Normen
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art119a Abs5;
GdO OÖ 1990 §36 Abs1;
GdO OÖ 1990 §48 Abs1;
LAO OÖ 1996 §74 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art119a Abs5;
GdO OÖ 1990 §36 Abs1;
GdO OÖ 1990 §48 Abs1;
LAO OÖ 1996 §74 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. Juni 2002 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden auch: S) gemäß §§ 25 ff des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (im Folgenden: OÖ ROG), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 32/1999, für ein näher genanntes Grundstück ein Aufschließungsbeitrag in der Höhe von EUR 1.765,01 vorgeschrieben und ausgesprochen, dass dieser Beitrag in fünf aufeinander folgenden Kalenderjahren in jährlichen Raten zu je 20 % fällig werde.
Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer und FS (im Folgenden: F) Berufung, in welcher sie insbesondere die Auffassung vertraten, es fehle an einer Aufschließung des Grundstückes durch eine öffentliche Verkehrsfläche, weil der nördlich desselben verlaufende Güterweg U eine solche nicht bewirke.
Diese Berufung wurde in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. Oktober 2002 behandelt. Dem Gemeinderat lag eine Stellungnahme des Erhaltungspoliers einer Straßenmeisterei vom gleichen Tag vor, aus welcher hervorging, dass eine verkehrsmäßige Erschließung des Grundstückes vom Güterweg U aus technisch möglich sei. Freilich seien die bei Errichtung einer Einfahrt entstehenden Böschungen durch entsprechende Steinschlichtungen abzusichern.
Aus der Niederschrift dieser Gemeinderatssitzung geht hervor, dass sich der Bürgermeister als befangen erklärt hat, weshalb - in Abwesenheit des Vizebürgermeisters - das älteste Gemeinderatsmitglied bei Behandlung dieses Tagesordnungspunktes den Vorsitz übernommen hat.
Im Zuge der Beratungen vertrat u.a. das Gemeinderatsmitglied AN (im Folgenden: N) den Standpunkt, dass der Berufung stattgegeben werden solle. Die Errichtung einer Grundstückseinfahrt vom Güterweg U aus sei infolge der Steilheit des Geländes nicht leicht realisierbar. Überdies sei vor einigen Jahren die verkehrsmäßige Erschließung des betreffenden Baugrundstückes ohnedies bereits von der südlichen öffentlichen Verkehrsfläche (Schotterweg) her geplant gewesen. Sollte das betreffende Grundstück in Zukunft doch noch bebaut werden, könne der Verkehrsflächenbeitrag auch zu diesem Zeitpunkt noch vorgeschrieben werden, sofern die Gemeinde die öffentliche Verkehrsfläche auch wirklich errichtet habe. Andere Gemeinderatsmitglieder meinten demgegenüber der Berufung sei nicht stattzugeben.
Zuletzt vertrat N die Auffassung, im gegenständlichen Falle solle "der Bescheid des Bürgermeisters zurückgezogen" und der Berufung des Beschwerdeführers und der F somit stattgegeben werden. Er stellte den Antrag auf Beschlussfassung in der vorgeschlagenen Form.
Hierauf ließ der Vorsitzende abstimmen. Von den 16 Stimmberechtigten stimmten vier für den Antrag des N, acht stimmten dagegen und vier enthielten sich der Stimme.
Sodann heißt es in der Niederschrift:
" Beschluss:
Der Gemeinderat lehnt somit mehrheitlich den Antrag des Gemeinderatsmitgliedes N, auf Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters ..., vom 14. Juni 2002, Zahl: 612-2002, betreffend die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages im Rahmen der Einhebung der Aufschließungsbeiträge nach den Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994, ab. Der Bescheid des Bürgermeisters gilt somit als bestätigt.
Der schriftlichen Berufung der Ehegatten S und F, wohnhaft in Steinbach Nr.49, Gemeinde Niederwaldkirchen, vom 27. Juni 2002, wird mit folgenden Begründungen nicht stattgegeben:
a) Die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages für
das Grundstück X, KG. X ist gerechtfertigt, da laut fachlicher Auskunft des zuständigen Erhaltungspolieres der Güterwegmeisterei ..., die Erschließung des bezeichneten Baugrundstückes vom GW. U aus technisch Sicht möglich ist (siehe Aktenvermerk, vom 24.10.2002) und keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen wird.
b) Die Erschließung über den bestehenden Güterweg U
zwar über ein anderes Grundstück (Teilfläche der Parzelle Nr. 564/3, KG. X) erfolgen wird, jedoch befindet sich dieses Teilstück ebenfalls im Eigentum der Ehegatten S und F, sodass kein fremder Grund in Anspruch genommen werden muss.
Der aus diesem Gemeinderatsbeschluss resultierende, diesbezügliche Bescheid an die Ehegatten S und F ist in Form einer Kopie der gegenständlichen Verhandlungsschrift angeschlossen und bildet einen wesentlichen Bestandteil derselben.
Das Gemeinderatsmitglied H übergibt sodann den Vorsitz wieder
an Bürgermeister ... ."
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten der mitbeteiligten Marktgemeinde ist nicht zu entnehmen, dass - entsprechend der oben wiedergegebenen Beurkundung - dem Protokoll über die Verhandlungsschrift tatsächlich ein Bescheidentwurf angeschlossen worden wäre.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gewährte in der Folge mit Note vom 19. November 2002 dem Beschwerdeführer und F rechtliches Gehör zu jener Stellungnahme des Güterweg-Erhaltungspoliers, welche in der Sitzung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. Oktober 2002 erörtert worden war.
Der Beschwerdeführer und F erstatteten daraufhin eine am 22. November 2002 eingelangte Äußerung, in welcher sie die inhaltliche Richtigkeit der Stellungnahme des Erhaltungspoliers bestritten und darüber hinaus darauf verwiesen, dass selbst bei Bejahung der technischen Möglichkeiten eines Anschlusses dieser nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich wäre, wobei eine solche Ausfahrt vermutlich während der Wintermonate überhaupt unbenützbar sein dürfte.
Daraufhin erging am 16. Dezember 2002 an den Beschwerdeführer und F eine Erledigung, deren Spruch wie folgt lautet:
" Bescheid:
Der Gemeinderat hat sich mit der obgenannten Berufung in der Sitzung am 24.10.2002 beschäftigt, und es ergeht auf Grund des hiebei gefassten Gemeinderatsbeschlusses folgender Spruch:
I. Gemäß § 211 Oö. LAO iVm § 95 (1) Oö. Gemeindeordnung 1990 sowie auf Grund der §§ 25 ff Oö. ROG 1994, wird die Berufung des Beschwerdeführers vom 27.06.2002, nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters, vom 14.06.2002, Zl. ..., vollinhaltlich bestätigt.
II. Die Berufung der F, vom 27.06.2002, wird als
unzulässig zurückgewiesen."
In der Begründung dieser Erledigung wird auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 22. November 2002 wiedergegeben und im Erwägungsteil der Begründung inhaltlich dahingehend behandelt, dass im Falle relativ geringfügiger Aufwendungen für die Errichtung einer Zufahrt das Vorliegen einer Aufschließung durch die in Rede stehende öffentliche Verkehrsfläche zu bejahen sei. Aus der Begutachtung durch den zuständigen Güterweg-Erhaltungspolier ergebe sich eindeutig, dass die Errichtung einer Hauseinfahrtsstraße ohne weiters möglich sei.
Die Zurückweisung der Berufung der F erfolgte auf Grund einer Verneinung ihrer Parteistellung.
Die Erledigung weist die Fertigungsklausel:
"Der Bürgermeister:
In Vertretung:"
auf und wurde vom Vizebürgermeister unterfertigt.
Dagegen richtete sich eine Vorstellung des Beschwerdeführers und der F. Darin wurde unter anderem auch gerügt, dass die Gewährung des Parteiengehörs zur Stellungnahme des Erhaltungs-Baupoliers erst lange nach der Beschlussfassung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde erfolgt sei.
Im Übrigen wendeten sich der Beschwerdeführer und F gegen die Auffassung der Berufungsbehörde, ihr Grundstück sei im Verständnis des § 25 Abs. 4 Z 3 OÖ ROG durch eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne der OÖ Bauordnung 1994 aufgeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 2003 wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben (Spruchpunkt I.); demgegenüber wurde die Vorstellung der F als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
In der Begründung dieses Bescheides wurde die Auffassung vertreten, es treffe zu, dass der Schriftsatz der Vorstellungswerber vom 22. November 2002 dem Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde in seiner Sitzung vom 24. Oktober 2002 nicht vorgelegen sei. Dies stelle einen Verfahrensmangel dar. Dieser sei jedoch nicht relevant, weil es auch bei Vorliegen dieses Schriftsatzes nicht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Im Übrigen legte die belangte Behörde ausführlich dar, weshalb die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde zu Recht von einer Aufschließung des Grundstückes des Beschwerdeführers durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde ausgegangen seien.
Die Zurückweisung der Vorstellung der F begründete die belangte Behörde damit, dass diese nicht Eigentümerin des Grundstückes und daher auch nicht Partei des Abgabenverfahrens gewesen sei.
Lediglich gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, nicht entgegen § 102 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung bzw. entgegen §§ 25 und 26 OÖ ROG zur Bezahlung eines Verkehrsaufschließungsbeitrages verpflichtet zu werden.
Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 36, § 48 Abs. 1, § 51 Abs. 1 und 2, § 54 Abs. 1 Z 5, § 58 Abs. 2 Z 3 und § 59 Abs. 1 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 91/1990, lauten:
"§ 36
Vertretung des Bürgermeisters
(1) Der Bürgermeister ist im Falle seiner Verhinderung vom Vizebürgermeister beziehungsweise von den Vizebürgermeistern in der nach § 27 sich ergebenden Reihenfolge zu vertreten.
(2) Sind sowohl der Bürgermeister als auch alle Vizebürgermeister zur Ausübung ihres Amtes nicht in der Lage, kommt dem an Jahren jeweils ältesten Gemeinderatsmitglied jener Fraktion, welcher der Bürgermeister angehört, die Vertretung des Bürgermeisters zu.
...
§ 48
Vorsitz
(1) Den Vorsitz in den Sitzungen des Gemeinderates hat der Bürgermeister zu führen.
...
§ 51
Abstimmung
(1) Zu einem Beschluss des Gemeinderates ist, sofern die Gesetze nichts anderes bestimmen, die Zustimmung von mehr als der Hälfte der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten erforderlich. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zu Stande, so ist der Antrag abgelehnt.
(2) Die Stimmberechtigten haben ihr Stimmrecht persönlich auszuüben. Die Stimme ist durch Bejahung oder Verneinung des Antrages abzugeben; Zusätze sind unwirksam. Wer sich der Stimme enthält, lehnt den Antrag ab. Der Vorsitzende stimmt zuletzt ab.
...
§ 54
Verhandlungsschrift
(1) Über jede Sitzung des Gemeinderates ist eine Verhandlungsschrift zu führen. Diese hat zu enthalten:
...
5. den wesentlichen Inhalt des Beratungsverlaufes,
insbesondere sämtliche in der Sitzung gestellten Anträge unter Anführung der Antragsteller und der Berichterstatter, ferner die gefassten Beschlüsse und für jeden Beschluss die Art und das Ergebnis der Abstimmung sowie bei nicht geheimer Abstimmung die Namen der für und gegen die Anträge Stimmenden;
...
§ 58
Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde
...
(2) Unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften obliegen dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ferner
...
3. die Durchführung der von den Kollegialorganen
gefassten Beschlüsse (§ 59);
...
§ 59
Durchführung kollegialer Beschlüsse; Hemmung der Durchführung
(1) Der Bürgermeister hat die von den Kollegialorganen gesetzmäßig gefassten Beschlüsse durchzuführen; ..."
Mit dem hier allein angefochtenen Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde vom 25. April 2003 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Erledigung vom 16. Dezember 2002 als unbegründet abgewiesen.
In diesem Zusammenhang fällt zunächst auf, dass aus der auszugsweisen Abschrift der Verhandlungsschrift der Gemeinderatssitzung vom 24. Oktober 2002 nicht einmal hervorgeht, dass der Gemeinderat an diesem Tag den Beschluss gefasst hätte, die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 14. Juni 2002 als unbegründet abzuweisen:
Zur Abstimmung gelangte demnach in dieser Sitzung lediglich der Antrag des Gemeinderatsmitgliedes N mit dem Inhalt, der Berufung des Beschwerdeführers und der F mit einer näher skizzierten Begründung stattzugeben. Dieser Antrag fand keine Mehrheit.
Der vom Ersteller der Niederschrift daraus gezogene Schluss, auf Grund dieser Abstimmung gelte der erstinstanzliche Bescheid somit als bestätigt, erweist sich als unzutreffend. Aus dem Umstand, dass der Antrag des Gemeinderates N, der Berufung mit einer näher skizzierten Begründung (gemeint wohl: im Sinne einer ersatzlosen Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides) stattzugeben, nicht zum Beschluss des Gemeinderates erhoben wurde, folgt nämlich nicht, dass schon damit - und ohne dass es eines darauf gerichteten Antrages, der seinerseits eine Mehrheit finden müsste, bedürfte - beschlossen worden wäre, die Berufung mit der in der Niederschrift vom 24. Oktober 2002 skizzierten Begründung abzuweisen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Berufungsbehörde neben der Stattgebung der Berufung mit einer bestimmten Begründung und der Abweisung einer Berufung mit einer bestimmten Begründung auch andere Handlungsalternativen zur Verfügung stehen. So ist die Abgabenbehörde gemäß § 212 Abs. 2 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107 (im Folgenden: OÖ AO), berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Ungeachtet des Umstandes, dass der Gemeinderat also einen Antrag, den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben, verwarf, wäre - abstrakt gesprochen - neben einer gänzlichen Abweisung der Berufung auch eine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides, etwa was die Höhe der zu bemessenden Abgabe betrifft, oder schließlich auch eine Stattgebung der Berufung mit anderer Begründung, denkmöglich gewesen. Schließlich wäre es dem Gemeinderat auch freigestanden, die Ergänzung des Berufungsverfahrens durch weitere Verfahrensschritte anzuordnen bzw. hätte er schlicht säumig geblieben sein können.
Es ist daher zunächst als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die in der Erledigung vom 16. Dezember 2002 ausgesprochene Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers nach der Aktenlage nicht durch einen darauf gerichteten Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde gedeckt war.
Hinzu kommt noch, dass sich die Erledigung vom 16. Dezember 2002 ausdrücklich nur auf einen Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. Oktober 2002 beruft. Die in dieser Erledigung erfolgte Bezugnahme auf das spätere Vorbringen des Beschwerdeführers und seine Würdigung konnte aber keinesfalls durch einen Beschluss des Gemeinderates von diesem Datum gedeckt gewesen sein (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 23. November 1976, Zlen. 2086, 2087/76).
Die oben aufgezeigten Mängel stehen jedoch aus folgenden Gründen dem Charakter der Erledigung vom 16. Dezember 2002 als Bescheid sowie deren Zurechnung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass diese die Fertigungsklausel "Für den Bürgermeister" trägt und vom Vizebürgermeister in dessen Vertretung unterfertigt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 92/17/0104, Folgendes ausgesprochen:
"... Zwar müssen gemäß § 73 Abs. 1 erster Satz Oö LAO alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. Nach dieser Bestimmung hätte, wenn nicht gesetzlich anderes geregelt wäre, der Vorsitzende des beschlussfassenden Kollegialorganes als 'Genehmigender' zu gelten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/17/0068, Slg. N.F. Nr. 5767/F). Allerdings vertritt der Bürgermeister gemäß § 58 Abs. 1 der (im Beschwerdefall anzuwendenden) Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1979, LGBl. Nr. 119 (im Folgenden: Oö GdO 1979), die Gemeinde nach außen und obliegt ihm gemäß § 58 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ferner die Durchführung der von den Kollegialorganen gefassten Beschlüsse (§ 59). Gemäß § 59 Abs. 1 leg. cit. hat der Bürgermeister die von den Kollegialorganen gesetzmäßig gefassten Beschlüsse durchzuführen. Aus diesen Bestimmungen der Oö GdO 1979 folgt, dass Beschlüsse des Gemeinderates, die wie hier
z. B. Abgabenberufungsbescheide zum Gegenstand haben, (auch) im Wege der Ausfertigung der entsprechenden Bescheide durch den Bürgermeister 'durchgeführt' werden dürfen. Der Bürgermeister ist bei Erlassung derartiger Bescheide nicht (willensbildendes) Organ der Behörde zweiter Instanz (vgl. den hg. Beschluss vom 14. August 1991, Zl. 91/17/0036). Dass es sich im vorliegenden Fall um einen vom Bürgermeister ausgefertigten Bescheidinhalt des Gemeinderates handelt, ergibt sich aus der eindeutigen sprachlichen Fassung der Erledigung, durch die wiederholt zum Ausdruck kommt, dass der Gemeinderat als Abgabenbehörde zweiter Instanz diese Berufungsentscheidung getroffen habe. Daraus im Zusammenhang mit der gesetzlichen Bestimmung des § 59 Abs. 1 Oö GdO 1979 ist klar ersichtlich, dass es sich um die Durchführung des Beschlusses eines Kollegialorgans der Gemeinde im Sinne der §§ 58 Abs. 1 Z. 3 und 59 Abs. 1 Oö GdO 1979 und nicht um eine Entscheidung des Bürgermeisters selbst handelt (vgl. auch dazu den zuletzt zitierten hg. Beschluss)."
Weiters gilt, dass der Bürgermeister (in dessen Vertretung gemäß § 36 Abs. 1 OÖ GdO der Vizebürgermeister) gemäß § 48 Abs. 1 OÖ GdO den Vorsitz im Gemeinderat führt. Aus den einem Vorsitzenden eines Kollegialorganes zukommenden Leitungsbefugnissen ist (in Ermangelung einer ausdrücklichen gegenteiligen gesetzlichen Anordnung) seine Befugnis abzuleiten, einen Bescheid des Kollegialorganes als "Genehmigender" zu unterfertigen. Dabei handelt es sich um eine (bloße) Bekanntgabe des kollegial gebildeten Willens durch den Vorsitzenden nach außen. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der jeweilige Inhaber dieser Funktion diese Aufgabe erfüllt, selbst dann, wenn er an der diesbezüglichen kollegialen Willensbildung nicht mitgewirkt hat (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. November 1990, Zl. 90/02/0115, betreffend die Willensbildung einer Grundverkehrsbezirkskommission, und vom 21. Juni 2000, Zl. 98/08/0351, betreffend jene des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten einer Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, sowie die dort wiedergegebene Judikatur).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies zunächst, dass der Vizebürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde in Vertretung ihres Bürgermeisters durch die gebrauchte Fertigungsklausel im Zusammenhang damit, dass er sich auf einen Beschluss des Gemeinderates vom 24. Oktober 2002 berief, zum Ausdruck gebracht hat, er wolle als hiezu berufenes Organ einen Beschluss des Kollegialorganes Gemeinderat ausfertigen.
Nach dem oben zitierten hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Slg. Nr. 5767/F, ist ein solcher Bescheid dem beschlussfassenden Organ jedenfalls dann zuzurechnen, wenn die Bescheidausfertigung auch durch einen entsprechenden Beschluss des Kollegialorganes gedeckt ist.
Aber auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Beschlussfassung des Kollegialorganes mit dem in die Ausfertigung aufgenommenen Inhalt nicht vorliegt, steht dies - insbesondere auch im Hinblick auf die Stellung des Bürgermeisters bzw. in seiner Vertretung des Vizebürgermeisters als Vorsitzenden des Gemeinderates - der Zurechnung der Erledigung an den Gemeinderat nicht entgegen.
So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. April 1986, Zl. 84/07/0035, die Zurechnung eines (in deren Namen ausgefertigten) Bescheides an eine bei einer näher genannten Bezirkshauptmannschaft eingerichtete Grundverkehrskommission ungeachtet des Umstandes bejaht, dass dem Bescheid kein entsprechender Beschluss dieses Organes zu Grunde lag. Er hat in diesem Fall ausgesprochen, ein solcher Bescheid sei so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre.
Es ist daher auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Erledigung vom 16. Dezember 2002 als ein dem Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zuzurechnender Bescheid anzusehen ist, welcher jedoch - in Ermangelung einer Deckung durch einen diesbezüglichen Gemeinderatsbeschluss - mit einer der Unzuständigkeit gleichzuhaltenden Rechtswidrigkeit belastet war.
Da es die belangte Behörde unterließ, auf Grund der nach dem Vorgesagten zulässigen Vorstellung des Beschwerdeführers diesen Mangel aufzugreifen und den angefochtenen Berufungsbescheid aufzuheben, belastete sie ihrerseits den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er in diesem Umfang aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 29. März 2004
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