VwGH 2004/16/0035

VwGH2004/16/003530.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der N in G, vertreten durch Kleiner & Kleiner GmbH, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater in 8010 Graz, Burgring 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 16. Dezember 2003, Zl. RV/0539-G/02, betreffend Abweisung des Antrages auf vorzeitige Einstellung der jährlichen Besteuerung gemäß § 29 ErbStG, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §198;
BAO §294 Abs1 lita;
BAO §294 Abs1;
BAO §294;
BewG 1955 §15;
BewG 1955 §16 Abs2;
BewG 1955 §16 Abs3;
BewG 1955 §16;
BewG 1955 §17;
B-VG Art7 Abs1;
ErbStG §12 Abs1 Z1;
ErbStG §20;
ErbStG §29 Abs1;
ErbStG §29;
BAO §198;
BAO §294 Abs1 lita;
BAO §294 Abs1;
BAO §294;
BewG 1955 §15;
BewG 1955 §16 Abs2;
BewG 1955 §16 Abs3;
BewG 1955 §16;
BewG 1955 §17;
B-VG Art7 Abs1;
ErbStG §12 Abs1 Z1;
ErbStG §20;
ErbStG §29 Abs1;
ErbStG §29;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz der Beschwerdeführerin für die als Legat erhaltene, lebenslange und von den Erben zu zahlende monatliche Bargeldrente von S 23.967,-- auf Grund ihres Antrages gemäß § 29 ErbStG (Bemessungsgrundlage S 180.000,--, davon 36 %, Steuerklasse IV) die "Erbschaftsteuer auf Lebenszeit" in der Höhe von jährlich S 64.000,-- fällig jeweils am Jahrestag des Entstehens der Steuerschuld vor.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 3. Jänner 2000 teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz mit, das den Erben eingeantwortete Unternehmen sei verkauft worden, mit dem Verkauf ende die Rente und damit die Zahlung der Erbschaftsteuer. Die letzte Jahresrentenzahlung werde für 1999 zu leisten sein; ein Jahreswert für 2000 lasse sich nicht mehr darstellen, sodass gebeten werde, dafür Vorsorge zu tragen, dass keine weiteren Erbschaftsteuervorschreibungen bzw. Einmahnungen gegenüber der Beschwerdeführerin ab dem 1. Jänner 2000 erfolgten.

An die Beschwerdeführerin erging der Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz vom 8. März 2000 mit nachstehendem Inhalt:

"Bescheid

Die Bestimmungen des Erschafts- und Schenkungssteuergesetzes lassen in ihrer Gesamtheit erkennen, dass dem Abgabepflichtigen möglichst die Gelegenheit eingeräumt werden soll, seine Erbschaftssteuerschuld ohne Beeinträchtigung seines bisherigen Vermögensstandes abstatten zu können, d.h. dass die Steuer als Quote der Zuwendung aus der Zuwendung selbst geleistet werden kann. Das ist bei der Zuwendung wiederkehrender Leistungen im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung regelmäßig noch nicht der Fall. Um diesem Umstand gerecht zu werden, räumt § 29 Abs. 1 ErbStG dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit ein, jene Steuer, die vom Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten ist, nach seiner Wahl statt vom Kapitalwert, jährlich im Voraus vom Jahreswert zu entrichten.

Die Steuer wird in diesem Fall nach dem Hundertsatz erhoben, der sich nach § 8 ErbStG für den gesamten Kapitalbetrag ergibt. Der Steuerpflichtige hat also ein Wahlrecht. Die einmal getroffene Entscheidung ist endgültig und bindet ihn und die Behörde in gleicher Weise. Da es sich um eine Prozesshandlung handelt, ist auch ein Rechtsirrtum unerheblich und laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.9.1970, Zl. 1323/70 ein Widerruf der einmal abgegebenen Erklärung nicht zulässig.

§ 29 ErbStG sieht lediglich eine besondere Entrichtungsform, nicht eine besondere Berechnungsform vor. Die Ermittlung und Bewertung und die daraus abzuleitende Steuer erfolgt in der ersten Stufe des Verfahrens so, als wäre der Antrag nach § 29 ErbStG nicht gestellt worden. Daher kommt künftig der einmal festgestellte Belastungssatz für die Erhebung der Steuer bezogen auf den Jahreswert der Renten zur Anwendung, der für die Kapitalisierung und Feststellung der Belastung ausschlaggebend war. Die Steuer ist in Höhe des einmal festgesetzten Hundertsatzes von dem der Kapitalisierung zugrundeliegenden Jahreswert zu entrichten. Es kommt dabei nicht mehr zu einer jährlichen Festsetzung, lediglich die Entrichtung erfolgt jährlich.

Auch eine eventuelle zukünftige Änderung des Bezuges (z.B. durch Verzicht des Berechtigten oder Insolvenz des Verpflichteten) hat auf die jahresweise Steuerabstattung keinen Einfluss.

Auf Grund der dargestellten Rechtslage muss der Antrag abgewiesen werden."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Erben hätten das Unternehmen verkauft und ihre Rente sei nicht mehr durchsetzbar. Sie habe aus diesem Grund am 3. Jänner 2000 den Antrag gestellt, die Erbschaftsteuer ab einschließlich dem Jahr 2000 nicht mehr vorzuschreiben. Mit Bescheid vom 8. März 2000 sei dieser Antrag mit der Begründung abgewiesen worden, die einmal gewählte Zahlungsweise könne nicht rückgängig gemacht werden und ein Widerruf der einmal abgegebenen Erklärung sei nicht zulässig. Diese Feststellung der Behörde werde bestritten. Es sei nicht beantragt worden, die Erbschaftsteuer neu zu berechnen, oder die Entrichtungsweise zu ändern. Da Rentenzahlungen an die Beschwerdeführerin nicht mehr möglich seien, sei mangels Zuflusses der Rente keine Erbschaftsteuer mehr zu entrichten. Die Besteuerung nach dem Jahreswert erfolge für die Dauer der tatsächlichen Rentenbezüge auch dann, wenn dieser Zeitraum nicht mit den Jahren übereinstimme, die dem gesetzlichen Vervielfacher zugrunde lägen. Da die tatsächlichen Rentenzahlungen an die Beschwerdeführerin endgültig eingestellt worden seien, sei auf Grund der Besteuerung nach dem Jahreswert auch die Steuerpflicht beendet. Ein Verzicht könne der Beschwerdeführerin nicht unterstellt werden. Die Rentenzahlungen seien mangels der Einkommen der Verpflichteten eingestellt und aus demselben Grund auch nicht durchsetzbar. Die Beendigung der Rentenbezüge sei nicht im Einflussbereich der Beschwerdeführerin gelegen und sei daher unabhängig von ihrem Willen erfolgt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides stellte die belangte Behörde fest, es sei Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Jahre 1995 eine lebenslange Bargeldrente in der zum maßgeblichen Zeitpunkt wertgesicherten Höhe von monatlich S 23.967,-- als Legat erhalten habe. Weiters sei Tatsache, dass die Erben des Unternehmens diesen zum 1. Februar 2000 um S 2,400.000,-- inkl. USt veräußert hätten und der gesamte Kauferlös an die Beschwerdeführerin geflossen sei. Dafür habe die Beschwerdeführerin ab dem Kaufvertragsstichtag auf die Fortzahlung der Bargeldrente verzichtet. Die steuerrechtlichen Folgen eines Verzichtes der Rentenberechtigten würden in der Literatur unterschiedlich beurteilt und es bestehe zu dieser speziellen Rechtsfrage bislang auch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Literaturstellen (Stoll, Rentenbesteuerung4, 796 ff; Hausleithner, Wiederkehrende Leistungen im Erbschaftsteuerrecht, ÖStZ Nr. 10/1980; Takacs, Die Regelung des § 29 ErbStG, FN Nr. 5/1994; Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Rz 14a; Dorazil/Taucher, Erbschaftsteuergesetz4, 2001; Meinke, Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, Kommentar13, zu § 23) führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, den Gegenstand der Besteuerung beim Erwerb durch Erbanfall oder durch Vermächtnis bilde das angefallene Vermögen, und zwar in dem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld befunden habe. Die Steuerschuld entstehe aber bei Erbanfällen und Vermächtnissen mit dem Tod des Erblassers. Die Wertermittlung umfasse sowohl die Feststellung des Umfanges als auch die Bewertung des angefallenen Vermögens, sodass es unerheblich sei, ob durch spätere Ereignisse (nämlich durch Ereignisse nach der Entstehung der Steuerschuld) der Wert des Erwerbes größer oder kleiner werde. Die Beschwerdeführerin habe das ihr angefallene Vermächtnis ohne Einschränkung angenommen. In den Niederschriften im Verlass sei kein Bezug auf die Einnahmen aus dem Betrieb ersichtlich. Selbst die Beschwerdeführerin und ihr steuerlicher Vertreter seien lt. Aktenvermerk über die Besprechung vom 16. September 1999 davon ausgegangen, dass sie eine unvererbbare Bargeldrente als Legat bekommen habe, die unabhängig vom Bestand des Pachtverhältnisses des Unternehmens von den Erben weitergezahlt werden müsse. Aus den dargelegten Gründen sei daher die Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine Berichtigung auf Grund von Änderungen nach dem Entstehen der Steuerschuld erbschaftsteuerrechtlich nicht vorgesehen und damit auch nicht zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "Stattgabe des Antrages vom 3. 1. 2000, nach Wegfall der Rentenzahlungen keine weiteren Erbschaftsteuervorschreibungen gemäß § 29 ErbStG vorzunehmen verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist die Steuer vom Kapitalwert von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen zu entrichten, so kann sie gemäß § 29 Abs. 1 ErbStG nach Wahl des Steuerpflichtigen statt vom Kapitalwert jährlich im Voraus vom Jahreswert entrichtet werden. Die Steuer wird in diesem Falle nach dem Hundertsatz erhoben, der sich nach § 8 für den gesamten Kapitalbetrag ergibt.

§ 29 Abs. 1 ErbStG räumt dem Erwerber einer Rente oder einer anderen wiederkehrenden Nutzung oder Leistung ein Wahlrecht hinsichtlich der Steuerentrichtung ein. Zweck der Bestimmung ist es, dem Steuerpflichtigen die Entrichtung der Erbschaftsteuer zu erleichtern, indem sie ihm gestattet, die Steuern im gleichen Schritt mit dem Empfang der Jahresleistungen zu entrichten. Die jährliche Versteuerung kann sich zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken, insbesondere wenn eine lebenslange Rente länger bezogen wird, als dies dem Kapitalisierungsfaktor des § 16 BewG entspricht. In der Ausübung des Wahlrechts ist daher sowohl für den Abgabepflichtigen als auch für den Abgabengläubiger ein aleatorisches Element gelegen. Der Jahreswert der Rente ist nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. Er ist nach den Wertverhältnissen zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld nach den §§ 15 bis 17 BewG festzusetzen. Bei Nutzungen und Leistungen, die in ihrem Betrag schwanken, ist nach § 17 Abs. 3 BewG vorzugehen. Der Jahreswert unterliegt keiner Veränderung, wenn sich nach der Entstehung der Steuerschuld am Wert der Rente etwas ändert. Hat der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht, dann ist die Steuer jährlich im Voraus zu entrichten. Im Steuerbescheid wird eine besondere Fälligkeit der einzelnen Jahressteuerbeträge anzuführen sein. Bei solchen Bescheiden handelt es sich um Dauerbescheide, mit denen die Erbschaftsteuer auch im Fall einer bewilligten Jahresversteuerung ein für allemal festgesetzt wird (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rzn. 1, 2, 4, 6, 10 und 13 zu § 20 ErbStG, samt angeführter Rechtsprechung).

Mit dem Bescheid vom 18. Oktober 1996 wurde auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin für den Erwerb monatlicher Rentenzahlungen die "Erbschaftsteuer auf Lebenszeit" mit einem jährlich am Jahrestag des Entstehens der Steuerschuld fällig werdenden Erbschaftsteuerbetrag festgesetzt. Die Festsetzung erfolgte somit mittels eines Dauerbescheides, der - im Beschwerdefall - zeitlich auf die Lebenszeit der Beschwerdeführerin eingeschränkt ist. Jährliche Vorschreibungen werden nicht vorgenommen, sondern sind auf Grund dieses Dauerbescheides jährlich die bereits mit diesem Bescheid festgesetzten Erbschaftsteuerbeträge zu entrichten.

Es entstehen nicht Jahr für Jahr mit den laufenden wiederkehrenden Leistungen neue Steuerfälle. Die entstandene Steuerschuld erfährt durch die Besteuerung nach § 29 ErbStG keine Änderung; lediglich die Entrichtung der Steuer vom bereits erfolgten Anfall und berechnet vom Kapitalwert wird zeitlich verschoben wirksam (Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz 1727).

Eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde, die den Bescheid erlassen hat, ist gemäß § 294 Abs. 1 BAO nur zulässig,

(a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder

(b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden ist.

In den Anwendungsbereich des § 294 Abs. 1 BAO fallen auch Bescheide, die Berechtigungen, nämlich die Einräumung rechtlicher Positionen, die ohne bescheidmäßige Zuerkennung nicht bestünden, zum Gegenstand haben (Stoll, BAO-Kommentar, 2840).

Mit einem nach § 29 ErbStG ergangenen Bescheid, mit dem über Antrag die Erbschaftsteuer in Jahresbeträgen entrichtet werden kann, wird eine Berechtigung im Sinne des § 294 BAO eingeräumt, sodass unter den dort genannten Voraussetzungen eine Änderung oder Zurücknahme des Bescheides zulässig ist.

Im Beschwerdefall ist daher zunächst zu prüfen, ob sich durch den Wegfall des Rentenzuflusses an die Beschwerdeführerin die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgeblich gewesen sind.

Die Erbschaftsteuerschuld entsteht beim Erwerb einer Rente von Todes wegen auch dann im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, wenn der Steuerpflichtige die Entrichtung der Steuer gemäß § 29 Abs. 1 ErbStG vom Jahreswert der Rente anstatt vom Kapitalwert wählt (Fellner, aaO, Rz 5 samt angeführter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes).

Hinsichtlich des Entstehens der Steuerschuld besteht dann kein Unterschied zu dem Fall der Einmalentrichtung der Erbschaftsteuer vom Kapitalwert der Rente. Statt die Steuer einmal vom kapitalisierten Wert der Rente zu entrichten, kann der Steuerpflichtige verlangen, dass die Steuer jährlich im Vorhinein jeweils vom Jahreswert entrichtet wird, wobei der Steuersatz der gleiche ist, wie bei der einmaligen Berechnung des Gesamtwertes der Rente. Bei der Gegenüberstellung der tatsächlichen steuerlichen Belastung desselben Erwerbsvorganges einmal bei der Steuerentrichtung vom Kapitalwert, das andere Mal auf Grund beantragter Jahresversteuerung darf jedoch nicht übersehen werden, dass der Vervielfacher nach § 16 Abs. 2 BewG nicht nur die durchschnittliche Lebenserwartung berücksichtigt, sondern auch einen Abzinsungsfaktor enthält. Demnach kann von einem freiwillig gewählten Nachteil für den Steuerschuldner erst dann gesprochen werden, wenn der abgezinste Barwert der einzelnen Steuerraten bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung höher ist als die einmalige Steuer vom Kapitalwert (Hausleithner, Wiederkehrende Leistungen im Erbschaftsteuerrecht, ÖStZ Nr. 10/1980, 106).

Für die Vorschreibung der Erbschaftsteuer ist entscheidend, dass die Steuerschuld entstanden ist. Bei der Festsetzung der Steuer ist im Fall der einmaligen Erhebung der Steuer vom Kapitalwert der Rente nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Rente dann in den Folgejahren tatsächlich bezogen wird. Die einmal entstandene und vorgeschriebene Steuerschuld erfährt keine Änderung, wenn die jährlichen Rentenzahlungen sich verändern oder - Fälle des § 16 Abs. 3 BewG ausgenommen - ausbleiben.

Gleiches gilt im Fall der Festsetzung der Steuer vom Jahreswert. Wird die Festsetzung vom Jahreswert vorgenommen, dann erfährt diese Festsetzung ebenfalls keine Änderung, wenn die jährlichen Rentenzahlungen sich verändern oder ausbleiben sollten. Mit der Regelung der Festsetzung der Steuer vom Jahreswert soll nämlich durch die Art der Berechnung in beiden Fällen ein gleiches Steuerergebnis erzielt werden. Der Vorteil bei der Festsetzung vom Jahreswert besteht insbesondere darin, bei der Entrichtung der Steuer allenfalls nicht auf das Kapital selbst greifen zu müssen, sondern aus dem jährlichen Rentenbezug die Steuer bestreiten zu können. Es erschiene jedoch eine unsachliche Differenzierung, wenn im Falle des Wegfalls des Rentenbezuges (nicht wegen des Todes des Berechtigten oder Verpflichteten - § 16 Abs. 3 BewG) bei der Festsetzung vom Kapitalwert keine Änderung der Besteuerung erfolgte, im Fall der Festsetzung vom Jahreswert jedoch die weitere Steuerlast entfiele.

§ 29 Abs. 1 ErbStG ist eine Bestimmung zur Steuerfestsetzung (Hausleithner, aaO).

Bei der Steuerfestsetzung ist entscheidend, ob die Steuerschuld entstanden ist, nicht jedoch, ob die Renten dem Steuerpflichtigen in der Folge während seiner Lebenszeit auch tatsächlich zukommen. Ob und in welchem Ausmaß die Rente zufließt, hat keinen Einfluss auf die mit Erbanfall bereits entstandene Steuerschuld dem Grunde und der Höhe nach. Beim Entfall der jährlichen Renten in den Folgejahren handelt es sich daher auch um keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die für die Erlassung des Steuerfestsetzungsbescheides maßgebend gewesen sind. Behauptungen, das Vorhandensein der tatsächlichen Verhältnisse sei auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden, wurden nicht erhoben. Eine Änderung oder Zurücknahme des Festsetzungsbescheides vom 18. Oktober 1996 nach § 294 BAO kann daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht vorgenommen werden. Dies gilt sowohl bei der Festsetzung vom Kapitalwert als auch vom Jahreswert, weil in beiden Fällen keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, die für die Erlassung des Steuerfestsetzungsbescheides maßgebend gewesen sind.

Die Beschwerdebehauptungen stützen sich insbesondere auf Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz 1734 und 1735:

"Mit dem Aufhören des jährlichen Anfalles, vor allem mit dem Tod des Leibrentenberechtigten muss auch die Berechtigung zur Erhebung der Steuer vom Jahresbetrag enden.

Andere Gründe des vorzeitigen Endes der Rentenzahlungen müssten zu einem prinzipiell gleichen Ergebnis führen. Tritt nicht nur das leibrentenspezifisch voraus bedungene Ende der Leistungspflicht, somit das Ende des Rentenanspruches des Rentenberechtigten vor allem durch dessen Ableben ein, sondern führen andere, aus der Sicht des Rentenberechtigten unabwendbare Gründe zur Beendigung des Anspruches oder auch nur zum Aufhören der Möglichkeit seiner Realisierung, kommt es ebenfalls zum Aufhören des (fraktioniert zur versteuernden) Anfalles, etwa bei endgültiger Zahlungsunfähigkeit des Rentenschuldners und es können die Jahressteuern sodann nicht mehr erhoben werden, denn diese setzen einen Jahreswert der (Jahres-)Leistungen voraus. Ein solcher Wert besteht mangels Leistungserbringung und bei Aussichtslosigkeit der Durchsetzung des Anspruches nicht (nicht mehr). Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Erhebungsauftrages des § 29 Abs. 1, zweiter Satz, ErbStG sind nicht mehr gegeben."

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im Fall der Besteuerung nach dem "Jahreswert" gemäß § 29 Abs. 1 ErbStG mit den laufenden wiederkehrenden Leistungen keine neuen Steuerfälle entstehen (wie bereits zitiert, Stoll, aaO, 1727). Wenn von "Jahressteuern" die Rede ist, dann sind damit nicht jährlich entstehende Steuerschuldverhältnisse gemeint sein, sondern die sich aus dem Dauerbescheid sich ergebenden Verpflichtungen, eine bereits mit dem Erbanfall entstandene Steuer in Jahresbeträgen entrichten zu können. Aus welchen Gründen diese "Jahressteuern" einen Jahreswert der Jahresleistungen voraussetzen sollen, wenn die Steuerschuld bereits mit Erbanfall entstanden ist und das Entstehen der Steuerschuld im Zeitpunkt des Erbanfalls von einer folgenden Rentenleistung unabhängig ist, wird nicht näher dargestellt. Es liegt eben keine jährlich neu entstehende und vom Rentenzufluss abhängige Jahressteuer vor, sondern die mit Erbanfall entstandene Steuerschuld kann in Jahresbeträgen entrichtet werden. Woraus der Steuerpflichtige die jährlich zu entrichtenden Beträge finanziert, bleibt daher seiner privatautonomen Disposition überlassen. Dass er dabei auch die ihm zufließenden Rentenleistungen verwenden kann, ist lediglich eine ihm offen stehende Erleichterung, besagt aber nicht, dass diese Finanzierungsvariante damit zur Grundlage der Steuerentrichtung mit der Konsequenz wird, dass bei Wegfall des Rentenflusses die jährliche Steuerentrichtung ebenfalls wegzufallen hat. Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht kann daher mangels einer Abhängigkeit der jährlich zu entrichtenden Steuer vom jährlichen Zufluss der Rente nicht gefolgt werden.

Die Beschwerdeführerin hat nach dem Spruch des Bescheides vom 18. Oktober 1996 die Erbschaftsteuer in Jahresbeträgen zu entrichten. Wenn die Beschwerdeführerin sinngemäß die Ansicht vertritt, eine Änderung der Festsetzung der Erbschaftsteuer sei nicht angestrebt worden, sondern mangels der Rentenzuflüsse sei keine Erbschaftsteuer zu entrichten, dann verkennt sie die Rechtslage. Die Beschwerdeführerin ist auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom 18. Oktober 1996 verpflichtet, die Erbschaftsteuer in den festgesetzten Jahresbeträgen jeweils am Fälligkeitstag zu entrichten. Dieser Bescheid, mit dem das Leistungsgebot ausgesprochen wurde, besteht weiterhin unverändert und wurde durch keinen Bescheid mit einem abgeänderten Leistungsgebot ersetzt. Nur deswegen, weil die Renten nicht mehr zufließen, kann von der Entrichtung der festgesetzten Steuer bei aufrechtem Bescheid mit dem Leistungsgebot nicht Abstand genommen werden.

Ob die zur Zahlung der Renten Verpflichteten weiterhin in der Lage sind, die Renten zu leisten, hat auf die Entstehung und Höhe der Steuerschuld - wie bereits dargestellt - keinen Einfluss. Wenn die Beschwerdeführerin allerdings im Hinblick auf das Ausbleiben der Rentenzahlungen die Steuer nicht mehr entrichten könnte, ohne damit ihre Existenz zu gefährden, dann wäre dies allenfalls ein Umstand, der zu einer Abschreibung der Steuer im Nachsichtsverfahren führen könnte. In diesem Zusammenhang wäre allerdings zu beurteilen, ob sich die Erben durch den Verkauf des Unternehmens der Verpflichtung gegenüber der Beschwerdeführerin überhaupt wirksam entziehen konnten. Die Entscheidung dieser Fragen ist aber nicht Gegenstand des Beschwerdefalles.

Der in der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe sich nicht die Mühe gemacht, sich selbst eine Meinung zu bilden, trifft nicht zu. Die belangte Behörde hat die zu dem Rechtsproblem zur Verfügung stehende Literatur wiedergegeben und sodann die Schlussfolgerung gezogen, eine Berichtigung auf Grund von Änderungen nach dem Entstehen der Steuerschuld sei erbschaftsteuerrechtlich nicht vorgesehen und nicht zulässig. Diese Rechtsansicht kann im Beschwerdefall als nicht rechtswidrig erkannt werden.

Aus den dargestellten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. September 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte