VwGH 2004/06/0098

VwGH2004/06/009821.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde 1. der E S und 2. des S S, beide in A, beide vertreten durch Dr. Otmar Pfeifer, Dr. Günther Keckeis und Dr. Martin Fiel, Rechtsanwälte OEG in 6800 Feldkirch, Drevesstraße 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 27. März 2003, Zl. BHFK-I-3012, betreffend Feststellung des Gemeingebrauches nach dem Vorarlberger Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

LStG Vlbg 1969 §2 Abs3;
LStG Vlbg 1969 §20 Abs1;
LStG Vlbg 1969 §21 Abs3;
LStG Vlbg 1969 §44 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
LStG Vlbg 1969 §2 Abs3;
LStG Vlbg 1969 §20 Abs1;
LStG Vlbg 1969 §21 Abs3;
LStG Vlbg 1969 §44 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Dem Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde wurde im Jahr 2001 oder Anfang 2002 bekannt, dass die Beschwerdeführer nicht mehr gewillt seien, Passanten die Benutzung der auf ihrem Grundstück gelegenen Straße (eines Weges) zu erlauben und ein entsprechendes Verbotsschild aufgestellt hatten, worauf von Amts wegen ein Verfahren zur Feststellung des Gemeingebrauchs an diesem Weg eingeleitet wurde (der nähere Zeitpunkt der Einleitung dieses Verfahrens ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen). Die Beschwerdeführer äußerten sich in einem Schriftsatz vom 15. Jänner 2002 ablehnend. Als sie die Liegenschaft im Jahr 1997 erworben hätten, sei nur die Rede von einem Wegerecht zu Gunsten dreier Parteien die Rede gewesen, nicht aber von einem Gemeingebrauch. Jedenfalls habe sein Mandant "vor kurzem" eine Tafel mit der Aufschrift "Privatweg - Durchgang verboten - Privatstraße - Durchfahrt verboten" aufgestellt. Der fragliche Weg diene keinesfalls der Befriedigung eines allgemeinen Verkehrsbedürfnisses.

Nach Durchführung seines Ermittlungsverfahrens stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 7. Mai 2002 gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 3 des (Vorarlberger) Straßengesetzes (StrG) fest, dass auf dem Grundstück der Beschwerdeführer entlang zweier näher bezeichneter Grundstücke der Gemeingebrauch des Geh- und Fahrrechts, eingeschränkt auf Fußgänger und Radfahrer, im Ausmaß von ca. 3 m Breite bestehe. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass eine nach Gattungsmerkmalen bestimmte Art von Verkehrsteilnehmern, nämlich Radfahrer und Fußgänger, die fragliche Straße unter den gleichen Bedingungen als Fuß- oder Radweg benützt hätten, ohne dass jemals Einwendungen der Voreigentümer vorgebracht worden seien. Die Benützung des Weges habe sich nicht nur auf einen bestimmten Personenkreis bezogen, sondern er sei der Allgemeinheit, und somit jedermann, öffentlich zugänglich gewesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Im Berufungsverfahren wurde das Ermittlungsverfahren ergänzt und den Beschwerdeführern hiezu Parteiengehör gewährt.

Mit Berufungsbescheid vom 8. November 2002 wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als festgestellt wurde, dass auf dem fraglichen Grundstück der Gemeingebrauch des Geh- und Fahrrechtes, eingeschränkt auf Fußgänger und Radfahrer, auf einer Breite von 2,5 m bestehe; im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass spätestens Ende des Jahres 1971 der Weg als bauliche Anlage errichtet worden sei, die zumindest seither dem Verkehr von Fußgängern und Fahrzeugen gedient habe und deshalb eine Straße im Sinne des § 1 Abs. 3 StrG vorliege. Wegen der Benützung durch einen ständig wechselnden, weiten Personenkreis sei von einem Gemeingebrauch gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. durch Fußgänger und Radfahrer auszugehen. Es liege eine stillschweigende Widmung als öffentliche Straße vor, weil von 1971 bis zum Ende des Jahres 1992 keine Vorkehrungen getroffen worden seien, dass der Gemeingebrauch nicht oder nur vorübergehend geduldet werde. Die Annahme der Beschwerdeführer, eine stillschweigende Widmung als öffentliche Straße liege nur dann vor, wenn die Benützung des Weges zur Befriedigung eines allgemeinen Verkehrsbedürfnisses diene, finde weder im Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen des Straßengesetzes noch im Motivenbericht der Regierungsvorlage hiezu Deckung.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde begründend aus, es sei von folgendem Sachverhalt auszugehen: Der fragliche Weg über das Grundstück der Beschwerdeführer bestehe zumindest schon seit 40 Jahren und stelle eine Verbindung zwischen der R-Straße und dem S-Feld dar. Er beginne unmittelbar nördlich des Hauses R-Straße 12 und ende etwa südlich der Einfahrt zu den Häusern S-Feld 8, 8a und 8b. Für die letztgenannten drei Häuser bestehe das Recht einer Wegdienstbarkeit über den fraglichen Weg. Dieser Weg habe sich ursprünglich als Fußweg dargestellt, dessen genaue Beschaffenheit bezüglich Breite und Oberfläche aber nicht mehr feststellbar gewesen sei. Seit zumindest 1970 werde der Weg außer durch die im S-F-eld wohnhaften Servitutsberechtigten auch durch einen unbestimmten Kreis Dritter als Fußgänger oder Radfahrer benützt, insbesondere auch von Schul- und Kindergartenkindern. Im Jahr 1971 sei dieser Weg im Zuge der Bautätigkeit für das Haus S-Feld 8a für das Befahren mit Lastkraftwagen ausgebaut worden, weil damals ein solches Fahrzeug auf dem Weg "eingesunken" sei und der Weg nach Zeugenaussagen deshalb "ausgegraben und mit Material aufgefüllt" (Zitat im Original) worden sei. Seither stehe den Wegbenutzern zumindest eine Wegbreite von 2,50 m zur Verfügung. Nach 1971 sei der Weg von den Servitutsberechtigten immer wieder ausgebessert und instand gehalten worden. Auch im Rahmen der im Jahr 1985 begonnenen Errichtung des Wohnhauses S-Feld 8b sei der Verbindungsweg mit Lastkraftwagen befahren worden. Erstmals die Beschwerdeführer hätten die allgemeine Benutzung des Weges im Spätsommer 2001 durch das Aufstellen einer Verbotstafel abwenden wollen; frühere Grundeigentümer hätten die Inanspruchnahme des Weges niemals verhindert oder untersagt.

Nach Rechtsausführungen heißt es weiter, öffentliche Privatstraßen könnten vom Eigentümer ausdrücklich als solche erklärt oder stillschweigend dem Gemeingebrauch gewidmet werden. Im Beschwerdefall sei insbesondere umstritten, ob die stillschweigende Widmung zum Gemeingebrauch öffentliche Verkehrsinteressen, sei es "in einfacher oder qualifizierter Form", voraussetze. Wenn strittig sei, ob und in welchem Umfang eine Straße dem Gemeingebrauch gewidmet sei, habe hierüber die Behörde zu entscheiden (§ 2 Abs. 3 erster Satz StrG). Daraus ergebe sich, dass nicht die Behörde den Gemeingebrauch begründe, sondern nur feststelle, ob und in welchem Umfang eine Straße dem Gemeingebrauch gewidmet sei. Ein öffentliches Verkehrsinteresse - gleich welcher Art - sei in dieser Bestimmung nicht erwähnt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sei aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 StrG das Erfordernis eines "bedeutenden öffentlichen Verkehrsinteresses" nicht zu entnehmen; daraus ergebe sich daher kein Anhaltspunkt, dass eine stillschweigende Widmung einer Privatstraße zum Gemeingebrauch (irgend) ein öffentliches Verkehrsinteresse voraussetze, was auch nicht als planwidrige Lücke im Gesetz angesehen werden könne (wurde näher ausgeführt). Insbesondere ergebe sich aus den Bestimmungen des § 21 StrG über die Auflassung öffentlicher Privatstraßen nichts Gegenteiliges, weil sich diese Bestimmungen erheblich von jenen betreffend die Begründung eines Gemeingebrauches unterschieden. Bei Auflassung einer öffentlichen Straße könnten nämlich Grundstücke ihre Verbindung mit dem öffentlichen Verkehrsnetz verlieren, weshalb für die Auflassung öffentlicher Straßen besondere Regelungen und Schutzvorkehrungen vom Gesetzgeber zu treffen gewesen seien. Soweit sich die Beschwerdeführer auf die mit der Feststellung des Gemeingebrauches verbundene Eigentumsbeschränkung der Duldungspflichten eines öffentliches Verkehrs beriefen, dürfe nicht übersehen werden, dass zuvor eine "freiwillige Eigentumsbeschränkung" vorgelegen sei und folglich andere Beurteilungsmaßstäbe gegeben seien. Insbesondere träten nach einem Zeitablauf von 20 Jahren (ähnlich wie bei Verjährung und Ersitzung) Überlegungen zu Gunsten der Rechtssicherheit, des Rechtsfriedens und des Vertrauensschutzes in den Vordergrund.

Im Beschwerdefall sei die Benutzung der fraglichen Straße durch Fußgänger und Radfahrer zumindest seit Ende 1971 erfolgt. Rund 30 Jahre hätten die jeweiligen Eigentümer des betroffenen Grundstückes (das seien die jeweiligen Eigentümer der Straße) keine unmissverständlichen Vorkehrungen getroffen und nicht zu erkennen gegeben, dass sie den Gemeingebrauch nicht oder nur vorübergehend duldeten. Da somit sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 StrG gegeben seien, sei die bekämpfte Feststellung zu Recht ergangen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 8. Juni 2004, B 714/03-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es insbesondere, es sei dem Gesetzgeber unbenommen, die durch stillschweigende Widmung geschaffene Rechtslage (deren ersitzungsartigen Eintritt der Eigentümer leicht hätte verhindern können, sodass er mit einer Enteignung nicht zu vergleichen sei) im Streitfall feststellen und die Voraussetzungen der Auflassung einer öffentlichen Privatstraße in einem eigenen Bewilligungsverfahren prüfen zu lassen.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass im Zuge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 30. September 2003 dem Antrag der Beschwerdeführer, die (gemäß den gemeindebehördlichen Bescheiden) über ihr Grundstück verlaufende öffentliche Privatstraße (das ist der fragliche Weg) aufzulassen, "insoweit Folge geleistet (hat), als dass die für die Auflassung dieser öffentlichen Privatstraße erforderliche Zustimmung erteilt wird". Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass an der fraglichen Wegverbindung zwar ein öffentliches Verkehrsinteresse bestehe (dieses ergebe sich schon allein aus der Nutzungshäufigkeit, die von der Berufungsbehörde festgestellt werden konnte), dieses jedoch nicht als bedeutend im Sinne des Straßengesetzes zu werten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das (Vorarlberger) Straßengesetz (StrG), LGBl. Nr. 8/1969, idF LGBl. Nr. 26/2002, anzuwenden.

§ 1 StrG enthält Definitionen; nach Abs. 3 dieses Paragraphen sind Straßen im Sinne dieses Gesetzes bauliche Anlagen, die mit einem Grundstück in fester Verbindung stehen und dem Verkehr von Fußgängern, Tieren oder Fahrzeugen dienen, ohne Rücksicht darauf, ob sie jeder Art oder nur bestimmten Arten dieses Verkehrs dienen. Erfüllt eine Verkehrsfläche diese Voraussetzungen, so fällt sie ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung (Straße, Weg, Platz) unter den Begriff "Straße".

Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist der Gemeingebrauch einer Straße die jedermann unter den gleichen Bedingungen und innerhalb der durch die Art der Straße sowie durch die straßepolizeilichen Vorschriften festgelegten Grenzen ohne ausdrückliche Bewilligung zustehende Benützung zum Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr sowie zum Reiten oder Viehtrieb.

Nach Abs. 3 dieses Paragraphen hat, wenn strittig ist, ob und in welchem Umfang eine Straße dem Gemeingebrauch gewidmet ist, hierüber die Behörde zu entscheiden.

Die §§ 20 und 21 StrG lauten:

"§ 20

Begriff

(1) Alle dem Gemeingebrauch gewidmeten Straßen, die nicht Bundes-, Landes-, Gemeinde- oder Genossenschaftsstraßen sind, sind öffentliche Privatstraßen. Für diese Straßen ist es ohne Bedeutung, ob sie vom Eigentümer ausdrücklich als solche erklärt oder stillschweigend dem Gemeingebrauch gewidmet sind. Eine stillschweigende Widmung liegt vor, wenn der Eigentümer der Straße den Gemeingebrauch auf dieser Straße durch mindestens 20 Jahre geduldet hat, ohne dass er durch Absperrungen, Aufschriften oder ähnliche Vorkehrungen unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass er den Gemeingebrauch nicht oder nur vorübergehend duldet. Durch eine bloße Änderung des Verlaufes der Straße wird die Erklärung oder stillschweigende Widmung nicht ausgeschlossen.

(2) Auf die im Abs. 1 genannten Straßen, die nach ihrer Art nur für den Fußgängerverkehr sowie zum Reiten oder Viehtrieb benützbar sind, finden die Bestimmungen des 7. und 8. Abschnittes keine Anwendung.

§ 21

Straßenerhalter, Auflassung

(1) Straßenerhalter der öffentlichen Privatstraßen ist der Eigentümer des Straßengrundes. Dadurch werden gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen anderer zur Straßenerhaltung nicht berührt.

(2) Die Behörde hat einen Straßenerhalter auf seinen Antrag von den ihm nach diesem Gesetz obliegenden Verpflichtungen ganz oder teilweise zu entbinden, soweit ihn die Erfüllung dieser Verpflichtungen finanziell nicht zumutbar belastet oder wenn die Straße fast nur den Verkehrsbedürfnissen anderer dient.

(3) Öffentliche Privatstraßen dürfen nur mit Bewilligung der Behörde aufgelassen werden. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn durch die Auflassung der Straße bedeutende öffentliche Verkehrsinteressen nicht beeinträchtigt werden."

Strittig ist im Beschwerdeverfahren, ob für das Entstehen einer öffentlichen Privatstraße (§ 20 Abs. 1 StrG) auch ein Verkehrsbedürfnis, insbesondere ein dringendes (bzw. entsprechend qualifiziertes) Verkehrsbedürfnis erforderlich ist.

Die Beschwerdeführer argumentieren in diesem Zusammenhang, die "Erklärung eines privaten Grundstücksteils zur öffentlichen Privatstraße" stelle eine Eigentumsbeschränkung dar, deren Zulässigkeit an Art. 5 StGG zu messen sei. Die verfassungskonforme Interpretation des Straßengesetzes verlange, dass eine bauliche Anlage nur dann zur "öffentlichen Privatstraße erklärt werden" könne, wenn daran ein öffentliches Verkehrsbedürfnis bestehe. Das allfällige Gegenargument, der Eigentümer hätte die durch die stillschweigende Widmung geschaffene Rechtslage verhindern können, treffe nicht zu. Gerade im Beschwerdefall hätten sich nämlich die Beschwerdeführer unwidersprochen vor Ankauf der Liegenschaft informiert, ob das Grundstück (abgesehen von einer Dienstbarkeitsstraße zu Gunsten dreier Nachbarn, worauf die Fahrspuren zurückzuführen gewesen wären) mit irgendwelchen Geh- und Fahrrechten belastet sei, was vom Leiter des Bauamtes der mitbeteiligten Gemeinde verneint worden sei. Auch nach dem Ankauf der Liegenschaft im Zuge eines baubehördlichen Bewilligungsverfahren sei keine gegenteilige Auskunft erteilt worden. Sie hätten sich vor dem Ankauf des Grundstückes in einem über das übliche Ausmaß hinausgehenden Umfang über allfällige Belastungen bzw. Rechte Dritter am Kaufgegenstand informiert.

Mit diesen Ausführungen verkennen die Beschwerdeführer, dass nach § 20 Abs. 1 StrG eine "Öffentlicherklärung" durch einen konstitutiven Akt der Gemeinde gar nicht vorgesehen ist. Voraussetzung ist vielmehr eine entsprechende Widmung des Grundeigentümers, und zwar entweder eine ausdrückliche oder eine (in dieser Bestimmung näher umschriebene) stillschweigende. Liegt keine ausdrückliche Widmung vor, liegt es in der Hand des Grundeigentümers, das Entstehen einer öffentlichen Privatstraße, also den Eintritt der in § 20 Abs. 1 StrG genannten positiven Voraussetzungen, durch entsprechende Handlungen, wie Absperrungen, Aufschriften oder vergleichbare unmissverständliche Willensäußerungen zu verhindern. Im Falle einer stillschweigenden Widmung ergibt sich demnach die Eigentumsbeschränkung als Folge des Entstehens einer öffentlichen Privatstraße nicht aus einem konstitutiven behördlichen Akt, sondern als Folge der im § 20 Abs. 1 StrG umschriebenen Duldung durch den Grundeigentümer, sie ist daher seiner Sphäre zuzurechnen. Nach dem Konzept des Gesetzes hatte daher die (zwar fraglos verbindliche) Feststellung gemäß § 2 Abs. 3 StrG "nur" deklarativen Charakter. Es mag sein, dass die Beschwerdeführer beim Erwerb des Eigentumsrechtes an dieser Liegenschaft Erkundigungen eingezogen haben, aus denen sich die Eigenschaft dieses Weges als öffentliche Privatstraße nicht ergab, darauf kommt es aber im Beschwerdefall nicht an, weil im Gesetz nicht vorgesehen ist, dass die Eigenschaft einer Straße als öffentliche Privatstraße durch einen gutgläubigen Erwerb wieder verloren ginge (es bleibt den Beschwerdeführern im Falle von Rechtsmängeln freilich unbenommen, sich bei Zutreffen der entsprechenden Voraussetzungen an den Veräußerer der Liegenschaft zu halten). Ob allenfalls nach dem Vorarlberger Straßengesetz die Eigenschaft als öffentliche Privatstraße auf Grund stillschweigender Widmung wieder verloren gehen kann, wenn sich der (nunmehrige) Eigentümer des Straßengrundes dem Gemeingebrauch durch eine gewisse Zeitdauer entsprechend widersetzt (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 28. März 1995, Zl. 93/05/0210, zu Niederösterreich, und vom 17. Mai 2004, Zl. 2003/06/0149 (mwN) zu Salzburg (analoge Anwendung des § 1488 ABGB - Dreijahresfrist)), ist hier nicht weiter zu untersuchen, weil sich im Beschwerdefall hiefür keine Anhaltspunkte ergaben (das festgestellte Aufstellen der Tafeln knapp vor Einleitung des Feststellungsverfahrens wäre jedenfalls nicht ausreichend).

Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob § 20 Abs. 1 StrG auch ein - allenfalls qualifiziertes - Verkehrsbedürfnis voraussetzt. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass dem Wortlaut der Norm eine solche Voraussetzung nicht zu entnehmen ist. (Anders hingegen bei den Voraussetzungen für die Enteignung zum Bau einer öffentlichen Privatstraße nach § 44 Abs. 2 StrG: diese ist unter anderem nur zulässig, wenn die Straße für den Straßenerhalter notwendig ist und auch allgemeinen Verkehrsbedürfnissen dient.) Dass das Entstehen einer öffentlichen Privatstraße durch stillschweigende Widmung ein gewisses Verkehrsbedürfnis voraussetzt, ergibt sich zwar aus der Natur der Sache, weil ja ansonsten niemand die Straße benützen würde. Dass aber ein qualifiziertes (dringendes) Verkehrsbedürfnis erforderlich wäre, etwa in dem Sinn, dass das Frequentieren der Straße für die Benützer mit besonderen Vorteilen verbunden wäre, hingegen die Notwendigkeit, einen anderen Weg einzuschlagen, erheblich nachteilig wäre, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch aus § 21 Abs. 3 StrG ist Gegenteiliges nicht abzuleiten: es ist nämlich durchaus sachgerecht, wenn die Bewilligung zur Auflassung einer öffentlichen Privatstraße nur erteilt werden darf, wenn dadurch "bedeutende öffentliche Verkehrsinteressen" nicht beeinträchtigt werden. Dabei geht es nämlich um die Aufhebung eines bereits gegebenen Gemeingebrauchs und somit um eine andere Sach- und Interessenslage als beim Entstehen einer öffentlichen Privatstraße durch stillschweigende Widmung, an welcher Gemeingebrauch eben noch nicht begründet war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2005

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