VwGH 2001/12/0047

VwGH2001/12/00479.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Dipl. Ing. K in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Dezember 2000, Zl. 202.988/2-Pr.A2/00, betreffend Verwendungszulage (§ 34 des Gehaltsgesetzes 1956), zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §34 Abs1 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs1 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs2 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs3 idF 1994/550;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
GehG 1956 §34 Abs1 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs1 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs2 idF 1994/550;
GehG 1956 §38 Abs3 idF 1994/550;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Wien. Seit 1. April 1999 - zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer in der Verwendungsgruppe A 2/Funktionsgruppe 1 eingestuft - nahm er die Agenden des zu einer anderen Dienststelle versetzten Dr. B. wahr, dessen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A 1/Funktionsgruppe 2 zugeordnet war. Mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2000 wurde der Beschwerdeführer in die Verwendungsgruppe A 1 Funktionsgruppe 2 ernannt.

Mit Schreiben vom 7. Juni 1999 ersuchte die Direktion der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau "um Zuerkennung" einer Verwendungszulage für den Beschwerdeführer. Dieser habe nach Versetzung von Dr. B. mit 1. April 1999 dessen Aufgaben übernommen und werde sie in eingeschränkter Form weiterführen.

Mit Dienstrechtsmandat des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 3. März 2000 wurde die dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) mit Wirksamkeit vom 1. April 1999 gebührende Verwendungsabgeltung in Höhe eines Vorrückungsbetrages des Gehaltes der Verwendungsgruppe A 2 bemessen. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer vertrete seit 1. April 1999 Dr. B., der mit Ablauf des 31. März 1999 auf eigenen Wunsch zum Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft in Wien versetzt worden sei. Der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers sei der Verwendungsgruppe A 2/Funktionsgruppe 1, der Arbeitsplatz von Dr. B. der Verwendungsgruppe A 1/Funktionsgruppe 2 zugeordnet. Solange der Beschwerdeführer die Tätigkeiten von Dr. B. nur vertretungsweise ausübe, könne ihm lediglich eine Verwendungsabgeltung gemäß § 38 GehG bemessen werden.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Abteilung Chemie, Bodenkunde und Pflanzenernährung werde seit 1. April 1999 von ihm weitergeführt, wobei ein Ende dieser Tätigkeit "derzeit nicht absehbar" sei. Da er diese Funktion seit 1. April 1999 ausübe, könne man nicht mehr von einer vorübergehenden Verwendung gemäß § 38 GehG sprechen, sondern es liege eine dauernde Vertretung von Dr. B. vor.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2000 teilte der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft dem Beschwerdeführer mit, dass er den (ehemaligen) Arbeitsplatz von Dr. B. nicht auf Dauer übernehmen werde, da "langfristig geplant" sei, die Abteilung Chemie/Bodenkunde aufzulösen. Es stehe daher fest, dass der Beschwerdeführer die ehemaligen Tätigkeiten von Dr. B. "nur vorübergehend" verrichte. Da nicht vorgesehen sei, den Beschwerdeführer "auf Dauer mit dem (ehemaligen) Arbeitsplatz" von Dr. B. zu betrauen, komme die Bemessung einer Verwendungszulage gemäß § 34 Abs. 1 GehG nicht in Betracht.

In einer Stellungnahme vom 30. Mai 2000 brachte der Beschwerdeführer hiezu vor, eine vage Aussicht, dass die Abteilung Chemie/Bodenkunde langfristig aufgelöst werde, sei "für die Beurteilung einer bloß vorübergehenden Tätigkeit" gemäß § 38 GehG nicht ausreichend. Es liege vielmehr eine dauerhafte Verwendung auf einem einer höherwertigen Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz vor.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. Dezember 2000 wurde die dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 GehG gebührende Verwendungsabgeltung für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis einschließlich 30. November 2000 in Höhe eines Vorrückungsbetrages des Gehaltes der Verwendungsgruppe A 2 bemessen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2000 sei der Beschwerdeführer auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A 1/Funktionsgruppe 2 (in einer anderen Organisationseinheit an der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau) ernannt worden. Er habe die verbliebenen ehemaligen Aufgaben von Dr. B. " nur vorübergehend verrichtet". Er habe nicht die Funktion eines bestellten Abteilungsleiters innegehabt, sondern nur die verbiebenen ehemaligen Aufgaben Von Dr. B. "in eingeschränkter Form weiter" geführt, "bis diese Aufgaben ganz auslaufen sollten". Er sei demgemäß mit dem ehemaligen Arbeitsplatz von Dr. B. nicht auf Dauer betraut gewesen, sondern habe dessen Tätigkeiten "nur vertretungsweise ausgeübt". Für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis 30. November 2000 könne somit lediglich eine Verwendungsabgeltung gemäß § 38 GehG bemessen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. § 34 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 bis 3 GehG, BGBl. Nr. 54/1956, lauten (in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550):

"Verwendungszulage

§ 34. (1) Dem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes gebührt eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd auf einem einer höherwertigen Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz verwendet wird, ohne in diese ernannt zu sein. Diese Verwendungszulage beträgt 50 % des Betrages, um den das Gehalt des Beamten vom Gehalt derselben Gehaltsstufe der höherwertigen Verwendungsgruppe überschritten wird.

...

Verwendungsabgeltung

§ 38. (1) Wird ein Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes vorübergehend, aber durch mindestens 29 aufeinanderfolgende Kalendertage auf einem Arbeitsplatz einer höheren Verwendungsgruppe verwendet, ohne in die betreffende Verwendungsgruppe ernannt zu sein, so gebührt ihm hiefür eine nicht ruhegenussfähige Verwendungsabgeltung. Als eine vorübergehende Verwendung gelten insbesondere Tätigkeiten, die vertretungsweise oder im Zuge einer provisorischen Betrauung oder einer Dienstzuteilung ausgeübt werden.

(2) Die Frist von 29 Kalendertagen beginnt mit dem ersten Tag der tatsächlichen Funktionsausübung nach Abs. 1 zu laufen.

(3) Die Verwendungsabgeltung ist in ganzen oder halben Vorrückungsbeträgen des Gehaltes des Beamten zu bemessen. Sie beträgt für den Unterschied

1. von den Verwendungsgruppen A 2 und A 3 auf die jeweils nächsthöhere Verwendungsgruppe einen Vorrückungsbetrag,

2. von den Verwendungsgruppen A 4 bis A 7, auf die jeweils nächst höhere Verwendungsgruppe einen halben Vorrückungsbetrag.

..."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. April 1999 bis 30. November 2000 auf einem einer höheren Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz verwendet wurde, nachdem der bisherige Inhaber dieses Arbeitsplatzes zu einer anderen Dienststelle versetzt worden war. Es geht im Beschwerdefall ausschließlich um die Frage, ob der Beschwerdeführer nur vorübergehend oder dauernd die Aufgaben des der höherwertigen Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatzes wahrgenommen hat.

2.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Unterscheidung zwischen der Verwendungszulage und der Verwendungsabgeltung maßgeblich, ob von vornherein eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer bestanden hat oder nicht (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2000/12/0049, mwN). Aus der Tatsache, dass zum Zeitpunkt einer späteren Entscheidung der Behörde die besondere Verwendung des Beamten bereits beendet war, darf nicht der Schluss gezogen werden, es habe sich nicht um eine dauernde Verwendung im Sinne des § 34 Abs. 1 GehG gehandelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1980, Zl. 2713/79, VwSlg 10050 A/1980, und das zu § 74b DO Graz ergangenen hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1992, Zl. 91/12/0098).

Eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer liegt nicht nur dann vor, wenn der Endzeitpunkt der Verwendung bereits datumsmäßig festgelegt ist. Sie kann sich auch aus der Art und den Umständen des dienstlichen Einsatzes ergeben. Handelt es sich bloß um eine Vertretung und steht fest, dass eine Nachfolge durch den Vertreter nicht in Betracht kommt, so kann darin in der Regel nur eine vorübergehende, nicht aber eine dauernde Verwendung erblickt werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 2003).

2.2.2. Entscheidungsrelevant ist im Beschwerdefall freilich auch, dass eine "vorläufige" oder "vorübergehende" Betrauung mit einem Arbeitsplatz jedenfalls dann in eine "dauernde" Betrauung übergeht, wenn der Beamte die Aufgaben des höherwertigen Arbeitsplatzes länger als sechs Monate durchgehend ausübt. In einem derartigen Fall sind nämlich die Belastungen des mit den Aufgaben eines höherwertigen Arbeitsplatzes Betrauten nicht mehr gering anzusetzen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2000/12/0049, und das zur Funktionszulage nach § 74 GehG ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Mai 2004, Zl. 2003/12/0137).

2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

2.3.1. Die Betrauung des Beschwerdeführers mit den Aufgaben des höherwertigen Arbeitsplatzes betrug 20 Monate, überschritt die unter 2.2.2. erwähnten sechs Monate somit bei weitem. Für den Zeitraum ab Vollendung der ersten sechs Monate gebührte dem Beschwerdeführer folglich jedenfalls eine Verwendungszulage.

2.3.2. Für die ersten sechs Monate ergibt sich im Beschwerdefall Folgendes:

Die belangte Behörde hat aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 2000 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A 1/Funktionsgruppe 2 (in einer anderen Organisationseinheit an der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau) ernannt worden ist, den Schluss gezogen, dass eine dauernde Verwendung im Sinne des § 34 Abs. 1 GehG nicht vorgelegen habe. Dies widerspricht der zuvor unter

2.2.1. dargelegten Rechtslage, wonach für die Unterscheidung zwischen der Verwendungszulage und der Verwendungsabgeltung maßgeblich ist, ob von vornherein eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer bestanden hat oder nicht. Es lag im Beschwerdefall auch kein Vertretungsfall vor, bei dem eine Nachfolge durch den Beschwerdeführer nicht in Betracht gekommen wäre, war der Beschwerdeführer doch mit dem Arbeitsplatz eines zu einer anderen Dienststelle versetzten Beamten betraut.

In Verkennung dieser Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, die zur Beurteilung der Frage, ob von vornherein eine zeitliche Begrenzung der Verwendungsdauer bestanden hat - dabei wird es vornehmlich auf den objektiven Erklärungswert des Betrauungsaktes ankommen - erforderlichen Feststellungen zu treffen. Solche Feststellungen können auch in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden.

2.4. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Ersatz für die Eingabengebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Ausmaß von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 9. September 2005

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