Normen
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Kostenantrag der beschwerdeführenden Disziplinaranwältin wird abgewiesen.
Begründung
Der 1963 geborene Mitbeteiligte steht als Oberrevident in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle im Tatzeitraum war das Postamt X, wo er als Amtsleiter tätig war.
Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 17. Februar 2004 wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt,
1. Anfang November 2003 eine Auszahlungsbestätigung in der Höhe von EUR 462,90 für sein Konto ausgestellt, jedoch nicht verbucht, sondern sich den Auszahlungsbetrag aus dem Kassenbestand angeeignet und die Auszahlungsbestätigung in der Kasse hinterlegt zu haben,
2. in der Zeit vom 1. bis 17. November 2003 einen Betrag in der Höhe von EUR 131,20 aus der Kassa entnommen und für private Zwecke verwendet zu haben und
3. die Kasse während seines Erholungsurlaubes in der Zeit vom
17. bis 30. November 2003 nicht ordnungsgemäß an die Vertretung übergeben, sondern im Wertzeichenschrank verwahrt zu haben.
Durch dieses Verhalten habe er Dienstpflichtverletzungen im Sinn des § 91 BDG 1979 begangen, weshalb er mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- bestraft wurde. Als mildernd sah die Behörde erster Instanz das reumütige Geständnis und die Schuldeinsichtigkeit, als erschwerend die Tatwiederholung sowie die mehrfachen Tathandlungen an.
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob die beschwerdeführende Disziplinaranwältin fristgerecht Berufung mit dem Antrag, die Entlassung auszusprechen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Mai 2004 wurde der Berufung der Disziplinaranwältin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend aus, der Disziplinaranwältin sei zwar durchaus beizupflichten, dass das dem Mitbeteiligten angelastete Fehlverhalten im Hinblick auf den hohen Stellenwert, der der korrekten Handhabung der Kassenvorschriften seitens der Mitarbeiter der Österreichischen Post AG gerade im Umgang mit ihnen anvertrauten Geldern bzw. Vermögenswerten zukomme, keineswegs zu bagatellisieren sei und als Verstoß im Kernbereich der Dienstpflichten anzusehen sei. Der "lässige Umgang" des Mitbeteiligten bei der Handhabung der Kassavorschriften sei aber nicht geeignet, die Untragbarkeit des Mitbeteiligten zur weiteren Dienstverrichtung zu begründen. Durch das Fehlverhalten des Mitbeteiligten sei zwar ein gravierender Vertrauensbruch bewirkt worden, ein nachhaltiger Schaden für den Dienstgeber sei aber nicht entstanden. Das Vertrauen des Dienstgebers, aber auch der Allgemeinheit, in die Dienstführung des Mitbeteiligten sei durch sein Fehlverhalten zwar erschüttert, aber nicht endgültig zerstört worden. Dabei sei durchaus zu Gunsten des Mitbeteiligten zu berücksichtigen gewesen, dass er sich durch sein Fehlverhalten nicht vorsätzlich habe bereichern wollen. Die von der Disziplinaranwältin zitierte Rechtsprechung, derzufolge die Disziplinarstrafe der Entlassung auch verhängt werden könne, wenn keine Bereichungsabsicht des Beschuldigten bestanden habe, beziehe sich auf einen Sachverhalt aus dem Bereich der Exekutive, wobei der dortige Beschuldigte (ein Exekutivbeamter) strafrechtlich relevante Delikte gegen die körperliche Integrität Dritter und somit eine schwerer als ein Vermögensdelikt zu gewichtende Dienstpflichtverletzung begangen habe. Auf das gegenständliche Verfahren könne diese Rechtsprechung in Ansehung des weitaus geringeren Unrechtsgehaltes der dem Mitbeteiligten angelasteten Tathandlungen nicht zum Tragen kommen. Auch bei entsprechender Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt sei nicht von einer Untragbarkeit des Beschuldigten zur weiteren Dienstverrichtung auszugehen gewesen. Dem Fehlverhalten des Mitbeteiligten sei daher mit der Verhängung einer Geldstrafe schuld- und tatangemessen entsprochen worden. Bei der Strafbemessung sei erschwerend die wiederholte, das gleiche Rechtsgut betreffende Tatbegehung und die Vorgesetztenfunktion des Mitbeteiligten sowie die damit verbundene höhere Verantwortung und Verletzung der Vorbildfunktion zu werten gewesen, als mildernd hingegen das Geständnis des Mitbeteiligten, seine Schuldeinsicht, seine langjährige gute Dienstverrichtung, seine disziplinäre Unbescholtenheit und das Wohlverhalten seit Begehung der Tat sowie eine ihm zuzubilligende positive Zukunftsprognose. In Ansehung des deutlichen Überwiegens der Strafmilderungsgründe über die Erschwerungsgründe habe daher auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Mitbeteiligten mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 das Auslangen gefunden werden können. Mit der Verhängung der Geldstrafe werde sowohl spezial- als auch generalpräventiven Erwägungen Rechnung getragen, um den Mitbeteiligten von weiteren Verfehlungen abzuhalten und andere Bedienstete durch die Wahl eines angemessenen Strafrahmens zur korrekten Vollziehung bzw. Einhaltung der Kassenvorschriften zu verhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Disziplinaranwältin mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.
Sowohl der Mitbeteiligte als auch die belangte Behörde erstatteten Gegenschriften, in welchen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem
8. Abschnitt "Disziplinarrecht" des BDG 1979 idF des BGBl. I Nr. 87/2002) zur Verantwortung zu ziehen.
§ 92 Abs. 1 BDG 1979 sieht als Disziplinarstrafen
- 1. den Verweis,
- 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,
3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage, und
4. die Entlassung vor.
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist maßgeblich, in welchem objektiven Ausmaß gegen Standes- oder Amtspflichten verstoßen oder der Dienstbereich beeinträchtigt wird.
Die strittige Frage im Beschwerdefall ist, ob durch die festgestellten Fehlhandlungen des Mitbeteiligten das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstgeber nachhaltig zerstört wurde. Bei Beantwortung dieser Frage ist von objektiven Kriterien, nämlich der Schwere der Abweichung vom Normverhalten, auszugehen.
Kernbereich der dienstlichen Anforderungen an einen Beamten der Österreichischen Post AG ist der sorgsame, korrekte und verantwortungsvolle Umgang u.a. mit anvertrauten Geldmitteln. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, stehen unautorisierte Entnahmen von Geldmitteln aus der anvertrauten Kassa - sei es auch unter Hinterlegung von unverbuchten Auszahlungsbestätigungen - unabhängig von der Höhe der entnommenen Beträge und dem Vorliegen einer Strafanzeige in krassem Widerspruch zu den oben dargelegten dienstlichen Anforderungen (zu vergleichbaren Tathandlungen etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0087, und das Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2005/09/0042).
Auch im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte sich unter Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten und während seines Dienstes an ihm anvertrauten Geldern vergriffen hat, indem er Beträge aus der Kassa entnommen und für private Zwecke verwendet und eine Auszahlungsbestätigung für sein Konto zwar ausgestellt, jedoch nicht verbucht hat. Die darüber hinaus erfolgte nicht ordnungsgemäß an die Vertretung übergebene, sondern im Wertzeichenschrank verwahrte Kasse erscheint dabei weit weniger schwer wiegend als die unter Punkten 1 und 2 angelasteten Tathandlungen, die seine Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit in Frage stellen. Da sich aber die Verwaltung auf diese Eigenschaften des Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen können muss, ist gerade diesem Gesichtspunkt eine wesentliche Bedeutung zuzuerkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0118).
Insgesamt erweist sich daher die Beschwerde als berechtigt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.
Der Antrag der Disziplinaranwältin auf Zuspruch von Aufwandersatz war gemäß § 47 VwGG abzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2005
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