VwGH 2001/06/0169

VwGH2001/06/016925.1.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des JK in X, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt Klotz-Straße 8, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juli 2001, Zl. 03- 12.10 A 62 - 01/19, betreffend Vorschreibung einer Vorauszahlung für Abbruchkosten, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 2. Dezember 1999 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 3 des Stmk Baugesetzes aufgetragen, die auf einem näher bezeichneten Grundstück errichteten drei Hütten zu beseitigen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde A vom 20. März 2000 abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, diese wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Juni 2000 abgewiesen. Seine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/06/0108, abgewiesen.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft L vom 16. August 2000 und vom 15. September 2000 wurden dem Beschwerdeführer für die Erbringung der Leistung des ihm aufgetragenen Abbruchs Fristen von zwei Wochen bzw. eineinhalb Monaten gesetzt, widrigenfalls wurde ihm die Ersatzvornahme angedroht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 25. April 2001 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VVG) aufgetragen, bei der Bezirkshauptmannschaft L als Vorauszahlung für die Kosten der ihm mit Schreiben vom 15. September 2000 angeordneten (gemeint: angedrohten) Ersatzvornahme den Betrag von S 133.872,-- (EUR 9.728,86) zur Beseitigung der auf seinem Grundstück errichteten Hütten, nämlich im Ausmaß von 6,35 x 6,30 m (fertig gestellte hölzerne Bauhütte im Süden des Grundstückes), 1 x 1,20 m (fertig gestellter hölzerner Abort im südwestlichen Bereich des Grundstückes) und 4,05 x 8,10 m (Rohbau einer Berghütte in Holzriegelbau nördlich der bewohnten Bauhütte) binnen zwei Wochen zu hinterlegen.

Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Beseitigung bisher noch nicht entsprochen habe. Daher sei die Baubezirksleitung L beauftragt worden, der Behörde über den Abbruch drei Kostenvoranschläge vorzulegen. Als Billigstanbieter scheine die Firma L mit dem Betrag von S 103.152,-- inklusive Mehrwehrtsteuer auf. Für das Räumen der Objekte seien noch zusätzliche Kosten in der Höhe von S 30.720,-- inklusive Mehrwertsteuer zu erwarten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die er im Wesentlichen damit begründete, dass er einen so hohen Geldbetrag nicht zur Verfügung habe. Es sei ihm zugesagt worden, die Ersatzvornahme werde ausgesetzt, sobald um einen Neubau angesucht werde. Von der Mitarbeiterin eines Bauunternehmens sei bereits eine Vorentwurfs-Skizze für die Errichtung eines Einfamilienhauses beim Gemeindeamt eingebracht worden, weiters sei die "Einleitung eines Verfahrens zur Festlegung der Bebauungsgrundlage" beantragt worden. Erst nach Vorliegen einer Bebauungsgrundlage könne er sein Bauvorhaben einreichen. Die gegenständlichen Bauwerke seien Baueinrichtungen, die ohnehin im Zuge des Neubaus entfernt würden, eine zwangsweise vorzeitige Entfernung würde den Neubau unmöglich machen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 29. Mai 2001 wurde gemäß § 4 VVG für den 8. Juni 2001 mit Beginn um 8.00 Uhr zur Beseitigung der verfahrensgegenständlichen Bauwerke die Ersatzvornahme (Vollstreckungsverfügung) angeordnet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juli 2001 wurde die gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 25. April 2001 erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der dem gegenständlichen Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegende rechtskräftige Beseitigungsauftrag als Titelbescheid nicht mehr bekämpft werden könne. Daher könne aus dem Einwand, dass es sich bei den gegenständlichen Bauwerken um Baueinrichtungen handle, die ohnehin im Zuge des Neubaues entfernt werden sollten, nichts gewonnen werden. Die wirtschaftliche Lage des Verpflichteten sei nach der ständigen Rechtsprechung bei der Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nicht zu berücksichtigen, diese habe erst bei der Vollstreckung des Vorauszahlungsauftrages zu erfolgen. Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Erstellung von Einreichunterlagen für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses ergäben, könnten ebenfalls im gegenständlichen Vollstreckungsverfahren nicht berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Höhe des Kostenvorauszahlungsauftrages bestünden keine Bedenken, weil die Behörde erster Instanz drei Kostenvoranschläge eingeholt habe und das Kostenanbot des Billigstbieters dem Kostenvorauszahlungsauftrag zu Grunde gelegt worden sei. Die Vorauszahlung der Kosten erfolge nur gegen nachträgliche Verrechnung, was bedeute, dass höhere tatsächliche Kosten nachzuzahlen seien, andererseits aber ein verbleibender Überschuss zurückzuerstatten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 VVG lautet:

"Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, für die verfahrensgegenständlichen Bauwerke eine Baubewilligung beantragt zu haben, er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die Einholung einer Baubewilligung deswegen nicht möglich gewesen sei, weil der für die Bebauungsgrundlagen notwendige Kanal seitens der Gemeinde - entgegen ihrer Verpflichtung - nicht errichtet worden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zwar darf nach der hg. Rechtsprechung ein erteilter Beseitigungsauftrag während der Dauer eines anhängigen Verfahrens betreffend die nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung für die (zunächst) konsenslosen Baumaßnahmen nicht vollstreckt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. September 1990, Zl. 89/06/0165, und vom 8. Oktober 2001, Zl. 98/06/0027), der Beschwerdeführer hat jedoch unbestritten keinen Bauantrag eingebracht, der zur Hemmung des gegenständlichen Vollstreckungsverfahrens geführt hätte. Dem Umstand aber, dass die Gemeinde einen Kanal nicht errichtet hat, kann keine derartige Wirkung beigemessen werden. Das Fehlen des Kanals ändert nichts an der Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit des gegen den Beschwerdeführer erlassenen Beseitigungsauftrages.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, eine Ersatzvornahme sei nicht notwendig gewesen, weil er stets bereit gewesen sei, die Hütten selbst zu beseitigen, steht die Aktenlage entgegen, aus welcher sich ergibt, dass der Beschwerdeführer dem gegen ihn rechtskräftig ergangenen Beseitigungsauftrag trotz mehrmaliger Androhung der Ersatzvornahme durch die Bezirkshauptmannschaft L nicht nachgekommen ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Höhe des gegen ihn erlassenen Kostenvorauszahlungsauftrages und meint, die Kosten seien offenbar von der Baubezirksleitung L unzureichend bzw. gar nicht geprüft worden. Gegen die Vorgangsweise der belangten Behörde, die zur Bestimmung der Abbruchkosten drei Kostenvoranschläge eingeholt und der Bestimmung der voraussichtlichen Kosten insoferne das billigste Angebot zu Grunde gelegt und die Räumungskosten geschätzt hat, bestehen aber keine Bedenken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in dem hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 94/06/0240, zum "Schonungsprinzip" des § 2 Abs. 1 VVG ausgesprochen, dass die Vorauszahlung der Kosten nur gegen nachträgliche Verrechnung erfolgt, was bedeutet, dass höhere tatsächliche Kosten nachzuzahlen sind, andererseits ein verbleibender Überschuss zurückzuerstatten ist, und weiters, dass dagegen keine Bedenken bestehen, sich den voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege einer Schätzung anzunähern (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. April 1992, Zl. 92/06/0049). Die Einholung mehrerer Kostenvoranschläge zur Beurteilung der voraussichtlichen Abbruchkosten muss als durchaus gleichwertige Methode der Bestimmung der voraussichtlichen Abbruchkosten durch Schätzung gleichgehalten werden.

Wenn der Beschwerdeführer mit der Beschwerde eine "Überprüfung der Abbruchkosten auf Preisangemessenheit" eines "allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen" für das Bauwesen vorlegt, wonach die ihm aufgetragene Kostenvorauszahlung um S 38.392,-- überhöht gewesen sei, so stellt dies eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung dar, die vom Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Hingewiesen wird aber darauf, dass die Frage, ob die dem Beschwerdeführer für die gegenständliche Ersatzvornahme letztlich vorgeschriebenen Kosten angemessen oder überhöht sind, nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist, der bloß die Auferlegung eines Kostenvorschusses betrifft.

Wenn der Beschwerdeführer letztlich meint, die belangte Behörde hätte bei der Bemessung des Kostenvorschusses im Grunde des § 2 Abs. 1 VVG auf seine wirtschaftliche Lage Bedacht nehmen müssen, zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil zwar gemäß § 2 Abs. 1 bei der Handhabung der im VVG geregelten Zwangsbefugnisse an dem Grundsatz festzuhalten ist, dass jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist, der Beschwerdeführer jedoch - wie bereits gesagt - nicht aufzeigt, dass ihm mit dem angefochtenen Bescheid die Vorauszahlung von Kosten in unverhältnismäßigem Ausmaß aufgetragen worden wäre. Nur in einem solchen Fall könnte allenfalls von einer Missachtung des in § 2 Abs. 1 VVG verankerten Schonungsprinzips gesprochen werden (vgl. die von Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetzes II, 2. Auflage 2000, zu § 2 VVG und unter E 159 ff zu § 4 VVG dargestellte hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Jänner 2005

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte