fahrdauer von insgesamt 15 Stunden eingetragen, wobei die Einplanung von "2 Stunden Versorgung, Zoll + 1 Stunde" für die Aufenthaltsdauer an drei Grenzübergängen sowie die Versorgung der Tiere, inklusive einer mindestens einstündigen Ruhepause, außerordentlich optimistisch erscheine. Aber selbst bei einem optimalen Transportverlauf hätte die Fahrt nicht im Sinne der Planung vorgenommen werden können. Das Eintreffen am kroatisch-bosnischen Grenzübergang sei am 23. Mai 2002 um 20:00 Uhr geplant gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wäre aber, wie aus dem Kontrollbericht der V GmbH hervorgehe, eine Abfertigung der Tiere nicht mehr möglich gewesen, weil die Amtsstunden des bosnischen Grenztierarztes um 19:00 Uhr geendet hätten. Die grenztierärztliche Kontrolle hätte frühestens am nächsten Tag um 7:00 Uhr erfolgen können. Man könne aber nicht davon ausgehen, dass die Abfertigung, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, de facto "um" 7:00 Uhr stattgefunden hätte, weil der Zeitpunkt der tatsächlichen Abfertigung bekanntlich von verschiedenen Faktoren abhänge, wie etwa dem LKW-Verkehrsaufkommen oder der Vollständigkeit und Richtigkeit von Unterlagen. Zudem lasse sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, ob die Abfertigung bei einem normalen Verlauf der Dinge, daher ohne die behaupteten Schwierigkeiten hinsichtlich der Stempelfarbe, nicht ähnlich lange gedauert hätte. Schon allein aus den genannten Gründen erweise sich der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Abzug von 6 Stunden bei der Berechnung der Gesamttransportzeit als unbegründet. Unabhängig davon vertrete die belangte Behörde den Standpunkt, dass eine derartige Vorgangsweise laut "Tiertransportrichtlinie" unzulässig sei, weil eine Transportzeitüberschreitung verschuldensunabhängig zu prüfen sei und Toleranz nur im Rahmen der Bestimmung des Kapitels VII Z. 48 Punkt 8 des Anhanges zur Richtlinie 91/628/EWG geübt werden könne. Darüber hinaus stehe die einseitige Schuldzuweisung durch die Beschwerdeführerin an den österreichischen Amtstierarzt für den Aufenthalt des Tiertransporters am kroatisch-bosnischen Grenzübergang wegen der verwendeten Stempelfarbe nicht im Einklang mit der Aktenlage. Aus dem Kontrollbericht (der V GmbH) ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde klar, dass die Überschreitung der Gesamttransportzeit überwiegend, wenn nicht ausschließlich auf die unrealistische Transportplanung zurückzuführen sei. Gerade bei der beabsichtigten Beantragung einer Ausfuhrerstattung für lebende Tiere könne von einem Ausführer bzw. seinem Frächter selbstverständlich erwartet werden, sich über Abfertigungszeiten von Zollämtern oder Veterinärbehörden Kenntnis zu verschaffen. Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin im konkreten Fall bei ihrem ortsansässigen Geschäftspartner Erkundigungen über die übliche Abfertigungsdauer am kroatisch-bosnischen Grenzübergang einholen müssen. Eine Abfertigungsdauer von mehreren Stunden, die an diesem Grenzübergang nach den Erfahrungen der einheimischen Kunden zumindest für die Abfertigung von Lebendtieren durchaus üblich zu sein scheine, hätte bei der Transportplanung Berücksichtigung finden müssen. Da die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die Ursache für die Transportzeitüberschreitungen in der unrealistischen Transportplanung, also im Verantwortungsbereich der Beschwerdeführerin, sehe, erübrigten sich Erörterungen zur Frage des Vorliegens von höherer Gewalt ebenso, wie eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Unter der in Art. 2 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 91/628/EWG normierten Begriffsbestimmung für den "Transport" sei jegliche Beförderung von Tieren mit einem Transportmittel zu verstehen, einschließlich Ver- und Entladen. Im vorliegenden Fall habe der Transport wie dargelegt am 23. Mai 2002 um 6:45 Uhr mit der Verladung der Tiere begonnen. Laut Transportplan seien die Tiere am selben Tag erstmals um 21:25 Uhr getränkt und gefüttert worden. Unter Berücksichtigung der erwähnten gesetzlichen Bestimmungen seien die höchstzulässige Transportdauer bis zur ersten Versorgung um 40 Minuten überschritten worden. Nach einer Gesamttransportdauer von 32 Stunden und 27 Minuten habe der Transport am 24. Mai 2002 um 15:12 Uhr mit der Ankunft am Bestimmungsort geendet. Die höchstzulässige Gesamttransportzeit von 29 Stunden sei somit - ohne Berücksichtigung der Entladedauer -

um 3 Stunden und 27 Minuten überschritten worden. Die zweimalige Verletzung der Bestimmung des Kapitels VII Z. 48 Punkt 4 lit. d des Anhanges zur Richtlinie 91/628/EWG durch Überschreitung der höchstzulässigen Transportzeiten führe gemäß Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 zum Verlust des Anspruches auf Ausfuhrerstattung. Durch die erwiesene Nichteinhaltung einer tierschutzrechtlichen Bestimmung brauche sich die belangte Behörde nicht mehr mit der Frage auseinander setzen, wer die Verhinderung der nach Art. 4 leg. cit. angeordneten Kontrolle zu verantworten habe. Folglich sei auch der nach Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin hinfällig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird; die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung von Ausfuhrerstattungen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Hiezu hat wiederum die Beschwerdeführerin eine Äußerung erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, dass Art. 1 der Verordnung 615/98 entgegen dem Art. 249 des EG-Vertrages der Richtlinie 91/628/EWG unmittelbare Wirkung zukommen ließ und folglich unwirksam sei, sodass ein Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG - selbst wenn ein solcher vorgelegen hätte - nicht zum Verlust des Erstattungsanspruches der Beschwerdeführerin führen könne. Es liege weder eine Überschreitung der zulässigen Höchsttransportdauer bis zur ersten Versorgung noch eine solche der zulässigen Gesamttransportdauer vor: Der Begriff der Transportdauer nach Z. 4 lit. d des Kapitels VII des Anhanges zur Richtlinie 91/628/EWG könne also nur im Einklang mit den Vorschriften über die Ausfüllung des Transportplans interpretiert werden; die Transportdauer im Sinn dieser Bestimmung sei damit mit der im Transportplan angegebenen Dauer des Transports vom Versandzum Bestimmungsort gleichzusetzen. Dies bedeute, dass die Verladezeiten nicht im Rahmen der Überprüfung der zulässigen Höchsttransportzeiten und der dementsprechend einzulegenden Ruhepausen zu berücksichtigen seien. Dies spiegle ein Schreiben der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Kommission vom 21. Dezember 2001 wieder. Ziehe man nun die Dauer der Verladung (in Freistadt) von 1 Stunde und 15 Minuten ab, so ergebe sich immer noch eine Gesamttransportdauer von 31 Stunden und 12 Minuten, was einer Überschreitung der zulässigen Höchsttransportdauer um 2 Stunden und 12 Minuten gleich komme. Die Überschreitung der zulässigen Höchsttransportdauer sei allein auf die ungewöhnlich lange Dauer der Grenzabfertigung am kroatischbosnischen Grenzübergang zurückzuführen gewesen. Die Umstände, die zur Verzögerung der Grenzabfertigung geführt hätten, seien nach den Ausführungen des amtstierärztlichen Kontrollors außerhalb des Einflussbereiches der Beschwerdeführerin gelegen. Demnach komme vorliegend "die Anwendung des Grundsatzes der höheren Gewalt" in Betracht. Die Verordnung (EG) Nr. 615/98 sehe nun - anders als Art. 5 Abs. 2 der für Ausfuhranmeldungen ab dem 9. April 2003 geltenden Verordnung (EG) Nr. 639/2003 - keine "Höhere Gewalt-Klausel" vor. Selbst bei Fehlen einer Klausel über die Berücksichtigung von Umständen höherer Gewalt sei es aber gerechtfertigt und auch geboten, die Nichteinhaltung bestimmter gesetzlicher Verpflichtungen dem Verpflichteten dann nicht zur Last zu legen, wenn ein Fall höherer Gewalt gegeben sei. Dies sei ein Ausfluss aus dem gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der auch bei Fehlen einer schriftlichen Rechtsgrundlage stets zur Anwendung komme.

Darüber hinaus ergebe sich die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auch aus einer "Gesamtrechtsanalogie": Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 639/2003 beziehe sich zwar nur auf das Verenden einzelner Tiere während des Transports, doch müsse dieser Rechtsgedanke auch dann zum Tragen kommen, wenn die Vorschriften der Richtlinie 91/628/EWG in anderer Hinsicht nicht eingehalten werden könnten. Es handle sich letztendlich nur um die Konkretisierung einer bereits bestehenden, wenn auch nicht schriftlich fixierten Rechtslage. Art. 5 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 sehe vor, dass sich die Rückforderung von Erstattungen nach dem Maßstab des Art. 11 Abs. 3 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 365/87 der Kommission vom 27. November 1987 richte, wenn die Rückforderung auf die nachträgliche Feststellung, dass die Tierschutztransportrichtlinie nicht eingehalten worden sei, zurückzuführen sei. Damit komme für den Fall der nachträglichen Feststellung der Nichteinhaltung der Tierschutztransportrichtlinie Art. 52 Abs. 4 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 zur Anwendung, der die Rückzahlungspflicht ausschließe, wenn die Auszahlung auf Grund eines Fehlers der zuständigen Behörde der Mitgliedstaaten oder anderer betroffener Behörden der Mitgliedstaaten oder anderer betroffener Behörden vorgenommen worden sei. Diese Vorschrift konkretisiere den Rechtsgedanken, dass Fehler der Verwaltung nicht zur Lasten des Exporteurs ergehen dürften. Dies sei für den vorliegenden Fall deshalb von Bedeutung, weil die mögliche Überschreitung der zulässigen Höchsttransportdauer allein auf das Verschulden einer mitgliedstaatlichen Behörde - des österreichischen Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Freistadt - und einer Behörde eines Drittlandes - des Grenzveterinärs am kroatisch-bosnischen Grenzübergang - zurückzuführen sei. Schließlich stelle Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/628/EWG selbst fest, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge trügen, dass Streiks oder sonstige Ereignisse die Anwendung der Richtlinie nicht verhinderten, dass keine oder nur möglichst geringe Transportverzögerungen einträten und dass die Tiere nicht unnötig litten. Es stehe eindeutig fest, dass aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ein behördlicher Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie nur zur Folge habe könne, dass die daraus resultierende Verzögerung nicht zu Lasten des Exporteurs bewertet werde. Das Zusammenspiel dieser Regelungen zeige, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sich in Bezug auf die Verordnung Nr. 615/98 in Form einer "ungeschriebenen Höheren Gewalt-Klausel konkretisieren" lasse. Unter Abzug der beschriebenen sechsstündigen Verzögerung (am Grenzübergang), für die der Umstand der höheren Gewalt zum Tragen komme, sei die Transportzeit jedoch deutlich unter der höchstzulässigen Transportdauer gelegen.

Zur Darlegung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/16/0086, verwiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin von einem unzulässigen - und damit unwirksamen - Verweis des Art. 1 der Verordnung 615/98 auf die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 ausgeht, wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wiederum auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/16/0086, verwiesen.

Aus den dort genannten Gründen erübrigt sich auch im vorliegenden Fall das von der Beschwerdeführerin angeregte Ersuchen um Vorabentscheidung.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass auch ihrer Berechnung zufolge die nach Kapitel VII Z. 48 Punkt 4 lit. d des Anhanges der Richtlinie 91/628/EWG höchstzulässige Gesamtdauer des Tiertransportes um 2 Stunden und 12 Minuten überschritten worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Argumentation der Beschwerdeführerin an Hand einer "ungeschriebenen Höhere Gewalt-Klausel" nicht anzuschließen.

Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 setzt ebenso wie Art. 33 Abs. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 für die Zahlung (Gewährung) von Ausfuhrerstattungen die Einhaltung der dort näher genannten gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften voraus, ohne dass in diesen Verordnungen die Zahlung von Ausfuhrerstattungen auch für den Fall der Nichteinhaltung dieser Schutzvorschriften aus Gründen "höherer Gewalt" vorgesehen würde. Ein Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts liegt nicht deshalb vor, weil Auswirkungen höherer Gewalt auf dem Gebiet der Ausfuhrerstattungen klar gestellt oder begrenzt werden (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 29. September 1998 in der Rechtssache C-263/97 - First City Trading Ltd u.a., insbes. Rz. 41, mwN).

Soweit die Beschwerdeführerin insbesondere Art. 5 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 betreffend die Wiedereinziehung von gezahlten Erstattungen ins Treffen führt, versagt dieser Hinweis schon deshalb, weil im Beschwerdefall noch keine Ausfuhrerstattungen gewährt wurden, in deren dauerndem Erhalt sie allenfalls geschützt wäre (zum Vertrauensschutz in Fällen "höherer Gewalt" vgl. wiederum das zitierte Urteil des EuGH vom 29. September 1998, Rz. 45 bis 47).

Die Beschwerde war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. Juni 2005

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