VwGH 2002/03/0110

VwGH2002/03/01106.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der I GmbH in I, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass und Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Museumstraße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 21. Februar 2002, Zl 244.019/1-II/C/14/02, betreffend Anträge auf Auskunftserteilung und Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

Normen

AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §17 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §17 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Abweisung des Antrages auf Auskunftserteilung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in Ansehung der Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung von Auskünften nach dem Auskunftspflichtgesetz (1. Welche Verkehrsunternehmen verfügen derzeit in Tirol neben der I GmbH über Konzessionen nach dem Kraftfahrliniengesetz? 2. Welchen Umfang haben diese Konzessionen (Streckenführung)? 3. Wann und mit welcher Laufzeit wurden die Konzessionen erteilt?) gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz, BGBl Nr 287/87, den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht "in alle betreffenden Konzessionsakten nach dem Kraftfahrliniengesetz" gemäß § 17 AVG in Verbindung mit §§ 3 Abs 1, 5 Abs 1 Z 1 und 21 Z 2 Kraftfahrliniengesetz, BGBl I Nr 203/99 (KflG), ab.

Der von der Beschwerdeführerin an den Landeshauptmann von Tirol gestellte Antrag sei von diesem hinsichtlich der grenzüberschreitenden Kraftfahrlinien und Kraftfahrlinien, die sich über zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, an die belangte Behörde, die gemäß § 3 Abs 1 KflG für solche Kraftfahrlinien zuständig sei, weitergeleitet worden. Die Beschwerdeführerin habe ihren Auskunftsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass die begehrte Auskunft im Hinblick auf die Notwendigkeit strategischer Planung im Unternehmen wesentlich sei, insbesondere zwecks Vorbereitung auf Neuausschreibung von ablaufenden Konzessionen. Zum Antrag auf Akteneinsicht sei auf § 7 Abs 1 Z 3 KflG verwiesen worden, wonach eine Konzession nur dann zu erteilen sei, wenn die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleiste. Von dieser ex ante zu treffenden Feststellung ausgehend sei das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG und damit das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG nach Ansicht der Beschwerdeführerin gegeben.

Die für Akteneinsicht notwendige Parteistellung der Beschwerdeführerin sei gemäß § 8 AVG, welche Bestimmung auf das jeweilige "Materiengesetz" verweise, zu prüfen. In § 5 Abs 1 KflG seien unter Z 1 bis 9 alle Stellen angeführt, die vor der Entscheidung über die Erteilung einer Berechtigung zu hören seien. Als Partei anzusehen seien abgesehen vom Konzessionsbewerber, dem Konzessionsinhaber bzw allenfalls dem bisherigen Konzessionsinhaber gemäß § 21 Z 2 KflG nur die "in § 5 Abs 1 Z 1 angeführten Stellen, wenn die Entscheidung über das Ansuchen ihrer fristgerechten Stellungnahme widerspricht", woraus abzuleiten sei, dass weitere Parteien nach dem KflG nur "jene Unternehmen des öffentlichen Eisenbahnverkehrs und jene Kraftfahrlinienunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14) die beantragte Kraftfahrlinie ganz oder teilweise fällt", seien. Die Beschwerdeführerin wie auch ihre Rechtsvorgängerin sei "in jedem Verfahren, in dem ihr diese Parteistellung einzuräumen war", gehört worden, sie sei daher auch "im Besitz aller diesbezüglichen Entscheidungen, aus denen sie ersehen kann, wem, wann, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt eine Konzession nach Kraftfahrlinienrecht erteilt wurde". "In allen anderen konzessionsrechtlichen Verfahren" sei der Beschwerdeführerin die Stellung als Partei nicht zuzuerkennen.

Abgesehen von der mangelnden Parteistellung der Beschwerdeführerin sei "überdies festzustellen, dass aus Sicht der Behörde nur dann ein Wettbewerb mit gleichen Ausgangspositionen erfolgen kann, wenn alle Mitbewerber respektive Anbotleger in einem Ausschreibungsverfahren über den gleichen Informationsstand verfügen". Die Behörde sei "aus dem Titel der Auskunftspflicht keinesfalls berechtigt, einem Unternehmen einen unverhältnismäßigen Informationsvorsprung zu verschaffen, der in weiterer Folge mit Sicherheit zu einer eindeutigen Wettbewerbsverzerrung führt."

Die Anträge seien deshalb abzuweisen gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 des Auskunftspflichtgesetzes, BGBl Nr 287/1987 idF BGBl I Nr 158/1998, haben die Organe des Bundes über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegen steht. Nach Abs 2 sind Auskünfte nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.

Gemäß § 1 Abs 3 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 (KflG), bedarf der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs 1 einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nur mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder nur mit Vertragsparteien des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum einer der Konzession gleichzuhaltenden Genehmigung. Gemäß § 3 Abs 1 KflG ist zur Erteilung der in § 1 vorgesehenen Konzession der Landeshauptmann, hinsichtlich grenzüberschreitender Kraftfahrlinien und Kraftfahrlinien, die sich über zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zuständig.

Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, die Rechtsansicht der belangten Behörde, nur einer Partei im Sinne des § 8 AVG stehe ein Recht auf Auskunftserteilung zu, sei unrichtig. Von dieser unrichtigen Rechtsansicht ausgehend habe die belangte Behörde eine Auseinandersetzung mit den Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes unterlassen, was allein den angefochtenen Bescheid schon mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belaste.

Dieses Vorbringen ist zielführend: Der Pflicht der Behörde zur Auskunftserteilung nach § 1 Abs 1 Auskunftspflichtgesetz korrespondiert ein subjektives öffentliches Recht des Einschreiters. Ein über das in der Vorschrift des § 1 Abs 1 Auskunftspflichtgesetz anerkannte rechtliche Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung schlechthin hinausgehendes, aus den besonderen Verwaltungsvorschriften abzuleitendes rechtliches Interesse an der Auskunftserteilung fordert das Auskunftspflichtgesetz nicht (vgl die hg Erkenntnisse vom 26. Mai 1998, Zl 97/04/0239, und vom 24. April 1997, Zl 94/15/0015). Die Rechtsansicht der belangten Behörde, "bereits die mangelnde Parteistellung" stünde der Stattgebung der Auskunftsanträge entgegen, ist daher unrichtig. Die weiteren Ausführungen der belangten Behörde, durch die Erteilung der begehrten Auskunft würde der Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger Informationsvorsprung verschafft, der zu einer eindeutigen Wettbewerbsverzerrung führe, lassen ebenfalls keinen Bezug zu § 1 Abs 1 Auskunftspflichtgesetz erkennen und sind im Übrigen nicht nachvollziehbar, steht es doch auch allfälligen Mitbewerbern der Beschwerdeführerin frei, gleichfalls die entsprechenden Auskünfte zu begehren. Die Abweisung des Auskunftsantrages der Beschwerdeführerin erweist sich daher als rechtswidrig.

Die Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht hat die belangte Behörde - soweit erkennbar - damit begründet, dass die Beschwerdeführerin bzw ihre Rechtsvorgängerin in jedem Verfahren, in dem ihr Parteistellung einzuräumen gewesen sei, gehört worden sei. Sie sei daher "auch im Besitz aller diesbezüglichen Entscheidungen". In allen anderen konzessionsrechtlichen Verfahren demgegenüber sei die Beschwerdeführerin nicht Partei und habe daher kein Recht auf Akteneinsicht.

Ausgehend davon, dass § 17 AVG das Recht zur Akteneinsicht nur den Parteien einräumt, die an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sind, setzt ein Antrag auf Akteneinsicht den Bezug zu einem bestimmten, vom Antragsteller zu konkretisierenden Verfahren voraus. Eine solche bestimmte Bezeichnung der Verfahren, hinsichtlich derer Akteneinsicht begehrt wurde, hat die Beschwerdeführerin unterlassen. Dieser Mangel des Antrages verpflichtete die belangte Behörde zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach § 13 Abs 3 AVG. Die Unterlassung dieses vom Gesetz gebotenen Vorgehens belastet den angefochten Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war deshalb hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Auskunftserteilung gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 6. September 2005

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