VwGH 2004/05/0200

VwGH2004/05/020024.5.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Außenwerbung Dr. Heinrich Schuster GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien 1, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. Juni 2004, Zl. BOB - 78/04, betreffend die Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §5 Abs4 litn;
BauO Wr §6 Abs15;
BauO Wr §6 Abs3;
BauO Wr §62a Abs1 Z1;
BauO Wr §62a Abs1 Z27;
BauO Wr §62a Abs1;
BauO Wr §62a Abs3;
BauRallg;
BauO Wr §5 Abs4 litn;
BauO Wr §6 Abs15;
BauO Wr §6 Abs3;
BauO Wr §62a Abs1 Z1;
BauO Wr §62a Abs1 Z27;
BauO Wr §62a Abs1;
BauO Wr §62a Abs3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 29. August 2003 (bei der Behörde eingelangt am 2. September 2003) ersuchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Werbeanlage bestehend aus zwei Plakattafeln auf einem Grundstück in Wien 23. Nach verschiedenen Verfahrensschritten wurde dieser Antrag mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/23, vom 10. Dezember 2003 abgewiesen (das Vorhaben wird darin wie folgt beschrieben: Errichtung einer Werbeanlage, ca. 1,00 m hinter der Grundstücksgrenze zur Brunner Straße, bestehend aus zwei Werbetafeln mit einer Größe (Breite x Höhe) 8,50 m x 2,52 m, wobei die längs der Einfahrt situierte eine Gesamthöhe zwischen 3,40 m und 3,62 m aufweist und die Tafel rechts der Einfahrt zwischen 3,07 m und 3,27 m hoch sei). Begründet wurde dies damit, dass für die fragliche Grundfläche die Widmung Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel festgesetzt sei. Gemäß § 6 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) dürften bei dieser Widmung Bauten grundsätzlich nur insoweit errichtet werden, als sie land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten (Bienenhütten, Werkzeughütten und dergleichen), ferner die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendigen Bauten auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan vorgesehen seien. Die Errichtung solcher Plakattafeln könne dem nicht zugerechnet werden und sei daher grundsätzlich unzulässig. Die Bewilligung sei daher gemäß § 70 BO zu versagen gewesen. Es sei jedoch auch geprüft worden, ob allenfalls eine Bewilligung gemäß § 71 BO in Betracht gezogen werden könne. Dies sei nach den Ergebnissen des eingeholten Sachverständigengutachtens zu verneinen, weil die Werbeanlage einerseits das bestehende örtliche Stadtbild erheblich störe und andererseits vor allem grundlegend der Flächenwidmung Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel widerspreche.

Dagegen erhob die schon im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin eine sogenannte "leere" Berufung (zu einer solchen Vorgangsweise vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2005, Zl. 2004/05/0115 und Zl. 2004/05/0116), die sodann über Auftrag der belangten Behörde entsprechend verbessert (ausgeführt) wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft unbestritten die Widmung Grünland-Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel festgesetzt. Nach Wiedergabe des § 6 Abs. 3 und 15 BO heißt es weiter, Plakatwände dienten auf Grund ihrer Bestimmung eindeutig nicht land- und forstwirtschaftlichen Zwecken. Somit sei deren Errichtung in einem als Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel ausgewiesenen Areal von § 6 Abs. 3 BO nicht umfasst, weil sie keine für die gemäß dieser Bestimmung widmungsgemäße Nutzung erforderliche bauliche Anlagen darstellten. Auch wenn, wie die Beschwerdeführerin richtig ausführe, Werbeanlagen nicht generell in allen Widmungsgebieten unzulässig und nicht ausdrücklich in der BO verboten seien, ergebe sich gemäß § 6 Abs. 15 BO für das Widmungsgebiet Wald- und Wiesengürtel gegenüber den übrigen Widmungsgebieten die darüber hinaus gehende weitere Einschränkung, dass für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Bauten nur auf dafür ausdrücklich vorgesehenen Flächen errichtet werden dürften und in den übrigen Bereichen dieses Widmungsgebietes nur die in Abs. 3 dieser Bestimmung angeführten Bauten kleineren Umfanges, die überdies unmittelbar land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen müssten.

Für die fragliche Liegenschaft sei jedoch nach dem gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan keine dem § 6 Abs. 15 BO entsprechende Bebaubarkeit gemäß § 5 Abs. 4 lit. m BO festgesetzt. Deshalb sei die Errichtung von Werbeanlagen auf der fraglichen Liegenschaft entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und im Gegensatz zur Möglichkeit der Errichtung in anderen Widmungsgebieten keinesfalls zulässig. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass Werbeanlagen etwa im Bauland Wohngebiet oder im Bauland Gemischtes Baugebiet schon allein auf Grund des Gesetzeswortlautes (Hinweis auf § 6 Abs. 6 und 8 BO) nicht von vornherein ausgeschlossen seien, wie dies im Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel auf Grund des Wortlautes von § 6 Abs. 3 und Abs. 15 BO der Fall sei. Ebenso wenig könne der generellen Aussage der Beschwerdeführerin, dass Werbeanlagen entlang einer Straße ein örtliches Stadtbild nicht stören könnten, gefolgt werden, weil eine stadtgestalterische Planung bei einer derartigen Auslegung der BO unmöglich wäre. Allerdings sei die Frage einer Störung des örtlichen Stadtbildes auf Grund des dargelegten Widerspruchs zur festgesetzten Widmung nicht entscheidungsrelevant.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 4 lit. n BO können Bebauungspläne auch enthalten:

"n) Grundflächen im Wald- und Wiesengürtel, auf denen die Errichtung von Bauten und baulichen Anlagen (Ausflugsgaststätten, Buschenschänken, Aussichtswarten, Bootsvermietungen und Ähnliches) für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege zulässig ist, sowie in Gebieten, die der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind, Grundflächen, auf denen landwirtschaftliche Nutzbauten nicht errichtet werden dürfen; außerhalb von Gebieten, die der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind, die Zulässigkeit von Wohnräumen in Gebäuden für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege;"

§ 6 Abs. 3 und Abs. 15 BO lautet:

"(3) Der Wald- und Wiesengürtel ist bestimmt für die Erhaltung und Schaffung von Grünflächen zur Wahrung der gesundheitlichen Interessen der Bewohner der Stadt und zu deren Erholung in freier Natur; die land- und forstwirtschaftliche Nutzung solcher Grünflächen ist zulässig. Es dürfen nur Bauten kleineren Umfanges errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen (Bienenhütten, Werkzeughütten u. ä.), ferner die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendigen Bauten auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan (§ 5 Abs. 4 lit. n) vorgesehen sind; alle diese Bauten dürfen keine Wohnräume enthalten, mit Ausnahme von Wohnräumen in Bauten für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege, die nach dem Bebauungsplan zulässig sind.

(15) Die für die widmungsgemäße Nutzung unbedingt erforderlichen baulichen Anlagen sind in allen Widmungsgebieten zulässig, im Wald- und Wiesengürtel, ausgenommen jene Flächen, die der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind, jedoch nur auf den dafür ausdrücklich vorgesehenen Grundflächen (§ 5 Abs. 4 lit. n)."

Gemäß § 62a Abs. 1 BO ist bei Bauführungen, die ua. folgende Anlagen betreffen, weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:

Z 1. die nicht unter §§ 60, 61 und 62 fallenden Bauvorhaben;

Z 27. Werbeanlagen wie Plakatwände und dergleichen bis zu einer Höhe von 3,50 m, soweit sie nicht an oder im Nahebereich von Grundgrenzen errichtet werden, sowie Litfaßsäulen, beides außerhalb von Schutzzonen.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen müssen Anlagen nach Abs. 1 den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen und sind andernfalls zu beseitigen.

Im Beschwerdeverfahren ist nur mehr die Frage strittig, ob die Flächenwidmung Grünland, Wald- und Wiesengürtel der Zulässigkeit des Vorhabens entgegensteht.

Die Beschwerdeführerin bringt hiezu vor, die BO enthalte für keine einzige Widmungsart einen ausdrücklichen Hinweis auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Werbeanlagen. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der Errichtung von Werbeanlagen aber keineswegs übersehen sondern diese (unter bestimmten Voraussetzungen) sogar einem vereinfachten Bewilligungsregime unterstellt, indem er § 62a Abs. 1 Z 27 BO geschaffen habe. Ausgenommen von der Bewilligungsfreiheit sollten demnach nur Werbeanlagen in Schutzzonen sein. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber Werbeanlagen in Schutzzonen durch die Aufnahme in diese Bestimmung aber nur von dem vereinfachten Bewilligungsregime ausgenommen und sie somit einer Bewilligungspflicht unterworfen habe, diese aber keinesfalls in diesen Gebieten verboten habe. Auf Grund der Systematik der BO sei somit klar, dass der Gesetzgeber Werbeanlagen grundsätzlich als zulässig definiert habe, sie in weiten Gebieten einem vereinfachten Bewilligungsregime unterstellt habe, und hievon nur Ausnahmen hinsichtlich der Bewilligungsfreiheit vorgesehen habe. Der Gesetzgeber habe Werbeanlagen im Wald- und Wiesengürtel also keineswegs generell verbieten wollen. Die lediglich auf die Flächenwidmung gestützte Versagung der Bewilligung sei daher im Ergebnis rechtswidrig.

Dem ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin § 62a BO Abs. 3 übersieht, wonach Anlagen nach Abs. 1 den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen müssen, damit insbesondere auch der Flächenwidmung. Dass die beiden Werbetafeln mit der gegebenen Flächenwidmung im Widerspruch stehen, hat die belangte Behörde zutreffend erkannt (sodass auf ihre Ausführungen verwiesen werden kann).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Mai 2005

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