VwGH 2004/06/0033

VwGH2004/06/003321.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in K, vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 5, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 23. Jänner 2004, Zl. II-AL-136e/2003, betreffend Untersagung eines Bauvorhabens gemäß § 45 Abs. 3 TBO 2001, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52 Abs1;
AVG §52 Abs2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bauanzeige vom 7. August 2003 (eingelangt beim Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck am 11. August 2003) zeigte die Beschwerdeführerin die Errichtung von drei Plakattafeln in der B-Straße Ecke R-Straße auf dem Grundstück Nr. 1815/2, KG P., an. Die Plakattafeln haben nach dem eingereichten Plan und der Beschreibung in der Anzeige jeweils eine Länge von 5,10 m und eine Breite von 2,40 m. Die Plakattafeln bestehen aus einbetonierten Eisenstehern, auf die mittels Polsterhölzern die Holzplatten in einem Abstand von 0,50 m zum Gelände montiert werden sollen. Die Gesamthöhe der Werbetafeln beträgt 2,90 m. Die farbliche Gestaltung der Flächen bestehe nach der Anzeige "aus bunten Plakaten, die mehrmals pro Jahr neu affichiert werden". Alle Flächen würden mit einem grünen Holzrand versehen.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 4. September 2003 wurde die Ausführung der geplanten Aufstellung der gegenständlichen Werbeeinrichtungen gemäß § 45 Abs. 4 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) untersagt.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass seitens der Stadtplanung zu dieser Frage eine mit 22. August 2003 datierte gutachterliche Stellungnahme erstellt worden sei. Diese laute wie folgt:

"Neben der K... Allee und der H...straße stellt der S...ring eine der Haupterschließungsstraßen von Innsbruck dar und übt somit auch eine für die Gesamtstadt 'imageprägende Funktion' aus. Es gilt also diesen urbanen Bereich durch eine besondere Gestaltung und Nutzung aufzuwerten und damit ein attraktives Entree der Stadt zu bilden.

Dies ist jedenfalls durch eine Werbeeinrichtung in der Art des ggst. Ansuchens nicht möglich, da der Passant nicht die Möglichkeit hat, den jeweiligen stadträumlichen Bereich, anhand der ihm eigenen, spezifischen Merkzeichen zu identifizieren. Der Straßenraum wird durch derartige großflächige bunte Werbeeinrichtungen optisch überlastet und der Rahmen der Wahrnehmung der Passanten durch diese anonymen und verwechselbaren 'Großflächenwerbungen' gestört, woraus ein zufälliges und inhomogenes Straßen- und Ortsbild mit einer aufdringlichen Wirkung entsteht. Das Absinken des stadtgestalterischen Niveaus ist die Folge.

Auch sind - aufgrund der Beurteilung auf der Basis der Studie zur Entwicklung von Kriterien für die Gestaltung und das Aufstellen von Plakatwänden - ggst. Standorte grundsätzlich für Großplakate nicht geeignet.

Die beantragte Werbeanlage wirkt sich durch:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94/2001, ist das Äußere von baulichen Anlagen so zu gestalten, dass im Hinblick auf deren Einbindung in die Umgebung das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht erheblich beeinträchtigt wird.

Gemäß § 45 Abs. 1 erster und zweiter Satz TBO 2001 in der Fassung LGBl. Nr. 89/2003 ist die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften der Behörde schriftlich anzuzeigen, sofern hiefür nicht eine Bewilligung nach § 14 Abs. 1 lit. e des Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetzes 2003 erforderlich ist. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung und eine planliche Darstellung der betreffenden Werbeeinrichtung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen.

Gemäß § 45 Abs. 3 TBO 2001 ist die Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer anzeigepflichtigen Werbeeinrichtung unzulässig, wenn durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung das Orts- und Straßenbild erheblich beeinträchtigt würde.

Gemäß § 45 Abs. 4 erster und zweiter Satz TBO 2001 hat die Behörde die angezeigte Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Vorhaben nach Abs. 3 unzulässig ist, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige mit schriftlichem Bescheid zu untersagen.

Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung im Recht auf Parteiengehör geltend, weil ihr das im erstinstanzlichen Verfahren herangezogene "Gutachten" vom 22. August 2003 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Dieses Gutachten sei auch von der belangten Behörde herangezogen worden und überdies sei ein ergänzendes schlüssiges Gutachten vom Sachverständigen des Stadtplanungsamtes eingeholt worden. Auch das ergänzende Gutachten sei der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht worden.

Dazu ist zunächst klarzustellen, dass es ein von der belangten Behörde ergänzend eingeholtes Gutachten - in den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens - nicht gibt, sondern im angefochtenen Bescheid im letzten Satz eine missverständliche Formulierung gebraucht wurde. Die belangte Behörde hat für ihre Entscheidung einzig und allein die im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Stellungnahme des Stadtplanungsamtes vom 22. August 2003 herangezogen. Dazu, dass der Beschwerdeführerin zu dieser Stellungnahme vom 22. August 2003 kein Parteiengehör eingeräumt wurde, ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, dass die maßgeblichen Ausführungen dieses Gutachtens im erstinstanzlichen Bescheid wiedergegeben wurden. Die Beschwerdeführerin hatte somit im Rahmen der Berufung die Möglichkeit, dazu entsprechend Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin meint weiters, dass es sich bei der Stellungnahme des Ing. P. vom 22. August 2003 nicht um ein Gutachten im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG handle. Auf diesen schon in der Berufung gemachten Einwand sei die belangte Behörde nicht eingegangen. Die Stellungnahme vom 22. August 2003 sei von einem Sachbearbeiter der Magistratsabteilung III, wozu die "Stadtplanung/Referat Städtebauliche Bauberatung und Gestaltung" gehöre, verfasst worden. Es werde lediglich als Stellungnahme zu einem Bauansuchen deklariert. Es handle sich daher um ein internes Schriftstück. Nach Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (Anm.: vgl. nunmehr Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, S. 570, FN 2) zu § 52 Abs. 1 AVG seien Sachverständige als Personen oder Personengemeinschaften definiert, die auf Grund eines besonderen fachlichen Wissens über für die Entscheidung erhebliche Tatsachen Auskunft zu erteilen in der Lage seien. Ein Sachbearbeiter der Abteilung Stadtplanung und des Referates über städtebauliche Bauberatung und Gestaltung, der eine Stellungnahme an die Abteilung betreffend Bau- und Feuerpolizei zu einem Bauansuchen abgebe, besitze nicht die Qualifikation eines Sachverständigen. Diese Stellungnahme beinhalte auch keine detaillierte Befundaufnahme. Sie verweise nur auf die beantragte Errichtung von drei Plakattafeln und den unmittelbaren Aufstellungsort. Es wäre aber unbedingt notwendig gewesen, den gesamten näheren und weiteren Bereich des Aufstellungsortes sachlich und bildlich darzustellen, insbesondere auch zu erwähnen, welche sonstigen Plakattafeln aufgestellt seien, um die Kernfrage, ob die Plakattafeln eine "erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes hervorrufen", fachgerecht beurteilen zu können. Stattdessen erschöpfe sich das Schriftstück des Ing. P. in Aussagen wie etwa:

"( der Straßenraum wird durch derartige großflächige bunte Werbeeinrichtung optisch belastet;

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