Normen
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §55 Abs2;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §55 Abs2;
Spruch:
Das Verfahren wird eingestellt.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 675,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wandte sich im November 2004 mit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und machte Säumnis hinsichtlich der Entscheidung über seine Berufung gegen den Bescheid der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich vom 3. September 2001, betreffend die Anerkennung einer Zuchtorganisation, geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 12. November 2004 das Vorverfahren ein und forderte die belangte Behörde auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
Die belangte Behörde erließ den Bescheid vom 6. Dezember 2004, Zl. Agrar-610014/16-2004-IV/T, und legte mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2004 eine Abschrift dieses Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vor. Unter einem beantragte sie, dem Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers nicht stattzugeben.
Sie habe mit der Berufungsentscheidung bis zur endgültigen Klärung der beim Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines vom Verwaltungsgerichtshof angestrengten Vorabentscheidungsverfahrens anhängigen Frage des Bestehens eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Berufungswerbers auf Versagung der Anerkennung oder Zulassung einer neuen Vereinigung oder Organisation zugewartet. Sie habe dies dem Beschwerdeführer mehrere Male mitgeteilt, dieser habe keine Einwände erhoben. Eine formelle Aussetzung des Verfahrens durch verfahrensrechtlichen Bescheid sei wegen des Fehlens der gesetzlichen Grundlagen nicht erfolgt. Im Hinblick auf die Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1983, 83/11/0087) könne eine Behörde auch dann nicht schuldhaft säumig werden, wenn sie ohne förmliche Aussetzung ihres Verfahrens im Falle eines bereits anhängigen Verfahrens über die "Vorfrage" bloß mit ihrer Entscheidung zuwarte; sie sei nicht an eine sechsmonatige Entscheidungsfrist gebunden gewesen.
Mit diesem Vorbringen wendet sich die belangte Behörde nicht bloß gegen die Zuerkennung der Kosten an den Beschwerdeführer, sondern zieht auch die Zulässigkeit der Beschwerdeführung selbst in Zweifel, wenn sie vom Nichtvorliegen einer Säumnis ausgeht.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Aus den Bestimmungen des Art. 132 B-VG und des § 27 VwGG ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass das Recht zur Einbringung einer Säumnisbeschwerde dann nicht besteht, wenn zureichende Gründe für die Nichterledigung des Parteienbegehrens innerhalb von sechs Monaten vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher der Übergang der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Behörde abhängig. Auch wenn die Nichterledigung eines Antrages innerhalb der dort genannten Frist der Behörde nicht als Verschulden angerechnet werden kann, besteht beim Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf eine sachliche Erledigung der Säumnisbeschwerde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1993, 92/17/0170, mwN).
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Hinweis der belangten Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 1983, Zl. 83/11/0087, wonach eine schuldhafte Verletzung der Entscheidungspflicht der Behörde dann nicht vorliegt, wenn die säumige Behörde berechtigt gewesen wäre, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen. Die belangte Behörde übersieht, dass sich diese Rechtsprechung lediglich auf die Vorschrift des § 73 Abs. 2 AVG betreffend den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (Devolution), nicht jedoch auch auf den Fall einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bezieht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Slg. Nr. 12.088/A).
Da die belangte Behörde über den vorliegenden Antrag nicht innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 27 VwGG entschied, war die Säumnisbeschwerde daher zulässig. Der Bescheid wurde innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist erlassen. Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.
Zur Kostenentscheidung ist zu bemerken, dass nicht erkennbar ist, dass ein Fall des § 55 Abs. 2 VwGG vorgelegen wäre. Der gegenüber dem Beschwerdeführer ergangene bloße Hinweis der belangten Behörde auf die bis zur Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften unklare Rechtslage stellt noch keine förmliche Mitteilung nach § 55 Abs. 2 VwGG des Inhaltes dar, dass die säumige Behörde aus diesem Grund mit der Entscheidung zuwarten werde.
Dem Begehren der belangten Behörde, ihr den Kostenersatz nicht aufzuerlegen, konnte daher keine Folge gegeben werden. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55Abs. 1 zweiter Satz VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Jänner 2005
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