Normen
AVG §22;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art1 Abs1;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art10;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art3;
VStG §24;
VStG §46 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
ZustformV 1982 §1;
ZustG §11 Abs1;
ZustG §16;
ZustG §21;
AVG §22;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art1 Abs1;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art10;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art3;
VStG §24;
VStG §46 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
ZustformV 1982 §1;
ZustG §11 Abs1;
ZustG §16;
ZustG §21;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a iVm Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 zur Last gelegt und es wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm den §§ 24 und 51e VStG als verspätet zurückgewiesen.
Dazu führte die belangte Behörde begründend aus, dass der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer über das Regierungspräsidium Gießen am 7. September 2000 durch Übergabe an seine Ehefrau zugestellt worden sei. Die vierzehntägige Berufungsfrist sei daher am 21. September 2000 abgelaufen, weshalb die am 9. Oktober 2000 erhobene Berufung als verspätet zurückzuweisen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.
Nach Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt; gemäß dessen Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.
Der Beschwerdeführer rügt, dass ihm der erstinstanzliche Bescheid wegen Vorliegens besonders wichtiger Gründe gemäß § 22 zweiter Satz AVG zu eigenen Handen zugestellt werden hätte müssen. Die Erstbehörde habe ihn mit Schreiben vom 30. Mai 2000 aufgefordert, sich zu der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung entweder persönlich oder schriftlich zu äußern. Diese Aufforderung sei ohne jeglichen Zustellnachweis ausgefertigt worden, es sei weder die Zustellung mit so genanntem internationalen Rückschein noch eine eigenhändige Zustellung verfügt worden, sodass die Erstbehörde nicht sichergestellt habe, dass ihm diese Aufforderung auch zur Kenntnis gelangt sei. Nachdem in der Folge weder ein Schriftsatz eingelangt sei noch sich der Beschwerdeführer mit der Behörde in Verbindung gesetzt habe, habe diese davon ausgehen müssen, dass er tatsächlich keine Kenntnis von dem anhängigen Verwaltungsstrafverfahren erlangt habe. Damit seien besonders wichtige Gründe vorgelegen, dem Beschwerdeführer zumindest das Straferkenntnis zu eigenen Handen zuzustellen. Die Behörde habe aber das Straferkenntnis von den deutschen Behörden lediglich mit internationalem Rückschein zustellen lassen, ohne die eigenhändige Zustellung zu verfügen. Die Ersatzzustellung an die Ehefrau des Beschwerdeführers stelle eine mangelhafte Zustellung dar, die allenfalls ab dem Zeitpunkt geheilt sei, als der Beschwerdeführer vom Straferkenntnis tatsächlich Kenntnis erlangt habe (am 6. Oktober 2000). Die Berufung sei daher nicht verspätet.
Dieses Vorbringen ist zielführend.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung schreibt das Gesetz eine Zustellung der Straferkenntnisse zu eigenen Handen nicht vor. Für die Bewirkung einer Zustellung zu eigenen Handen liegt jedoch dann ein besonders wichtiger Grund iSd § 22 zweiter Satz AVG iVm § 24 VStG vor, wenn der Beschwerdeführer einer an ihn ergangenen Ladung nicht Folge geleistet und vor Erlassung des Straferkenntnisses nicht einvernommen worden war. Die Zustellverfügung wird von der Behörde getroffen, welche dabei auch die Art der Zustellung bestimmt. Ob eine solche zu eigenen Handen zu erfolgen hat, hängt daher (allein) von der Festlegung der Behörde ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 84/07/0292). Hat die Behörde die Zustellung zu eigenen Handen angeordnet, ist das zuzustellende Schriftstück nur dann ordnungsgemäß zugestellt, wenn dies in der für die Zustellung zu eigenen Handen vorgeschriebenen Form geschehen ist; eine Ersatzzustellung ist in einem solchen Fall unzulässig (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 84/07/0292).
Die Berufungsbehörde ist nach der hg. Rechtsprechung verpflichtet, dem Berufungswerber die offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Sie hat das Risiko einer Bescheidaufhebung dann zu tragen, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, diese Feststellung dem Rechtsmittelwerber jedoch vor ihrer Entscheidung nicht vorgehalten hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 95/19/0305). Ein solcher Vorhalt gegenüber dem Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall nicht stattgefunden.
Mit dem wiedergegebenen Vorbringen legt der Beschwerdeführer die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels schon im Hinblick darauf dar, dass ohne weitere Ermittlungen der belangten Behörde die Frage, ob die Anordnung der eigenhändigen Zustellung im Beschwerdefall geboten war, nicht beantwortet werden kann.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. November 2005
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)