VwGH 2004/05/0031

VwGH2004/05/003121.7.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der PWI Hausbau und Liegenschaftsentwicklungs AG in Wien, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 12. Mai 2003, Zl. BOB-62/03, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §5 Abs4 litk;
BauO Wr §69 Abs1 litf;
BauO Wr §69 Abs1 litm;
BauO Wr §69 Abs1;
BauO Wr §69 Abs2;
BauO Wr §81;
BauRallg;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a Abs1;
BauO Wr §5 Abs4 litk;
BauO Wr §69 Abs1 litf;
BauO Wr §69 Abs1 litm;
BauO Wr §69 Abs1;
BauO Wr §69 Abs2;
BauO Wr §81;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Bewilligung versagt, auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien 6 folgende Baumaßnahmen durchzuführen:

"Ausbauen der Dachgeschosse und Herstellen raumbildender Zubauten bei den hofseitigen Stiegen 1 und 2 über den vierstöckigen Wohngebäuden, wobei bei der Stiege 1 (vordere Stiege) die äußere bestehende Dachfläche (Pultdach) mit einer Dachneigung von 30 Grad auf eine Dachneigung mit 45 Grad angesteilt wird und bei der Stiege 2 (hintere Stiege) im hinteren Gebäudeteil die äußere bestehende Dachfläche mit einer Dachneigung von 25 Grad auf eine Dachneigung von 45 Grad angesteilt wird (der vordere Gebäudeteil ist bereits als 'Dachboden' mit senkrechten Raumbegrenzungen ausgebaut und darin befindet sich die Waschküche, eine Rollküche und ein Bügelzimmer) und innenhofseitig zwischen den beiden Stiegen 1 und 2 zum Innenhof 3 anstelle von Flachdächern durch raumbildende Zubauten jeweils ein Dach mit einer Dachneigung von 45 Grad hergestellt wird, wobei sämtliche Gebäudehöhen, Dachtraufenhöhen und Dachfirsthöhen unverändert bleiben. Im Gebäudeteil der Stiege 2 Adaptieren eines bestehenden Aufzugsschachtes für einen triebwerkslosen Personenaufzug. Im vierstöckigen Verbindungstrakt zwischen den Stiegen 1 und 2 entlang der rechten Grundgrenze Herstellen eines neuen Daches mit 45 Grad Dachneigung (Pultdach) anstelle des bestehenden Daches mit 30 Grad Dachneigung, wobei die hofseitige (Innenhof 3) Gebäudehöhe und die Dachtraufenhöhe unverändert bleiben und die Dachfirsthöhe entlang der rechten Grundgrenze um 0,48 m tiefer gelegt wird. Über dem bestehenden Gebäudeteil der Stiege 2, der bereits als Dachboden ausgebaut ist, auf dem bestehenden Flachdach Herstellen einer Dachterrasse und eines verglasten Dachaufstieges als raumbildender Zubau von der Wohnung mit der Top Nr. 50 im Dachgeschoss auf die Dachterrasse. Im Verbindungstrakt entlang der rechten Grundgrenze Einbauen von zwei Dachterrassen über dem neuen Dachgeschoß und Herstellen von zwei verglasten Dachaufstiegen als raumbildende Zubauten von den Wohnungen mit den Top Nrn. 52 und 53 im Dachgeschoss auf die Dachterrassen. Insgesamt Einbauten von fünf (5) neuen Wohnungen in den Dachgeschossen mit den Top Nrn. 50, 51, 52, 53 und 54, wobei die Wohnungen mit den Top Nrn. 53 und 54 an der Stiege 1 und die Wohnungen mit den Top Nrn. 50, 51 und 52 an der Stiege 2 situiert sind. Als Ersatz für die aufgelassene Waschküche, die Rollküche und das Bügelzimmer im 'Dachboden' der Stiege 2 wird in jeder Wohnung der Stiegen 1 und 2 eine geeignete Aufstellmöglichkeit und ein Anschluss für eine Waschmaschine und für eine maschinelle Trockeneinrichtung vorgesehen. Wärmetechnische Versorgung der fünf (5) neuen Wohnungen durch wohnungseigene, gasbefeuerte Zentralheizungen (Kombithermen). Ableiten sämtlicher Fäkal- und Schmutzwässer sowie der seifenhältigen Bade- und Waschwässer, der Niederschlagswässer der Dachterrassen, der Terrassen und der Dachflächen über die bestehenden Abfallrohre in die Hausmischkanalanlage."

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, für den zur Bebauung vorgesehenen Bereich sei die Widmung gemischtes Baugebiet, Bauklasse II, beschränkt auf 10,50 m, und die geschlossene Bauweise festgesetzt. Das eingereichte Bauvorhaben sehe projektgemäß eine Gebäudehöhe von 19,40 m vor. Es sei zu prüfen, ob für die Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe eine Bewilligung gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (BO) erteilt werden könne. Beim gegenständlichen Projekt werde die zulässige Gebäudehöhe von 10,50 m um 8,90 m überschritten. Dies bedeute eine Überhöhung von über 84 %. Das vorliegende Ansuchen um Baubewilligung widerspreche somit den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes derart, dass allein schon auf Grund des zahlenmäßigen Ausmaßes der Umfang einer unwesentlichen Abänderung überschritten werde und somit die Anwendbarkeit des § 69 BO ausgeschlossen sei. An diesem Ergebnis vermöge auch der Umstand, dass das bestehende Gebäude bereits eine Gebäudehöhe von 19,40 m aufweise, nichts zu ändern, da für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des eingereichten Bauprojektes die nun geltenden Bebauungsbestimmungen maßgeblich seien. Liege aber eine wesentliche Abweichung vor, sei auf die einzelnen Tatbestandselemente des § 69 BO (konsensgemäßer Baubestand, zeitgemäße Ausstattung etc.) nicht mehr einzugehen. Außerdem sei im vorliegenden Fall das gesamte Gebäude von der Gebäudehöhenüberschreitung betroffen und nicht nur ein geringfügiger Teil desselben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. November 2003, Zl. B 964/03-7, ablehnte und sie mit Beschluss vom 3. Februar 2004, Zl. B 964-9, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Die Beschwerdeführerin nahm auftragsgemäß eine Ergänzung der Beschwerde vor und beantragte vor dem Verwaltungsgerichtshof die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, dass auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften Bedacht zu nehmen gewesen wäre. Durch das gegenständliche Bauvorhaben werde die Gebäudehöhe, verglichen mit dem vorhandenen konsensgemäßen Bestand, überhaupt nicht verändert. Es liege somit keine wesentliche Abweichung von Bebauungsvorschriften vor. Hinsichtlich der durch die Herstellung der verglasten Dachaufstiege verursachten Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplanes, wonach der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe liegen dürfe, sei festzuhalten, dass diese Überschreitung der Höhenbeschränkung einen im Verhältnis zur gesamten Dachfläche lediglich sehr geringen Flächenanteil umfasse. Im Hinblick darauf, dass die verglasten Dachaufstiege bloß einen völlig untergeordneten Teil der Gesamtfläche der Dachkonstruktion darstellten, sei diese Überschreitung um 1,3 m als geringfügige Abweichung von den Bebauungsvorschriften zu qualifizieren.

§ 69 der Bauordnung für Wien (BO) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Unwesentliche Abweichungen von Bebauungsvorschriften

§ 69. (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:

...

f) Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes nach § 5 Abs. 4 lit. d, e, i, k, m, n, o, p, q, r, s, u und y für jede Art von Baulichkeiten, nach lit. k jedoch nur bis zu einer Dachneigung von 45 Grad, ...

...

m) das Überschreiten der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h und gemäß § 77 Abs. 3 lit. c bestimmten sowie der bauklassenmäßigen Gebäudehöhe in allen Bauklassen, wenn das Interesse an der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht entgegensteht;

...

(2) Durch Abweichungen nach Abs. 1 darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden; es dürfen das vom Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan beabsichtigte örtliche Stadtbild nicht störend beeinflußt und die beabsichtigte Flächennutzung sowie Aufschließung nicht grundlegend anders werden. Die Gründe, die für die Abweichung sprechen, sind mit den Gründen, die dagegen sprechen, abzuwägen. Insbesondere ist auf den konsensgemäßen Baubestand der betroffenen Liegenschaft und der Nachbarliegenschaften sowie auf den Umstand, daß die Ausnahmebewilligung nur für die Bestanddauer des Baues gilt, Bedacht zu nehmen. Vom Bauwerber geltend gemachte Verpflichtungen aus Bundes- oder anderen Landesgesetzen sind zu berücksichtigen, desgleichen, ob die Abweichung einer zeitgemäßen Ausstattung oder der besseren barrierefreien Benützbarkeit des konsensgemäßen Baubestandes oder des geplanten Baues dienlich ist.

...

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes derart, daß der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes beziehungsweise des Bebauungsplanes überschritten wird, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften stellt, ohne daß sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, beziehungsweise wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, daß die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muß.

..."

Nach § 5 Abs. 4 lit. k BO kann der Bebauungsplan Bestimmungen über die Ausbildung der Schauseiten und Dächer der Gebäude, insbesondere über die Begrünung der Dächer, sowie über die Dachneigungen, die auch mit mehr als 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet auch mit mehr als 25 Grad festgesetzt werden können, enthalten.

§ 81 Abs. 1 BO normiert, dass bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront gilt. Bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden darf gemäß § 81 Abs. 2 BO die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein. § 81 Abs. 1 und 2 BO enthalten darüber hinaus nähere Regelungen, welche Bauteile bei der Ermittlung der Gebäudehöhe einzurechnen sind bzw. ausgespart bleiben, und normieren, dass dann, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, der oberste Abschluss des Daches keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen darf. Gemäß § 81 Abs. 4 BO darf das Gebäude jenen Umriss nicht überschreiten, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad, im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad, von der waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung ersprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend. Der zulässige Gebäudeumriss darf gemäß § 81 Abs. 6 und 7 BO durch näher genannte Bauteile, darunter Stiegenhäuser und Verglasungen untergeordneten Ausmaßes, überschritten werden.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass durch das gegenständliche Projekt die zulässige Gebäudehöhe von 10,50 m um 8,90 m überschritten wird. Dies kann jedoch den Einreichunterlagen und der oben wiedergegebenen Umschreibung der Baumaßnahmen nicht entnommen werden.

Die Beurteilung, ob eine Bewilligung gemäß § 69 BO in Frage kommt, hat stets vom jeweils eingereichten Projekt auszugehen (vgl. § 69 Abs. 1 BO). Eine allfällige Bewilligung gemäß § 69 BO erstreckt sich daher auch nur auf das konkrete jeweilige Projekt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2004, Zl. 2003/05/0019).

Wird aber durch ein Projekt die für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgebende vorhandene Bausubstanz nicht verändert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch dieses Projekt die zulässige Gebäudehöhe überschritten wird. In einem solchen Fall kommt auch die Heranziehung des § 69 Abs. 1 lit. m BO nicht in Frage und ist eine Ausnahme nach dieser Bestimmung nicht erforderlich (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2004).

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 96/05/0162, eine im Bebauungsplan getroffene Festlegung der zulässigen Höhe des Dachfirstes als Bestimmung über die Gebäudehöhe angesehen, dies hat sich jedoch ausdrücklich nur auf § 134a Abs. 1 lit. b BO bezogen mit der Folge, dass der Nachbar auch im Hinblick auf derartige Bestimmungen subjektive öffentliche Rechte geltend machen kann. Welcher Ausnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 BO heranzuziehen ist, ergibt sich daraus aber nicht, zumal § 69 Abs. 1 BO - anders als § 134a Abs. 1 BO - diesbezüglich verschiedene Tatbestände normiert.

Nach dem im Akt befindlichen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14. September 2001, Zl. MA 37 V - 4935/2001, über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen darf der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe liegen. Nach dem Beschwerdevorbringen soll diesbezüglich eine Überschreitung stattfinden. Die belangte Behörde ist auf diese Frage nicht eingegangen. Eine derartige Überschreitung wäre gegebenenfalls nach § 69 Abs. 1 lit. f iZm § 5 Abs. 4 lit. k BO zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist Folgendes festzuhalten:

Zwar trifft es zu, dass gemäß § 69 Abs. 2 BO unter anderem auf den konsensgemäßen Baubestand auf der betroffenen Liegenschaft Bedacht zu nehmen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. September 2000, Zl. 2000/05/0128). Dies bedeutet aber nicht, dass dann, wenn der konsensgemäße Baubestand die zulässige Gebäudehöhe überschreitet, in jedem Fall bei Vergrößerungen des Dachumrisses eine wesentliche Abweichung von Bebauungsvorschriften vorliegt. Vielmehr wäre anhand der Bestimmung des § 69 Abs. 2 BO zu beurteilen, ob eine entsprechende Ausnahmebewilligung auf Grund des Tatbestandes des § 69 Abs. 1 lit. f iZm § 5 Abs. 4 lit. k BO in Frage kommt.

Bei der Berücksichtigung des konsensgemäßen Altbestandes ist nämlich zu beachten, dass im vorliegenden Fall die zulässige Firsthöhe nicht "absolut" festgesetzt ist (vgl. hingegen jenen Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120, zu Grunde gelegen ist), sondern in Abhängigkeit von der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe (vgl. zu einem solchen Fall das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2004). Damit regelt der Bebauungsplan hier zwar die Dachform und den Dachumriss, legt aber dabei keine Höhenbegrenzung fest, und zwar auch nicht indirekt über die gleichzeitige Festsetzung der Bauklasse, da ja auch im Neubaufall eine Überschreitung der Gebäudehöhe nach § 69 Abs. 1 lit. m BO möglich wäre. Bei einer solchen Regelung kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Änderung des Daches schon allein angesichts der vorhandenen Gebäudehöhe eine wesentliche Abweichung von den Bebauungsvorschriften darstellt. Daran ändert es nichts, dass bei der Abwägung nach § 69 Abs. 2 BO auch die vorhandene Gebäudehöhe des Altbestandes eine Rolle spielen wird (vgl. etwa im umgekehrten Sinne den Fall, der dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 97/05/0205, zu Grunde gelegen ist, wo das zulässige Bauvolumen nicht ausgenützt wurde).

Es ist daher zwar nicht gesagt, dass die Gebäudehöhe des vorhandenen konsentierten Altbestandes in einem Fall wie dem vorliegenden bei der Beurteilung nach § 69 Abs. 1 lit. f iVm Abs. 2 BO nicht beachtlich ist (vgl. hingegen, aber nur im Zusammenhang mit einer Nachbarbeschwerde, nach der der Altbestand nicht Gegenstand der Argumentation war, das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1997, Zl. 96/05/0162), doch bewirkt sie nicht, dass schon allein ihretwegen eine wesentliche Abweichung von den Bebauungsbestimmungen gegeben ist.

Anderes würde gelten, wenn im Bebauungsplan keine Bestimmung vorhanden ist, die hinsichtlich der Regelung des Dachumrisses von der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe ausgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0208). Dann wäre nämlich im Hinblick auf die Vorschriften des § 81 BO wiederum gleichsam eine "absolute" Höhe auch für das Dach festgesetzt.

Da durch das gegenständliche Projekt keine Überschreitung der Gebäudehöhe in dem von der belangten Behörde angenommenen Ausmaß erfolgt und die vorhandene Gebäudehöhe nicht zwingend bewirkt, dass eine wesentliche Abweichung von Bebauungsvorschriften vorliegt, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juli 2005

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