Normen
AWG 1990 §29 Abs1 Z3;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs3a Z5;
AWG 1990 §29;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1 idF 1988/399;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §75 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §82a Abs3;
GewO 1994 §82a Abs4;
StörfallV 1991 §3 idF 1991/593;
StörfallV 1991 §4 idF 1991/593;
VwRallg impl;
AWG 1990 §29 Abs1 Z3;
AWG 1990 §29 Abs2;
AWG 1990 §29 Abs3a Z5;
AWG 1990 §29;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2 Z1 idF 1988/399;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §75 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §82a Abs3;
GewO 1994 §82a Abs4;
StörfallV 1991 §3 idF 1991/593;
StörfallV 1991 §4 idF 1991/593;
VwRallg impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 3. Mai 2002 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung der thermischen Verwertung samt Vorbehandlung von 17.000 t/a nicht gefährlicher Holzbrennstoffe sowie des erweiterten Regelbrennstoffeinsatzes durch die Mitverfeuerung von Braunkohlestaub gemäß § 29 Abs.1 Z. 3 AWG 1990 im Ofen 6 der Kalkerzeugungsanlage, der derzeit ausschließlich mit Erdgas befeuert wird, am Betriebsstandort W.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2002 erteilte der LH der mitbeteiligten Partei folgende Genehmigung:
"Der (mitbeteiligten Partei) wird die Genehmigung
- zur Errichtung und Inbetriebnahme des Gebäudes für die Dosieranlage und zweier Stahlsilos, sowie
- zum Einsatz von nicht gefährlichen Abfällen und Braunkohlenstaub zur thermischen Verwertung im bestehenden Kalkofen 6 der Kalkerzeugungsanlage,
beides auf dem Grundstück Nr. 76/5, in der Katastralgemeinde W erteilt."
Unter Spruchabschnitt F (Einwendungen) wurden im Teil 3 die Einwendungen der Beschwerdeführer (und anderer) als unbegründet abgewiesen und "in dem Umfang, in dem sie privatrechtliche Einwendungen (Wertminderung, Schadenersatzansprüche) betreffen, auf den Zivilrechtsweg verwiesen."
Spruchabschnitt G.3. lautet:
"Die Inbetriebnahme der Anlage darf erst nach behördlicher Überprüfung der ordnungsgemäßen Errichtung erfolgen."
In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und einer Auseinandersetzung mit den Einwendungen, zusammenfassend seien die Einwendungen der bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Nachbarn als Parteienvorbringen im Sinne des § 29 Abs. 5 AWG 1990 gewertet worden. Diese Einwendungen seien jedoch nicht geeignet, der beantragten Änderungsgenehmigung entgegen zu stehen; sie seien daher unter Zugrundelegung der schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen und nach Prüfung durch die Behörde als unbegründet abzuweisen gewesen. Die Einwendungen hinsichtlich Wertminderung, Schadenersatz etc. könnten nicht als subjektives Nachbarrecht geltend gemacht werden und seien daher als privatrechtliche Einwendungen gemäß § 29 Abs. 6 AWG 1990 auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen sei ersichtlich, dass die Anlage dem Stand der Technik entspreche, dass durch das geplante Vorhaben eine Beeinträchtigung fremder Rechte nicht zu erwarten sei, keine Gesundheitsgefährdung oder unzumutbare Belästigung von Personen vorliege und dass keine Gefährdung des Eigentums gegeben sei.
Die Beschwerdeführer beriefen.
Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 2003 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab (Spruchabschnitt I).
Unter Spruchabschnitt II änderte sie den erstinstanzlichen Bescheid in mehreren Punkten ab. Unter anderem wurde die Auflage G.3. ersatzlos gestrichen.
In der abschließenden "Gesamtbeurteilung" der Begründung heißt es, wie von den in erster und zweiter Instanz beigezogenen Sachverständigen mehrfach in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise auf Grund ihres Fachwissens ausführlich ausgeführt worden sei, sei bei konsensgemäßem Betrieb und Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen sowohl eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn durch Emissionen als auch eine Gesundheitsgefährdung oder Gefährdung des Eigentums auszuschließen.
Eine Entgegnung auf gleicher fachlicher Ebene durch die Beschwerdeführer sei zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens erfolgt.
Den Gutachten sei jedoch nur durch Gegengutachten gleich qualifizierter Sachverständiger entgegen zu treten gewesen bzw. wenn die Beschwerdeführer behauptet hätten, dass diese Gutachten mit den Erfahrungen des täglichen Lebens bzw. Denksätzen im Widerspruch stünden. Dies sei jedoch nicht behauptet worden. Die allgemeine Kritik der Beschwerdeführer an Sachverständigengutachten bzw. die Behauptung, dass die Ausführungen bzw. Berechnungen unvollständig, unrichtig oder nicht nachvollziehbar seien, sei zur Erschütterung von fachlich fundierten und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten nicht geeignet.
Auflage 3 des erstinstanzlichen Bescheides sei ersatzlos zu streichen gewesen, da im Rahmen der gegenständlichen Anlagengenehmigung keine gesonderte Betriebsbewilligung vorgeschrieben worden sei und ohne diese Vorschreibung für Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG 1990 (anders als für Deponien (§ 30f Abs. 1 AWG 1990)) - eine Überprüfung der Übereinstimmung der Anlage mit der Genehmigung nicht vorgesehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde habe die Auflage 3 des erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos behoben, obwohl diese Auflage von der mitbeteiligten Partei nicht bekämpft worden sei. Diese Auflage sei aber notwendig gewesen, um die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Anlage zu ermöglichen. Eine solche Kontrolle sei schon deswegen erforderlich, weil die mitbeteiligte Partei die Auflage, die Fertigstellung des Projektes anzuzeigen, nicht erfüllt habe. Die im Dezember 2003 erfolgte Inbetriebnahme der Anlage sei rechtswidrig. Die Aufhebung der Auflage sei nur deshalb erfolgt, um der mitbeteiligten Partei die Inbetriebnahme der Anlage vor der Erfüllung der vorgeschriebenen Auflagen zu ermöglichen. Das zeige auch der zeitliche Ablauf.
Das Verfahren wurde durch den Antrag der mitbeteiligten Partei vom 3. Mai 2002, also vor dem Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 eingeleitet. Es war daher gemäß § 77 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. nach dem AWG 1990 fortzuführen und abzuschließen.
§ 29 AWG 1990 lautet auszugsweise:
"(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von
- 1. ...
- 3. Anlagen zur thermischen Verwertung oder sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen oder Altölen, ausgenommen zur stofflichen Verwertung, mit einer Jahreskapazität von mindestens 10.000 t,
...
bedarf der Genehmigung des Landeshauptmanns.
Für Anlagen gemäß Z. 3 und 6 bleiben landesrechtliche Vorschriften, die sich nicht auf das Genehmigungsverfahren beziehen - unbeschadet der Regelung des Abs. 13 - unberührt.
...
(2) Der Landeshauptmann hat bei der Erteilung einer Genehmigung gemäß Abs. 1 nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes alle materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- und Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden sind. Die Genehmigung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen.
...
(3a) Eine Genehmigung für eine Abfallbehandlungsanlage gemäß Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Abfallbehandlungsanlage neben den Erfordernissen der gemäß Abs. 2 anzuwendenden Bestimmungen folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet;
2. die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt;
3. die für die zu genehmigende Abfallbehandlungsanlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 Immissionsschutzgesetz - Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, werden eingehalten;
4. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt;
5. das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes nicht zu verstehen;
6. die beim Betrieb der Abfallbehandlungsanlage zu erwartenden anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik vermieden, verwertet, oder - soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist - ordnungsgemäß entsorgt (§ 9 Abs. 2).
Weiters ist bei der Erteilung der Genehmigung auf die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) Bedacht zu nehmen. Erforderlichenfalls hat der Landeshauptmann zur Wahrung der genannten Voraussetzungen und entsprechend den Erfordernissen nach den anzuwendenden Bestimmungen geeignete Auflagen, Befristungen oder Bedingungen vorzuschreiben. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder durch die Vorschreibung von Auflagen, Befristungen oder Bedingungen nicht erfüllt werden können, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen.
(3b) Die Einhaltung der in den Anlagen 1 und 2 zum IG-L oder in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 2 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte ist anzustreben.
...
(6) Werden vom Nachbarn privatrechtliche Einwendungen gegen die Behandlungsanlage vorgebracht, so hat der Verhandlungsleiter auf eine Einigung hinzuwirken; die etwa herbeigeführte Einigung ist in der Niederschrift über die Verhandlung zu beurkunden. Im Übrigen sind solche Einwendungen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
(7) Der Bescheid, mit dem eine Abfallbehandlungsanlage gemäß Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 genehmigt wird, hat jedenfalls zu enthalten:
1. die zu behandelnden Abfallarten und -mengen und das Behandlungsverfahren;
2. Maßnahmen der anlagenbezogenen Abfallvermeidung, - verwertung und -entsorgung;
3. technische Vorschreibungen, insbesondere Maßnahmen zur Begrenzung der Emissionen;
- 4. Sicherheitsvorkehrungen;
- 5. Maßnahmen für die Unterbrechung des Betriebes und vorläufige Maßnahmen für die Auflassung der Abfallbehandlungsanlage.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann mit einer Verordnung gemäß § 29 Abs. 18 weitere dem jeweiligen Anlagentyp entsprechende Anforderungen festlegen.
(8) Für Anlagen gemäß Abs. 1 Z. 1-3 kann im Genehmigungsbescheid angeordnet werden, dass die Behandlungsanlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf. Bei Vorschreibung einer Betriebsbewilligung ist ein befristeter Probebetrieb anzuordnen. Für die Festlegung und Durchführung des Probebetriebes gilt § 78 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 idF BGBl. Nr. 399/1988. Die Befristung des Probebetriebes kann zweimal für jeweils ein Jahr verlängert werden. In diesem Verfahren haben die im Abs. 5 Genannten Parteistellung. Die Durchführung eines Versuchsbetriebes ist unter den Voraussetzungen des § 354 Gewerbeordnung 1973 in der jeweils geltenden Fassung zulässig.
..."
Weder § 29 AWG 1990 noch die nach § 29 Abs. 2 leg. cit. anzuwendenden Vorschriften enthalten eine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts, dass ein Bescheid, mit dem eine Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 Z. 3 AWG 1990 genehmigt wird, eine Auflage zu enthalten hat, wonach die Inbetriebnahme der Anlage erst nach behördlicher Überprüfung der ordnungsgemäßen Errichtung erfolgen darf. Die Beschwerdebehauptung, Auflage 3 des erstinstanzlichen Bescheides sei zwingend vorzuschreiben gewesen, trifft daher nicht zu.
Sowohl § 29 Abs. 3a AWG 1990 als auch der auf Grund des § 29 Abs. 2 leg. cit. anzuwendende § 77 Abs. 1 GewO 1994 sehen die Vorschreibung von Auflagen, Befristungen und Bedingungen vor, wenn diese erforderlich sind, um die nach dem AWG und der GewO 1994 zu schützenden Interessen zu wahren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 29 Abs. 3a AWG 1990 oder § 77 Abs. 1 GewO 1994 eine Handhabe für eine Auflage der in Rede stehenden Art geben. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre für die Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen, da von ihnen nicht dargelegt wird, dass und aus welchen Gründen eine solche Auflage zur Hintanhaltung einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte erforderlich ist.
Auf die Einhaltung öffentlicher Interessen haben die Beschwerdeführer keinen Anspruch.
Die Beschwerdeführer bemängeln, dass sich das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen ausschließlich auf die meteorologische Stellungnahme sowie die auf Grund partieller Messungen und vor allem der Angaben der mitbeteiligten Partei geschätzten Emissionswerte stütze. Die belangte Behörde hätte nicht nur den vorliegenden Gutachten folgen dürfen, sondern die noch ausständige unabhängige Messung abwarten müssen. Da hiefür Daten bis Jahresende 2003 gesammelt worden seien und daher entsprechende Messdaten in wenigen Tagen zur Verfügung gestanden wären, habe keine Notwendigkeit bestanden, den angefochtenen Bescheid noch in aller Eile kurz vor Weihnachten zu erlassen, zumal die Betriebsanlage gar nicht fertiggestellt sei. Das Zuwarten auf diese amtlichen Messdaten hätte ergeben, dass die Emissionen beträchtlich höher und damit gesundheitsgefährdender seien als bisher angenommen.
Dieses Vorbringen geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Wie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, haben die Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 mitgeteilt, dass bereits Ergebnisse aus der Immissionsnachmessung vorlägen und um Berücksichtigung im laufenden Verfahren ersucht werde. Von Seiten des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung sei jedoch mitgeteilt worden, dass kein messtechnischer Bericht vorliege, sondern die Daten bis Jahresende erhoben und im Frühjahr 2004 ausgewertet würden.
Es trifft also nicht zu, dass Daten aus einer Immissionsmessung durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung in Kürze zur Verfügung gestanden wären.
Vor allem aber erläutern die Beschwerdeführer nicht, warum es der Erhebung weiterer Daten bedurft hätte, haben doch die Sachverständigen erklärt, mit den vorhandenen Daten das Auslangen zu finden.
Die Beschwerdeführer meinen, die Auffassung der belangten Behörde, sie hätten den Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene begegnen müssen, sei verfehlt. Ausgehend von dieser unzutreffenden Auffassung sei die belangte Behörde nicht auf die konkreten und fachlich begründeten Einwendungen der Beschwerdeführer eingegangen.
Auch bei diesem Einwand gehen die Beschwerdeführer von falschen Voraussetzungen aus.
Die belangte Behörde hat nicht behauptet, dass den Gutachten ihrer Sachverständigen nur durch Gegengutachten hätte entgegen getreten werden können. Vielmehr hat die belangte Behörde, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend, ausgeführt, dass den Gutachten entweder durch Gegengutachten gleich qualifizierter Sachverständiger entgegen zu treten gewesen wäre oder, wenn die Beschwerdeführer behauptet hätten, dass diese Gutachten mit den Erfahrungen des täglichen Lebens bzw. "Denksätzen" im Widerspruch stünden.
Die Beschwerdeführer erläutern aber nicht, inwiefern die Gutachten mit den Erfahrungen des täglichen Lebens bzw. mit den Denkgesetzen in Widerspruch stehen. Somit hätte es eines Gegengutachtens bedurft.
Die Beschwerdeführer bringen vor, der Betrieb der Anlage gefährde nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Eigentum. Das von ihnen gezogene Gemüse weise bereits jetzt infolge der Emissionen der Anlage der mitbeteiligten Partei einen weiß-grauen Belag auf. Mit der bewilligten Änderung der Anlage sei eine weitere Verstärkung der Emissionen zu erwarten. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde stelle dies eine Beeinträchtigung des Eigentums dar. Außerdem seien nicht nur die subjektiven Rechte der Beschwerdeführer, sondern auch die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 1990 zu berücksichtigen. Ein weitflächiger Überzug der Landschaft mit einem weiß-grauen Belag sei unter diesem Gesichtpunkt zu prüfen, was aber von der belangten Behörde wie auch von der Behörde erster Instanz nicht getan worden sei.
§ 29 Abs. 3a Z. 5 AWG 1990 enthält Vorschriften zum Schutz des Eigentums.
Bestimmungen zum Schutz des Eigentums enthält auch § 77 GewO 1994 in Verbindung mit § 74 leg. cit. Die Eigentumsschutzbestimmungen des § 29 Abs. 3a Z. 5 AWG 1990 und des § 77 Abs. 1 GewO 1994 sind im Wesentlichen gleich.
Die belangte Behörde hat eine Gefährdung des Eigentums der Beschwerdeführer mit der Begründung verneint, eine solche liege nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Eigentum in seiner Substanz verletzt sei, d.h. wenn jedwede Nutzung des Eigentums unmöglich gemacht werde.
In dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 6. Februar 1990, 89/04/0089, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:
"Eine Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 liegt vor, wenn das Eigentum in seiner Substanz bedroht ist. Ein Fall einer Gefährdung des Eigentums liegt auch vor, wenn jedwede Nutzung eines Grundstückes unmöglich gemacht wird."
Diese Aussage bedeutet aber nicht, wie die belangte Behörde meint, dass nur dann, wenn das Eigentum in seiner Substanz bedroht wird oder wenn jedwede Nutzung eines Grundstückes unmöglich gemacht wird, eine Eigentumsgefährdung vorliegt; vielmehr handelt es sich dabei nur um Fälle, in denen jedenfalls eine Eigentumsgefährdung vorliegt. Dies wird in der nachfolgenden Rechtsprechung auch deutlich zum Ausdruck gebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nämlich in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Bestimmungen der GewO zum Schutz des Eigentums im Verfahren zur Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage nur den Schutz des Eigentums eines Nachbarn vor der Vernichtung seiner Substanz vorsehen, nicht aber vor einer bloßen Minderung des Verkehrswertes. Einer solchen Substanzvernichtung ist der Verlust der Verwertbarkeit der Substanz gleichzuhalten. Ein solcher Verlust der Verwertbarkeit ist nicht nur dann anzunehmen, wenn jedwede auch nur entfernt denkbare Nutzung des Eigentums unmöglich ist, sondern vielmehr bereits dann, wenn die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße Nutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist. (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1991, 91/04/0004, vom 21. November 2001, 98/04/0075 u. v.a.). Wendet sich ein Nachbar gegen das Projekt aus dem Grunde der Eigentumsgefährdung, hat er durch ein konkretes Vorbringen geltend zu machen, dass durch die Betriebsanlage sein Eigentum über eine bloße Minderung des Verkehrswertes hinaus in seiner Substanz, wozu auch der Verlust der Verwertbarkeit zählt, bedroht ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1996, 96/04/0137 sowie vom 11. November 1998, 96/04/0135).
Aicher führt als einen jener Fälle, in denen eine Eigentumsgefährdung vorliegt, den Fall an, "wenn die Sachnutzung bedroht ist, weil die bei der Nutzung verwendeten Sachen oder die Nutzungsergebnisse einer Beschädigung ausgesetzt sind. So zB Schäden an den Kulturen, an weidendem Vieh, an Betriebseinrichtungen (VwGH 30.11.1977, 945/76, ZfVB 1978/520). Dabei handelt es sich vor allem um Immissionen, die unmittelbar auf die genutzte Sache oder auf die Nutzungsergebnisse nachteilig einwirken." (Aicher, Die Gefährdung des Eigentums und dinglicher Rechte, in: Stolzlechner-Wendl-Zitta (Hrsg.): Die gewerbliche Betriebsanlage2, S 109, Rz 191).
Die Beschwerdeführer haben, wie aus dem erstinstanzlichen Bescheid hervorgeht, im Verfahren vor der Erstbehörde folgende Einwendung erhoben:
"Eigentum/Wirtschaftsgüter
Bauwerke, Fenster, Autos, Obst, Gemüse, Nutztiere werden durch div. Immissionen des Werkes aber auch durch das werksbedingt hohe Schwerverkehrsaufkommen verunreinigt, verätzt, kontaminiert, geschädigt.
Folge: Hoher Wartungs- und Reparaturaufwand, Verlust des Fruchtgenusses, Einstellung der Nutztierhaltung (z.B. Hühner: erblinden, gehen ein), insgesamt Minderung des Haushaltsbudgets.
Einwendung
Jede Erweiterung baulich, betrieblich, verkehrsmäßig stellt die Gefahr weiterer Minderung der Wirtschaftsgüter dar und ist zu untersagen."
Mit diesem Vorbringen, insbesondere mit dem Hinweis auf den "Verlust des Fruchtgenusses" haben die Beschwerdeführer die Behauptung aufgestellt, die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße Nutzung oder Verwertung des Eigentums der Beschwerdeführer sei ausgeschlossen. Diese Behauptung ist nicht von vornherein als unzutreffend zu erkennen. Sie wäre dann unzutreffend, wenn entweder von dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei die von den Beschwerdeführern behaupteten Einwirkungen (Immissionen) nicht ausgingen oder wenn trotz einer solchen Einwirkung die nach der Verkehrsanschauung übliche bestimmungsgemäße Nutzung oder Verwertung des Eigentums der Beschwerdeführer im Sinne der dargestellten Rechtsprechung nicht ausgeschlossen wäre. Dazu aber hat die belangte Behörde, ausgehend von der unzutreffenden Rechtsauffassung, die Beschwerdeführer hätten nur eine Wertminderung geltend gemacht, keine entsprechenden Feststellungen getroffen. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhalts.
Wenn die mitbeteiligte Partei in der Gegenschrift einwirft, der Einwand der beschwerdeführenden Parteien sei unbeachtlich, weil er sich auf Immissionen aus dem bereits bestehenden und bewilligten Werk beziehe, so übersieht sie, dass die Beschwerdeführer behaupten, die Immissionen würden sich durch die bewilligte Änderung der Anlage verstärken.
Schließlich werfen die Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe die Einwendungen hinsichtlich der Häufigkeit und der Auswirkungen von Störfällen völlig unberücksichtigt gelassen. Die Gesundheitsgefährdung durch Emissionen könne keinesfalls nur an dem durch die Sachverständigen angenommenen "Normalbetrieb" gemessen werden, sondern an einer realistischen Einschätzung des tatsächlichen Betriebsverlaufes. Berücksichtige man im vorliegenden Fall, dass Störfälle im Betrieb der mitbeteiligten Partei in großer Zahl und Häufigkeit aufträten, wäre dies bei Beurteilung der zu erwartenden Belastungen zu berücksichtigen gewesen.
"Störfälle" werden in den Einwendungen der Beschwerdeführer mehrmals erwähnt. Der erstinstanzliche Bescheid, der die Einwendungen der Beschwerdeführer auflistet, ergibt dazu folgendes Bild:
I.1.1 Einwendung 1:
"Emissionsmessungen bei und nach Abschaltungen (Gesamt-Messungen aller Emittenten (Datentafel))
Verschiedene Sekundärbrennstoffe führen bereits jetzt zu regelmäßigen teils massiven Störfällen im Zementwerk, verbunden mit unkontrolliertem Ausstoß von Stäuben, Gasen und Gerüchen.
Durch den Einsatz zusätzlicher Brennstoffe, wie Holzstaub und Kohlestaub im Kalkofen, steigt auch die Wahrscheinlichkeit weiterer Störfälle und damit die Belastung der Anrainer um und durch das Werk W.
Einwand
Wir fordern eine umfangreiche Analyse der Emissions- und Immissionsbelastung während bzw. unmittelbar nach den regelmäßigen Störfällen und Abschaltungen im Zementwerk, um die Auswirkungen auf die Anrainer ermessen zu können. Diese Auswirkungen können derzeit durch den Stillstand der Messgeräte (Datentafel) nicht erfasst werden, dürften aber, sowohl durch wissenschaftliche Untersuchungen (siehe ÖKÖPOL-Studio in Belgien) belegt und massiv sein, und wurden durch zahlreiche persönliche Beobachtungen erhärtet.
Solange es nicht gelingt, einen mehrmonatigen störfallfreien Betrieb im Zementwerk zu gewährleisten, sollte daher der Einsatz zusätzlicher Brennstoffe im Kalkwerk unterlassen werden.
Wir fordern zusätzlich, dass auf die Datentafel auch die max. Emissionswerte aller Verbrennungsstellen im Kalk- und Zementwerk W angezeigt werden, und das auch bei, und nach Abschaltung von diesen Angelegenheiten."
I.1.8 Einwendung 8:
"pm 10-Verordnung
Schon jetzt treten häufig 'Störfälle' auf: Staubwolken werden gesichtet, Anrainer haben diese in 'Tagebüchern' und mit Fotos dokumentiert, den Niederschlag auf Wirtschaftsgütern, Autos gesammelt, telefonisch im Werk gemeldet, Staub-Proben zur Analyse dem Werk überlassen.
Werkserklärung: Pannen bei Filterreinigung, Befüllung der Silos, bei pneumatischer Füllung, durch sog. 'Stopfer', Fehler des Personals (offene Deckel), mangelhafte Reinigung des Werksgeländes usw.
Einwendung
Wir verlangen vor weiterem Einsatz staubförmiger Ersatzbrennstoffe effektivere technische Ausrüstung und Optimierung der Bedingung vorhandener Anlagen (Sekundärfilter, Einhausung, personelle Maßnahmen/Aufstockung...), die das 'Entkommen' der Stäube in die Umwelt verhindern, sowie alle nach dem Stand der Technik möglichen Vorkehrungen für die neue Anlage.
Wir fordern bindende Garantien, dass der Einsatz der staubförmigen Ersatzbrennstoffe im Kalkwerk keine weiteren 'defusen Staubfrachten' in die Umwelt verursacht."
I.1.13 Einwendung 13:
"Sicherheit der Bevölkerung
In den Unterlagen sind die Maßnahmen bei Störfällen in der Anlage angeführt. Die Lage des Werks neben der Gemeindestraße, Bahn, unbeschrankten Bahnübergängen und in der Nähe der Wohnhäuser stellt im Katastrophenfall (Explosionen, Großbrände, Bahn- LKW-Unfälle mit heikler Ladung...) eine Gefährdung der Bevölkerung dar. Die Zufahrt der Feuerwehren beim GAU über Gemeindestraße, Umfahrungsstraße, die natürlich auch vom Individualverkehr benützt werden, geht durch Wohngebiet. Aus P und O steht den Feuerwehren nur eine enge, kurvenreiche Bundesstraße zur Verfügung.
Die 'Störfallbetrachtung' .PKT.8.6.4. S. 68 '... von einem gleichzeitigen Brandfall im Kohlestaub-Silo/Zementwerk und der hievon ca. 300 m entfernten Anlage im Kalkwerk wird nicht ausgegangen' überzeugt nicht.
In beiden Anlagen werden (selbst-)entzündliche Stoffe eingesetzt, Kohlestaub wird mit alternierbarer Förderung zugeführt.
Einwendung
Vor Genehmigung des Einsatzes weiterer Ersatzbrennstoffe fordern wir einen Katastrophenplan für die Bevölkerung und eine überzeugende Logistik für Feuerwehren von Gutenstein bis zur Autobahn."
I.1.17 Einwendung 17:
"Gefährdung/Gewährleistung sicherer Betriebsabläufe Schon bisher gab es häufig 'Störfälle', Auffälligkeiten, die
von den Anrainern optisch, akustisch, olfaktorisch wahrgenommen wurden, tlw. in 'Tagebüchern/Protokollen' oder Fotos dokumentiert oder der BH Wiener Neustadt (folgenlos und ohne Antwort) angezeigt wurden. Bei Meldungen ans Werk wurde oftmals beschieden: 'nichts bemerkt', 'keine Störung registriert' oder 'werden gleich nachsehen', 'Ursache unbekannt, muss geklärt werden', auch 'wir geben das weiter', oder nächtliche Auskunft bei schlafunterbrechendem Lärm 'wir hören da nichts, es geht einer hinaus', usw.
Im Dezember 2001 'entkamen' Tonnen von Zement, die auf der Schneedecke als graue Schicht entdeckt, gesammelt, fotografiert, den Werksverantwortlichen zur Analyse übergeben wurden, tiefgefroren zur nächsten Kontaktgruppensitzung gebracht wurden.
Wieder: Bedauerliche Panne, leider wurde eine Klappe nicht geschlossen. Im Sommer wäre das Zementbad möglicherweise im Gras nicht weiter aufgefallen und die Kinder und Tiere wären bedenkenlos ins Freie gelassen worden (vgl. Warnhinweise auf Zementsäcken). Und was war mit den Gasen?
Im Sommer erschreckten einen Anrainer 'riesige Rauchschwaden' dermaßen, dass er die Feuerwehr alarmierte - zum Glück wieder nur ein 'Störfall'.
Eine lärmbedingt schlaflose Anrainerin bemerkte nächtens Rauchschwaden mitten aus dem Wärmetauscherturm - der Leitstand bedankte sich für die Meldung des unbemerkt gebliebenen Vorfalls - usw.
Einwendung
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Gewährleistung störungsfreien oder zumindest lückenlos überwachten gesicherten Betriebes ist erschüttert. Die Ängste können auch durch Zusage 'häufiger Rundgänge', Augenscheins-Überwachung usw. (Glutmesser, Brände) nicht ausgeräumt werden. Wir fordern den Verzicht auf weiteren Einsatz (selbst-)entzündlicher Festbrennstoffe, solange nicht ein störungsfreier Betrieb im Zementwerk gesichert ist."
I.1.22 Einwendung 22:
"Strahlenschutzbehälter und -quellen beim Ofen 6, GZ 14721/394, Berghauptmannschaft 20.05.1994
Das Thema Strahlenschutzbehälter und -quellen wurde in Kontaktgruppengesprächen nie behandelt. Wir sind völlig uninformiert ob und welche Bedeutung es für uns als Nachbarn hat.
Einwendung
Wir verlangen Aufklärung. Sollten von dieser Anlage Gefahren für die Menschen ausgehen und dieser Behälter im Zuge der Erweiterung strahlenschutzrelevant sein, im Stör- oder Katastrophenfall oder auch im Dauerbetrieb eine zusätzliche, gesundheitsgefährdende Belastung darstellen, fordern wir eine entsprechende Berücksichtigung und Bewertung im Gesamtkonzept."
I.1.23 Einwendung 23:
"Maßnahmenplan" 8.6.3., S. 60
'... jährliche, nachweisliche Unterweisung der Mitarbeiter durch den Betriebsleiter'. Die Häufigkeit der beobachteten Störfälle (nicht gleichzusetzen mit den tatsächlichen) und Unfälle, unter Einbeziehung der Erklärungen durch die Werksleitungen, die offensichtliche Pannen ('Knickturm', siehe Beilagen) mit Bedienungsfehlern begründet, befinden wir eine 'jährliche' Unterweisung als nicht ausreichend. Möglicher häufiger Mitarbeiterwechsel, Wechsel der Abläufe bedingt durch Wechsel der eingesetzten Ersatzbrennstoffe, Erhöhung der Zulieferfrequenzen o. ä. oder auch Überlastung der Beschäftigten durch Personaleinsparungen, Zusammenarbeit mit 'werksfremden' Chauffeur, e. v. Bahn-Bediensteten, die Kohlestaub anliefern u.dgl. bergen Gefahr durch 'menschliches Versagen'. Es wird hier mit heiklen Stoffen hantiert.
Einwendung
Wir verlangen die nachweisliche und kontrollierte Unterweisung der Mitarbeiter in Zeitabständen, die mit der Erweiterung oder Veränderung der Betriebsabläufe korreliert, die Gewährleistung, dass jeder Mitarbeiter an der Stelle eingesetzt ist, für die er eingeschult wurde. Bei Ausfällen (Krankheit, Urlaub, Ausscheiden) muss der 'Ersatzmann'/Vertretung genauso nachweislich für seine Aufgabe qualifiziert und unterwiesen sein. Kontrollen, auch während der Nachtschicht, sind einzurichten."
Die Einwendungen, die sich auf Störfälle beziehen, wurden sowohl von der Erstbehörde als auch von der belangten Behörde unter Hinweis auf die Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes damit abgetan, dass hinsichtlich von Störfällen keine subjektiven Rechte von Nachbarn bestünden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass aus den störfallrechtlichen Regelungen keine subjektiv-öffentlichen Rechte erwachsen (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Juni 2001, 99/07/0183, vom 17. Mai 2001, 99/07/0064, und vom 27. Mai 1997, 94/04/0180).
Die Aussage über das Fehlen eines subjektiv-öffentlichen Rechts in diesen Erkenntnissen bezog sich auf das "Störfallrecht" in den §§ 77 Abs. 1 und 82a der GewO 1994.
Begründet wurde dies damit, dass es sich beim Störfallrecht nicht um einen Umstand handelt, der die im § 74 Abs. 2 im Zusammenhalt mit § 356 Abs. 3 GewO 1994 normierten subjektivöffentlichen Nachbarrechte betrifft, weil das Störfallrecht nach der Definition des Störfalles im § 82a Abs. 3 GewO 1994 vielmehr einem nicht näher umschriebenen Personenkreis dient, der mit dem geschützten Personenkreis nicht identisch ist, nämlich dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 27. Mai 1997, 94/04/0180).
Das Störfallrecht der GewO 1994, auf das sich die erwähnte Rechtsprechung bezog, wurde durch die GewR-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 88, aufgehoben. Auf dieses Störfallrecht konnten sich daher die Einwendungen der Beschwerdeführer nicht beziehen.
Es gilt daher, jenes Vorbringen der Beschwerdeführer, das sich auf Störfälle bezieht, daraufhin zu untersuchen, ob es unter dem Aspekt der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen eine Einwendung im Rechtssinn darstellt, also die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes enthält.
Dabei zeigt sich, dass die Beschwerdeführer zwar zum Teil tatsächlich ein Vorbringen erstattet haben, das außerhalb des Bereiches ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte liegt; so z.B. wenn sie den Katastrophenplan ansprechen.
Die Beschwerdeführer machen mit ihren auf Störfälle bezogenen Einwendungen aber auch geltend, dass der Einsatz von Sekundärbrennstoffen zu regelmäßigen, teils massiven Störfällen führt und dass bei diesen Störfällen vermehrt Stoffe (Stäube, Gase, Gerüche) austreten, bei denen nicht feststeht, ob sie von den Messungen erfasst und von den Sachverständigen in ihren Gutachten berücksichtigt wurden. Dass sich diese Einwände teilweise auf das Zementwerk beziehen, das nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist, ist ohne Belang, lautet doch die Argumentation der Beschwerdeführer, aus den häufigen Störfällen (u.a. im Zementwerk, in dem Sekundärbrennstoffe eingesetzt werden), sei zu schließen, dass die angewandte Technologie und das gesamte Verfahren beim Einsatz dieser Sekundärbrennstoffe nicht geeignet sei, weshalb bei einem Einsatz von Sekundärbrennstoffen auch im Kalkofen mit den selben häufigen "Störfällen" zu rechnen sei wie im Zementwerk.
§ 77 Abs. 1 GewO 1994 stellt auf "die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1" ab. Damit sind "Störfälle", die nicht voraussehbar sind, nicht erfasst, wohl aber "Störfälle", die - wie dies im Beschwerdefall behauptet wird - auf Grund einer unzureichenden Technologie regelmäßig und vorhersehbar auftreten.
Ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, mit Einwendungen, die sich auf "Störfälle" beziehen, könnten von Vornherein keine subjektiven Rechte geltend gemacht werden, haben es sowohl die Erstbehörde als auch die belangte Behörde unterlassen, sich mit diesen Einwendungen inhaltlich auseinander zu setzen.
Die belangte Behörde weist im Zusammenhang mit dem Thema Störfälle in ihrer Gegenschrift darauf hin, aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltetechnik ergebe sich, dass die vorgeschriebenen Auflagen geeignet seien, Beeinträchtigungen der Nachbarn durch Immissionen von Luftschadstoffen hintanhalten.
Die mitbeteiligte Partei bringt in der Gegenschrift vor, die Beschwerdebehauptung, die Amtssachverständigen seien von einem "Normalbetrieb" ausgegangen, treffe nicht zu; vielmehr seien "Maximalwerte" zugrunde gelegt worden.
Die belangte Behörde wie auch die mitbeteiligte Partei behaupten selbst nicht, dass sich die Amtssachverständigen mit den von den Beschwerdeführern behaupteten Störfällen und deren Auswirkungen auseinander gesetzt haben. Aus den Aussagen in Gutachten der Amtssachverständigen kann nicht mit Sicherheit der Schluss gezogen werden, dass auch bei Berücksichtigung der behaupteten Störfälle keine Auswirkungen auf die Beschwerdeführer zu befürchten wären.
Die mitbeteiligte Partei führt in der Gegenschrift aus, das bewilligte Projekt enthalte eine gesonderte "Störfallbetrachtung" und einen darauf aufbauenden Maßnahmenplan. Diese Störfallbetrachtung und der darauf aufbauende Maßnahmenplan seien vom Amtssachverständigen für Maschinenbautechnik und Verfahrenstechnik einer sachverständigen Beurteilung unterzogen worden.
Im Gutachten des Amtssachverständigen (S 30ff des erstinstanzlichen Bescheides) wird lediglich erwähnt, dass dem Projekt auch eine Störfallbetrachtung und ein Maßnahmenplan beiliegen. Diese Instrumente werden kurz beschrieben. Auf die Einwendungen der Beschwerdeführer bezogene Ausführungen enthält dieses Gutachten nicht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil den Beschwerdeführern der Schriftsatzaufwand nur einmal zusteht.
Wien, am 18. November 2004
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