Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §80 Abs5 Z3;
BDG 1979 §80 Abs9;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs6;
DVPV BMLV 2002 §1 lita;
DVV 1981 §2 Abs7 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §80 Abs5 Z3;
BDG 1979 §80 Abs9;
DVG 1984 §2 Abs2 idF 2002/I/119;
DVG 1984 §2 Abs6;
DVPV BMLV 2002 §1 lita;
DVV 1981 §2 Abs7 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, Vizeleutnant J , stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 30. April 1994 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle lag im Bereich des Militärkommandos Wien.
Mit Bescheid des Militärkommandos Wien vom 18. April 1994 wurde ihm gemäß § 80 Abs. 5 Z 1 BDG 1979 die ihm zugewiesene Naturalwohnung in 1050 Wien, ..., und der ihm zugewiesene Kfz-Abstellplatz entzogen. Mit einer schriftlichen "Mitteilung" vom selben Tag erklärte das Militärkommando dem Ehegatten der Beschwerdeführerin - unter Bezugnahme auf sein Ersuchen um Weiterbelassung der Naturalwohnung und unter Wiedergabe des § 80 Abs. 9 BDG 1979 - gegenüber, dass ihm die tatsächliche Benützung der gegenständlichen Naturalwohnung samt Kfz-Abstellplatz "bis auf Widerruf, der jederzeit erklärt werden kann, gestattet" werde.
Am 17. Juni 2004 verstarb der Ehegatte der Beschwerdeführerin. In ihrer Eingabe vom 22. Juni 2004 ersuchte sie um Weiterbelassung der Naturalwohnung. Eine andere Wohnmöglichkeit stehe ihr nicht zur Verfügung.
Am 13. August 2004 wurde mit der Beschwerdeführerin vor dem Militärkommando Wien eine Niederschrift aufgenommen, laut der ihr mitgeteilt wurde, dass sie "gemäß Beschluss der Wohnungskommission vom 11. August 2004 bis 31. Dezember 2006" die Naturalwohnung zu räumen habe, "da diese für Bedienstete des Dienststandes dringend benötigt" werde. Weiters wurde ihr erklärt, dass die Vergütung für die Naturalwohnung in näher bezeichnetem Rahmen neu festgesetzt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach der Bundesminister für Landesverteidigung (die belangte Behörde) wie folgt ab:
"Spruchteil 1
Ihrem Ersuchen vom 22. Juni 2004 um Weiterbelassung der Ihrem am 17. Juni 2004 verstorbenen Gatten weiterbelassenen Naturalwohnung 1050 WIEN, ..., bestehend aus 3 Zimmern, Vorraum, Abstellraum, Kochnische, Bad, WC, im Gesamtausmaß von 64,63 m2, und Keller wird gemäß § 80 Abs. 9 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, (BDG 1979) befristet bis 31. Dezember 2006 Folge gegeben. Es wird Ihnen die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2004 befristet bis 31. Dezember 2006 gestattet.
Spruchteil 2
Aus Anlass der gewährten Weiterbelassung wird die monatliche Grundvergütung gemäß § 24 a-c im Zusammenhalt mit § 112 c des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG 1956), BGBl. Nr. 54, mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2004 mit EUR 189,00 festgesetzt:
...
Sie nehmen zur Kenntnis, dass die Dienstbehörde bei Bestehen des dringenden Bedarfes an dieser Naturalwohnung für einen Beamten des Dienststandes die gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 gewährte befristete Weiterbelassung jederzeit widerrufen kann. Sie haben dann umgehend die Wohnung zu räumen."
Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchteil 1 aus:
"Zu Spruchteil 1
Mit Schreiben vom 22. Juni 2004 haben Sie um Weiterbelassung angesucht. Die durchgeführten Ermittlungen ergeben, dass derzeit an Ihrer Naturalwohnung kein dringender Bedarf für einen Beamten des Dienststandes besteht. Daher wird Ihnen die tatsächliche Benützung der Ihrem verstorbenen Gatten zugewiesenen Naturalwohnung mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2004 befristet bis 31. Dezember 2006 gestattet. Mit Niederschrift vom 13. August 2004 wurde Ihnen dieser Sachverhalt zur Kenntnis gebracht."
Weiters begründete die belangte Behörde die Höhe der Grundvergütung laut Spruchteil 2 ihres Bescheides.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 80 Abs. 9 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 - BDG 1979, kann die Dienstbehörde dem Beamten, der an einen anderen Dienstort versetzt wurde, dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so lange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird. Die Abs. 3 bis 8 gelten sinngemäß.
Gemäß § 2 Abs. 2 DVG in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119; sind die obersten Verwaltungsorgane des Bundes für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentralstelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörde erster Instanz zuständig. In zweiter Instanz sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde zuständig. In Dienstrechtsangelegenheiten eines Beamten, der eine unmittelbar nachgeordnete Dienstbehörde leitet oder der der obersten Dienstbehörde ununterbrochen mehr als zwei Monate zur Dienstleistung zugeteilt ist, ist jedoch die oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig.
Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich nach § 2 Abs. 5 leg. cit. bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. Sofern es sich um die Begründung eines Dienstverhältnisses handelt, ist für die Zuständigkeit jene Dienststelle maßgebend, bei der er die Anstellung anstrebt. Ist die Dienststelle nicht gleichzeitig Dienstbehörde, so ist jene Dienstbehörde zuständig, zu der die Dienststelle auf Grund der Organisationsvorschriften gehört.
Gemäß § 2 Abs. 6 DVG ist bei Personen, die aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand ausgeschieden sind, und bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen und Angehörigen zur Entscheidung in Dienstrechtsangelegenheiten, die aus Tatsachen herrühren, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten sind, die Dienstbehörde berufen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand zuständig gewesen ist. In allen übrigen pensionsrechtlichen Angelegenheiten ist die Dienststelle Dienstbehörde, die über den Pensionsaufwand verfügt.
§ 135 BDG 1979 bleibt unberührt.
Nach § 2 Z. 7 lit. b DVV 1981 war im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung das Militärkommando Wien nachgeordnete Dienstbehörde im Sinne des § 1. Nach § 1 lit. a der Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung-BMLV 2002 - DVPV BMLV 2002, BGBl. II Nr. 492, ist seit 1. Jänner 2003 das Kommando Landstreitkräfte nachgeordnete Dienststelle gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG (Dienstbehörde erster Instanz), die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet ist.
Dem Informationssystem des Bundesministeriums für Landesverteidigung zufolge untersteht u.a. das Militärkommando Wien dem Kommando Landstreitkräfte.
Im Falle der an einen Beamten des Ruhestandes oder den versorgungsberechtigten Hinterbliebenen nach einem verstorbenen Beamten erfolgten Gestattung der Benützung einer Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 sowie für die damit im Zusammenhang stehenden Vergütungsverfahren ist immer die (letzte) Aktivdienstbehörde dieses Beamten zuständig. Die Gestattung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 rührt (unter Zugrundelegung des typischen Regelfalles in allen Fallkonstellationen) im Sinne des § 2 Abs. 6 erster Satz DVG aus einer Tatsache her, die vor dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand eingetreten ist. Der bloße Umstand, dass die Verfügung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 erst zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, zu dem sich der Beamte bereits im Ruhestand befunden hat, oder - wie im Beschwerdefall - gegenüber einem Hinterbliebenen nach dem Tod des Beamten des Ruhestandes, dem die Benützung der Wohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979 gestattet worden war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, Zl. 93/12/0176 = VwSlg. 14.388/A) erfolgte, begründet keine Anwendbarkeit des § 2 Abs. 6 zweiter Satz DVG, der zur Zuständigkeit der Pensionsdienstbehörden führen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2000, Zl. 99/12/0311 = VwSlg. 15.408/A).
Mit dem In-Kraft-Treten der DVPV BMLV 2002 kam dem Militärkommando Wien nicht mehr die Eigenschaft einer Dienstbehörde erster Instanz zu. In Ansehung von im Dienstverhältnis verbliebenen Angehörigen des Militärkommandos Wien oder deren Hinterbliebenen ist diesem als Dienstbehörde jene nachgefolgt, der das Militärkommando Wien organisatorisch zugeordnet ist; dies ist das Kommando Landstreitkräfte. Der Verwaltungsgerichtshof geht - anders als offenbar die belangte Behörde - davon aus, dass das Kommando Landstreitkräfte auch in Ansehung der im § 2 Abs. 6 erster Satz DVG genannten Zuständigkeiten dem Militärkommando Wien nachgefolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2004/12/206).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Für das fortgesetzte Verfahren weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass § 80 Abs. 9 BDG 1979 eine ausdrückliche Befristung der Gestattung der tatsächlichen Benützung der Naturalwohnung nicht zu entnehmen ist. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bestünden jedoch keine Bedenken dagegen, in einem Bescheid, aber in getrennten Absprüchen, einerseits eine solche Gestattung, andererseits auch schon die Entziehung der Naturalwohnung zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt auszusprechen, sofern schon im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides das Vorliegen eines Entziehungstatbestandes im Sinn des § 80 Abs. 9 erster oder zweiter Satz iVm § 80 Abs. 5 Z 3 BDG 1979 zu diesem zukünftigen Zeitpunkt als gegeben angenommen und durch konkrete Umstände, die darzulegen sind, hinreichend begründet werden kann. Der bloß allgemeine Hinweis auf einen dringenden künftigen Bedarf für einen Beamten des Dienststandes reicht hiefür nicht aus.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. September 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)