VwGH 2004/08/0224

VwGH2004/08/022422.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über den Antrag des Dr. H in S, vertreten durch die Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH, 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der unter der hg. Zl. 2004/08/0134 protokollierten Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss vom 22. September 2004, Zl. 2004/08/0134, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 8. Oktober 2003, betreffend Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach BSVG mit der Begründung ein, der Antragsteller sei der am 27. Juli 2004 an ihn ergangenen Aufforderung, den Mangel der gegen den vorbezeichneten Verwaltungsakt eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen. Zwar sei die Beschwerde innerhalb der gesetzten Frist ergänzt, der ergänzende Schriftsatz sei jedoch nicht - dem Ergänzungsauftrag entsprechend - in dreifacher Ausfertigung vorgelegt worden.

Im vorliegenden Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt der Antragsteller aus, dem damaligen Beschwerdeführervertreter (nunmehr auch Antragstellervertreter) sei erst auf Grund des genannten hg. Beschlusses vom 22. September 2004 bewusst geworden, dass die Mängelbehebung zwar fristgerecht, jedoch nicht wie aufgetragen in dreifacher, sondern lediglich in zweifacher Ausfertigung eingebracht worden sei. Dieser Fehler sei unterlaufen, obwohl die zuständige Juristin beim Diktat der aufgetragenen Äußerung die Überreichung "in dreifacher Ausfertigung veranlasst hat" (Unterstreichung im Original). Dies sei nur damit erklärbar, dass auf dem in der Kanzlei aufliegenden Muster der Mängelbehebung im Rubrum "1 fach, 1 Gleichschrift erscheint" und die Kanzleiangestellte die diktierte Weisung "übersehen" habe. Da die bearbeitende Juristin zum Zeitpunkt der Abfertigung des Schriftsatzes nicht in der Kanzlei gewesen sei, sei dieser Fehler auch nicht aufgefallen, zumal sich der unterzeichnende Rechtsanwalt auf die Richtigkeit des Rubrums verlassen habe. Es liege somit ein Fehlverhalten der Kanzleiangestellten vor, die an sich eine versierte, bisher fehlerfrei arbeitende Kanzleikraft sei, der jedoch bei einer wiederkehrenden, von ihr grundsätzlich beherrschten Routinearbeit ein Fehler unterlaufen sei. Die Kanzleikraft habe die ausdrückliche Weisung bekommen, diesen Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung zu übermitteln, weshalb dem Rechtsvertreter das Fehlverhalten nicht zurechenbar sei und ihn daher kein Verschulden treffe.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Im Beschwerdefall ist fraglich, ob der Antragsteller bzw. sein Vertreter durch ein Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ohne grobes Verschulden verhindert war, dem Ergänzungsauftrag in der gesetzten Frist vollständig nachzukommen. Die Rechtzeitigkeit des Ergänzungsschriftsatzes ist unstrittig.

Unterfertigt ein Parteienvertreter einen Beschwerdeergänzungsschriftsatz, ist er verpflichtet, zu überprüfen, ob mit der beabsichtigten Prozesshandlung dem gerichtlichen Auftrag fristgerecht entsprochen wird (vgl. die in Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 671, referierte Judikatur).

In Anbetracht der Bedeutung, die der Vollständigkeit der Erfüllung eines Ergänzungsauftrages zukommt, ist der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter verhalten, sowohl die Rechtzeitigkeit des Ergänzungsschriftsatzes als auch die Vollständigkeit der Erfüllung der Aufträge zu überprüfen. Dazu gehört, dass er anlässlich der Unterfertigung der Beschwerde sein Augenmerk auch darauf richtet, ob am Ergänzungsschriftsatz die erforderliche Anzahl der Ausfertigungen vermerkt ist bzw. dass er auf andere Weise sicherstellt, dass der Schriftsatz in der geforderten Anzahl vorgelegt wird.

Nach dem Vorbringen des Antragstellers hat der Vertreter des Antragstellers bei Unterfertigung des Ergänzungsschriftsatzes keine Unrichtigkeiten wahrgenommen, weil er sich "auf die Richtigkeit des Rubrums" verlassen hat. Eine Kontrolle des Rubrums anhand des Ergänzungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes wird nicht einmal behauptet. Der Beschwerdeführervertreter hätte aber nach der dargestellten Rechtslage in diesem Zeitpunkt darauf zu achten gehabt, ob die dem Ergänzungsauftrag entsprechende Anzahl von Ausfertigungen dem Schriftsatz beigeschlossen war.

Es kann somit keine Rede davon sein, dass nur ein minderer Grad des Versehens vorliegt.

Bei diesem Ergebnis kann dahin stehen, ob es sich bei der Kanzleikraft, die nach dem Diktat der "zuständigen Juristin" den Ergänzungsschriftsatz geschrieben hat, um eine verlässliche Dienstnehmerin handelt; es wäre nämlich im Hinblick auf mögliche Fehlerquellen bei einem nach Diktat geschriebenen Text jedenfalls am Rechtsanwalt gelegen, Form und Inhalt eines Schriftsatzes wie dem vorliegenden - zumindest im aufgezeigten Sinne - zu kontrollieren.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung war demnach abzuweisen.

Wien, am 22. Dezember 2004

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