VwGH 2004/05/0129

VwGH2004/05/012931.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Dr. Evelyn Trondl in Krems an der Donau, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Landstraße 52, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 30. März 2004, Zl. MD-S-2/2004/Mag.Li/R, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Franz Schreiber, 3500 Krems an der Donau, Stratzinger Straße 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §14 Z1;
BauO NÖ 1996 §14 Z4;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1 Satz3;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
ROG NÖ 1976 §16;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §14 Z1;
BauO NÖ 1996 §14 Z4;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1996 §20 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1 Satz3;
BauO NÖ 1996 §23 Abs1;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
GewO 1994 §359b;
ROG NÖ 1976 §16;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Mai 2003 stellte der Mitbeteiligte den Antrag um Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung wie folgt:

"Betrifft: Betriebsanlagenerweiterung und Errichtung eines Gastgartens mit Windfang für die Fam. (Name des Mitbeteiligten), 3500 Krems

Ansuchen

Um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Windfanges sowie den Einbau von automatischen Glasschiebetüren zur Abänderung vom Konsens".

Diesem Ansuchen lag die "Baubeschreibung für die Betriebsanlagenerweiterung und die Errichtung eines Gastgartens mit einem Windfang, sowie den Einbau von automatischen Glasschiebetüren auf dem Grundstück Nr. 1085/1, EZ 1053 der KG Krems" mit folgendem Inhalt zu Grunde:

"Der Bauwerber beabsichtigt, im Anschluss an das bestehende Gastlokal einen Gastgarten zu errichten. Dieser Gastgarten soll von der Gastraumtüre (Notausgang) und der Küchengangtüre über einen zwischengeschalteten Windfang aus erschlossen werden. Diese Gastraumtüre sowie die Windfangtüre in den Garten sollen als sensorgesteuerte Glasschiebtüren ausgeführt werden. Die Öffnungs- und Schließintervalle werden lt. Gutachten eingehalten.

Somit sind beide Türen sowohl gegenüber dem Lärm aus dem Gastraum als auch dem Lärm aus der Küche wirksam. Zusätzlich soll eine hochschallabsorbierende Innenverkleidung des Windfanges (Wände und Decken im Ausmaß von insgesamt 50 m2) mit einem Absorbtionsgrad>0,8 ab 500 Hz, zB Heraklith, Herakustik F-Platten oder gleichwertiges (siehe beiliegendes Gutachten und schalltechnische Stellungnahme) angebracht werden.

Als Abschluss des gewerblich genutzten Bereiches im Gastgarten soll entlang der südlichen Böschung bis hin zum bestehenden Gebäudeeck des Wohnhauses eine ca. 75 cm hohe Mauer errichtet werden. Im westlichen Teil ist eine 2-flügelige Verbindungstüre zum privaten Bereich als Fluchtmöglichkeit für die Gäste geplant, b=200 cm. Der Lichteinfall auf die angrenzende Hauptmauer wird gewährleistet."

Der Windfang ist mit einer Nutzfläche von 25,05 m2 geplant. Das Baugrundstück liegt im Bauland-Agrargebiet.

Mit der auf § 22 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 und 2 NÖ Bauordnung 1996 gestützten "Anrainerverständigung" vom 2. Juli 2003 teilte der Magistrat der Stadt Krems der Beschwerdeführerin als Eigentümerin eines benachbarten Grundstückes mit, dass der Mitbeteiligte "um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Gastgartens mit einem Windfang sowie den Einbau einer automatischen Glasschiebetüre" angesucht habe. Die Vorprüfung des Vorhabens sei positiv abschlossen, es bestünden keine Einwände gegen die Erteilung der Baubewilligung. Durch das Vorhaben würden keine subjektivenöffentlichen Rechte der Nachbarn berührt, weshalb ihnen keine Parteistellung im Verfahren zukäme.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2003 wendete die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht ein,

"dass wir durch die offenbar beabsichtigte Genehmigung des beantragten Gastgartens samt Errichtung der noch mit Auflage 7 des rechtskräftigen und vollstreckbaren Baubewilligungsbescheides des Magistrates der Stadt Krems vom 12. 3. 1996, IV/3-2641/4-96, aus lärmschutztechnischen Gründen während des Gasthausbetriebes ständig geschlossen zu haltenden, nunmehr jedoch für die Bedienung des Gastgartens laufend zu öffnenden Glasschiebetüre jedenfalls in unserem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht auf Schutz vor Immissionen nach § 48 NÖ Bauordnung 1996 gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 NÖ BauO 1996 zweifellos berührt werden."

Mangels Kenntnis des Projektes wendete die Beschwerdeführerin vorsichtshalber auch die Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte, "insbesondere Standsicherheit, Bebauungshöhe und Bauwich im Zusammenhang mit der ausreichenden Belichtung unserer Hauptfenster zum Baugrundstück" ein.

Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist eine "Verhandlungsausschreibung" für eine gewerbebehördliche Verhandlung vom 27. August 2003 für die "gewerbebehördliche Genehmigung für die Betriebsanlagenerweiterung und Errichtung eines Gastgartens mit Windfang sowie den Einbau von automatischen Glasschiebetüren in 3500 Krems, Stratzingerstraße 1" zu entnehmen. Die mündliche Verhandlung an Ort und Stelle wurde für Donnerstag, den 18. September 2003, 13.30 Uhr anberaumt. Die Kundmachung wurde auf "§§ 359 b Abs. 1, 81 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF." gestützt. Die Beschwerdeführerin wurde zu dieser Verhandlung nicht geladen.

Mit Kundmachung vom 2. September 2003 wurde eine Bauverhandlung an Ort und Stelle für Donnerstag, den 18. September 2003, 9.00 Uhr anberaumt, zu welcher auch die Anrainer, u. a. die Beschwerdeführerin, geladen wurden. In dieser Kundmachung wurde das Vorhaben wie folgt umschrieben: "Errichtung eines Gastgartens mit einem Windfang sowie den Einbau einer automatischen Glasschiebetüre beim bestehenden Objekt in 3500 Krems, Stratzinger Straße 1, auf dem Grundstück Nr. 1085/1 KG Krems".

Mit Eingabe vom 12. September 2003 erhob die Beschwerdeführerin gemeinsam mit anderen Nachbarn gegen dieses Vorhaben mit dem Hinweis Einwendungen, das bestehende Heurigenlokal einschließlich Heizungs- und Lüftungsanlage sowie einer Wohneinheit mit PKW-Abstellplatz sei baubehördlich unter Vorschreibung der in der damals aufgenommenen Verhandlungsschrift geforderten Auflagen mit Bescheid des Magistrates der Stadt Krems an der Donau vom 12. Februar 1996 bewilligt worden. Auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführerin sei damals das eingereichte Projekt wesentlich abgeändert worden, insbesondere sei der Gastgarten nicht zur Ausführung gelangt; der Ausgang vom Gastlokal in den Garten sei nur mehr als Notausgang bewilligt worden. Der Mitbeteiligte unternehme nunmehr bereits den dritten Versuch zur Erlangung der baubehördlichen Genehmigung eines Schanigartens. In dem vorliegenden Plan sei als Abschluss des gewerblich genutzten Bereiches im Gastgarten entlang der südlichen Böschung bis hin zum bestehenden Gebäudeeck des Wohnhauses eine ca. 75 cm hohe Mauer vorgesehen. Diese Mauer werde auch in der Baubeschreibung genannt, nähere Angaben, insbesondere zu dem im Plan dargestellten Rigol, fehlten jedoch. Dieses Rigol diene offenbar der Entsorgung der vom künftig befestigten Bereich der Tische im Gastgarten über die Böschung abfließenden Oberflächenwässer. Es sei ungeklärt, ob ein Regenwasserkanalanschluss für dieses Rigol auf Eigengrund des Mitbeteiligten vorhanden sei. Es bestehe die Gefahr der Vernässung der Stützmauer und des Innenhofes auf dem tiefer liegenden Grundstück der Beschwerdeführerin. Da keine Einschränkung der Betriebszeit erfolge, entstehe auch bei kurzzeitigem Öffnen der vorgesehen Türen eine unzumutbare Lärmbelästigung.

In der Verhandlungsschrift der am 18. September 2003 durchführen Bauverhandlung wird als Gegenstand der Verhandlung angeführt: "Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Gastgartens mit einem Windfang sowie den Einbau einer automatischen Glasschiebetüre beim bestehenden Objekt". Das Projekt wird darin wie folgt näher beschrieben:

"Das bereits bestehend(e) Objekt umfasst erdgeschossseitig zur Langenloiser Straße hin die Wirtschaftsräume für die Weinkellerei des Herrn (Mitbeteiligten). Im darüber befindlichen OG sind das Heurigenlokal samt Küche sowie die Wohneinheit der Fam. (Name des Mitbeteiligten) untergebracht. Dadurch besteht ein L-förmiger Grundriss und es soll nunmehr in einem Teil des Gartens südlich des Küchenbereiches und direkt im Anschluss an den Notausgang ein annähernd trapezförmiger Windfang im Ausmaß von maximal 7,15 auf 5,45 m errichtet werden.

Dieser Windfang ist für eine hinkünftige Erschließung eines Gastgartens gedacht und soll daher so ausgeführt werden, dass einerseits der Brandschutz und andererseits der Schallschutz im Hinblick auf Anrainerrechte gewahrt bleibt. In Bezug auf den Schallschutz wird auf das nachstehende schallschutztechn. Gutachten des AS für Lärmtechnik verwiesen.

Der Windfang selbst wird in Massivbauweise errichtet und erhält nach oben hin ein Richtung Osten flach geneigtes Pultdach mit Blecheindeckung. Die Entwässerung der Niederschlagswässer erfolgt unter Anschluss an das bestehende Abwassersystem welches zum öffentl. Kanalnetz führt. Die derzeit bestehende Notausgangstüre wird durch eine automatische Schiebetüre ersetzt. Beide Schiebetüren werden als Fluchttüren ausgebildet.

Der Ausgangsbereich vom Windfang in den Garten (hinkünftig Gastgarten) liegt in einer Entfernung von mindestens 4,5 m und wird ebenfalls in Form einer automatischen Schiebetüre ausgeführt. Die Wand- und Deckenelemente (Massivbauweise) werden innenseitig schallabsorbierend ausgeführt. Die vorgesehenen Belichtungsflächen sind nicht öffenbar vorgesehen.

Des Weiteren ist beabsichtigt den hinkünftigen Gastgartenbereich durch eine 75 cm hohe Einfriedungsmauer in Stahlbeton vom Böschungsbereich und vom restlich benutzten Gartenbereich abzugrenzen. In dieser westlichen Einfriedungsmauer bzw. Sockel wird ein 2 m breites Fluchttor vorgesehen.

Da der Gastgarten selbst keinen baurechtlichen Tatbestand darstellt und auch die Einfriedungsmauer für einen Gastgarten baurechtlich nicht relevant bzw. notwendig ist, wird auf den Gastgarten selbst nicht näher eingegangen. Eine Befestigung der Gartenfläche in bautechnischer Hinsicht ist nicht vorgesehen.

Im Bereich der südlichen Grundgrenze ist über eine Länge von ca 12 m am Böschungsfuß noch auf Eigengrund des Herrn (Mitbeteiligten) ein Rigol gegeben um etwaige Niederschlagswässer von der Böschung her aufnehmen und in einem Sickerschacht ableiten zu können."

Der lärmtechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten aus, der Windfang sei derart geplant, dass insgesamt 50 m2 der Innenfläche hochschallabsorbierend ausgeführt werden. Unter Berücksichtigung des Windfanges ergäbe sich im Bereich des nächstgelegenen Wohnnachbarschaftsbereiches an der Grundstücksgrenze Langenloiser Straße 59 und 61 ein Beurteilungspegel von 34 dB und vor dem östlichen Wohnraumfenster des Hauses Langenloiser Straße 61 ein Beurteilungspegel von 39 dB. Schallpegelspitzen bis 43 dB seien zu erwarten. Durch die vorgesehenen Schiebetüren ergäbe sich unter Berücksichtigung eines gleichzeitigen Offenhaltens der beiden Schiebetüren von 15 Minuten pro Stunde für das Begehen und Verlassen des Gastgartens sowie die erforderliche Bewirtung der Gäste (vorgesehen seien 42 Sitzplätze) im Vergleich zu diesen Immissionen eine Schallpegelminderung um 5 dB. Auf Grund der örtlichen Umgebungsgeräuschsituation sei zur Tageszeit von einem Grenzwert von 39 dB und zur Nachtzeit von 34 dB auszugehen. Diese Grenzwerte würden bei Tage auch bei offenen Türen des Windfanges nicht überschritten. Zur Nachtzeit werde der Grenzwert nur dann nicht überschritten, wenn die automatischen Türen mit Ausnahme des Nutzungsfalles geschlossen gehalten würden.

Der medizinische Amtssachverständige kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass die durch die Windfangtüren entstehenden Lärmbelästigungen, wie sie vom lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden seien (Beurteilungspegel von 39 dB bei geöffneten Türen bzw. 34 dB bei automatischer Schaltung, Schallpegelspitzen bis zu 43 dB), in der Nachbarschaft keine unzumutbare Belästigung erzeugten; eine Gesundheitsgefährdung sei auszuschließen.

Der bautechnische Amtssachverständige bewertete den geplanten Windfang als eine zulässige Ergänzung zum Betriebsgebäude; es bestünde kein Widerspruch zur Flächenwidmung. Für die Anrainer entstünden durch die Errichtung des Windfanges keine Gefahren in Bezug auf Brandschutz, Standsicherheit und Trockenheit; Beeinträchtigungen durch die Bebauungsweise, Bebauungshöhe und des Lichteinfalles seien auszuschließen.

Die Beschwerdeführerin ergänzte ihre Einwendungen in der mündlichen Verhandlung und führte aus, dass durch die Errichtung des Gastgartens eine bauliche Maßnahme gesetzt werde, bei deren Betrieb sie durch Lärm und Geruch beeinträchtigt werde. Mangels Befestigung des Gastgartens käme es zu einer Änderung der Versickerung der Oberflächenwässer.

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 24. November 2003 wurde die "Baubewilligung für die Errichtung eines Windfanges samt Einbau von zwei automatischen Schiebetüren und einer Einfriedungsmauer bzw. -sockel beim bestehenden Objekt" gemäß § 23 NÖ Bauordnung 1996 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Die dem Antrag um baubehördliche Bewilligung beigelegte Baubeschreibung enthält die Bezugsklausel der Baubehörde erster Instanz: "Hierauf bezieht sich der Bescheid vom 23. 09.03".

Der diesem Bescheid zu Grunde liegende Einreichplan bezeichnet als Projekt: "Für die Betriebsanlagenerweiterung und die Errichtung eines Gastgartens mit einem Windfang, sowie den Einbau von automatischen Glasschiebetüren ...".

Ob die gewerbebehördliche Bewilligung erteilt worden ist, lässt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht entnehmen.

Der gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Errichtung eines Gastgartens nicht Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens gewesen sei. Die Bewilligung des Gastgartenbetriebes sei im gewerbebehördlichen Verfahren abzuhandeln gewesen. Die Verfahren seien getrennt geführt worden, da der Mitbeteiligte eine gemeinsame Durchführung beider Verfahren nicht beantragt habe. Die Baubehörde sei bei Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage alleine auf die Beurteilung der Übereinstimmung des geplanten Projektes mit den baurechtlichen Vorschriften beschränkt. Weder die Errichtung eines Windfanges samt Einbau von zwei automatischen Schiebetüren noch der Bau einer Einfriedungsmauer bzw. eines Sockels widerspräche den Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996. Durch das bewilligte Bauvorhaben würden keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführerin verletzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin war im hier zu beurteilenden Baubewilligungsverfahren Partei auf Grund ihrer Eigenschaft als Nachbarin im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge BO). Nachbarn sind nach § 6 Abs. 1 zweiter Satz BO nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

§ 6 Abs. 2 leg. cit. hat folgenden Wortlaut:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

§ 48 BO lautet:

"§ 48

Immissionsschutz

(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen

  1. 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
  2. 2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

Für die Beurteilung des Beschwerdefalls sind weiters folgende

Bestimmungen der BO von Bedeutung:

"§ 20

Vorprüfung

(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben

1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks, …

6. eine Bestimmung dieses Gesetzes, …

entgegensteht.

Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, ist die Prüfung nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfasst ist.

§ 23

Baubewilligung

(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 10 Abs. 1 Z. 1 bis 6 angeführten Bestimmungen besteht.

Bei gewerblichen Betriebsanlagen gilt § 20 Abs. 1, letzter Satz, sinngemäß. Die Baubewilligung umfasst das Recht zur Ausführung des Bauwerks und dessen Benützung nach Fertigstellung, wenn eine Bescheinigung nach § 30 Abs. 2 Z. 3 vorgelegt wird. …

Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, darf das Recht aus der Baubewilligung für die Anlage erst nach Vorliegen der gewerbebehördlichen Genehmigung ausgeübt werden.

…"

Die Beschwerdeführerin rügt die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung, die "Errichtung des Gastgartens" sei nicht Gegenstand des vom Mitbeteiligten eingereichten Bauvorhabens gewesen.

Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektsgenehmigungsverfahren. Es ist der in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1978, VwSlg 9513/A, und vom 22. Mai 2001, Zl. 99/05/0096).

Wie der dem Baubewilligungsansuchen zu Grunde liegenden Baubeschreibung und auch dem Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung des Projektes zweifelsfrei zu entnehmen ist, ersuchte der Beschwerdeführer um Erteilung der erforderlichen Baubewilligung für die beabsichtigte Erweiterung seines im Jahre 1996 bewilligten und betriebenen Heurigenlokals durch Errichtung eines Gastgartens (dem vorgelegten Verwaltungsakt lässt sich entnehmen, dass dieser Gastgarten für 42 Sitzplätze ausgelegt ist) mit Windfang sowie den Einbau von automatischen Glasschiebetüren.

Aus dem Einreichplan ergibt sich ebenfalls, dass der Mitbeteiligte auch beabsichtigt, den projektierten Gastgartenbereich durch eine Einfriedungsmauer vom restlichen Gartenbereich abzugrenzen.

Es ist somit im Beschwerdefall bei Beurteilung des eingereichten bewilligungspflichtigen Bauvorhabens davon auszugehen, dass der Mitbeteiligte eine Änderung seines im Jahre 1996 (auch) baubehördlich bewilligten Betriebes eines Heurigenlokals verbunden mit baulichen Änderungen am bestehenden Gebäude bezweckt (vgl. § 14 Z. 1 und 4 BO). Da im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens die Baubehörde das bewilligungspflichtige Vorhaben auch unter dem Gesichtspunkt der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart des Baugrundstücks (§ 20 Abs. 1 Z. 1 und § 23 Abs. 1 zweiter Satz BO) zu prüfen hat und Betriebe im Sinne des für das Baubewilligungsverfahren wesentlichen raumordnungsrechtlichen Begriffes (vgl. § 16 Niederösterreichisches Raumordnungsgesetz 1976) als organisatorische und grundsätzlich notwendige Einheit zu verstehen sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. März 1990, Zl. 89/05/0230, und vom 23. November 1995, Zl. 95/06/0204), können die Auswirkungen baurechtlicher Änderungen, insbesondere die Immissionswirkungen (§ 48 BO), nur unter Berücksichtigung sämtlicher Betriebsabläufe des einheitlichen Betriebes beurteilt werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 99/05/0290). Bei der Beurteilung der vom Betrieb des Mitbeteiligten ausgehenden Emissionen und der dadurch entstehenden Immissionsbelastung ist daher der geplante Gastgarten auch von der Baubehörde mit einzubeziehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2002/05/0757).

Gemäß § 20 Abs. 1 letzter Satz BO ist bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, die Prüfung nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfasst ist. Diese Bestimmung ist gemäß § 23 Abs. 1 BO im Baubewilligungsverfahren sinngemäß anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch schon in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 2000/05/0210, ausgeführt, dass dann, wenn die Betriebsanlagengenehmigung im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO 1994 zu erteilen ist, § 23 Abs. 1 dritter Satz in Verbindung mit § 20 Abs. 1 BO nicht anzuwenden ist.

Wie der Kundmachung des Bürgermeisters der Stadt Krems vom 27. August 2003 zu entnehmen ist, wurde das gewerbebehördliche Genehmigungsverfahren des eingereichten Projektes auf Grundlage des § 359b GewO 1994 abgeführt. Ausgehend davon, dass der Betrieb des Mitbeteiligten im Hinblick auf die bestehenden und durch seine projektierte Erweiterung zu erwartenden Abläufe als eine untrennbare Einheit im Sinne der oben dargestellten Rechtslage anzusehen ist, müssen sich daher die Baubehörden mit dem Einwand der Beschwerdeführerin, durch die beabsichtigte Änderung (hier: Erweiterung) des Heurigenlokals um den Gastgarten entstünden durch erhöhten Lärm und vermehrte Geruchsentwicklung örtlich nicht zumutbare Belästigungen im Sinne des § 48 BO, dann auseinandersetzen, wenn das gewerbebehördliche Betriebsanlagenverfahren gemäß § 359b GewO 1994 abgeführt worden ist. Durch die Zurückweisung der diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin ohne Berücksichtigung der dargestellten Rechtslage belasteten die Baubehörden daher ihre Bescheide mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Obwohl der lärmtechnische Amtssachverständige in seinem in der mündlichen Bauverhandlung erstatteten Gutachten zum Schutz vor der zu erwartenden Lärmbelästigung die Vorschreibung von Auflagen beim Betrieb der projektierten Schiebetüren vorgeschlagen hat, wurden diese (mit Nr. 13 und 14 bezeichneten) Auflagen nicht als Nebenbestimmungen in den Baubewilligungsbescheid aufgenommen. Warum die Baubehörden die Vorschreibung dieser Auflagen nicht für erforderlich erachtet haben, wird im angefochtenen Bescheid nicht begründet. Diesen Verfahrensmangel hat die Beschwerdeführerin zutreffend gerügt. Ob die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken gegen die Errichtung der 75 cm hohen Mauer auf dem Grundstück des Mitbeteiligten berechtigt sind, kann vom Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilt werden, weil die belangte Behörde - ausgehend von ihrer Rechtsansicht - die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht geprüft hat. Gleiches gilt für den von der Beschwerdeführerin gerügten Rigol.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft die geltend gemachte "Gebühr für postamtliche Einzahlung". Der obsiegende

Beschwerdeführer hat Anspruch auf Ersatz der im § 48 Abs. 1 VwGG genannten Gebühren, Kosten und Aufwände. Die dem Beschwerdeführer entstandenen Bankspesen sind in dieser Aufzählung nicht enthalten.

Wien, am 31. März 2005

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