VwGH 2000/15/0216

VwGH2000/15/021624.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz LL.M., in der Beschwerdesache der M AG in E, vertreten durch Dorda Brugger & Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 30. Oktober 2000, Zl. M 626/2- IV/6/00, betreffend Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO (Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 1995 und Körperschaftsteuer 1995), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §299;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
BAO §299;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:

1991 veräußerte die T AG ihre Geschäftsanteile an der D GmbH (eine Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Gesellschaft) und zwar 99,994 % an die T GmbH und 0,006 % an einen Dritten. 1992 wurde die D GmbH in die D AG umgewandelt.

Zum Stichtag 1. Jänner 1992 wurde die T GmbH durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit der D AG (als übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung von Aktien der übernehmenden Gesellschaft im Nominale von rund S 160 Mio an die Alleingesellschafterin der T GmbH auf Grundlage des Art. I des UmgrStG verschmolzen. Auf Grund des durch die Verschmelzung mit der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft T GmbH weggefallenen Buchwertes der Beteiligung, welche die Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft D AG gehalten hatte, und dem Zugang der Buchwerte der Aktiva und Passiva der T GmbH ergab sich in der aufnehmenden Gesellschaft D AG ein Buchverlust zum Stichtag der Verschmelzung in Höhe von rund S 178 Mio.

In den Körperschaftsteuererklärungen 1993, 1994 und 1995 wurde der Firmenwert in Höhe von S 145 Mio gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 UmgrStG idF BGBl. Nr. 699/1991 bzw. idF BGBl. Nr. 681/1994 jährlich zu einem Fünfzehntel für steuerliche Zwecke abgeschrieben. Dies wurde mit einem Gutachten eines Steuerberaters begründet, wonach im Kaufpreis der Anteile an der T GmbH ein steuerlicher Firmenwert in dieser Höhe abgegolten worden sei. Darüber hinaus wurde in der Körperschaftsteuererklärung für 1995 auf Grund einer negativen Entwicklung des japanischen Marktes eine Teilwertabschreibung des Firmenwertes in Höhe von S 86 Mio vorgenommen, sodass der steuerliche Buchwert des Firmenwertes zum 31. Dezember 1995 mit S 30 Mio ausgewiesen wurde.

Auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der Beschwerdeführerin nahm das Finanzamt 1998 das Verfahren hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1995 wieder auf und setzte die Körperschaftsteuer 1995 vorläufig mit S 15.000,-- fest. Dabei wurde vom Finanzamt die Teilwertabschreibung nicht anerkannt.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 wies die Finanzlandesdirektion die Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet ab. Der Berufung gegen die Festsetzung der vorläufigen Körperschaftsteuer 1995 wurde insofern Folge gegeben, als die Teilwertabschreibung zwar dem Grunde nach als zulässig erachtet, aber auf rund S 6 Mio eingeschränkt wurde. Weiters wurde eine vom Finanzamt vorgenommene außerbilanzmäßige Auflösung einer Jubiläumsgeldrückstellung rückgängig gemacht und die Körperschaftsteuer 1995 für endgültig erklärt.

Die Beschwerdeführerin erhob vor dem Verwaltungsgerichtshof eine zur hg. Zl. 2000/15/0114 protokollierte Beschwerde, in welcher sie sich gegen die Anerkennung der Teilwertabschreibung des Firmenwertes in der Höhe von lediglich rund S 6 Mio sowie gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens wandte. Sie beantragte die Aufhebung der Berufungsentscheidung wegen "inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid behob der Bundesminister für Finanzen den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. Dezember 1999 gemäß § 299 Abs. 2 BAO. Begründend führte er aus, die Berufungsentscheidung gehe davon aus, dass im Rahmen einer auf Grund einer Verschmelzung ("Down stream merger") ausgelösten Firmenwertabschreibung gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 UmgrStG eine steuerwirksame Teilwertabschreibung in Betracht komme. Dies sei unrichtig, weil die bis 1996 geltende so genannte Firmenwertabschreibung nach der ausdrücklichen Gesetzesaussage eine als Ausnahmeregelung gestaltete Abschreibung eines Teiles des verschmelzungsbedingt entstandenen Buchverlustes sei. Eine von der starren Verteilungsregel abweichende, das jährliche Fünfzehntel übersteigende Abschreibung könne nicht steuerwirksam sein solange die abschreibungsberechtigte Körperschaft existiere.

Die gegen den Bescheid des Bundesministers gerichtete Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich ua in ihrem Recht auf "Nichtaufhebung und auf Weiterbestand des aufgehobenen Bescheides" und in ihrem Recht "auf korrekte Bezeichnung des Bescheidadressaten" verletzt. Auch wenn sie die Höhe der von der Finanzlandesdirektion dem Grunde nach anerkannten Teilwertabschreibung des Firmenwertes vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft habe, so habe sie dennoch ein rechtliches Interesse am Weiterbestand des von ihr unbekämpft gebliebenen Teiles des vom Bundesminister für Finanzen aufgehobenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesen Standpunkt aus folgenden Gründen nicht zu teilen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Aus dieser Vorschrift leitet der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass nur derjenige, der durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt sein kann, beschwerdeberechtigt ist. Fehlt die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung, so fehlt auch die Beschwerdeberechtigung (siehe Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 412, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Bei Aufhebungsbescheiden im Sinne des § 299 BAO bejaht der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich eine Rechtsverletzungsmöglichkeit und damit eine allfällige Beschwerdeberechtigung aus der Überlegung, die Bescheidbehebung bewirke einen Eingriff in die formelle Rechtskraft des aufgehobenen Bescheides und könne damit den Abgabepflichtigen in seinem rechtlichen Interesse beeinträchtigen, dass der aufgehobene Bescheid weiterhin dem Rechtsbestand angehört. Der Eingriff in die formelle Rechtskraft des aufgehobenen Bescheides muss aber nicht in jedem Fall einen Eingriff in subjektiv-öffentliche Rechte des Abgabepflichtigen (Beschwerdeführers) zur Folge haben. Vielmehr ist zu prüfen, ob der Eingriff in die formelle Rechtskraft nach der Lage des Falles tatsächlich eine Rechtsverletzungsmöglichkeit bewirkt. Eine solche Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den Aufhebungsbescheid (dessen Spruch) ist dann nicht zu bejahen, wenn - wie im gegenständlichen Fall - die Beschwerdeführerin selbst dessen Aufhebung (durch den Verwaltungsgerichtshof) begehrt hatte (vgl. mit weiteren Hinweisen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2003, 2002/13/0049).

Aus der in der Beschwerde bekämpften Begründung des angefochtenen Bescheides kann sich eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin nicht ergeben. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem Beschluss vom 4. Juli 1990, 89/15/0133, näher ausgeführt hat, ist ein Aufhebungsbescheid im Sinne des § 299 BAO lediglich ein Bescheid kassatorischer Art. Er entfaltet nicht die Wirkungen eines Grundlagenbescheides. Eine Bindung an die im Aufhebungsbescheid vertretene Rechtsansicht der Oberbehörde bestand weder für den bis zum 31. Dezember 2002 zuständigen Berufungssenat bei der Finanzlandesdirektion noch besteht eine solche für den ab 1. Jänner 2003 zur Entscheidung über die Berufung zuständigen unabhängigen Finanzsenat.

Soweit die Beschwerde die Nennung lediglich der Beschwerdevertreterin im Adressfeld des angefochtenen Bescheides als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, ist sie darauf hinzuweisen, dass dies unbeachtlich ist, wenn die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht bzw. nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (vgl. Ritz, BAO2, Tz 7 zu § 93 und die dort zitierte hg. Judikatur). Wie die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrer Beschwerde jedoch selbst zugesteht, ergibt sich aus "Spruch, Betreff und Begründung" des angefochtenen Bescheides "eindeutig, dass ausschließlich sie selbst als Bescheidadressatin intendiert" gewesen ist. Es ist daher von einem an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheid auszugehen.

Die Beschwerde war aus den aufgezeigten Gründen mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2005

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